Kommunalreform in Dänemark

Ähnliche Dokumente
Erklärung der 10. Bundeskonferenz der Kommunen und Initiativen

Diskurs kommunal 2006 Der Stadt Bestes finden Wer rettet unsere Städte jetzt?

Diskurs kommunal 2006 Der Stadt Bestes finden Wer rettet unsere Städte jetzt?

Diskurs kommunal 2006 Der Stadt Bestes finden Wer rettet unsere Städte jetzt?

Diskurs kommunal 2006 Der Stadt Bestes finden Wer rettet unsere Städte jetzt?

CDU und CSU sind die kommunale Kraft in Deutschland

Diskurs kommunal 2006 Der Stadt Bestes finden Wer rettet unsere Städte jetzt?

Diskurs kommunal 2006 Der Stadt Bestes finden Wer rettet unsere Städte jetzt?

Diskurs kommunal 2006 Der Stadt Bestes finden Wer rettet unsere Städte jetzt?

Föderalismus in Deutschland

WEGWEISER KOMMUNE Frauenbeschäftigungsquote im Osten wächst schneller als im Westen

Veränderung des Verhältnis von Zentral- und Gliedstaaten II

Kommunalreform in Schleswig-Holstein Starke und größere Kommunen braucht das Land

Schweizer Gemeinden sind Spitze punkto Autonomie

Ländlicher Raum Kampfbegriff der Politik oder tatsächlicher Gestaltungsraum?

Grußwort. von. Hartmut Koschyk MdB Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten

Empirische Befunde zur Einführung des neuen kommunalen Haushaltsund Rechnungswesens

Kommunen vor dem finanziellen Absturz? - Länderdisparitäten und und finanzpolitische Handlungsoptionen -

Europäische Fördermittel sinnvoll nutzen Teil II: Praktische Erfahrungen

Bewerbungsformular. Ja, wir wollen eine Modellkommune im Programm Qualität vor Ort werden! Angaben zur antragstellenden Kommune sowie Kontakt

10 Jahre nach dem Elbehochwasser in Sachsen-Anhalt von der Jahrhundertflut zum Hochwasserrisikomanagement

Raumwirtschaftliche Voraussetzungen für die Entwicklung des Ostsee-Adria Entwicklungskorridors

Flussgebietseinheit Schlei/Trave. Anlage 11

Schlusserklärung des Donaugipfels am 6. Mai 2009 in Ulm

Veranstalter Konrad-Adenauer-Stiftung e.v. Hauptabteilung Politik und Beratung Klingelhöferstraße Berlin

Beginn: Freitag, 14. Oktober, 10:00 Uhr (5 Minuten) Motto: Tiere brauchen einen Tierschutzbeauftragten

Was ist Kommunalpolitik?

Wie funktioniert Europa Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens. der Beteiligungsmöglichkeiten* Christian Röhle, Frankfurt am Main. I.

Öffnung des Krankenhauswesens für Kapitalinvestoren

Städte und Regionen gestalten Klimaschutz. Die zunehmende Anerkennung der Rolle der Kommunen im Klimaschutz

Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin Abteilung Soziales und Gesundheit Sozialamt Juli 2011

Projektbericht Die zentralen Ergebnisse und Aktivitäten im Überblick

Ideen aus der Region intelligent umsetzen. BUILD EUROPE. Die praxisnahe Denkfabrik.

Rückmeldungen aus den Regionalen Foren und dem Nationalen Forum - ein erster Bericht - Karlsruhe,

Organisationale Ressourcen für Beteiligungsprozesse

Bundesrat Drucksache 272/17. Unterrichtung durch die Bundesregierung

Zusammenarbeit in der Metropolregion Hamburg

Integrierte Dienstleistungen regionaler Netzwerke für Lebenslanges Lernen zur Vertiefung des Programms

Optionaler Themenbaustein Demografischer Wandel

Staat und Stiftung vor Ort

BÜRGERBETEILIGUNG UND KOMMUNALPOLITIK

Jörg Bogumil Werner Jann. Verwaltung und. in Deutschland. Einführung in die. Verwaltungswissenschaft A2006/1033 VS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN

Muster. Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit im Netzwerk Zukunftsnetz Mobilität NRW. Wappen Musterkommune

Kommunalpolitik Eine Einführung in die örtliche Politik. Jennifer Pohl & Nicolas Schörmann

Lokale Politik für behinderte Menschen in Bulgarien. Praktische Erfahrungen und Herausforderungen für die Zukunft

Abschlusstest. Pluspunkt Deutsch. Der Orientierungskurs. Modul 1: Vielfalt in Deutschland Ergänzen Sie. 1. Stuttgart ist die Hauptstadt von.

