HELIOS Klinikum Krefeld Eine alte Erkrankung neu entdeckt: Pertussis Carl Heinz Wirsing von König HELIOS Kliniken Gruppe
Pertussis in NRW: Entwicklung ~1960 Impfung mit Ganzzellimpfstoff, Meldepflicht 1972: Meldepflicht eingestellt ~1980 Diskussion über schwere Nebenwirkungen 1990: Durchimpfungsrate ~ 5% (Schmitz et al., 2000) 1995: azelluläre Impfstoffe zugelassen 2006: Durchimpfungsrate ~ 90% bei Kleinkindern 2006: Durchimpfungsrate ~20% bei Jugendlichen (Poethko-Müller et al., 2008)
Pertussis-Impfung: Ergebnisse % Reduktion der gemeldeten Inzidenz bei Kindern US (1940 2000) 96% UK (1982-1994) 94% Deutschland (NBL) (1964-2001) 93% Schweden (1990-2001) 89%
Pertussis/Parapertussis in Krefeld: Kultur oder PCR positive Fälle bei Kindern n positive incidence 400 350 300 250 200 150 100 50 0 PCR- Einführung 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005
Pertussis/Parapertussis in Krefeld: Kultur oder PCR positive Fälle bei Kindern n positive 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 PCR- Einführung 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Schutzdauer nach Infektion (Wendelboe et al., PIDJ,2005) Nach Infektion: 1902: weitgehend lebenslang 1951: weitgehend lebenslang 1995: 15 Jahre 1997: 7-10 Jahre 2002: 3 12 Jahre
Schutzdauer nach Impfung (Wendelboe et al., PIDJ,2005) Dauer des gleich bleibenden Impfschutzes Nach Impfung mit Ganzzell-Impfstoffen: 4 14 Jahre (?) Nach Impfung mit azellulären Impfstoffen: ~ 5 Jahre
Pertussis 2008: Wer erkrankt? Säuglinge vor Impfung Schulkinder ohne Auffrischimpfung Jugendliche ohne Auffrischimpfung Erwachsene
Pertussis: Wer infiziert wen? Wer Säuglinge Ältere Kinder Jugendliche durch wen Eltern, Großeltern, Geschwister Schulkameraden, Eltern Freunde, Schulkameraden Erwachsene Erwachsene, Kinder
Pertussis bei Säuglingen: wer war die Quelle? alle Studien: ~30-69 % Quelle nicht identifizierbar F: Hospitalisierte Säuglinge: Infektionsquelle: 34% Eltern, 46% meist geimpfte Geschwister (Baron et al.,1998) D: Intensivpflichtige Säuglinge: Infektionsquelle: 46% Erwachsene (meist Mütter) (Kowalzik et al.,2003) GB: Meist intensivpflichtige Säuglinge: Infektionsquelle: 43% Eltern (meist Mütter), 27% geimpfte Geschwister (Crowcroft et al.,2003) USA: Säuglinge <4 Monate, Meldung von Pertussis, Infektionsquelle: 35% Mütter, 14% Väter, 8% Großeltern (Bisgard et al.,2004) CAN, D, F, USA: Hospitalisierte Säuglinge: Infektionsquelle: 55% Eltern (meist Mütter) 16% Geschwister, 28% andere Erwachsene im Haushalt (Wendelboe et al.,2007) NL: Hospitalisierte Säuglinge jünger als 6 Monate. Infektionsquelle: 54% Mütter, 22% Väter, 46% Geschwister (de Greef et al., 18.ECCMID Barcelona, April 2008)
Pertussis bei Erwachsenen: Inzidenz in % und Jahr USA 1994-5: 0,18 (0,10-0,26) Nennig et al.,1996 USA 1995-6: 0,36 (0,18-0,58) Strebel et al.,2001 UK 1998-9: 0,33 Miller et al., 2002 F 2001-3: 0,51 Gilberg et al., 2002 USA 97-2001: 0,37 Ward et al, 2005 D 2001-2004: 0,17 Riffelmann et al.,2006
