SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG 17. Wahlperiode 2012-02-07



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Transkript:

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache17/2248 17. Wahlperiode 2012-02-07 Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzeszur Ausführung von Artikel 53 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein Federführend ist das Finanzministerium

A. Problem Mit der Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vom 22. Juli 2010 wurde die Begrenzung der Neuverschuldung neu geregelt. Artikel53 in Verbindung mit Artikel 59 a der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein regelt die Grenzen der Kreditaufnahme für den Zeitraum ab dem Jahr 2010 ( Schuldenbremse"). Der Grundsatz ausgeglichener Haushalte ist nun verfassungsrechtlich verankert. Danach ist der Landeshaushalt grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Die Verfassung lässt allerdings offen, unter welchen konkreten Voraussetzungen diese Vorgabe erfüllt ist. Kreditaufnahmen sind gem. Artikel 53 Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig- Holstein vor allem zulässig, um konjunkturelle Schwankungen auszugleichen. Voraussetzung ist allerdings, dass das hierfür verwendete Konjunkturbereinigungsverfahren symmetrisch wirkt. Diese Kreditaufnahme ist in wirtschaftlich überdurchschnittlich positiven Jahren zurückzuführen. Im Ergebnis müssen sich konjunkturell bedingte Überschüsse und Defizite im Zeitablauf ausgleichen. Zudem gestattet die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein Kreditaufnahmen im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen. Bei Inanspruchnahme dieser Regelung sind die hiermit verbundenen Kreditaufnahmen verbindlich innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu tilgen. Ein entsprechender Tilgungsplan ist zu beschließen. B. Lösung Mit diesem Gesetz werden die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Schuldenbremse gemäß dem Auftrag in Artikel 53 Abs. 5 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein durch einfachgesetzliche Regelungen konkretisiert. Näher geregelt wird insbesondere, - unter welchen Voraussetzungen ein ausgeglichener Haushalt vorliegt, - wie hoch die Kreditaufnahme ausfallen darf bzw. in welcher Höhe eine Tilgung erfolgen muss, - wie das Konjunkturbereinigungsverfahren auszugestalten ist, - wie im Falle des Auftretens von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigen, zu verfahren ist und - wie mit Abweichungen des Haushaltsvollzugs von der Planung umzugehenist. Ferner wird eine Klarstellung hinsichtlich des Verfahrens der Vorlage des Abbauplanes gemäß Artikel 59 a Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig- Holsteinvorgenommen. Die Übergangsvorschrift aus Artikel 59 a der Verfassung des Landes Schleswig- Holstein wird dadurch berücksichtigt, dass sich die zulässige Kreditaufnahme um den jeweiligen Jahresbetrag erhöht. C. Alternativen Keine. D. Kosten und Verwaltungsaufwand Die Umsetzung verursacht zusätzlichen Verwaltungsaufwand im Finanzministerium, der mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen aufgefangen wird. 2

E. Information des Landtages nach Artikel 22 derverfassung des Landes Schleswig-Holstein Der Gesetzentwurf ist dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages mit Schreiben vom 2012 übersandt worden. F. Federführung Federführend ist das Finanzministerium. 3

