Vorlesung 7 Nachfolgefinanzierung Jun.-Prof. Dr. Mario Geißler
Nachfolgefinanzierung Jun.-Prof. Dr. Mario Geißler
Lernziele Vorbereitung der Nachfolgefinanzierung Möglichkeiten der Nachfolgefinanzierung Typische Finanzierungsfehler 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 3
Was sollten wir vor der Finanzierung wissen?
Unser Beispiel: Die Bio-Bäckerei
Beispiel Bio-Bäckerei Rahmendaten: Biobackwaren, einzigartig in der Region Großzügige Backstube Altmeister wohnt nicht im Objekt (Neumeister?) bis 5 Beschäftigte 250 500 Tsd. Euro Umsatz 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 6
Beispiel Bio-Bäckerei Rahmendaten Bäckereigewerbe: ca. 10 % Gewinnmarge (3-20%) Cashflow (Gewinn vor Abschreibungen und Rückstellungen) ca. 6 % mit Unternehmerlohn, 16 % ohne Unternehmerlohn 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 7
Beispiel Bio-Bäckerei 5 Minuten Überlegen Sie sich kurz in kleinen Gruppen, was Sie mit der Bäckerei nach der Übernahme machen. Möchten Sie etwas ändern? 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 8
Frage Was müssen wir finanzieren? Welchen Kapitalbedarf haben wir?
Vor der Finanzierung Für Übernahme benötigter Kapitalbedarf Kaufpreis (Ausgangsbasis Unternehmenswert) Notwendige Sofortinvestitionen Nebenkosten (z.b. Beratungskosten, Gebühren) 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 10
Vor der Finanzierung Für operatives Geschäft benötigter Kapitalbedarf langfristiger Bedarf (Anlagevermögen) kurz-, mittelfristiger Bedarf (Umlaufvermögen) Pensionen für Altgesellschafter Kapitaldienst, Tilgungen 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 11
Vor der Finanzierung Große Bedeutung der zukünftigen Unternehmensstrategie Sofortinvestitionen Zukünftige Investitionen Zukünftige Ertrags- und Kostenstruktur (Möglichkeiten des Kapitaldienstes) 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 12
Was bedeutet das am Beispiel unserer Bio-Bäckerei? Wert des Unternehmens 700.000,00 600.000,00 500.000,00 400.000,00 300.000,00 200.000,00 Gewinnmarge 3 Prozent Gewinnmarge 6 Prozent Gewinnmarge 10 Prozent Gewinnmarge 15 Prozent Gewinnmarge 20 Prozent 100.000,00 0,00 250.000,00 300.000,00 350.000,00 400.000,00 450.000,00 500.000,00 Höhe des Umsatzes 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 13
Was bedeutet das am Beispiel unserer Bäckerei in Zwickau? Unternehmenswert: zwischen 40.0000 600.000 Euro Freie Cashflows mit Unternehmerlohn (wir arbeiten im Unternehmen mit) Worst Case 15.000 30.000 Euro (je nach Umsatz) Best Case 30.000 60.000 Euro (je nach Umsatz) 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 14
Was bedeutet das am Beispiel unserer Bäckerei in Zwickau? Unser Finanzierungsbedarf Kaufpreis (Ausgangsbasis Unternehmenswert) Notwendige Sofortinvestitionen Nebenkosten (z.b. Beratungskosten, Gebühren) Zukünftige Investitionen nach der Übernahme... 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 15
Welche Möglichkeiten der Nachfolgefinanzierung haben wir?