Kommunale Klimapartnerschaften mit. Kommunales Know-how internationale nutzen Ein Projekt im Auftrag des BMZ und in

Servicestelle Kommunen in der Einen Welt

Forum für Migrantinnen und Migranten der Landeshauptstadt Kiel

15. Fachtagung: Kultur des Wandels. Wie gestalten Freiwilligenagenturen Entwicklungen im bürgerschaftlichen Engagement mit?

Mit 16 wählen geht das?

Flussgebietseinheit Eider. Anlage10

Amerika. Latein. Soziale. Regionalprogramm. Markt. Marktwirtschaft. Wirtschaft. Region. Freiheit. Möglichkeiten. Bildung

Investitionen in die Zukunft

Lehrmaterialien für Sekundarstufe 1 & 2

Politischer Nahraum: Schule der Demokratie, Unterrichtsgegenstand oder Partizipationsmöglichkeit?

Herausforderung Nachhaltigkeitsstrategie Bestandsaufnahme in den Kommunen

Naturparkstrategien für die Zukunft aus der Sicht von sieben Ländern

Lernfeld Kommune für Klimaschutz (LeKoKli) Verknüpfung von Bildungs- und kommunalen Klimaschutzprozessen

Kommunale Flüchtlings- und Integrationspolitik. Ausgewählte Ergebnisse einer Online-Befragung von Städten, Landkreisen und Gemeinden

Die Notwendigkeit einer Finanz- und Organisationsreform des ÖPNV in Mecklenburg- Vorpommern im Lichte der demografischen Entwicklung

Global Nachhaltige Kommune

Kommunale Gesundheitsförderung in Nordrhein-Westfalen

Grundlagen für internationale Arbeit

Umsetzung des Präventionsgesetzes in den Bundesländern

INTERREG EUROPE Erfurt,

Eckpunkte zum Stadt-Umland-Wettbewerb (SUW)

Perspektive Berufsabschluss Jahrestagung 6./7. Oktober 2011 Frankfurt a.m. Forum 2

Zukunftsperspektive Unternehmen Profitieren. durch Energieeffizienz und Erneuerbare

Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente sowie des Südtiroler Landtags Wolfsburger Erklärung

An den Vorsitzenden des Umwelt- und Agrarausschusses Herrn Hauke Göttsch (MdL) Landeshaus Kiel. 25. September 2012

Entwurf. Artikel 1. (2) Der Staatsvertrag wird nachstehend veröffentlicht.

Berlin wird Hauptstadt

Erfahrungen und Beispiele aus der beteiligungsorientierten Kommunalentwicklung. Thomas Ködelpeter Ökologische Akademie e.v.

Die Stadt Norderstedt Auf dem Weg in die Digitale Zukunft. Digitales Leitbild 2020 Mobil Innovativ Wirtschaftlich

Im Dialog mit den Entscheidern

Die kommunale Beteiligung an Windenergieprojekten: Voraussetzungen und Gestaltungsoptionen

Arbeiten gegen den Trend in Zeiten des Metropolenfiebers : Eine europäische Perspektive Alexandru Brad

Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure

Zukunft der Hochschulen: Finanzierung nach Ende von Hochschulpakt II. Hochschulrektorenkonferenz

Veränderungsprojekt. Sitzungen und Veranstaltungen

Verwaltung und. Jörg Bogumil Werner Jann. Einführung in die. Verwaltungswissenschaft. 2., völlig überarbeitete Auflage

Zukunftsinitiative Wasser in der Stadt von morgen

Lokaler Integrationsbericht: Möglichkeiten und Grenzen im Kontext des lokalen Übergangsmanagements. Ein Werkstattbericht aus Weinheim

Demographie_Begründungsdokument_ von 5

Privileg oder Nachteilsausgleich?

