HasE Handlungsempfehlungen aus subjektiver Expertensicht 1

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Transkript:

Uwe Tänzer (2005) HasE Handlungsempfehlungen aus subjektiver Expertensicht 1 Bei der Methode HasE (Handlungsempfehlungen aus subjektiver Expertensicht) handelt es sich um ein strukturiertes Vorgehen zur Erfassung der subjektiven Sichtweise insbesondere von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen. Die theoretischen Grundannahmen orientieren sich an den Axiomen von Ruth Cohn und zentralen Annahmen von George Kelly. Die konkreten Überlegungen zur Erfassung der subjektiven Sichtweise beziehen sich momentan auf den Gegenstandsbereich Aggression. 1. Theoretische Grundannahmen Die theoretischen Grundannahmen sollen an dieser Stelle nur kurz erwähnt und die Bedeutung für die Methode HasE erläutert werden, da diese grundlegenden Annahmen im Rahmen des FST gut bekannt sind. 1.1 Das existentiell-anthropologische Axiom von Ruth Cohn Der Mensch ist eine psycho-biologische Einheit und ein Teil des Universums. Er ist darum gleicherweise autonom und interdependent. Die Autonomie des Einzelnen ist umso größer, je mehr er sich seiner Interdependenz mit allen und allem bewusst wird. Das existentiell-anthropologische Axiom von Ruth Cohn wird in HasE folgendermaßen berücksichtigt: Da der Mensch sowohl autonom als auch interdependent ist, wird einerseits die subjektive Sicht des Menschen erfasst, andererseits mit der gleichen Vorgehensweise die Außensicht erhoben. Innen- und Außensicht können gegenüber gestellt werden. 1.2 Das grundlegende Postulat von George Kelly Die Prozesse eines Menschen werden psychologisch durch die Mittel und Wege kanalisiert, mit deren Hilfe er Ereignisse antizipiert. Mit den persönlichen Konstrukten (subjektiven Theorien) antizipiert der Mensch zukünftige Ereignisse. Ebenso ist der Mensch auch bestrebt, mögliche (Aus-) Wirkungen seiner Handlungen 1 Da sich mein Forschungsprojekt noch in der Konzeptionsphase befindet, bitte ich die nur kurze, skizzenhafte Darstellung meiner Überlegungen zu entschuldigen. 1

vorherzusagen. Im Fall problematischer Interaktion aus subjektiver Sicht und/oder Außensicht ist eine Reflektion und eventuell Veränderung der persönlichen Konstrukte (subjektiven Theorien) sinnvoll. Durch das Bewusstmachen der subjektiven Sichtweise und eine Gegenüberstellung mit einer möglichen Außensicht durch HasE kann die Reflektion und eine Veränderung angebahnt werden. 1.3 man the scientist der Mensch als Wissenschaftler (George Kelly) Jeder Mensch ist, analog zu einem Wissenschaftler, bemüht, Theorien über beobachtete Phänomene aufzustellen, Hypothesen zu formulieren, welche Phänomene unter bestimmten Voraussetzungen eintreten werden, dies zu testen und die sich daraus ergebende Aussage einzuschätzen. Folglich sind subjektive Theorien zumindest prinzipiell analog zu wissenschaftlichen Theorien. Nach Prim & Tilmann 2000 sowie Beck & Krapp 2001 beinhalten wissenschaftlichen Theorien als Elemente die Beschreibung, Erklärung, Prognose und Technologie. Dementsprechend müssten somit auch subjektive Theorien diese Elemente aufweisen. Erste Untersuchungen mit HasE in Oldenburg haben zu der Erkenntnis geführt, dass die Elemente der Prognose und Technologie miteinander verschmelzen. Mit HasE sollen daher drei Elemente einer Theorie Beschreibung, Erklärung und Prognose/Technologie erhoben werden. 1.4 10. Korollarium von George Kelly: Das Korollarium der Gemeinsamkeit In dem Ausmaß, in dem ein Mensch eine Konstruktion der Erfahrung verwendet, welche derjenigen eines anderen Menschen ähnlich ist, gleichen seine psychologischen Prozesse denen des anderen. Um Kindern und Jugendlichen die Konstruktion ihrer subjektiven Theorien zu erleichtern, werden ihnen bei der Durchführung von HasE verschiedene Begriffe zu den einzelnen Elementen vorgeschlagen (die derzeitige Auswahl der Begriffe ist an der wissenschaftlichen Fachliteratur orientiert), die jederzeit um individuelle Begriffe erweiterbar sind. Nach dieser kurzen Ausführung der theoretischen Grundannahmen soll im Folgenden die Methode HasE vorgestellt werden. 2. Die Methode HasE Die Darstellung der Methode gliedert sich in eine Übersicht der vorgeschlagenen Begriffe zum Gegenstandsbereich Aggression in einer zusammenfassenden, tabellarischen Form (vgl. auch 1.3 und 1.4), Angaben zur Durchführung (vgl. auch 1.1) und zur Auswertung (vgl. auch 1.2). Konstitutiv ist in der Methode die Erfassung der Beschreibung, Erklärung und der Prognose/Technologie in Bezug auf einen Gegenstandsbereich (hier: Aggression). Die unter 2.1 vorgeschlagenen Begriffe und die unter 2.2 exemplarisch dargestellten Zeichnungen sind als Hilfsinstrumente zu verstehen und sollen nicht, im Sinne einer Standardisierung abgearbeitet werden. 2