Finanzierungsformen Eigenkapital (Privatpersonen, Business Angels, FFF, Risikokapital durch Beteiligungsgesellschaften) Mezzanines Kapital (Banken, Beteiligungsgesellschaften) Fremdkapital (Privatpersonen (FFF), Lieferanten, Banken, Alteigentümer) 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 17
Eigenkapital Eigenmittel (Bar- und Sachwerte) Mindestens 10 Prozent des benötigten Kapitals Bietet Sicherheit und Unabhängigkeit Verhilft zu Fremdkapital Große Bedeutung des Eigenkapitals bei der Unternehmensnachfolge 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 18
Fremdkapital Kurzfristige Mittel (Kontokorrentkredit der Hausbank, Lieferantenkredit, ) Langfristige Mittel (Investitionsdarlehen der Hausbank, Verkäuferdarlehen, ) Für Nachfolgefinanzierung werden langfristige Mittel benötigt 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 19
Fremdkapital Zinssatz (variabel, fest) Rückzahlung (Endfälliges Darlehen, Annuitätendarlehen, Tilgungsdarlehen) 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 20
Unterschiede Eigen- und Fremdkapital
Mezzanines Kapital Eigenkapital Fremdkapital Rechtsverhältnisse Haftung Erträge Tilgung Verfügbarkeit Rechte Interesse 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 22
Mezzanines Kapital Rechtsverhältnisse Haftung Erträge Eigenkapital Beteiligung am Unternehmen voll haftend (Einlage, Privatvermögen) Beteiligung Gewinn, Verlust Fremdkapital Schuldverhältnis nicht haftend Verzinsung Tilgung tilgungsfrei zu tilgen Verfügbarkeit unbefristet befristet Rechte Mitbestimmungsrechte Informationsrechte Interesse Erhalt, Wertsteigerung Rückzahlung Kredit, Zinsen 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 23
Mezzanines Kapital Eigenkapital Mezzanine Fremdkapital Rechtsverhältnisse Beteiligung am Unternehmen Schuldverhältnis Haftung Erträge voll haftend (Einlage, Privatvermögen) Beteiligung Gewinn, Verlust jeder Aspekt prinzipiell individuell gestaltbar nicht haftend Verzinsung Tilgung Verfügbarkeit Rechte tilgungsfrei unbefristet Mitbestimmungsrechte i.d.r. zinstragend rückzahlbar, wirtschaftliches Eigenkapital, Informations- und Mitspracherechte zu tilgen befristet Informationsrechte Interesse Erhalt, Wertsteigerung Rückzahlung Kredit, Zinsen 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 24
Mezzanines Kapital Aktiva Passiva AV UV EK FK Kapitalgeber erwirbt Gesellschafteranteile Eigenkapital ( Private Equity ) Offene Beteiligung = direkte Beteiligung durch Übernahme von Unternehmensanteilen Gesellschafterrechte Exit über Verkauf der Unternehmensanteile 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 25
Mezzanines Kapital Aktiva Passiva AV UV EK EK FK FK Kapitalgeber erwirbt Gesellschafteranteile Eigenkapital ( Private Equity ) Offene Beteiligung = direkte Beteiligung durch Übernahme von Unternehmensanteilen Gesellschafterrechte Exit über Verkauf der Unternehmensanteile Aktiva Passiva AV UV EK Mezzanine FK Mezzanine ( Zwischengeschoss ): Je nach vertraglicher Ausgestaltung Eigenkapital oder Fremdkapital handelsrechtlich gewünscht Eigenkapital steuerrechtlich gewünscht Fremdkapital 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 26
Mezzanines Kapital Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital Häufig bilanzielles Eigenkapital ohne Stimmrechte und steuerrechtlich Fremdkapital Ermöglicht Aufnahme zusätzlichen Fremdkapitals 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 27
Nachfolge und Private Equity privates Eigenkapital (nicht börsliches Eigenkapital) umfasst Venture Capital und Mezzanines Kapital Verkäufer muss mit der Abgabe von mehr Garantien rechnen à höheres Risiko der Inanspruchnahme Ermöglicht zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital ( Leverage -Effekt) Ettinger, Jaques 2012, S. 421ff. 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 28
