1/6 PATIENTENINFORMATION Behandlung mit Biologika und small molecules 1999 wurde eine neuartige Medikamentengruppe (Biologika) zur Behandlung entzündlichrheumatischer Erkrankungen zugelassen. Diese Medikamente haben gemeinsam, dass sie auf unterschiedliche Weise den Entzündungsprozess, wie auch das körpereigene Abwehrsystem (Immunsystem) beeinflussen. Sie wirken als Gegenspieler (Antagonisten) und sind Proteine (Eiweiße). Aufgrund ihrer Proteinstruktur müssen sie bisher als Infusion oder als Spritze unter die Haut (subkutane Applikation) verabreicht werden. Sie wurden biotechnologisch hergestellt. Neben der Rheumatoiden Arthritis werden auf diese Weise Entzündungen der Gelenke und der Wirbelsäule im Rahmen der Schuppenflechte (Psoriasis), des Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans, Spondylarthropathien), von entzündlichen Darmerkrankungen, von Augenentzündungen (Uveitiden), von Vaskulitiden und weiteren Erkrankungen behandelt. Bis heute sind zehn Medikamente als Biologika für entzündlich-rheumatische Erkrankungen in der Schweiz zugelassen: - Enbrel (Etanercept) 2000 - MabThera (Rituximab) 2006 - Remicade (Infliximab) 1999 - Orencia (Abatacept) 2007 - Humira (Adalimumab) 2003 - Actemra (Tocilizumab) 2009 - Cimzia (Certolizumab) 2010 - Stelara (Ustekinumab) 2015 - Simponi (Golimumab) 2010 - Cosentyx (Secukinumab) 2016 Dazu kommt das oral (in Tablettenform) erhältliche small molecule - Xeljanz (Tofacitinib) 2015 Biologika und small molecules werden eingesetzt, wenn herkömmliche Behandlungsmethoden sich als ungenügend erwiesen haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die oben erwähnten entzündlich-rheumatologischen Erkrankungen oft schwierig zu beeinflussen sind. Bis heute liegen keine wissenschaftlichen, ausreichend belegte und allgemein anerkannte medikamentöse Behandlungsformen vor, welche diese Erkrankungen definitiv heilen können. Grundsätzlich sind die Risiken und neuer Therapieformen gegen die Erfolgsaussichten herkömmlicher Behandlungen (Nutzen/Risiken) abzuwägen.
2/6 In den bisherigen Studien zeigten sich bei einer Mehrzahl der Teilnehmenden eine deutliche (teilweise vollständige) Rückbildung der Entzündungsaktivität und Schmerzintensität. Wichtig zu wissen ist, dass ein Teil der Patienten (ca. ⅓ der Patienten) nur wenig auf diese Medikamente ansprechen. Daraus resultiert, dass anlässlich von Kontrolluntersuchungen nach drei bis sechs Monaten Behandlungsdauer entschieden wird, ob die gleiche Behandlung weitergeführt oder gewechselt werden soll. Die Behandlungskosten sind hoch (ca. 20'000 Franken pro Jahr). Aus diesem Grund ist eine Kostengutsprache der Krankenkasse vor einer Behandlungsaufnahme notwendig. Bei bestimmten Begleiterkrankungen ist eine Behandlung mit einem Biologika oder small molecule nicht möglich. Diese Situationen und andere Vorsichtsmassnahmen werden vom behandelnden Arzt (Rheumatologen) zuvor abgeklärt. Zudem ist eine rasche ärztliche Kontrolle bei jeder neu aufgetretenen Infektion oder einer Verschlechterung des Allgemeinzustands erforderlich. Bei der Rheumatoiden Arthritis wirken fast alle Biologika in der Kombination mit Methotrexat am besten. (Die Schweizerische Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt bei Therapiebeginn mit Biologika und small molecules an einem Projekt zur Qualitätssicherung rheumatologischer Therapien (SCQM) teilzunehmen.) TNFα-Hemmer: Aus dieser Gruppe werden Enbrel (Etanercept), Humira (Adalimumab), Remicade (Infliximab), Simponi (Golimumab) und Cimzia (Certolizumab) eingesetzt. Diese fünf Medikamente sind für die Rheumatoide Arthritis, Axiale Spondylarthritis (Morbus Bechterew) und die Psoriasis-Arthritis zugelassen. Diese Substanzen neutralisieren im Körper ein entscheidendes Protein (Tumor-Nekrose-Faktor), welches für das Entstehen und die Stimulation der chronischen Entzündung verantwortlich ist. Enbrel, Humira, Cimzia und Simponi werden unter die Haut (Oberschenkel, Bauch) gespritzt. Humira und Cimzia werden alle zwei Wochen, Enbrel jede Woche sowie Simponi jeden Monat verabreicht. An den Injektionsstellen können bei rund einem Fünftel der Behandelten vorübergehende juckende Rötungen auftreten. Remicade wird alle sechs bis acht Wochen als Infusion über zwei Stunden Dauer verabreicht. In bis zu vier Prozent aller Behandelten können sich während oder nach der Infusion allergische Reaktionen entwickeln. In den ersten drei Monaten einer Biologikumbehandlung kann das Infektionsrisiko leicht erhöht sein. Ferner dürfen Lebendimpfstoffe, insbesondere gegen Gelbfieber und Typhus, nicht eingesetzt werden.
