Stellungnahme der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.v. (DHS) zum Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes

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Transkript:

Stellungnahme der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.v. (DHS) zum Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes In der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.v. (DHS) sind mit wenigen Ausnahmen sämtliche Träger der ambulanten Suchtberatung und Suchtbehandlung, der stationären Versorgung Suchtkranker und der Sucht-Selbsthilfe vertreten. Insofern steht die DHS für die Suchthilfe in Deutschland. Aus Sicht der DHS muss Suchthilfe heute im Kontext aktueller Entwicklungen definiert werden. Dieser Kontext gestaltet sich durch folgende Rahmenbedingungen: Das 2001 eingeführte Neunte Sozialgesetzbuch, die Internationale WHO-Klassifikation ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health, WHO 2001) und die 2006 von den Vereinten Nationen verabschiedete UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Durch die Ratifizierung der Bundesrepublik im Jahre 2009 stellt die UN-BRK einen neuen, gesetzartigen Rahmen für die Sozialgesetze in Deutschland dar. Die Suchthilfe orientiert sich an der Definition von Sucht als behandlungsbedürftige, psychosoziale und psychiatrisch relevante Krankheit und Behinderung mit chronischen Verläufen. Deren Folge ist das Entstehen einer sozialen, körperlichen und seelischen Beeinträchtigung, die die betroffenen Menschen daran hindern kann, ihren sozialen und gesellschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen und am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Aus diesem Grunde sieht es die DHS als einen wesentlichen und notwendigen Teil ihrer Aufgaben an, Teilhabe für die Menschen zu verbessern, die den Einrichtungen der Suchthilfe in den verschiedenen Arbeitsfeldern anvertraut sind. Sie unterstützt das Vorhaben eines Bundesteilhabegesetzes (BTHG), wenn es dazu beiträgt, die Autonomie von suchtkranken Menschen, insbesondere von Menschen mit einer chronischen Abhängigkeitserkrankung, zu stärken und zu verbessern, Leistungen aus einer Hand ermöglicht, Beratung zur Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben stärkt und so insgesamt zu einem Teilhaberecht für Menschen mit Behinderungen, insbesondere mit chronischen Suchterkrankungen (CMA), beiträgt. Die DHS setzt sich dafür ein, dass ein BTHG für Menschen mit Behinderungen, insbesondere mit chronischen Suchterkranken, entstehen kann, dass diesen Menschen ein hohes Maß an Unterstützung bei der Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben bietet, und sie vor Verschlechterungen schützt.

Die DHS begrüßt und unterstützt daher die sechs gemeinsamen Kernforderungen zum BTHG, die vom Deutschen Behindertenrat (DBR), den Fachverbänden für Menschen mit Behinderungen, dem Paritätischen Gesamtverband, dem Deutschen Roten Kreuz, dem Deutschen Gewerkschaftsbund (BGB) sowie dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen formuliert wurden und möchte auf einige konkrete Regelungen, die von besonderer Relevanz für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen sind, eingehen. Zu einzelnen Aspekten im Referentenentwurf (RE) vom 26.04.2016: A Teil 2 Referentenentwurf 1. Leistungsberechtigter Personenkreis gem. 99 SGB IX RE in Verbindung mit der Eingliederungshilfe-Verordnung Nach der UN-BRK und im 2 Abs. 1 SGB IX hinterlegt zählen zu den behinderten Menschen diejenigen, die langfristige körperliche, geistige, seelische und Sinnesbeeinträchtigungen haben. In der Gesetzesbegründung wird die Intention des Gesetzgebers klargelegt, dass mit der Neuregelung im SGB IX Teil 1 und 2 der leistungsberechtigte Personenkreis weder ausgeweitet noch eingeschränkt werden soll. Somit kann nach dem Willen des Gesetzgebers davon ausgegangen werden, dass alle Gruppen von Menschen mit Behinderungen, wie sie in der bisher geltenden Eingliederungsverordnung benannt sind, weiterhin zu den leistungsberechtigten Personen nach 99 Abs. 1 SGB IX zählen und sich in den neu definierten Lebensbereichen des Abs. 2 widerspiegeln. Aus Sicht der DHS ist die nun eingeführte Erheblichkeitsschwelle eine zu hohe Eingangshürde und führt zum Ausschluss eines großen Teils der bisher leistungsberechtigten Personen, die bis jetzt suchtkrank im Sinne einer wesentlichen Behinderung waren. Ein Merkmal einer chronischen Suchterkrankung ist ein stark schwankender Unterstützungsbedarf, insbesondere vor dem Hintergrund von häufigen Rückfallphänomenen. In diesem Zusammenhang sind alle ICF-Aktivitätsund Teilhabebereiche vollständig abzubilden und keine Einschränkungen vorzunehmen. Dadurch dass in der novellierten Eingliederungshilfe-Verordnung nicht alle in der ICF hinterlegten Items aufgenommen werden, sind weitere Leistungseinschränkungen zu erwarten. Auch hiervon sind Menschen mit Suchterkrankungen und insbesondere diejenigen, die zusätzlich eine weitere psychische Erkrankung haben, betroffen. Dabei sind gerade Menschen mit sogenannter Komorbidität schon jetzt in besonderer Weise durch Fehl- und Unterversorgung in den sozialen Sicherungssystemen benachteiligt. Durch den Wegfall des Items Umgang mit weiteren psychischen Herausforderungen wird der Teilhabebedarf seelisch beeinträchtigter Menschen ignoriert. Durch die ebenfalls im Referentenentwurf ersatzlos gestrichenen Bestimmungen zu nachgehenden gesundheitsbezogenen Teilhabeleistungen ist darüber hinaus eine gravierende Verschlechterung in der gesundheitlichen Versorgung chronisch Abhängigkeitskranker zu befürchten. Um die Gefahr der Einschränkung des leistungsberechtigten Personenkreises zu vermeiden, fordert die DHS deshalb die ICF-Instrumente so zu differenzieren, dass 2

