Fallorientiertes und Forschendes Lernen in der Lehrer/innenausbildung -Perspektivenwechsel-
Fallorientiertes und Forschendes Lernen in der Lehrer/innenausbildung Fallorientiertes Lernen Eine Skizze Forschendes Lernen Noch eine Skizze - Zentrale Aspekte einer Fallanalyse - Ablauf einer Fallanalyse - Varianten einer Fallanalyse - Definition Forschenden Lernens in Praxisstudien - Synchronisation von Forschen und Lernen - Differenz von Forschen Lernen und Forschendem Lernen - Die Formate im Vergleich
Fallanalyse in der Lehrer/innenausbildung: Zentrale Aspekte Fallanalysen enthalten eine möglichst ganzheitliche Beschreibung einer Situation/eines Falls und des Problems einer Person, einer Gruppe oder auch einer Institution (Mehrperspektivität). Im Wesentlichen geht es um die Feststellung der Wirkfaktoren für eine bestimmte Situation; es handelt sich um die Ermittlung der Faktoren, die maßgeblichen Einfluss auf die Situation ausüben und um ihre Wechselwirkungen. Es kann auch um eine diagnostische Einschätzung für eine zukünftige Entwicklung (Prognose) gehen. In einer Fallanalyse werden mögliche Handlungsalternativen erörtert und auf ihre Folgen hin geprüft, um feststellen zu können, welche Interventionen die Situation auf welche Weise verändert. Dazu gehört auch die Evaluation im Sinne einer Auswertung und Erfolgskontrolle. Es soll festgehalten werden, ob und wieweit methodisch angemessen gearbeitet wurde Zudem sollen die Ergebnisse mit den angestrebten Zielen verglichen werden. Fallanalysen werden immer aus einer bestimmten, interessegeleiteten Perspektive erstellt. Insofern sind sie kein Abbild der Wirklichkeit, sondern eine mehr oder weniger bewusste Auswahl aus der Fülle möglicher Daten der Lebenswirklichkeit.
Ablauf einer Fallanalyse Phase 1: Konfrontation Inhalt: Vertraut werden mit dem Fall Ziel: Erfassen der Problem- und Entscheidungssituation Phase 2: Information Inhalt: Selbstständiges Erschließen des bereitgestellten Fallmaterials Ziel: Lernen, sich die für die Entscheidungsfindung erforderlichen Informationen zu Phase 3: Exploration beschaffen und bewerten Inhalt: Diskussion alternativer Lösungsmöglichkeiten Ziel: Denken in Alternativen Phase 4: Resolution Inhalt: Treffen der Entscheidung Ziel: Gegenüberstellen und bewerten der Lösungsvarianten Phase 5: Disputation Inhalt: Verteidigen der Entscheidung Ziel: Argumentative Strategien zur Verteidigung der Entscheidung Phase 6: Kollation Inhalt: Vergleich der Lösungen mit der in der Wirklichkeit getroffenen Entscheidung Ziel: Abwägen der Interessenzusammenhänge, in denen die Einzellösungen stehen
Varianten der Fallanalyse (case studies) Hochschuldidaktisches Zentrum HDZ Methode Erkennen von Informations- Ermitteln Problemlösung, Lösungskritik Problemen gewinnung alternativer Entscheidung Lösungsvarianten Case- Study- Method Schwerpunkt: Verborgene Probleme müssen analysiert werden. Informationen werden gegeben Mit Hilfe der gegebenen Informationen werden Lösungsvarianten des Problems ermittelt und Entscheidungen gefällt. Vergleich der Lösung mit der Entscheidung in der Wirklichkeit Case- Problem- Method Probleme sind ausdrücklich genannt Informationen werden gegeben Schwerpunkt: Mit Hilfe der vorgegebenen Probleme und der Informationen werden Lösungsvarianten ermittelt und eine Entscheidung getroffen. evtl. Vergleich mit der Entscheidung in der Wirklichkeit Case- Incident- Method Der Fall wird lückenhaft dargestellt Schwerpunkt: Informationen müssen selbstständig beschafft werden. Stated- Probleme sind Informationen werden Die fertigen Lösungen einschließlich der Schwerpunkt: Kritik Problem- Method vorgegeben gegeben Begründungen werden gegeben: evtl. Suche nach zusätzlichen Alternativen. der vorgegebenen Lösung