Gesetz zur Ausführung von Artikel 53 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein Vom Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen: 1 Grundsätze (1) Einnahmen und Ausgaben sind im Sinne des Artikels 53 Abs.1 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein ausgeglichen, wenn die strukturellen Ausgaben gemäß 3 durch die strukturellen Einnahmen gemäß 2 gedeckt sind. Zum Ausgleich der Gesamteinnahmen und ausgaben ist eine Kreditaufnahme maximal in Höhe eines negativen zulässigen Saldos gemäß 4 Abs. 1 zulässig.ist der zulässige Saldo nach 4 Abs. 1 positiv, ist eine Tilgung von Schulden des Landes am Kreditmarkt mindestens in dieser Höhe zu veranschlagen oder vorzunehmen. (2) In der in Artikel 59 a Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Landes Schleswig- Holstein bestimmten Übergangsfrist dürfen zusätzlich Einnahmen durch Kreditaufnahme bis zu den festgelegten Obergrenzen gemäß 4 Abs. 2 zum Haushaltsausgleich herangezogen werden. (3) Das Haushaltsgesetz bestimmt, bis zu welcher Höhe innerhalb des durch dieses Gesetz bestimmten Rahmens das Finanzministerium Kredite aufnehmen darf. 2 Strukturelle Einnahmen Strukturelle Einnahmen sind die im Haushalt veranschlagten oder tatsächlichen Gesamteinnahmen ohne 1. Kredite am Kreditmarkt; 2. Entnahmen aus Rücklagen und Einnahmen aus haushaltstechnischen Verrechnungen; 3. einnahmeseitige finanzielle Transaktionen gemäß 5 Abs. 1; 4. die Konjunkturkomponente gemäß 6 Abs. 2; 5. die Konsolidierungshilfennach 1 des Konsolidierungshilfengesetzes vom 10. August 2009 (BGBl. I S. 2702). 3 Strukturelle Ausgaben Strukturelle Ausgaben sind die im Haushalt veranschlagten oder tatsächlichen Gesamtausgaben ohne 1. die Tilgung von Schulden am Kreditmarkt mit Ausnahme der nach 7 Abs. 2 zu erbringendentilgungsleistungen; 2. Zuführungen an Rücklagen und haushaltstechnische Verrechnungen; 3. ausgabeseitige finanzielle Transaktionen gemäß 5 Abs. 2; 4

4. Ausgaben für die Bewältigung von Ausnahmesituationen gemäß 7 Abs. 1. 4 Zulässiger Saldo (1) Der zulässige Saldo ergibt sich als Differenz zwischen den Bereinigungen nach 2 Nr. 2 und3 sowie nach 3 Nr. 2 und 3 zuzüglich der Konjunkturkomponente nach 6 Abs. 2. (2) Auf der Grundlage des strukturellen Finanzierungsdefizits des Jahres 2010 in Höhe von 1.119 Mio. Euro (Ausgangswert im Sinne des Artikel 59 a Abs. 1 Satz 3 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein) werden die Obergrenzen der nach 1 Abs. 2 zulässigen Kreditaufnahme festgesetzt auf 1.007,1 Mio. Euro in 2011, 895,2 Mio. Euro in 2012, 783,3 Mio. Euro in 2013, 671,4 Mio. Euro in 2014, 559,5 Mio. Euro in 2015, 447,6 Mio. Euro in 2016, 335,7 Mio. Euro in 2017, 223,8 Mio. Euro in 2018, 111,9 Mio. Euro in 2019. 5 Finanzielle Transaktionen (1) Einnahmeseitige finanzielle Transaktionen nach 2 Nr. 3 sind die Einnahmen aus der Veräußerung von Beteiligungen und sonstigem Kapitalvermögen, aus Kapitalrückzahlungen, aus der Inanspruchnahme von Gewährleistungen, aus Darlehensrückflüssen sowie aus der Schuldenaufnahme bei Gebietskörperschaften. (2) Ausgabeseitige finanzielle Transaktionen nach 3 Nr. 3 sind die Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen, für die Inanspruchnahme von Gewährleistungen, für die Darlehensvergabe und für Tilgungen an Gebietskörperschaften. 6 Konjunkturbereinigungsverfahren (1) Bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sind die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung durch die Konjunkturkomponente symmetrisch zu berücksichtigen. (2) Die Konjunkturkomponente ergibt sich aus der Differenz zwischen den Steuereinnahmen gemäß Absatz 3 und dem gemäß den Absätzen 3 bis 6 zu bestimmenden langfristigen Steuereinnahmeniveau, um das die tatsächlichen Steuereinnahmen in Abhängigkeit von der konjunkturellen Lage schwanken (Trendsteuereinnahmen). (3) Die Steuereinnahmen im Sinne dieses Gesetzes umfassen die Einnahmen aus Steuern, aus demländerfinanzausgleich, aus Bundesergänzungszuweisungen, aus der Kfz-Steuerkompensation abzüglich der Ausgaben für den Länderfinanzausgleich. 5