2.1 Die vorgeschlagenen Begriffe zum Gegenstandsbereich Aggression Die momentanen Ausarbeitungen beziehen sich auf den Gegenstandsbereich (problematischer) Aggression. Die vorgeschlagenen Begriffe zu den Elementen einer (subjektiven) Theorie orientieren sich an der wissenschaftlichen Fachliteratur. 2.1.1 Die vorgeschlagenen Begriffe für das Theorieelement Beschreibung Die in Tabelle 1 aufgeführten Begriffe geben das Ergebnis der Literaturrecherche wieder. In den bisherigen Durchführungen von HasE war jedoch sowohl für Kinder/Jugendliche als auch Erwachsene der erste Begriff 1.1 allgemeine Schädigungsabsicht unverständlich. Tab. 1: Die vorgeschlagenen Begriffe für das Element Beschreibung Bereich Aggression Theorieelement Beschreibung Erläuterung 1.1 allgemeine Schädigungsabsicht Anderen Personen, Tieren, Gegenständen wird Schaden zugefügt. Die Absicht, Schaden zuzufügen, ist hinreichend. 1.2 Schädigungsabsicht gegen Gegenstände Es werden Gegenstände beschädigt. 1.3 Schädigungsabsicht gegen Personen Es werden Personen geschädigt. (körperlicher Modus) 1.4 Schädigungsabsicht gegen Tiere Es werden Tiere geschädigt. 1.5 Intention Eine Person verfolgt mit der Aggression bestimmte Ziele. 1.6 Emotionen Mit der Aggression einhergehende Emotionen (z.b. Ärger, Wut, Angst). 1.7 Verbaler Modus Andere Personen sollen/werden auf verbale Weise geschädigt (z.b. Beleidigungen, Herabsetzung). 1.8 Durchsetzungsvermögen (positive Dimension) Individuelle Zielvorstellungen werden von der Person auf in der Situation angemessene Weise verfolgt. 1.9 Selbstbewusstsein (positive Dimension) Die Person ist sich über die individuellen Zielvorstellungen bewusst. 1.10 Beharrlichkeit (positive Dimension) Individuelle Zielvorstellungen werden von der Person ausdauernd und standhaft verfolgt. 1.11? Beliebig viele weitere Nennungen durch die befragte Person möglich. 3

