Vergleich unterschiedlicher Kniebeugentechniken zur Entwicklung der Schnellkraft 1

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97 Vergleich unterschiedlicher Kniebeugentechniken zur Entwicklung der Schnellkraft 1 Dietmar Schmidtbleicher (Projektleiter), Hagen Hartmann, Josip Dalic, Markus Klusemann, Claus Matuschek & Klaus Wirth Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main Institut für Sportwissenschaften Problem Zur Entwicklung eines hohen Explosivkraft- und Schnellkraftniveaus ist es im Leistungssport üblich, während der Vorbereitungs- und Wettkampfsaison die Übungen, Belastungen und Methoden zu variieren. Innerhalb eines Makrozyklus für Schnellkraftsportarten erfolgt daher die Einteilung und Gestaltung von sog. Krafttrainingsmesozyklen (Wirth & Schmidtbleicher, 2007a). Während sich hierbei ein kombiniertsukzessiver Einsatz von allgemeinem und speziellem Krafttraining bewährt (Wirth & Schmidtbleicher, 2007a, b; Zatsiorsky, 2000), sind weiterhin flankierende Maßnahmen in der Technikausführung notwendig, die einen Transfer der Maximalkrafttrainingsleistung in die Wettkampfleistung erst herzustellen vermögen (Kibele, 1998, S. 45). Einige Autoren (Deiß & Pfeiffer, 1991; Zatsiorsky, 2000) schlagen vor, für diese Umsetzungsproblematik bereits im allgemeinen Krafttraining die Maximalkraftübungen nicht losgelöst von der Spezifik, sondern möglichst technikorientiert durchzuführen (bspw. in bestimmten Gelenkamplituden). Da bei Sprüngen das Kraftmaximum nur auf einem kurzen Abschnitt der Bewegungsamplitude entwickelt wird, besteht nach Zatsiorsky (2000) keine Notwendigkeit, die Maximalkraft über den gesamten Bewegungsbereich zu trainieren (S. 182). In diesem Zusammenhang ist mitunter in der Literatur die Empfehlung eines (sportart-) spezifischen Krafttrainings in der halben und/oder viertel Kniebeuge anzutreffen (Adamczewski, 1991; Deiß & Pfeiffer, 1991; DLV, 1993; Ecke & Kunz, 2001; Faigle, 2000; Jonath et al., 1995; Killing, 2008; Wisløff et al., 2004; Zatsiorsky, 2000), sogar hinsichtlich einer Überlegenheit gegenüber tiefen Kniebeugen (Zatsiorsky, 2000). Dies konnte jedoch bisher empirisch nicht verifiziert werden (Weiss et al., 2000). Ziel der beiden Forschungsprojekte ist es, die im allgemeinen Krafttraining üblichen Kniebeugenvarianten im Hinblick auf ihren spezifischen Transfer auf (reaktive) Schnellkraftleistungen gegenüberzustellen, um sportpraktische Empfehlungen für den Leistungssport abzuleiten. 1 Der nachfolgende Beitrag bezieht sich auf die Forschungsprojekte Vergleich unterschiedlicher Trainingsmaßnahmen auf die Entwicklung und Technik im Counter-Movement-Jump (AZ 070509/2007) und Vergleich unterschiedlicher Trainingsmaßnahmen auf die Technik und Leistung im Counter-Movement-Jump (AZ 070510/2008)

98 Vergleich unterschiedlicher Kniebeugentechniken... Methodik In diesen auf zwei Jahre angelegten Forschungsprojekten wurden die Auswirkungen unterschiedlicher Kniebeugenvarianten auf die Schnellkraft im langsamen Dehnungsverkürzungszyklus (Counter Movement Jump, CMJ), schnellen Dehnungsverkürzungszyklus (Drop Jump, DJ), auf die isometrische Maximalkraft (MVC) und Explosivkraft (RFD) sowie die dynamische Maximalkraft (1-RM) verglichen. Die Parallelisierung der Probanden (n = 59) in drei Trainingsgruppen erfolgte auf Basis der ermittelten Sprunghöhen im CMJ: Gruppe 1 tiefe Frontkniebeuge (F, n = 20), Gruppe 2 tiefe Nackenkniebeuge (Nt, n = 20) und Gruppe 3 viertel Nackenkniebeuge bis 120 Kniegelenkwinkel (Nv, n =19). Zusätzlich wurde eine Kontrollgruppe gebildet (K, n = 16). Gegenstand des ersten Projektes (AZ 070509/2007) war