(4) Die Trendsteuereinnahmen in einem Haushaltsjahr entsprechen dem Produkt der Trendsteuereinnahmen des vorangegangenen Jahres und ihrer Wachstumsrate. (5) Die Trendsteuereinnahmen betragen 6.753 Mio. Euro im Jahr 2011 und 7.002 Mio. Euro im Jahr 2012. (6) Die Einzelheiten des Verfahrens zur Ermittlung der Trendsteuereinnahmen ab 2013 einschließlich ihrer Wachstumsrate werden vom Finanzministerium durch Rechtsverordnung festgelegt. Die Wachstumsrate ist so zu bestimmen, dass mittelfristig der kumulierte Saldo der Konjunkturkomponenten gegen Null tendiert, um der Symmetrieanforderung nachzukommen. Bei der Bestimmung der Wachstumsrate ist ein hinreichend langer Zeitraum zugrunde zu legen, der die Zeitspanne von zwei aufeinanderfolgenden Konjunkturzyklen nicht unterschreiten sollte. Wesentliche strukturelle Entwicklungen können bei der Ermittlung des Niveaus der Trendsteuereinnahmen berücksichtigt werden. Das Verfahren zur Ermittlung der Trendsteuereinnahmen ist regelmäßig zu überprüfen und fortzuentwickeln. (7) Die Trendsteuereinnahmen sowie die prognostizierte Konjunkturkomponente (ex-ante-konjunkturkomponente) sind im Haushaltsplan darzustellen. 7 Ausnahmesituationen (1) Zum Ausgleich einer erheblichen sich der Kontrolle des Staates entziehenden Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage infolge von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen kann durch Landtagsbeschluss, der mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages im Rahmen der Beschlussfassung über den Haushalt zu fassen ist, ein Betrag festgelegt werden, um den die Kreditgrenze nach 1 Abs. 1 Satz 2 überschritten werden darf. (2) Mit dem Beschluss gemäß Absatz 1 ist eine Tilgung innerhalb eines angemessenen Zeitraums vorzusehen (Tilgungsplan). Die zulässige Kreditaufnahme oder die notwendige Tilgung nach 1 Abs. 1 vermindert oder erhöht sich um den jeweiligen Tilgungsbetrag. Die Landesregierung berichtet dem Landtag mit der Vorlage der Finanzplanung regelmäßig über die Umsetzung des Tilgungsplans. 8 Abweichungen vom Haushaltsplan im Haushaltsvollzug (1) Nach Ende des Haushaltsjahres ist die zulässige Kreditaufnahme oder die notwendige Tilgung auf Grundlage der tatsächlichen Werte erneut zu bestimmen. Die Vorschriften der 2 bis 6 finden entsprechende Anwendung. (2) Abweichungen der tatsächlichen Einnahmen aus Krediten am Kreditmarkt oder der tatsächlichen Tilgung am Kreditmarkt von der zulässigen Kreditaufnahme oder der notwendigen Tilgung nach Abschluss des betreffenden Haushaltsjahres werden auf einem Kontrollkonto erfasst; Kreditaufnahmen oder Tilgungen gemäß 7 sind bei der Ermittlung der Abweichung herauszurechnen. Die zu verbuchende Abweichung sowie die sich hieraus ergebende ex-post-konjunk- 6

