Bovine Virus Diarrhoe Mucosal Disease

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Transkript:

Bovine Virus Diarrhoe Mucosal Disease

Tierseuchenrechtliche Bestimmungen: BVD ist seit dem 3. Nov. 2004 anzeigepflichtig

Ätiologie (1): BVD-Virus Fam. Pestiviridae es werden unterschieden: nicht-zytopathogene und zytopathogene Stämme Unterscheidung bezieht sich auf das Verhalten in der Zellkultur

Ätiologie (2): BVD-Virus Typ I und Typ II - seit Anfang der 90iger Jahre - unterscheiden sich in ihrem Genom und können z.b. mit monoklonalen Ak differenziert werden - rd 3% der Isolate in Deutschland Typ II - Typ II gilt als pathogener, in den USA werden viele Fälle des hämorrhagischen Syndroms durch Typ II verursacht

Ablauf und Krankheitsbilder werden bestimmt durch: a. den Zeitpunkt der Infektion während der Trächtigkeit bzw. nach der Trächtigkeit b. durch das Vorkommen von nicht-zytopathogenen und zytopathogenen Virusstämmen zu unterscheiden sind folgende Krankheitsbilder in chronologischer Reihenfolge (Beginn mit der Trächtigkeit)

Ablauf und Krankheitsbilder

1 Störung der Frühträchtigkeit: - nach diaplazentarer Infektion im ersten Drittel der Gravidität - embryonaler Fruchttod mit Resorption und Wiedereinsetzen des Zyklus, Frühaborte, Mumifikation - treten in der Pathologie nicht auf

2 Persistent virämische Tiere (1): Infektion bis etwa zum 120. Tag d. Grav. - Organogenese bis auf ZNS und Auge weitgehend abgeschlossen und daher nicht mehr störanfällig - Tiere sind aber noch nicht immunkompetent - Entwicklung einer Immuntoleranz, d.h. keine Ak- Bildung und Persistenz des nicht-zytopathogenen Virus (die Toleranz ist Stamm-spezifisch) - zytopathogene Stämme sind nicht in der Lage zu persistieren

Info-Box: Immunkompetenz - Fähigkeit eines Organismus (Fetus) auf ein ganz bestimmtes Antigen mit einer Immunantwort zu reagieren - wird während der Embryogenese zu ganz unterschiedlichen Zeit erworben, abhängig von der Art des Antigens und der Art der jeweiligen Immunantwort - kann gegen Proteine und Glykoproteine (z.b. Virusbestandteile) bereits zur Häfte der Trächtigkeit ausgebildet sein - Antwort gegen intrazellulär überlebende Bakterien (z.b. Brucellen) sehr spät, erst zum Zeitpunkt der Geburt

Info-Box: Immuntoleranz - Immunsuppression Immuntoleranz - richtet sich gegen ein ganz bestimmtes Antigen, gegen alle anderen Antigene kann eine Immunantwort induziert werden - die Mechanismen der Toleranz-Induktion sind unterschiedlich - eine Möglichkeit ist die Anwesenheit eines Fremdantigens im sich entwickelnden Embryo während der Ausbildung der Immunkompetenz Immunsuppression - ist unspezifisch, erfaßt die Immunantwort gegen zahlreiche Antigene - kann durch verschiedene Mechanismen ausgelöst werden, u.a. durch Arzneimittel, Mangelernährung etc.

2 Persistent virämische Tiere (2): die Kälber/Rinder können: a. völlig normal erscheinen, die Geschlechtsreife erlangen, trächtig werden bzw. decken oder zur Samengewinnung herangezogen werden d.h. diese Tiere sind klin. unauffällig, scheiden aber Virus u.a. mit dem Samen aus bzw. bringen wiederum persistent virämische Kälber zur Welt diese Tiere unterhalten die Infektionskette

2 Persistent virämische Tiere (3): die Kälber/Rinder können: b. unauffällig sein bis zum Einsetzen der MD (s.u.) Erfassung dieser Tiere durch den Nachweis von Virus in zahlreichen Zellarten, Organen, Sekreten und Exkreten bei gleichzeitig negativem Antikörper-Nachweis

2 Persistent virämische Tiere (4): Histologie: - Veränderungen nur gering - evtl. geringgrd. lymphozytäre Infiltrate subepithelial oder submukös im Magen-Darmtrakt, ZNS, evtl. geringgrd. Glomerulonephritis (trotz Immuntoleranz?) Virusnachweis: - in zahlreichen Zellen und Geweben

2 Persistent virämische Tiere (5): die Kälber/Rinder können: c. ein vermindertes Wachstum zeigen (Kümmerer) mit struppigem Fell und krustöser Dermatitis d. ausnahmsweise ein MD-ähnliches, aber geringgradiger ausgeprägtes Krankheitsbild zeigen

3 Mißbildungen (1): Infektion zwischen dem (90.) 125. bis 180. Tag d. Grav. - treten vor allem auf, wenn sich nichtinfizierte Muttertiere in diesem Abschnitt der Trächtigkeit mit BVD-Virus infizieren - Immunkompetenz beginnt sich auszubilden, aber jetzt Ausreifung von Großhirn insbesondere aber Kleinhirn und Auge (okulo-zerebelläres Syndrom)

3 Mißbildungen (2): - Kälber sind zu klein, kein Stehvermögen, Opisthotonus, Katarakt, Blindheit - Virus kann vielfach nicht (mehr) in den veränderten Organen nachgewiesen werden (Elimination durch die fetale Immunantwort?)