die Datenerhebung mit den Versuchsgruppen 1 und 2 sowie der Kontrollgruppe. Das Nachfolgeprojekt (AZ 070510/2008) umfasste die Datenerhebung der Versuchsgruppe 3 sowie die Zuführung weiterer Probanden für die Versuchsgruppen 1 und 2. Fünf bzw. drei Tage vor Durchführung des Standardsprungkrafttests und der isometrischen Kraftmessung erfolgten die dynamischen Maximalkrafttests in der tiefen Nackenkniebeuge (Oberschenkel parallel zum Boden oder tiefer) bzw. tiefen Frontkniebeuge und in der viertel Nackenkniebeuge. Zur Einhaltung der Kniegelenkamplitude in der viertel Nackenkniebeuge wurde den Probanden eine entsprechende Beinschiene mit Winkelbegrenzung an das rechte Bein angelegt, die sowohl im Training als auch in dem spezifischen Maximalkrafttest getragen werden musste. Aufgrund der hohen Lasten erfolgte die viertel Nackenkniebeuge in einer Multipresse mit zusätzlicher horizontaler Bewegungsrichtung. Der Trainingszeitraum betrug zehn Wochen mit folgendem Periodisierungsschema: Woche 1-4: 5 x 8-10 Wdh; Woche 5-8: 5 x 6-8 Wdh; Woche 9-10: 5 x 2-4 Wdh, jeweils 5 Min. Satzpause. Die Ausgangstests in der dynamischen Maximalkraft erfolgten drei, der Standardsprungkrafttest sowie die Ermittlung des isometrischen Kraftverhaltens sieben und 14 Tage nach Trainingsende. Die Bestwerte aus den Eingangs- und Ausgangstests werden als ET und AT bezeichnet. Ergebnisse Entwicklung im Counter Movement Jump und im Squat Jump Die beiden Trainingsgruppen mit tiefer Front- und Nackenkniebeuge verzeichneten hochsignifikante Zuwächse in der Sprungleistung des CMJ und des SJ. Ebenso wie die Kontrollgruppe zeigte auch die Gruppe mit viertel Nackenkniebeuge keine statistisch signifikanten Veränderungen in den Sprunghöhen. Zwischen den vier Gruppen konnten keine statistisch signifikanten Gruppenunterschiede ermittelt werden.

Vergleich unterschiedlicher Kniebeugentechniken... 99 Tab. 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Sprungleistungen im CMJ und im SJ (in cm) sowie prozentuale Veränderungen von Eingangs- zu Ausgangstest,***= hochsignifikanter Unterschied (p 0,001) Counter Movement Jump (cm) Squat Jump (cm) Gruppe ET AT %-Diff. ET AT %-Diff. F 38,27 ± 8,37 41,25 ± 8,57 8,29*** 35,10 ± 8,11 37,32 ± 7,65 7,19*** Nt 37,45 ± 10,20 40,31 ± 10,90 7,79*** 34,80 ± 9,55 36,69 ± 9,61 5,83*** Nv 40,99 ± 7,26 40,87 ± 6,90-0,01 34,71 ± 6,02 35,36 ± 4,88 2,68 K 35,49 ± 6,55 34,79 ± 4,91-0,87 30,84 ± 5,83 30,84 ± 4,12 1,38 Entwicklung der dynamischen Maximalkraft in der Frontkniebeuge Das Training induzierte bei beiden Trainingsgruppen mit tief durchgeführter Kniebeuge hochsignifikante Zuwächse in der dynamischen Maximalkraftleistung der Frontkniebeuge. Sowohl die Gruppe der viertel Nackenkniebeuge als auch die Kontrollgruppe zeigten keine statistisch signifikanten Veränderungen. Zwischen den vier Gruppen konnten keine statistisch signifikanten Gruppenunterschiede festgestellt werden. Tab. 2: Mittelwerte und Standardabweichungen der dynamischen Maximalkraft in der Frontkniebeuge (in kg) sowie prozentuale Veränderungen von Eingangs- zu Ausgangstest, ***= hochsignifikanter Unterschied (p 0,001) 1-RM Front (kg) Gruppe ET AT %-Diff. F 73,00 ± 26,48 90,88 ± 25,61 29,12*** Nt 67,00 ± 26,77 80,50 ± 24,97 25,35*** Nv 72,90 ± 19,95 72,37 ± 21,24-0,35 K 65,00 ± 17,42 65,63 ± 18,34 0,64 Entwicklung der dynamischen Maximalkraft in der Nackenkniebeuge Die beiden Trainingsgruppen der tief ausgeführten Kniebeugenvarianten wiesen sehr signifikante bis hochsignifikante Erhöhungen in der dynamischen Maximalkraft der tiefen sowie viertel Nackenkniebeuge auf. Während die Trainingsgruppe der viertel Nackenkniebeuge in der dynamischen Maximalkraft bis 120 Kniegelenkwinkel hochsignifikante Verbesserungen verzeichnete, zeigte diese bei der tiefen Nackenkniebeuge sehr signifikante Erniedrigungen der dynamischen Maximalkraft. Die Veränderungen der Kontrollgruppe waren durchgehend nicht signifikant. Für die