Nachfolge und Private Equity Ziel der Kapitalgeber = mittelfristig hohe Rendite (ca. 20%) Investor wird zahlreiche renditesteigernde Maßnahmen durchführen (z.b.: Lagerabbau, Umschlagserhöhung, Liquiditätsmanagement, Verkauf nicht betriebsnotwendiger Wirtschaftsgüter) Exit wird zielgerichtet mit eingeplant (z.b.: Börsengang, Verkauf der Beteiligung, Verkauf der Assets, Rückkauf durch das Management, Liquidation) Ettinger, Jaques 2012, S. 421ff. 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 29
Nachfolge und Private Equity Vorteile Stärkung Eigenkapital (Kauf größerer Unternehmen bei geringen Eigenmitteln) Professionalisierung (z.b. Beirat, Strategieentwicklung) Synergieeffekte Wissenstransfer positives Signal am Markt Nachteil Mitsprache, Informationspflichten häufig erst ab bestimmter Größe (z.b. 1,5 5,0 Millionen Euro Beteiligung)* Branche / Unternehmen muss hohe Renditeerwartungen ermöglichen * teilweise bieten Banken auch kleinere Beteiligungen an (z.b. SC-Kapital, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft), meist stille Beteiligungen Ettinger, Jaques 2012, S. 421ff. 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 30
Nachfolge und Private Equity Aktuelle Forschungsergebnisse Management Buyouts und Leverage Buyouts spezialisierter Investor kann sich positiv auf das Unternehmenswachstum auswirken (Assets: Scellato, Ughetto 2013; Sales: Meuleman, Amess, Wright, Scholes 2009) Übernahme mit Private Equity à Wachstum Anzahl Mitarbeiter (Amess, Girma, Wright 2014) Änderung der Unternehmensstrategie nach der Übernahme mit Private Equity (Scholes, Wright, Westhead 2010) Gesteigerte Innovationskraft (Ughetto 2010) 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 31
Fördermöglichkeiten Neben genannten Finanzierungsformen besteht die Möglichkeit der Inanspruchnahme von öffentlichen Fördermitteln Öffentliche Fördermittel sind grundsätzlich über die Hausbank des Unternehmens zu beantragen Fördermittel sind vor Unternehmensübernahme zu beantragen 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 32 BMWi, 2014
Förderprogramme Zuschussprogramme Zinsvergünstigungen Haftungsfreistellungen Bürgschaftsprogramme des Bundes/der Länder 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 33
Förderprogramme ERP-Gründerkredit StartGeld (0 bis 5 Jahre) 1. Aktuell 2,07 % effektiver Jahreszins 2. bis zu 100.000 Euro 3. nach Möglichkeit Eigenmittel vorhanden 4. 5/10 Jahre Laufzeit; 1/2 Jahre tilgungsfreie Anlaufzeit 5. 80 Prozent Haftungsfreistellung der Bank https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/unternehmen/gründen-erweitern/finanzierungsangebote/erp-kapital-für-gründung 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 34
Förderprogramme ERP-Kapital für Gründung (0 bis 3 Jahre) 1. bis zu 500.000 Euro 2. Status eines Nachrangdarlehen 3. KfW haftet unbeschränkt gegenüber Bank 4. keine Sicherheiten notwendig (erforderlich fachliche und kaufmännische Qualifikation, ausreichende unternehmerische Entscheidungsfreiheit) 5. Kreditlaufzeit 15 Jahre 6. 7 Jahre tilgungsfrei, nur Zinsen plus Garantieentgelt 7. mindestens 10% Eigenmittel 8. Eigenkapitalcharakter https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/unternehmen/gründen-erweitern/finanzierungsangebote/erp-kapital-für-gründung 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 35