4 Virusdiarrhoe (1): Infektion nach 180. Tag d. Grav. bzw. als Kalb - Ausbildung einer wirksamen humoralen Immunantwort und Elimination des Virus nach kurzer Erkrankung - Erkranken der Kälber für wenige Tage mit Inappetenz, Fieber, Durchfall (= Virusdiarrhoe)

4 Virusdiarrhoe (2): - das BVD-Virus hat immunsuppressive Eigenschaften - evtl. respiratorische Störungen oder Zweitinfektionen (IBR, PI-3) bzw. Sekundärinfektionen (Pasteurellose)

4 Virusdiarrhoe (3): - daneben gibt es ein "hämorrhagisches Syndrom, das mit einer Blutungsneigung aufgrund eines Thrombozyten-Mangels einhergeht - beschrieben sind auch Fälle mit Diabetes mellitus aufgrund einer Zerstörung von B-Zellen in den Langerhansschen Inseln (konnte bislang in München trotz gezielter Untersuchung nicht verifiziert werden)

5 Mucosal disease (1): persistent virämische Tiere erleiden eine Superinfektion mit einem zytopathogenen Biotyp a. der antigenetisch eine enge Verwandtschaft mit dem nicht-zytopathogenen besitzt das zytopathogene Virus kann ebenfalls nicht eliminiert werden, führt aber zur Schädigung von Zellen und Organen (v.a. lymphatische Gewebe im Darm) sog. akute MD, die in längstens vier Wochen zum Tod führt

5 Mucosal disease (2): Entstehung des zytopathogenen Stammes - entscheidend ist die Entstehung von freiem NS3 Diss T. Lackner (2004)

5 Mucosal disease (2): Entstehung des zytopathogenen Stammes - NS3 bedingt eine hochgradige Virusvermehrung - das Spektrum der Zellen, in denen dieses stattfindet ist eingeschränkt (vor allem Zellen des Schleimhaut-assoziierten Immunsystems des Darmes) - die Virusvermehrung führt zum Absterben der Zellen

5 Mucosal disease (3): Entstehung des zytopathogenen Stammes - die Mechanismen, die zur Bildung von freiem NS3 führen sind unterschiedlich: - zelluläre (Ubiquitin) oder virale Insertionen direkt oberhalb von NS3 - Insertion des zellulären Proteins Jiv, das auf bislang unbekannt Weise zur NS3 Freisetzung führt - Insertion viraler Sequenzen oder Punktmutationen im NS2, die auf bislang unbekannt Weise zur NS3 Freisetzung führen

5 Mucosal disease (4): Diss T. Lackner (2004)

5 Mucosal disease (5): b. wenn nur eine geringe antigenetische Verwandschaft zwischen dem Viruspaar vorhanden ist kommt es zur chronischen MD mit milderem, protrahiertem Verlauf, der aber ebenfalls tödlich endet die verantwortlichen zytopathogenen Virusstämme stammen aus der Umwelt und gehen nicht aus Mutationen im Rind selbst hervor

5 Mucosal disease (3): - von den Veränderungen sind vor allem Oberflächenepithelien betroffen - der Typ der Veränderung hängt von der Art des Epithelverbandes ab - kutane Schleimhaut +++ - Schleimhaut (Darmtrakt) ++ - äußere, dünnbehaarte Haut +

5 Mucosal disease (4): kutane Schleimhaut: typische erosive Entzündungen an Flotzmaul, Naseneingang, Maulhöhle (insb. Gaumen), Ösophagus, Pansenpfeiler am Beginn steht der apoptotische Untergang von Zellen in Stratum basale und spinosum des Epithels Reste des Str. basale sind meist erhalten

5 Mucosal disease (5): Schleimhaut: - Labmagen - distalem Dünndarm, besonders im Bereich der Peyerschen Platten - Dickdarm - primär ebenfalls Nekrose von Zellen der Schleimhaut - im Colon vor allem im Bereich der lymphatischen Einrichtungen (lymphoglanduläre Komplexe) - es entwickeln sich sog. Kryptherniationen, d.h. Schleim-gefüllte Hohlräume unter der Lam. muscularis mucosae

5 Mucosal disease (6): Schleimhaut: - sekundär kann es zu ausgedehnten diphtheroidnekrotisierenden Entzündungen kommen - beginnend im Bereich von Peyerschen Platten - evtl. mit Blutbeimengung zum Inhalt

5 Mucosal disease (6): äußere, dünn(behaart)e Haut: erosive oder krustöse Dermatitis an Perineum, Skrotum, Zitzenbereich, Zwischenklauenspalt, Kronsaum