100 Vergleich unterschiedlicher Kniebeugentechniken... Entwicklung der dynamischen Maximalkraft in der tiefen Nackenkniebeuge waren zwischen den vier Gruppen keine statistisch signifikanten Gruppenunterschiede ermittelbar. Tab. 3: Mittelwerte und Standardabweichungen der dynamischen Maximalkraft in der tiefen und viertel Nackenkniebeuge (in kg) sowie prozentuale Veränderungen von Eingangs- zu Ausgangstest, **= sehr signifikanter Unterschied (p 0,01), ***= hochsignifikanter Unterschied (p 0,001) 1-RM Nacken tief (kg) 1-RM Nacken viertel (kg) Gruppe ET AT %-Diff. ET AT %-Diff. F 83,50 ± 29,20 98,50 ± 28,75 20,94*** 213,16 ± 62,90 234,21 ± 59,84 13,31** Nt 80,25 ± 30,28 101,50 ± 30,00 30,43*** 179,47 ± 50,49 224,74 ± 44,89 30,59*** Nv 87,11 ± 26,05 82,63 ± 26,27-5,07** 220,00 ± 42,16 297,89 ± 41,58 37,50*** K 75,63 ± 23,94 75,94 ± 20,99 1,70 185,63 ± 40,33 189,38 ± 40,90 2,26 Die Gruppenvergleiche (Tab. 4) für die Entwicklung der dynamischen Maximalkraft der Nackenkniebeuge bis 120 erbrachten zwischen den Gruppen der viertel Nackenkniebeuge und der Frontkniebeuge einen sehr signifikanten Gruppenunterschied. Ein solcher konnte jedoch nicht zwischen der Trainingsgruppe der viertel und der tief durchgeführten Nackenkniebeuge festgestellt werden. Die Kontrollgruppe verzeichnete einen hochsignifikanten bzw. sehr signifikanten Gruppenunterschied zur Gruppe der viertel bzw. der tief durchgeführten Nackenkniebeuge. Die Frontkniebeugengruppe zeigte weder zur Kontrollgruppe noch zur Gruppe mit tiefer Nackenkniebeuge einen statistisch signifikanten Gruppenunterschied. Tab. 4: Gruppenvergleiche für die dynamische Maximalkraft in der viertel Nackenkniebeuge, **= sehr signifikanter Unterschied (p 0,01), ***= hochsignifikanter Unterschied (p 0,001) Gruppe Nt Nv K F n.s. ** n.s. Nt - n.s. ** Nv - - *** Diskussion Zahlreiche Längsschnittstudien bestätigen den hier festgestellten positiven Einfluss eines allgemeinen Krafttrainings auf die Verbesserung des (reaktiven) Schnellkraftvermögens (Überblick siehe Wirth & Schmidtbleicher, 2007b). Aufgrund der hohen Bewegungsanforderungen vor allem der tiefen Kniebeugenvarianten kommen als primäre Anpassungsmechanismen innerhalb der ersten Wochen eine überwiegende Verbesserung der inter- und intramuskulären Koordination in Frage. Bei dem vorlie-

Vergleich unterschiedlicher Kniebeugentechniken... 101 genden Probandengut sind auch morphologische Anpassungen der beteiligten Muskelgruppen innerhalb der beiden Hypertrophieblöcke anzunehmen. Während signifikante Muskelquerschnittszunahmen im M. quadriceps femoris nach zwölf Wochen eines tiefen Kniebeugentrainings nachgewiesen werden konnten, zeigte ein Krafttraining mit der viertel Nackenkniebeuge bis 110 Kniegelenkwinkel vergleichsweise geringe morphologische Anpassungen (Raastad et al., 2008). In der vorliegenden Untersuchung waren zwar keine statistisch signifikanten Gruppenunterschiede in der Schnellkraftentwicklung festzustellen, was an dem hohen Leistungsgefälle innerhalb der Trainingsgruppen gelegen haben dürfte. Allerdings unterstützen die prozentualen Unterschiede eine deutliche Überlegenheit tief durchgeführter Kniebeugen - insbesondere der Frontkniebeuge - auf die Schnellkraftentwicklung. Tiefe Front- und Nackenkniebeugen induzierten hochsignifikante Zunahmen des 