2.1.2 Die vorgeschlagenen Begriffe für das Theorieelement Erklärung Auch in Bezug auf Aspekte der Erklärung habe ich mich an der wissenschaftlichen Fachliteratur orientiert. Tab. 2: Die vorgeschlagenen Begriffe für das Element Erklärung Bereich Aggression Theorieelement Erklärung Erläuterung 2.1 Wenig Aufmerksamkeit der Eltern Die Eltern haben wenig/keine Zeit für das Kind; kommen Wünschen des Kindes nicht nach. 2.2 Zurückweisung, Ablehnung durch Eltern Die Person des Kindes wird durch die Eltern nicht angenommen (Tadel, Zurechtweisung). 2.3 Erziehungsverhalten der Eltern Kein einheitliches oder auch widersprüchliches Erziehungsverhalten. 2.4 Ungünstige Wahrnehmung Das Kind interpretiert visuelle und/oder auditive Informationen in Bezug auf die Situation ungünstig. 2.5 Emotionen (z.b. Ärger, Wut, Angst) Auslösende Faktoren für die Emotionen. 2.6 Fehlende Handlungsalternativen Das Kind handelt auch in unterschiedlichen Situationen oft ähnlich (aggressiv), da das Kind nur über wenige Handlungsalternativen verfügt. 2.7 Frustration Auslösende Faktoren für die Frustration. 2.8 Positive Konsequenzen Das Kind erreicht mit der Aggression individuelle Ziele. 2.9 Vermeidung negativer Konsequenzen Das Kind vermeidet mit der Aggression unangenehme Situationen. 2.10 Leistungsprobleme Schlechte Leistungen, Leistungsdruck führen zu den Aggressionen. 2.11 Modelllernen Das Kind orientiert sich mit seinen Handlungen an bestimmten Personen. 2.12 Verhalten der peers Die peers unterstützen die Handlungen des Kindes. 2.13 Anspannung Das Kind ist schon vor den Aggressionen angespannt. Auslösende Faktoren für die Anspannung. 2.14? Beliebig viele weitere Nennungen durch die befragte Person möglich. 2.1.3 Die vorgeschlagenen Begriffe für das Theorieelement Prognose/Technologie Hinsichtlich der Aspekte für eine Prognose/Technologie erscheint es mir sinnvoll, sowohl von der Möglichkeit einer positiven als auch einer negativen Veränderung (aus subjektiver Sicht und/oder Außensicht) auszugehen und für die Einschätzung entsprechende Begriffe als Hilfsinstrumente vorzugeben. 4

Tab. 3: Die vorgeschlagenen Begriffe für das Element Prognose/Technologie Prognose/Technologie 3.1 Eltern allgemein Bereich Aggression positiv: Gespräche Eltern/Kind oder Berater. 3.3 negativ: Situation eskaliert. 3.4 Ungünstige Wahrnehmung Positiv: Wahrnehmung entwickelt sich positiv (wie?). Negativ: Wahrnehmung verschlechtert sich weiter (wie?). 3.5 Emotionen; fehlende positiv: Handlungserfolg (wie?). Handlungsalternativen; Frustration negativ: Handlungsmisserfolg (wie?). 3.7 3.8 positive Konsequenzen 3.9 Vermeidung negativer Konsequenzen 3.10 Leistungsprobleme positiv: Anteilnahme, Einfühlungsvermögen. negativ: positive Konsequenzen nehmen zu. positiv: Umgang mit negativen Situationen (Gespräche mit / positives Eingehen von den peers). negativ: negative Konsequenzen bleiben erhalten. positiv: Nachhilfe, mehr Selbstbewusstsein. negativ: verstärkte Leistungsprobleme. 3.11 Modelllernen 3.12 peers 3.13 Anspannung 3.14? positiv: Reflexion Gespräche mit peers. negativ: Anstiftung durch das Modell. positiv: peers unterstützen nicht mehr. negativ: zunehmende Unterstützung.. positiv: Entspannung durch Gedanken/ Bewegung. negativ: zunehmende Anforderungen positiv: Beliebig viele weitere Nennungen durch die befragte Person möglich. negativ: Beliebig viele weitere Nennungen durch die befragte Person möglich. Die Auswahlmöglichkeiten der angebotenen Begriffe nehmen quantitativ von der Beschreibung über die Erklärung bis hin zur Prognose und Technologie zu. Durch die Kommentare der interviewten Personen nimmt jedoch die Auswahl umgekehrt ab; d.h. oft werden alle zehn vorgeschlagenen Begriffe der Beschreibung genutzt, von den zur Erklärung vorgeschlagenen 13 Begriffen nur noch acht und von den 26 Begriffen der Prognose/Technologie nur noch ein bis drei ausgewählt. Im Folgende beschreibe ich anhand einiger beispielhaft ausgewählten Begriffen die Durchführung von HasE. 5