turkomponente werden jährlich mit dem Haushaltsabschluss festgestellt und in der Haushaltsrechnung dokumentiert. (3) Der negative Wert des Kontrollkontos darf im Betrag einen Wert von fünf Prozent der Trendsteuereinnahmen des abgelaufenen Haushaltsjahres nicht überschreiten. Dies ist im Rahmen der Haushaltsaufstellung zu berücksichtigen. Ist der Saldo des Kontrollkontos negativ und überschreitet der Betrag des Saldos den Wert in Satz 1, ist das Kontrollkonto konjunkturgerecht auszugleichen. Die zulässige Kreditaufnahme oder die notwendige Tilgung nach 1 Abs. 1vermindert oder erhöht sich entsprechend. 9 Abbauplanung (1) Die Vorlage der jährlich fortzuschreibenden Planung zum Abbau des strukturellen Finanzierungsdefizits nach Artikel 59 a Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein ist Bestandteil der Finanzplanung. (2) Die Planung beschreibt auch die Entwicklung der konjunkturell bedingten Überschüsse und Defizite gemäß 6. 10 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden. Kiel, 2012 Peter Harry Carstensen Ministerpräsident Rainer Wiegard Finanzminister 7

Begründung Mit der Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vom 22. Juli 2010 wurde die Begrenzung der Neuverschuldung neu geregelt. Artikel53 in Verbindung mit Artikel 59 a der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein regelt die Grenzen der Kreditaufnahme für den Zeitraum ab dem Jahr 2010. Der Grundsatz ausgeglichener Haushalte ist nun verfassungsrechtlich verankert. Danach ist der Landeshaushalt grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Die Verfassung lässt allerdings offen, unter welchen konkreten Voraussetzungen diese Vorgabe erfüllt ist. Kreditaufnahmen sind gem. Artikel 53 Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vor allem zulässig, um konjunkturelle Schwankungen auszugleichen. Voraussetzung ist allerdings, dass das hierfür verwendete Konjunkturbereinigungsverfahren symmetrisch wirkt. Das heißtdie konjunkturell bedingte Kreditaufnahme ist in wirtschaftlich überdurchschnittlich positiven Jahren zurückzuführen. Im Ergebnis müssen sich konjunkturell bedingte Überschüsse und Defizite im Zeitablauf ausgleichen. Außerdem sind Kreditaufnahmen in Höhe des Saldos weiterer verfassungsrechtlich zulässiger Bereinigungen möglich. Zudem gestattet die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein Kreditaufnahmen im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen. Bei Inanspruchnahme dieser Regelung sind die hiermit verbundenen Kreditaufnahmen innerhalb eines angemessenen Zeitraums unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung zu tilgen. Ein entsprechender Tilgungsplan ist zu beschließen. Für den Überganszeitraum bis zum Jahr 2019 ist zudem gemäß Artikel 59 a eine strukturell bedingte Kreditaufnahme zulässig. Die strukturell zulässigekreditaufnahme verringert sich jährlich um 1/10 des Ausgangswertes, der für das Jahr 2010 ermittelt wurde. Mit dem Ausführungsgesetz werden zudem die Grundsätze des anzuwendenden Konjunkturbereinigungsverfahrens festgelegt. Dabei wird geregelt, dass die Konjunkturbereinigung ausschließlich die Einnahmeseite umfasst. Dem Bereinigungsverfahren liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Länderhaushalte vor allem Einnahmeseitig von konjunkturellen Schwankungen betroffen sind. Die konjunkturelle Lage drückt sich daher in der Abweichung der tatsächlichen Steuereinnahmen von den statistisch zu erwartenden Trendsteuereinnahmen aus. Mithin berechnet sich die Höhe der Konjunkturkomponente aus der Differenz zwischen Steuereinnahmen und Trendsteuereinnahmen. Ferner wird mit dem Gesetz Klarheit hinsichtlich des Verfahrens der Vorlage der gemäß Artikel 59 a Abs. 2 geforderten Abbauplanung geschaffen. Einzelbegründung Grundsätze ( 1) 1 Abs. 1 definiert das Vorliegen eines ausgeglichenen Haushalts, als strukturellen Haushaltsausgleich.Das heißt,der Saldo zwischen strukturellen Einnahmen und Ausgaben muss Null sein.es wird klargestellt, dass in Höhe eines zulässigen negativen Saldos Kreditaufnahmen erlaubt sind bzw. in Höhe eines positiven zulässigen Saldos Tilgungsleistungen vorgenommen werden müssen. 8