Hessens Landkreise wollen gestalten statt verwalten

Der Mehrwert der kommunalen Doppik aus Sicht von Politikern und Kämmerern

Zielsteuerung im SGB II Perspektive des Bundes

1.493 Spielhallenkonzessionen Spielhallenstandorte Geldspielgeräte in Spielhallen

Kommunen innovativ. Neue Forschungsprojekte für Regionen im demografischen Wandel

Interessant aufgeteile 3-Zimmerwohnung in Sankt Augustin.

Raumordnungsprognose 2030 des BBSR

der Stadt Sankt Augustin über die Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung

Optimales Infrastrukturmanagement: Eine Frage der Gemeindegrösse?

Abschlussdeklaration zur. Dritten Konferenz der Bürgermeister der kleineren Städte. und Gemeinden in Europa

Klimapakt Gemeinde Hesperingen. Einführung Klimapakt

ZA6609. Meinungen zur aktuellen Flüchtlingssituation in Europa und Deutschland. - Fragebogen -

Transkript:

Konrad-Adenauer-Stiftung Politik und Beratung Kommunalreform in Dänemark Bericht Mehr Informationen unter www.politik-fuer-kommunen.de Konrad-Adenauer-Stiftung e.v. Hauptabteilung Politik und Beratung Arbeitsgruppe Innenpolitik Rathausallee 12 53757 Sankt Augustin Tel.: 02241-246-2440 Fax: 02241-246-52440 E-Mail: kommunalpolitik@kas.de www.politik-fuer-kommunen.de Layout: Arthur Wallach 2006, Konrad-Adenauer-Stiftung e.v., Sankt Augustin Alle Rechte vorbehalten

Kommunalreform in Dänemark Dr. Henning Walcha Koordinator Kommunalpolitik Konrad-Adenauer-Stiftung HA Politik und Beratung, AG Innenpolitik Am 1. Januar 2007 tritt in Dänemark die Kommunalreform in Kraft. Große, nachhaltige Gemeinden sollen künftig eigenverantwortlich die meisten bürgerorientierten Aufgaben regeln. Damit soll die Effektivität kommunalen Handelns deutlich verstärkt werden. Die Reform, die seit 2002 von der Public Sector Task Commission vorbereitet wurde, sieht vor, dass die Zahl der Gemeinden von 271 auf künftig 98 reduziert wird. Gleichzeitig werden auf der höher liegenden Verwaltungsebene 14 Kreise in insgesamt 5 Regionen umgewandelt. Die neuen Gemeinden sollen künftig mindestens 20.000 Einwohner haben. Die allgemein angestrebte Mindestgröße liegt bei 30.000 Einwohnern. Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern müssen künftig nachweisen, dass sie eine Kooperationsvereinbarung mit einer größeren Gemeinde abgeschlossen haben. Nur sieben neue Gemeinden sind davon betroffen, sie liegen meist auf kleinen Inseln. Neue kommunale Aufgaben Ziel der umfassenden Kommunalreform ist die verstärkte Aufgabenübertragung von den bisherigen Kreisen auf die Gemeindeebene. Dazu gehören u.a. Umweltkontrolle, Erwachsenenbildung und spezielle soziale Dienste. Außerdem erhalten die Gemeinden künftig die Verantwortung für den Bereich Arbeitsvermittlung. Lokale Job-Center werden Ansprechpartner für Bevölkerung und Betriebe. Im Rahmen von 14 Pilotprojekten soll die Arbeitsweise dieser Zentren überprüft werden. www.politik-fuer-kommunen.de 2

Die Gemeinden neuen Typs werden auch Aufgaben an die staatliche Ebene abgeben. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Steuern. Die Komplexität des gesamten Reformwerkes wird dadurch deutlich, dass ca. 50 neue Gesetze vom Parlament verabschiedet werden mussten. Zusätzlich waren noch ca. 250 Durchführungsverordnungen von verschiedenen Ministerien erforderlich. Gemeinderat Alle vier Jahre wird der Gemeinderat gewählt, die ungerade Mitgliederzahl liegt zwischen 25 und 31 abhängig von der Einwohnerzahl der neuen Gemeinde. Lediglich Kopenhagen bildet eine Ausnahme und behält auch künftig einen Stadtrat mit 55 Mitgliedern. Zum Vergleich: Gemeindevertretungen in einigen deutschen Städten: Frankfurt am Main (93 Mitglieder), Düsseldorf (82), Bonn (66), Siegburg (44). Regionen Der Aufgabenbereich der fünf neuen Regionen beschränkt sich im Wesentlichen auf das Krankenhauswesen, zusätzlich einige Aufgaben in Bereichen wie Regionalentwicklung, Umwelt und Öffentlicher Nahverkehr. Die Regionen erheben keine Steuern. Ihre Aktivitäten werden finanziert durch die zugehörigen Gemeinden und den Staat. Resümee Die Kommunalreform in Dänemark wurde effektiv und weitgehend zentral gesteuert durchgeführt. Der für die Reformvorbereitung zuständigen Public Sector Task Commission gehörten als Mitglieder an: neben Experten Vertreter aller betroffenen Ministerien sowie Repräsentanten der regionalen und kommunalen Ebene. www.politik-fuer-kommunen.de 3