2.2 Die Durchführung von HasE Für die folgende Darstellung der Durchführung von HasE gehe ich von einem Jungen aus, dem die eigenen, aggressiven Handlungen bewusst sind. Der Junge hat einen gewissen Leidensdruck und ist bereit, über seine Aggressionen zu sprechen. Nach einem warm-up, d.h. nachdem eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre hergestellt wurde, kann das Interview beginnen. Wie wir zu Beginn unseres Gespräches verabredet haben, wollen wir nun über die Aggressionen von dir sprechen. Zunächst einmal möchte ich von dir wissen, wie du deine Aggressionen beschreiben würdest. Dafür habe ich einige Zeichnungen mitgebracht, die ich dir gern zeigen möchte. Abb. 1: Schädigungsabsicht gegen Gegenstände (siehe Punkt 1.2; Seite 3) Was siehst du auf der Karte? Ein Gegenstand wird zerstört. Und du sagst, du machst schon mal Sachen kaputt. Was für Sachen sind das? Hier habe ich nun eine zweite Karte. Abb.2: Schädigungsabsicht gegen Personen (siehe Punkt 1.3; Seite 3) Was siehst du auf der Karte? Der Junge haut das Mädchen. Und du sagst, du haust auch mal andere Kinder. Wie haust du die anderen Kinder? 6

Nachdem alle Begriffe zur Beschreibung angesprochen wurden, wird der Junge gefragt, ob es noch weitere Aspekte seiner Aggression gibt, die bisher nicht angesprochen wurden. Abb. 3: Weitere Aspekte (siehe Punkt 1.11; Seite 3) Die von dem Jungen genannten Aspekte seiner Aggression sollen nun vom ihm nach Häufigkeit und Intensität unter zu Hilfenahme einer Rating-Skala eingeschätzt werden. Abb. 4: Vier stufige Rating-Skala zur Unterstützung der Einschätzung. Dieses Vorgehen wird zunächst mit dem Jungen in Bezug auf die Erklärung und die Prognose/Technologie wiederholt. Aus dem Gespräch mit dem Jungen können auf diese Weise für ihn relevante Begriffe bzw. Aspekte seiner subjektiven Theorie unter Berücksichtigung der Häufigkeit und Intensität über seine eigenen Aggressionen erhoben werden (siehe auch Tab. 4). In einem zweiten Schritt können mit den vom Jungen genannten Begriffen Bezugspersonen (MitschülerInnen, Eltern, LehrerInnen) befragt werden und so auf die gleiche Art und Weise wie mit dem Jungen die Außensicht zu den Aggressionen des Jungen erfasst werden. Anschließend lassen sich die subjektive Sichtweise und die Außensicht direkt gegenüberstellen bzw. vergleichen (siehe auch Tab. 5). 2.3 Die Auswertung von HasE Die folgende Tabelle gibt beispielhaft die mit einem siebenjährigen Jungen erhobenen Antworten in tabellarischer Form zusammengefasst und in Bezug auf die drei Theorieelemente wieder. Die beiden linken Spalten betreffen die angesprochenen Begriffe / Aspekte, in der mittleren Spalte sind die Antworten des Jungen wiedergegeben, die rechte Spalte beinhaltet ergänzende Notizen. 7