Strukturelle Einnahmen und strukturelle Ausgaben ( 2 und 3): In den 2 und 3 werden die Größen strukturelle Einnahmen und strukturelle Ausgaben definiert. Ausgehend von den Gesamteinnahmen bzw. den Gesamtausgaben werden die jeweiligen strukturellen Größen durch verschiedene Bereinigungsschritte ermittelt. Einnahmen und Ausgaben werden u.a. bereinigt um die jeweiligen finanziellen Transaktionen (siehe hierzu 5). Zulässiger Saldo ( 4) 4 normiert die Berechnungsvorschrift für den zulässigen Saldo, in dessen Höhe gemäß 1 Abs. 1 eine Kreditaufnahme erlaubt ist bzw. eine Tilgung vorgesehen werden muss. In Absatz 2 wird der Ausgangswert des strukturellen Finanzierungsdefizitsfür das Jahr 2010 festgelegt. Die Übergangsvorschrift Artikel 59 a der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein gestattet bis zum Jahr 2019 eine zulässige zusätzliche Kreditaufnahme, die sich jeweils um 1/10 des Ausgangswertes, der für das Jahr 2010 festgestellt wurde, verringert. Finanzielle Transaktionen ( 5) Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben sind jeweils um einnahmeseitige bzw. ausgabeseitige finanzielle Transaktionen zu bereinigen. In 5 wird diese Größe definiert. Sie finden ihre Entsprechung im Gruppierungsplan. Einnahmeseitige finanzielle Transaktionen OG/Grp. Einnahmen aus der Inanspruchnahme von Gewährleistungen 14 Darlehensrückflüsse aus dem öffentlichen Bereich 17 Darlehensrückflüsse aus sonstigen Bereichen 18 Erlöse aus der Veräußerung von Beteiligungen und sonstigem Kapitalvermögen 133 Kapitalrückzahlungen 134 Schuldenaufnahmen bei Gebietskörperschaften, Sondervermögen und gebietsk. Zusammenschlüssen 31 Ausgabeseitige finanzielle Transaktionen OG/Grp Darlehen an öffentlichen Bereich 85 Darlehen an sonstige Bereiche 86 Inanspruchnahme aus Gewährleistungen 87 Erwerb von Beteiligungen und dgl. 83 Tilgungsausgaben an Gebietskörperschaften, Sondervermögen und gebietsk. Zusammenschlüssen 58 Konjunkturbereinigungsverfahren ( 6) In 6 wird zunächst die Berechnung der Konjunkturkomponente geregelt. Sie ist die Differenz zwischen veranschlagten Steuereinnahmen und den Trendsteuereinnahmen, die die konjunkturelle Normallage abbilden. Das Verfahren zur Ermittlung der Trendsteuereinnahmen wird vom Finanzministerium durch eine gesonderte Verordnung festgelegt.hierbei wird auch die Wachstumsrate der Trendsteuereinnahmen bestimmt.es bedarf einer gesonderten untergesetzlichen Regelung, da die Wachstumsrate wesentlichen Trendänderungen unterworfen sein kann.an das Verfahren zur Ermittlung dieser Größe werden bestimmte Anforderungen geknüpft. Im Mittelpunkt dabei steht die Symmetrieanforderung, die sich direkt aus den Vorgaben der Verfassung herleitet. Danach ist das Verfahren so zu entwickeln, dass die Differenzen (die kumulierten Konjunkturkomponenten) im Zeit- 9