1-RM (p 0,001) in den beiden tiefen Kniebeugenvarianten und stellten im Vergleich zur viertel Nackenkniebeuge bezüglich neuronaler und koordinativer Anpassungen einen größtmöglichen Transfer zur Zielbewegung sicher. Der im Gruppenvergleich signifikant höhere Zuwachs an winkelspezifischer dynamischer Maximalkraft der Viertel-Kniebeugengruppe (p 0,01) gegenüber der Frontkniebeugengruppe konnte weder auf den Beschleunigungsablauf des SJ noch des CMJ übertragen werden. Die vorliegenden Ergebnisse der Viertel-Kniebeugengruppe widersprechen der unfundierten Trainingsempfehlung einer (bevorzugten) Durchführung eines solchen winkelspezifischen Krafttrainings in der Kniebeuge (Adamczewski, 1991, DLV, 1993, Ecke & Kunz, 2001, Jonath et al., 1995, Killing, 2008). Ein Transfer der Maximalkrafttrainingsleistung auf die Zielbewegung war nicht herzustellen. Als grundlegender Bestandteil eines allgemeinen Krafttrainings in Schnellkraftsportarten sollte die Maximalkraft der Knie- und Hüftextensoren über den gesamten Bewegungsbereich der tiefen Kniebeuge trainiert werden, um einen maximalen Transfer auf Schnellkraftleistungen der unteren Extremität sicherzustellen.

102 Vergleich unterschiedlicher Kniebeugentechniken... Literatur Adamczewski, H. (1991). 7. Krafttraining für die leichtathletischen Sprünge. In H. Dickwach & H. Gundlach (Hrsg.), Leichtathletik - Sprung: Analysen und Empfehlungen für die Disziplinen Hochsprung, Stabhochsprung, Weitsprung und Dreisprung. Band 1. Technik der Top Athleten (S. 114-120). Berlin: Sportverlag Deiß, D. & Pfeiffer, U. (1991). Leistungsreserven im Schnellkrafttraining. Berlin: Sportverlag Deutscher Leichtathletik-Verband (1993). Rahmentrainingsplan für das Aufbautraining Sprung (2. Auflage). Aachen: Meyer & Meyer Ecke A. & Kunz, H. (2001). Rahmentrainingsplanung Sprünge. Trainerbulletin Nr. 11d. Lyss: Schweizerischer Leichtathletik Verband Faigle, Ch. (2000). Athletiktraining Basketball: die besten Übungen. Reinbek bei Hamburg: Rohwolt Jonath, U., Krempel, R., Haag, E. & Müller, H. (1995). Leichtathletik 2. Springen. Reinbek bei Hamburg: Rohwolt Kibele, A. (1998). Maximalkraftzuwachs ohne Leistungsgewinn? Leistungssport 3, S. 45-49 Killing, W. (2008). Leistungsreserve Springen. Handbuch des Sprungkrafttrainings für alle Sportarten. Münster: Philippka Raastad, T., Karlsen, S., Madsgaard, S., Boesen, M. & Langberg, H. (2008). Effects of heavy strength training with deep or shallow squats on muscle cross sectional area and muscle function. In: 13th Annual Congress of the European College of Sport Science, 9.-12. Juli 2008, Estoril - Portugal, S. 515 Weiss, L.W., Fry, A.C., Wood, L.E., Relyea, G.E. & Melton, C. (2000). Comparative effects of deep versus shallow squat and leg-press training on vertical jumping ability and related factors. Journal of strength and conditioning research, 14 (3), S. 241-247 Wirth, K. & Schmidtbleicher, D. (2007a). Periodisierung im Schnellkrafttraining. Teil 2: Theoretische Grundlagen der Periodisierung und ihre praktische Anwendung im Schnellkrafttraining. Leistungssport, 37 (2), S. 16-20 Wirth, K. & Schmidtbleicher, D. (2007b). Periodisierung im Schnellkrafttraining. Teil 1: Physiologische Grundlagen des Schnellkrafttrainings. Leistungssport, 37 (1), S. 35-40 Wisløff, U., Castagna, C., Helgerud, J., Jones, R. & Hoff, J. (2004). Strong correlation of maximal squat strength with sprint performance and vertical jump height in elite soccer players. British journal of sports medicine, 38 (3), S. 285-288 Zatsiorsky, V.M. (2000). Krafttraining. Praxis und Wissenschaft. (2. überarb. Aufl.), Aachen: Meyer & Meyer