Tab. 4: Exemplarische Darstellung der Antworten von einem siebenjährigen Jungen Beschreibung Antworten des Jungen Einschätzung Häufigkeit und Intensität durch den Jungen 1.1 Allg. Schädigungsabsicht trifft nicht zu 1.2 Schädigung. gegen trifft nicht zu Gegenstände 1.3 Schädigung gegen Intensität 3; Häufigkeit 2 Notizen von Stange schubsen, hauen Personen 1.4 Schädigung. gegen Tiere trifft nicht zu 1.5 Intention Häufigkeit 3 Wut: Lehrerin hör auf wird schlimmer kommt in separaten Raum 1.6 Emotionen trifft zu, Häufigkeit 3 Möchte mitspielen, darf nicht, wird wütend 1.7 Verbaler Modus Intensität 2; Häufigkeit 2 Verpiss dich 1.8 Durchsetzungs- vermögen trifft nicht zu 1.9 Selbstbewusstsein trifft nicht zu 1.10 Beharrlichkeit trifft nicht zu 1.11? kam nicht vor Erklärung Antworten des Jungen Notizen Einschätzung Häufigkeit und Intensität durch den Jungen 2.1-2.3 Elternverhalten trifft nicht zu Eltern schreien 2.4 Wahrnehmung trifft nicht zu 2.5 Emotionen Häufigkeit und Intensität 3 darf nicht mitspielen Wut 2.6 Handlungsalternativen Häufigkeit 2 kennt nichts anderes 2.7 Frustration Häufigkeit und Intensität 3 Nicht mitspielen Enttäuschung 2.8-2.9 Konsequenzen trifft nicht zu 2.10 Leistungsprobleme Häufigkeit 1 2.11 Modelllernen trifft nicht zu 2.12 Verhalten der peers Häufigkeit 2 anfeuern, helfen mit 2.13 Anspannung trifft nicht zu 2.14??kam nicht vor Prognose / Technologie Antworten des Jungen Notizen Einschätzung Häufigkeit und Intensität durch den Jungen 3.12 peers peers positiv: mit ihm spielen; negativ: MitschülerInnen haben Angst, verprügelt zu werden 8

Die Tab. 5 gibt exemplarisch den Vergleich der Aussagen von dem Jungen mit den Aussagen der Lehrerin in Bezug auf das Theorieelement Beschreibung wieder. Tab. 5: Vergleich der Aussagen von dem Jungen mit den Aussagen der Lehrerin Beschreibung Junge Lehrerin 1.2 Schädigungsabsicht gegen Gegenstände trifft nicht zu Intensität 2 Häufigkeit 3 1.3 Schädigungsabsicht gegen Personen Intensität 3 Häufigkeit 2 von Stange schubsen, hauen 1.5 Emotionen Häufigkeit 3 Wut: Lehrerin hör auf wird schlimmer kommt in separaten Raum 1.6 Intention Häufigkeit 3 Möchte mitspielen, darf nicht, wird wütend 1.7 Verbaler Modus Intensität 2 Häufigkeit 2 Verpiss dich Tritt gegen Türen, Tische usw. Intensität 3 Häufigkeit 2 Häufigkeit 3 Keine Kenntnisse Intensität 4 Häufigkeit 3 1.11? kam nicht vor Häufigkeit 2 Entwendet Gegenstände von anderen SchülerInnen 3. Fragen zur Diskussion der Methode und der Ergebnisse auf dem Symposium Wie wird die Vorgabe der Begriffe / Aspekte beurteilt? Sehen Sie einen negativen Einfluss durch die Vorgabe der Zeichnungen? Wie groß ist die Gefahr sozial erwünschter Antworten? Bietet HasE aus Ihrer Sicht einen Erkenntnisgewinn? 4. Literatur BECK, K. & KRAPP, A. (2001). Wissenschaftstheoretische Grundfragen der Pädagogischen Psychologie. In: A. KRAPP & B. WEIDENMANN (Hrsg.): Pädagogische Psychologie. Weinheim: Beltz, 4. Auflage. PRIM, R. & TILMANN, H. (2000). Grundlagen einer kritisch-rationalen Sozialwissenschaft. Wiebelsheim: Quelle & Meyer. 9