Förderprogramme ERP-Gründerkredit Universell Höchstbetrag liegt bei 25 Mio. Euro. ausreichende Sicherheiten notwendig bis zu 50% Haftungsfreistellung (Übernahme Kreditausfallrisiko gegenüber der Bank) auch in Verbindung einer Bürgschaft einer Bürgschaftsbank möglich, um fehlende Sicherheiten zu kompensieren Anfang tilgungsfreie Zeit https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/unternehmen/gründen-erweitern/finanzierungsangebote/erp-gründerkredit-universell 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 36
Bürgschaften durch Bürgschaftsbanken Mangel an ausreichend Sicherheiten kann durch Bürgschaft einer Bürgschaftsbank kompensiert werden übernehmen Ausfallbürgschaften gegenüber dem jeweiligen Kreditgeber bis zu 80-prozentige Ausfallbürgschaften möglich Höchstbetrag 1,25 Millionen Euro Laufzeit der verbürgten Kredite bis zu 15 Jahre 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 37 BMWi, 2014
Finanzierungsbeispiel Kapitalbedarf für die Übernahme feststellen Kaufpreis 400.000 Notwendige Sofortinvestitionen 70.000 Beratungskosten 30.000 Kapitalbedarf 500.000 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 38
Finanzierungsbeispiel 1. Eigenkapital (10 %) 50.000 2. ERP Kapital für Gründung 200.000 Ø 15 Jahre Laufzeit, 7 Jahre tilgungsfrei Ø Vorteil für Unternehmer: Zinssubvention, eigenkapitalähnlich Ø Vorteil für Hausbank: kein Kreditrisiko 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 39
Finanzierungsbeispiel 1. Eigenkapital (10 %) 50.000 2. ERP Kapital für Gründung 200.000 3. Stille Beteiligung 100.000 Ø 10 Jahre Laufzeit, endfällig Ø Vorteil für Unternehmer: eigenkapitalähnlich, ratingverbessernd Ø Vorteil für Hausbank: kein Kreditrisiko 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 40
Finanzierungsbeispiel 1. Eigenkapital (10 %) 50.000 2. ERP Kapital für Gründung 200.000 3. Stille Beteiligung (MBG/SBG) 100.000 4. ERP Regionalförderprogramm 150.000 Ø 15 Jahre Laufzeit, bis zu 5 Jahre tilgungsfrei Ø Vorteil für Unternehmer: Zinssubvention Ø Vorteil für Hausbank: Bürgschaft Bürgschaftsbank möglich (80%) 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 41
Finanzierungsbeispiel Kapitaldienst / Belastungsrechnung Jahr 1 Jahr 8 Zins Tilgung 1. EK 2. Kapital f. Gründung 800 0 3. Stille Beteiligung 10.000* 0 4. ERP Regional 4.500 0 * Beteiligungsentgelt (ca.) 15.300 0 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 42
Finanzierungsbeispiel Kapitaldienst / Belastungsrechnung 1. EK 2. Kapital f. Gründung 3. Stille Beteiligung 10.000 * Jahr 1 Jahr 8 Zins Tilgung Summe... Zins Tilgung Summe 800 0 4.500 25.000 0 10.000* 4. ERP Regional 4.500 0 3.375 15.000 15.300 0 15.300 17.875 40.000 57.875 * Beteiligungsentgelt (ca.) 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 43
Was kann ich falsch machen?
Typische Finanzierungsfehler zu wenig Eigenkapital keine rechtzeitigen Gespräche mit der Hausbank Investitionen aus Kontokorrent finanziert zu hohe Lieferantenschulden mangelnde Planung des Kapitalbedarfs öffentliche Finanzierungshilfen nicht beantragt Tilgung von Finanzierungshilfen nicht berücksichtigt finanzielle Überlastung durch scheinbar günstige Kredite 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 45
Tipps im Umgang mit Banken Termin vereinbaren Bankgespräch gut vorbereiten (Übernahmekonzept, Rentabilitäts-, Liquiditätsvorschau) Dokumente im Vorfeld zur Verfügung stellen Weitere benötigte Dokumente zeitnah zuarbeiten Chemie muss stimmen Gespräch mit verschiedenen Banken 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 46
Wichtige Inhalte des Übernahmekonzeptes Angaben zur Person / Team Angaben zum Unternehmen (u.a. Informationen zum relevanten Markt, Absatz-, Bezugsquellen, Wettbewerbssituation, unternehmerische Vision) Investitionsvolumen Eigen- und Fremdkapitalbedarf Rentabilitätsvorschau und Liquiditätsplanung 01.12.16 www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/egn 47