Forschenden Lernens in Praxisstudien Hochschuldidaktisches Zentrum HDZ Eine Definition: bezeichnet in Anknüpfung an entdeckende und projektorientierte Methoden des Lehrens bzw. Lernens 1. Einen wissenschaftsgeprägten Zugang zur pädagogischen Berufspraxis. 2. Integration von human- und sozialwissenschaftlichen Forschungsstrategien Reflektierte Problemgenese Exploration des Gegenstandsfeldes Hypothesenentwickelndes- bzw. hypothesenüberprüfendes Design Quantitative und qualitative Erhebungsmethoden Analytische und hermeneutische Auswertungsverfahren Reflexion der Relevanzen und Kontextuierung der Befunde in wissenschaftliche, praktische und persönliche Referenzrahmen. Die Einbettung in einen praktischen Handlungszusammenhang legt eine didaktische Konzeptualisierung nach Mustern der Feldforschung nahe: empirische Surveys praxisentwickelnde Forschung Aktions- bzw. Handlungsforschung Evaluationsforschung und Fallstudien aber auch: experimentelle oder quasi-experimentelle Designs oder empirisch-analytische Testverfahren erfahren Prozesse forschenden Lernens sollten dabei den gesamten Zyklus von Forschungsvorhaben durchlaufen: von der Problemgenese über die Designentwicklung, g, die Durchführung oder Untersuchung und ihre Auswertung bis hin zur Kommunikation der Ergebnisse. (Schneider/Wildt 2002)
Ein Prozessmodell forschenden Lernens Anwendung/ Vermittlung Eintauchen in die Praxis Auswertung Themenfindung und -aushandlung a u Durchführung Formulierung von Fragestellungen bzw. Hypothesen Entwurf eines Untersuchungs- Forschungs- konzept designs
Anwendung/ Vermittlung Eintauchen in die Praxis Auswertung Erfahrung Themenfindung und -aushandlung Durchführung Ex xperiment Konzeption Reflexion Formulieren von Fragestellungen bzw. Hypothesen Entwurf eines Forschungs- designs Untersuchungs -konzept
Differenz: Forschung Forschen Lernen Forschendes Lernen Das Praxisfeld ist die Wissenschaft selbst Gewinn von Erkenntnissen erfolgt unter rein methodischen Betrachtungen Forschen Lernen Forschung Systematiken Theorien Methoden Forschendes Lernen Methoden- und gegenstandsbezogene Betrachtung Einsozialisation in das Berufsfeld Wissenschaft Hochschuldidaktische Experiment Berufsbezogene Forschung als reflexive Distanznahme zu normativen Handlungsimperativen Praxis Aufbau einer zugleich wissenschafts- wie handlungsorientierten Wissensbasis i
Was verbindet, was trennt t beide Formate?
Neben dem Aspekt der Selbststeuerung als konstruktivistischem Grundprinzip des Wissens- und Kompetenzerwerbs, erfüllen Lernumgebungen die Kriterien Situierten Lernens dann, wenn sie den Lernenden ermöglicht realistische Probleme in authentischen Situationen zu bearbeiten, für komplexe Probleme Lösungsansätze zu finden, in denen das Lernen wie der Lerninhalt nicht Selbstzweck sind, durch kooperative e Lernformen e in sozialen Austausch über Lern- und Problemlösungsstrategien eg e zu finden, durch unterschiedliche Kontexte multiple Perspektiven auf das Gelernte zu eröffnen, das Gelernte und die Lernprozesse zu artikulieren, zu strukturieren und für Reflexion zugänglich machen. Kriterien Situierten Lernens
Was verbindet, was trennt beide Formate? Beide Formate beziehen sich auf die pädagogische Praxis als Quelle und Anschluss für Prozesse wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns Eine Differenz beider Formate liegt aus der Sicht Forschenden Lernens vor allem in der Einbindung der Studierenden in die pädagogische Praxis (z.b. in Aktionsforschungsprojekten) als Ausgangspunkt für forschende Lernprozesse Formen fallorientierten Lernens orientieren sich dagegen an dokumentierten Fällen pädagogischer Praxis und entwickeln aus der gegebenen Distanz zu dem, was der Fall ist, wissenschaftliche Analysen und Interpretationen unterschiedlicher Komplexität. In der Konzeption Forschendes Lernen in Praxisstudien ist die reflexive Distanznahme vom Handlungsgeschehen ein wesentlicher Teil des Lernprozesses. Was der Fall ist gilt zunächst vor dem Hintergrund eines definierten Kategoriensystems darzulegen (individualspezifisch, interaktionsspezifisch (auch Peer), lerngruppenspezifisch, institutionenspezifisch, organisationsspezifisch, gesellschaftsspezifisch).