3/6 Die verschiedenen Registerdaten aus den europäischen und nordamerikanischen Ländern zeigen bis heute kein erhöhtes Risiko für eine Tumorentwicklung. Vorsichtsmassnahmen Vor einer Behandlung mit einem TNFα-Hemmer ist eine genaue Abklärung einer durchgemachten oder aktiven Tuberkulose, einer Hepatitis und einer fortgeschrittenen Herzmuskelschwäche notwendig. Daten zur Anwendung von Biologika bei schwerer Niereninsuffizienz liegen nicht vor. MabThera (Rituximab): Rituximab ist ein Protein, welches die sich im Blut befindenden B-Zellen über Wochen eliminiert. Diese bestimmten Zellen (B-Zellen) des körpereigenen Abwehrsystems sind am Entstehen von Entzündungen und Gelenksschäden bei Rheumatoider Arthritis beteiligt. Die Wirkungsweise basiert darauf, dass Rituximab durch eine Bindung an der Zelloberfläche den Zelltod auslöst. Seit 1997 wird dieses Medikament ferner in der Krebsbehandlung von Non- Hodgkin-Lymphomen erfolgreich eingesetzt. MabThera wird zweimal innerhalb von zwei Wochen als Infusion über vier Stunden Dauer verabreicht. Je nach Krankheitsverlauf kann diese Behandlung nach 6-12 Monaten wiederholt werden. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Infusionsreaktionen. Solche können in 10 % der Erstinfusionen auftreten. Die Häufigkeit solcher Reaktionen nimmt mit der zweiten Infusion ab und kann durch die Gabe von Kortison vor der Infusion reduziert werden. Bedeutsame Infektionen der Atemwege und des Harntrakts traten in Studien vermehrt auf. Nicht zahlreicher waren Tuberkulose oder andere opportunistische Infektionen. Die Häufigkeit von Krebserkrankungen (Karzinomen) lag innerhalb des Bereichs einer vergleichbaren Bevölkerung dieses Alters und Geschlechts (1.5 pro 100 Personenjahre). Orencia (Abatacept): Abatacept ist ein Eiweiß, welches die Aktivität der T-Zellen unterdrückt. Diese bestimmten Zellen (T-Zellen) des körpereigenen Abwehrsystems sind am Entstehen von Entzündungen und Gelenksschäden bei Rheumatoider Arthritis beteiligt. Die Wirkungsweise basiert darauf, dass Abatacept die Funktion dieser T-Zellen hindert durch eine Bindung/Blockierung (Co- Stimulationsmodulator). Orencia wird in der Behandlung der Rheumatoiden Arthritis eingesetzt. Die Verabreichung erfolgt als Infusion über 30 Minuten alle vier Wochen oder als s.c. Spritze einmal pro Woche. Die Wirkungsweise sowohl der Infusion als auch der Spritze ist vergleichbar.
4/6 Als wichtigste Nebenwirkung sind Kopfschmerzen und Übelkeit bei über 5 % der Patienten beschrieben. Vermehrte Infektionen traten in Studien auf, wobei schwere Formen leicht erhöht waren (3.0% gegenüber 1.9%). Am häufigsten waren die oberen Atemwege und der Harntrakt betroffen. Es wurde kein Anstieg von Tuberkulose oder anderen opportunistischen Infektionen in den Studien beobachtet. Dennoch sollten die Patienten bzgl. einer Tuberkulose untersucht werden. Akute infusionsbedingte Ereignisse können auftreten, wobei schwere Reaktionen sehr selten (<0.6%) sind. Die Häufigkeit von Krebserkrankungen lag innerhalb des Bereichs einer vergleichbaren Bevölkerung dieses Alters und Geschlechts mit Rheumatoider Arthritis. Ein gesteigertes Risiko bei Krebsentstehung konnte anhand der Sicherheitsdaten nicht bewiesen werden. Actemra (Tocilizumab): Tocilizumab ist ein Eiweiß. Es neutralisiert ein körpereigenes Protein (Interleukin-6), welches an der Entstehung und Stimulation der chronischen Entzündung beteiligt ist. Actemra wird in der Behandlung der Rheumatoiden Arthritis eingesetzt. Die Verabreichung erfolgt als Infusion über 60 Minuten und wird alle vier Wochen wiederholt. Alternativ kann Actemra als s.c. Spritze wöchentlich verabreicht werden mit vergleichbar guter Wirkung. Als wichtigste Nebenwirkung waren Kopfschmerzen, vermehrte Infektionen, erhöhte Blutdruckwerte und erhöhte Leberwerte bei über 5 % der Patienten beschrieben. Vermehrte Infektionen betrafen in den Studien die oberen Atemwege (bis 12 %), wobei schwere Formen leicht erhöht waren (3 % gegenüber 1-2 %). Es wurde kein Anstieg von Tuberkulose oder anderen opportunistischen Infektionen in den Studien beobachtet. Dennoch sollten die Patienten bzgl. einer Tuberkulose untersucht werden. Unter der Behandlung traten vermehrte Erhöhungen der Leberwerte und der Blutfette (Lipide) auf. Regelmäßige Kontrollen dieser Werte sind notwendig. Akute infusionsbedingte Ereignisse können auftreten, wobei schwere Reaktionen sehr selten (0.3 %) sind. Ein erhöhtes Risiko betreffend der Entstehung und des Auftretens von Krebserkrankungen unter Tocilizumab in den Studien und Registern konnte bisher nicht festgestellt werden. Stelara (Ustekinumab): Ustekinumab ist ein gentechnisch verändertes Eiweiss, welches ein körpereigenes Protein hemmt (Interleukin-12 und Interleukin-23). Dieser Botenstoff ist vor allem bei der Schuppenflechte und dem Gelenkbefall im Rahmen einer Schuppenflechte beteiligt, indem er Entzündungsvorgänge auslöst. Stelara wurde zunächst für die Behandlung der Schuppenflechte (Psoriasis) zugelassen. (Das Medikament ist allein oder in Kombination mit Methotrexat zugelassen.) Es wird in einer gewichtsadaptierten Dosis alle 12 Wochen (erstmals nach 4 Wochen) unter die Haut verabreicht.