Pertussis bei Erwachsenen: wie häufig? Anteil von Pertussis bei Patienten mit Husten 7 Tagen: USA, Strebel et al.2001: 10% USA, Nennig et al.,1996: 12% USA, Wright et al.1998: 16% USA, Mink et al.1992: 13% CAN, Senzilet et al.,2001: 20% DK, Birkebaek et al.,1999: 17% F, Gilberg et al.,2002: 32% UK, Miller et al.,2001: 28% D, Riffelmann et al.,2006: 10%
Pertussis bei Jugendlichen und Erwachsenen Mittlere Hustendauer: Trollfors and Rabo, 1981 36 Tage Birbebaek et al.,1999 43 Tage Senzilet et al.,2001 48 Tage Strebel et al.,2001 36 Tage Gilberg et al, 2002 54 Tage Riffelmann et al.,2006 46 Tage
Pertussis bei Erwachsenen: welche Komplikationen? Häufigkeit von Komplikationen: 23%-28% (Postels-Multani et al.,1995, de Serres et al., 2000) Welche Komplikationen? Gewichtsverlust Krampfanfälle Synkopen Pneumonie Otitis media Inkontinenz Pneumothorax Rippenbrüche Leistenhernien Hörverlust Carotis-Dissektion Intrazerebrale Blutungen
Pertussis bei Erwachsenen: welche Komplikationen? Krankenhausbehandlung: 3% USA (Lee et al.,2004) 2% USA (NNDSS, 2005) 1% Schweden (Trollfors and Rabo,1981) 4% Kanada (de Serres, 2002) Tod: <0,1% (alle Meldedaten) D: 1998-2005: ein Säugling, zwei Erwachsene (Stat.Bundesamt Todesursachenstatistik) NL: 39 Erkrankte, 4 Todesfälle (Mertens et al. 1999)
Zugelassene Pertussis-Impfstoffe Kombinationen für Kinder: DTaP ggf. mit Polio, Hib, Hepatitis B Kombinationen für Jugendliche und Erwachsene: Tdap ggf. mit Polio kein Pertussis Mono-Impfstoff mehr
Wirksamkeit der Impfstoffe: Auffrischimpfung Schulkinder: Schutzwirkung wird aus Antikörperbildung nach Booster analog zur Grundimmunisierung angenommen Jugendliche und Erwachsene: 92% (Ward et al.,2005)
Probleme: Pertussis - Serologie Nicht möglich: Beurteilung der Immunität aufgrund von Antikörperbestimmungen Im allgemeinen nicht sinnvoll: Messung des Impferfolges durch Antikörperbestimmungen
Probleme: Inkomplette Grundimmunisierung, eine oder drei Dosen? Studie bei Adoleszenten (9-17 Jahre): keine Vorimpfung, niedrige AK gegen PT eine Dosis Tdap (ab 9 Jahre) in 100% der Fälle Serokonversion gegenüber mindestens einem Pertussis Antigen Knuf et al., Vaccine, 2006
Probleme: Mitarbeiter mit Pertussis in KiTa, Kindergarten oder Krankenhaus KiTa, Kindergarten: Tätigkeitsverbot nach 34 IfSG Krankenhaus: Kein formales Tätigkeitsverbot KiTa, Kindergarten: Wiederzulassung: frühestens fünf Tage nach Beginn einer Antibiotikatherapie Krankenhaus: Keine formale Wiederzulassung Impfstatus vervollständigen Beurteilung einer Immunität durch serologische Untersuchungen ist nicht möglich
Pertussis 2008: Epidemiologie Pertussis ist endemisch und zyklisch Infektion und Impfung schützen nur zeitlich begrenzt Die Altersstruktur der Patienten mit Pertussis hat sich geändert Erwachsene und Jugendliche sind das Reservoir des Erregers Die Symptomatik der Patienten mit Pertussis hat sich geändert Die Infektionsketten haben sich geändert
Pertussis 2008: wie impfen? zeitgerecht laut STIKO Empfehlungen impfen neue Empfehlung bezüglich Impfung vor Schuleingang berücksichtigen auf zeitlich beschränkte Schutzwirkung der Impfung hinweisen Impflücken schließen Bisherige STIKO-Empfehlung für Erwachsene großzügig interpretieren Tdap-Impfung für alle Erwachsene in der Diskussion (empfohlen zb in F, CAN, USA)