Vorüberlegungen Persönliche Referenz-rahmen, Formulieren eines Interessenschwerpunktes Phase I Darstellung und Analyse des Kontextes Phase II Formulieren einer Untersuchungsabsicht Bilden von Arbeitshypothesen Phase III Präzisieren der Forschungsfragestellung Theoretische Einbettung Phase IV Entwicklung eines Forschungsdesigns Methodenwahl begründen und entscheiden Phase V Durchführung Phase VI Auswertung Phase VII Interpretation 1. der Daten 2. des Forschungsprozesses (Reflexion) Phase VIII Präsentation/ Anwendung Stufe I Naive Einstellung Fehlanzeige Bezugspunkt ist eigenes unterrichtliches Handeln Hochschuldidaktisches Zentrum HDZ Kompetenzstufen Forschenden Lernens Stufe II Im Fokus eigenen Handelns wird ausgeführt Stufe III Mit der Absicht der Verbesserung konkreter Praxis wird ausgeführt und aus praktischen Erwägungen heraus begründet Stufe IV Praxisforschung theoretisch begründet durchführen und reflektieren dto und theoretisch gehaltvolle Begründung findet nicht statt Feldbeschreibung rein deskriptiv, Feldbeschreibung wird auf praktische Das Feld wird unter Einschluss Bewältigungsfragen, Suche nach auf eigenes Handeln in Praxis Belange hin reflektiert theoretisch- gehaltvoller Handlungsmustern orientiert t Unterscheidungen sondiert findet nicht statt Adaption der Lehrer/-innenperspektive, Antizipation von Routinehandlungen keine explizite Hypothese/Fragestellung zu erkennen Unterrichtsgeschehen als Handlungsanforderung kein Design erkennbar Suche nach Praxishilfen zur Unterrichtsgestaltung Durchführung fehlt eigener bzw. angeleiteter Unterricht keine Auswertung Globale Eindrücke, Schematisierung nach gelungen/misslungen Fehlanzeige unreflektierte Annahmen: -unsystematisch -partiell -deskriptiv Nachsteuerung des Unterrichtsverlaufs Fehlanzeige schematisch skizzierte Unterrichtsverlaufsplanung Thema wird formuliert Aber: diffus und auf eigenes Handeln hin orientiert wird formuliert und in praktischer Absicht begründet dto und wird in einen theoretischen Kontext gestellt wird formuliert, wird formuliert und auf praktische dto und in einem theoretischen aber nicht präzisiert Institution tion hin reflektiert Bezugsrahmen reflektiert Design wird formuliert Orientiert an praktischen Handlungsmöglichkeiten unreflektiertes muddeling through Ergebnis deskriptiv Sinn des Prozesses wird in Frage gestellt Interpretationen ohne Begründung pure Darstellung wird formuliert und in den praktischen Handlungskontext eingebettet Reflexion auf die praktischen Handlungsbedingungen auf praktisches Handeln ausgerichtete Auswertung Interpretationen mit Bezug auf praktische Handlungsabsichten auf Vermittlungskontext reflektierte Präsentationen dto und methodologisch begründet und ausgearbeitet theoretische Reflexion des Kontextes der Forschungspraxis methoden- und erkenntniskritische Auswertung theoretisch reflektierte Interpretation theoretische Reflexion des Vermittlungskontextes