Die Reformüberlegungen wurden von allen Seiten ohne nennenswerte Proteste konstruktiv begleitet. Ein wichtiger Grund dafür liegt offensichtlich auch in dem allgemeinen Bestreben, die Bedeutung dänischer Kommunen als konkurrenzfähige Investitionsstandorte innerhalb der Europäischen Union zu stärken. Die starke Verknüpfung der kommunalen und der staatlichen Ebene hat in Dänemark Tradition (Zentralstaat) und wird durch die Reform offensichtlich weiter verstärkt (Abschaffung bzw. Schwächung der mittleren Ebene). Die dänischen Reformvorhaben werden von der deutschen kommunalen Seite mit Interesse verfolgt, u.a. in der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE). Eine Meinungsäußerung bzw. ein Kommentar aus Sicht des Deutschen Städtetages existiert jedoch nicht. Vergleiche zwischen dem dänischen und deutschen System der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung haben bereits vor der jetzt anstehenden Reform gravierende Unterschiede deutlich gemacht: der Zentralstaat bewirkt nicht zwangsläufig eine geringe Dezentralisierung, andererseits führt der föderale Staat mit Bundesländern nicht zu einem Mehr an kommunaler Selbstverwaltung. Deutlich zeigt sich jedenfalls auf einer Verwaltungsgrenzen-Karte die kommunale Kleinstaaterei auf deutscher Seite, wobei sich der Unterschied durch die anstehende dänische Reform noch massiv verstärkt. Aufgrund laufender Aktivitäten zum Themenspektrum Kommunalreform in den Bundesländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist der Blick offensichtlich seit längerem auf die Reformschritte in Dänemark gerichtet. Kooperationen mit dänischen Kommunen im Rahmen von EU-Projekten unterstützen diesen Erfahrungsaustausch. In beiden Bundesländern steht jedoch lediglich eine Kreisreform auf dem Programm und auch dabei geht es nicht ohne nennenswerten Protest. Die Erfahrungen der neuen Gemeinden in Dänemark sollten aus Sicht der Bundesländer kritisch verfolgt werden, insbesondere mit Blick auf die Mindestgröße der Gemeinden (20.000 Einwohner) und kommunale Steuern sowie auf die faktische Abschaffung einer regional ausgerichteten mittleren Ebene. Dabei ist www.politik-fuer-kommunen.de 4

das im deutschen Grundgesetz verankerte Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung zu beachten. Die dänischen Aktivitäten sollten auf deutscher Seite jedoch dazu führen, die hinter den Reformen stehende Absicht ernst zu nehmen und alle erforderlichen politischen Anstrengungen zu unternehmen, damit Kommunen im stärker werdenden nationalen und internationalen Wettbewerb erfolgreich bestehen können. Der bisherige Erfahrungsaustausch von KAS Kommunal zur Entwicklung von Europäischen Metropolregionen und kommunalen Kooperationsräumen (Masterplan Strukturwandel) auch ohne starre Grenzen sondern mit variabler Geometrie -, macht deutlich, dass hier ein zukunftsfähiges Feld für innovative politische Entscheidungen liegt. Da lebenswerte und wirtschaftlich starke Städte und Gemeinden maßgeblich durch Akteure vor Ort geprägt und gefördert werden, ist es ein Gebot der Stunde, Kommunalpolitik als ein Politikfeld mit Zukunft schlagkräftig umzusetzen. Nur so kann erfahrungsgemäß im engen Kontext mit nationaler und internationaler Politik der erforderliche Strukturwandel nachhaltig gesteuert werden. www.politik-fuer-kommunen.de 5