auch Schwankungen in den Krankheitsverläufen und unterschiedliche Formen der Betroffenheit erfasst werden können. 2. Leistungen gem. 102 Abs. 2 Hier wird im Referentenentwurf geregelt, dass die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben den Leistungen zur sozialen Teilhabe vorgehen, wenn sie dem Grunde nach gedeckt werden. Es bleibt die Frage offen, was passiert, wenn Leistungen, die als vorranging definiert werden, faktisch nicht zur Verfügung stehen. Sei es, dass Angebote nicht vorhanden sind oder aber aufgrund negativer Prognosen oder anderen Voraussetzungen von bestimmten Personengruppen nicht in Anspruch genommen werden können. Von den sich hier abzeichnenden Leistungslücken wären Menschen mit Suchterkrankungen in besonderer Weise betroffen. 3. Wunsch- und Wahlrecht ( 104 Abs. 2 SGB IX RE) Das Wunsch- und Wahlrecht wird als Anspruch auf die kostengünstigste der miteinander vergleichbaren Leistungen ausgelegt und begrenzt so in besonderem Maße die Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Behinderung, insbesondere von Menschen mit chronischen Suchterkrankungen. Eine Prüfung der Lebensumstände und Zumutbarkeiten ist dem Kostenvergleich in jedem Fall vorzuziehen. Maßstäbe für die Vergleichbarkeit von Leistungen sind nicht klargestellt, so müssen Ziel und Form der Leistung beim Vergleich übereinstimmen (z.b. Einzelleistungen im Vergleich zu Gruppenleistungen). 4. Nachrang der Eingliederungshilfe gem. 91 Die getroffenen Regelungen, nach denen im häuslichen Umfeld Leistungen der Pflegeversicherung nach SGB XI und Leistungen zur Hilfe zur Pflege nach SGB XII den Leistungen zur Eingliederungshilfe vorgehen, es sei denn, die Erfüllung der Aufgaben der Eingliederungshilfe stehen bei der Leistungserbringung im Vordergrund, werden von der DHS entschieden abgelehnt. Stattdessen spricht sich die DHS für eine Beibehaltung des Gleichrangverhältnisses von Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege aus. Die vorgeschlagenen Regelungen würden insbesondere bei Menschen mit Behinderungen im ambulanten Wohnen zu erheblichen Leistungsverschlechterungen führen. Da Menschen mit chronischer Abhängigkeitserkrankung in der Regel aufgrund weiterer somatischer Folgeerkrankungen auch auf pflegerische Leistungen angewiesen sind und in den letzten Jahren zunehmend im ambulanten Setting betreut werden, werden sie auch von diesen gesetzlichen Änderungen in ihren Rechten auf Teilhabe und Inklusion beschnitten. Damit würden bestehende Fehlentwicklungen, wie beispielsweise die Fehlplatzierung von chronisch suchterkrankten Menschen in Pflegeheimen, auch in den ambulanten Bereich hineingetragen. 3