5/6 Zur den möglichen gehören allergische Reaktionen, Reizzustand an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Schwindel. Selten tritt eine Verschlechterung der Schuppenflechte auf. Besonders im ersten Drittel der Behandlung besteht ein geringgradig erhöhtes Infektionsrisiko. Unter Ustekinumab traten keine bösartigen Erkrankungen in den Studien auf. Cosentyx (Secukinumab): Secukinumab ist ein Eiweiss (Antikörper), welches ein bestimmtes vom Immunsystem gebildetes Eiweiss, das Interleukin-17, hemmt. Cosentyx wird entweder mit einer Fertigspritze oder einem Pen in die Haut gespritzt (subcutan) und ist zugelassen für die Behandlung der Psoriasarthritis und des M. Bechterew (axiale Spondylarthritis). Die übliche Dosierung in den oben genannten Zulassungsindikationen beträgt 150 mg s.c. Diese werden zunächst fünfmal wöchentlich durchgeführt, anschliessend monatlich. Mögliche der Therapie sind Infekte der oberen Atemwege und Durchfälle. Seltene sind Infektionen der Mundschleimhaut, allergische Reaktionen an der Einstichstelle und Blutbildveränderungen. Tumorerkrankungen wurden bisher nicht gehäuft beobachtet. Tofacitinib (Xeljanz): Tofacitinib wird aufgrund seiner Struktur als sog. small molecule bezeichnet. Dieses hemmt ein Eiweiss (Januskinase), welches durch Aktivierung von Botenstoffen an Entzündungsprozessen beteiligt ist. Tofacitinib ist zur Behandlung der Rheumatoiden Arthritis allein oder in Kombination mit Methotrexat zugelassen. Die übliche Dosierung beträgt 5 mg morgens und abends und wird als Tablette, unabhängig von der Nahrungsaufnahme, eingenommen. Bei aktiven Formen der Rheumatoiden Arthritis kann bei guter Verträglichkeit die Dosis verdoppelt werden. Unter Tofacitinib können in den ersten 3 Monaten der Behandlung leichte Infekte der oberen Atemwege (in den Studien 17.8%), Kopfschmerzen und Diarrhoe sowie eine Erhöhung der Blutfette auftreten. Schwere Infektionen traten selten auf. Daher ist es wichtig, vor Therapiestart eine akute Infektion (wie Tuberkulose, Hepatitis, Herpes Zoster, Infektionen im Bauchraum) auszuschliessen und die regelmässigen therapiebegleitenden Blutkontrollen durchzuführen. In den bisherigen Studien konnte nicht nachgewiesen werden, dass Tofacitinib das Krebsrisiko erhöht. Bei Patienten, die ein Risiko für Hautkrebsentwicklung haben, wird eine jährliche hautärztliche Kontrolle empfohlen.
6/6 Ich habe den Inhalt dieses Informationsblattes zur Kenntnis genommen, mit dem/r behandelnden Arzt/Ärztin besprochen und verstanden. Alternative Möglichkeiten zur Behandlung meiner Krankheit wurden mir in ausreichender und verständlicher Weise erklärt. Um meine Entscheidung zu treffen, hatte ich genügend Zeit. Ich bin mit der Weitergabe der notwendigen Daten an den Vertrauensärztlichen Dienst meiner Krankenversicherung zur Gesuchstellung einverstanden. Ich bin mit der Aufnahme einer Behandlung mit einem Biologikum oder small molecule in Form von... einverstanden. Spezielle Bemerkungen: Auf meinen Wunsch kann diese Therapie jederzeit wieder abgebrochen werden. Datum:...Unterschrift Patient/in:... Datum:...Unterschrift Ärztin/Arzt:...