ablauf Null sind. Bei der Festlegung des Verfahrens soll auf Vergangenheitswerte der Steuereinnahmen zurückgegriffen werden. Dabei ist ein hinreichend langer Betrachtungszeitraum zugrunde zu legen. In der Regel ist ein mindestens zwei Konjunkturzyklen umfassender Zeitraum für die Bestimmung der Wachstumsrate hinreichend. Für die Jahre 2011 und 2012 werden die Trendsteuereinnahmen mit dem vorliegenden Ausführungsgesetz bestätigt, da der Haushalt 2011/ 2012 bereits beschlossen wurde. Die Berechnung wurde bereits zur Aufstellung des Haushalts 2011/ 2012 erstellt und das Verfahren in der Finanzplanung dargestellt. Ausnahmesituationen ( 7) 7 konkretisiert die zulässige Kreditaufnahme und die Rahmenbedingungen im Falle von Ausnahmesituationen, die die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigen. Eine Kreditaufnahme ist für solche Situationen zulässig sofern im Rahmen der Haushaltsaufstellung ein Beschluss von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages gefasst wird. Konkret bedeutet dies, dass für eine Inanspruchnahme dieser Regelung gegebenenfalls ein Nachtragshaushalt aufzustellen ist, dem zwei Drittel der Mitglieder des Landtages zustimmen müssen. Hierin kommt im Regelfall die besondere Verantwortung auch der Opposition zum Ausdruck. Es genügt nicht, lediglich einen Landtagsbeschluss herbeizuführen. Es soll ein Haushalt aufgestellt werden, der die Inanspruchnahme der Ausnahmeregel beinhaltet. Mit dem Beschluss über eine Kreditaufnahme ist eine Tilgungsregelung zu schaffen, mit der sichergestellt wird, dass die aufgenommenen Kredite innerhalb eines angemessenen Zeitraums abgebaut werden. Als angemessen erscheint unter Berücksichtigung der konjunkturellen Situation in der Regel ein Zeitraum von fünf Jahren beginnend ab dem Jahr, das auf den Beschluss über die Kreditaufnahme folgt (nächster Finanzplanungszeitraum). Die Landesregierung wird verpflichtet, über die Rückführung der Verbindlichkeiten im Rahmen der Finanzplanung zu berichten. Abweichungen im Haushaltsvollzug ( 8) Da bei Haushaltsaufstellung der Haushaltsvollzug, insbesondere der genaue Verlauf der Konjunktur, nicht absehbar ist und es daher zwischen geplanter und tatsächlich erlaubter Kreditaufnahme am Jahresende mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Abweichungen kommen wird, ist für den Fall einer nicht gerechtfertigten Kreditaufnahme ein Kontrollmechanismus vorgesehen. Hierbei handelt es sich um eine Ist- Abrechnung gegenüber der ursprünglichen Planung. Die Abweichungen werden auf einem Kontrollkonto erfasst und - sofern die kumulierten Abweichungen einen definierten Umfang erreichen - zwingend zurückgeführt. Unterhalb der genannten Schwelle der Rückführungspflicht (5 % der Trendsteuereinnahmen des abgelaufenen Jahres) ist zwar keine ausdrückliche Rückführungspflicht vorgesehen, jedoch ist bei Haushaltsaufstellung der Saldo des Kontrollkontos im Blick zu behalten und gegebenenfalls einerückführung vorzunehmen. Bei der Rückführung möglicher negativer Salden soll die konjunkturelle Situation berücksichtigt werden. Die Rückführung bewirkt, dass der Kreditaufnahmespielraum in den Folgejahren eingeschränkt wird. Abbauplanung ( 9) Gemäß Artikel 59 a Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein legt die Landesregierung eine Abbauplanung für das strukturelle Defizit vor, zu der der Landesrechnungshof Stellung nimmt. Finanzplanung und Abbauplanung sind zwei Seiten einer Medaille und daher untrennbar miteinander verbunden. Die Finanzplanung beschreibt inhaltlich die Abbauplanung. 10