5. Trennung der Leistungen der Eingliederungshilfe von existenzsichernden Leistungen ( 105 SGB IX RE) Die Trennung von existenzsichernden Leistungen und Teilhabeleistungen bedeutet eine grundlegende Änderung der bisherigen Systematik in der Eingliederungshilfe für Menschen mit chronischen Suchterkrankungen. Ein angemessener Übergang ist dringend erforderlich. Angaben zu suchtspezifischen Angeboten in der Eingliederungshilfe finden sich in der Deutschen Suchthilfestatistik (die allerdings keine Vollerhebung darstellt). Im Vergleich zu 2007 hat es 2013 beim ambulant betreuten Wohnen eine Zunahme um 48% und im (teil-)stationären Bereich eine Zunahme um 21% gegeben. Insgesamt haben rund 47.000 Menschen mit Suchterkrankungen Leistungen zur sozialen Teilhabe erhalten. Für sie würde die Aufteilung auf zwei Leistungsträger eine zu hohe Schwelle bedeuten, bei den Antragserfordernissen sind Assistenz- und Unterstützungsleistungen dringend erforderlich. Auch der Mehraufwand bei der Berechnung von individuellen Leistungen wird einen erheblichen Bürokratisierungsaufwand mit sich bringen. Eine Erprobung des Übergangs ist dringend angezeigt. 6. Schiedsstellenfähigkeit von Leistungsvereinbarungen ( 126 SGB IX RE / 133 SGB IX RE) Ausdrücklich begrüßt wird die Einführung einer Schiedsstellenregelung für die Einzelleistungsvereinbarungen. Entsprechend einer gleich gewichteten Ausgestaltung des Vereinbarungsverfahrens fordert die DHS die Frist zur Anrufung der Schiedsstelle bei 6 Wochen zu belassen. 7. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Die DHS hält mit Blick auf die Zielgruppe chronisch suchtkranker Menschen die Aufrechterhaltung der Ziele Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden und zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten in 42 Abs. 3 für dringend erforderlich, damit es nicht zu einer Verschlechterung in der Leistungsgewährung kommt. B Teil 1 Referentenentwurf 8. Qualitätssicherung / Verträge mit Leistungserbringern / Schiedsstellen a) Qualitätssicherung ( 37 SGB IX RE) Die wesentlichen Inhalte zur Qualitätssicherung entsprechen im Grundsatz dem bisherigen 20 SGB IX. Mit dem Abs. 4 neu ist eine zusätzliche Regelung geschaffen worden, die es den Rehabilitationsträgern ermöglicht, höhere Qualitätsanforderungen festzulegen und damit nur Einrichtungen als geeignet anzuerkennen, die diesen (höheren) Ansprüchen entsprechen. Einerseits kann die in Abs. 4 geschaffene Möglichkeit, zusätzliche Qualitätsanforderungen zu vereinbaren, von den Rehabilitationsträgern als ein flexibles Instrument genutzt werden, um auf spezifische Anforderungen und Bedarfe in der Leistungserbringung reagieren zu können. Anderseits wird dem 4

Leistungsträger durch diese neue Vorschrift zu den höheren Qualitätsanforderungen ein zusätzliches Instrument zur Qualitätssteuerung aber auch zur Marktsteuerung und Marktbereinigung zur Verfügung gestellt. Aus Sicht der DHS besteht keine Notwendigkeit, ergänzende Qualitätsanforderungen im Rahmen des 37 Absatz 4 und damit im direkten Verhältnis Rehabilitationsträger und Einrichtung zu regeln. Sofern sich die Notwendigkeit ergänzender Qualitätsanforderungen z.b. durch spezifische oder außergewöhnlicher Bedarfe einer Patientengruppe ergibt, sollte dies im Wege der im SGB IX vorgegebenen Struktur der gemeinsamen Empfehlungen und der Rahmenverträge, wie im 38 vorgesehen, geregelt und vereinbart werden. Deshalb ist die neue Bestimmung 37 Abs. 4 SGB IX zu streichen. b) Verträge mit Leistungserbringern und Schiedsstellen ( 38 SGB IX RE) Die Vertragsgestaltung erfolgt derzeit nicht auf der Grundlage der Instrumente des Leistungserbringungsrechts (Rahmenverträge) im Sinne des SGB IX, sondern der jeweiligen Leistungsgesetze. Darüber hinaus entspricht eine qualifizierte Leistungserbringung den Interessen der Rehabilitationsträgern, der Leistungserbringern und der Leistungsberechtigen gleichermaßen. Im Gesetz ist eindeutig klarzustellen, dass die Vereinbarung von Empfehlungen sowie die Vertragsgestaltung ausschließlich im Wege des SGB IX und nach gemeinsam vereinbarten Grundsätzen erfolgt. Deswegen sieht es die DHS als dringend erforderlich an, die vorliegende Kann- Bestimmung des 38 Abs. 3 (neu) dahingehend zu ändern, dass die Rehabilitationsträger über den Inhalt der Verträge mit Leistungserbringern gemeinsame Empfehlungen nach 26 vereinbaren und Rahmenverträge mit den Arbeitsgemeinschaften der Rehabilitationsdienste und -einrichtungen abschließen. Die Schiedsstellenfähigkeit von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen ist bislang ausschließlich auf der Ebene einzelner Leistungsgesetze geregelt. Deshalb fordert die DHS als Instrument für Konflikte in Vergütungs- als auch Vertragsfragen eine leistungsgesetzlich übergreifende Schiedsstellenreglung auf Ebene des SGB IX zu etablieren. Hamm, den 17. Mai 2016 5