Antwort. Deutscher Bundestag Drucksache 18/8382. der Bundesregierung

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auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Martina Bunge, Petra Pau, Jens Petermann und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 17/6210

Transkript:

Deutscher Bundestag Drucksache 18/8382 18. Wahlperiode 10.05.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 18/8215 Einschleusung von IS-Kämpfern unter die Fluchtmigration Vorbemerkung der Fragesteller Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seine frühere Einschätzung korrigiert, wonach es unwahrscheinlich sei, dass sich Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gezielt unter Flüchtlinge mischten, um nach Deutschland zu gelangen. Wir dachten, das Risiko sei schlichtweg zu hoch. Mittlerweile wissen wir: Was den IS angeht, müssen wir eben auch dazulernen. Obwohl er es nicht nötig hätte, seine Leute unter die Flüchtlinge zu mischen, hat er es getan. Ich nenne das eine show of force (Machtdemonstration), erklärte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen gegenüber der WELT am SONNTAG vom 10. April 2016 (www.stern.de/politik/deutschland/maassen-- verfassungsschutz-muss-bei-terrormiliz-is-dazulernen-6788506.html). Bereits am 12. Februar 2016 hatte Hans-Georg Maaßen laut einer dpa-meldung auf einer Tagung europäischer Geheimdienstchefs in der Schweiz geäußert, es gebe eine klare Strategie des IS, die Fluchtmigration nach Europa zum Einschleusen von Kämpfern zu missbrauchen. Damit verfolge der IS mehrere Ziele: Er wolle der Bevölkerung suggerieren, alle Flüchtlinge seien Terroristen, und sie so verunsichern. Asylbewerber sollten zweitens diskreditiert werden, damit sie auf Ablehnung stoßen und damit wiederum der Nährboden für antiwestliche Agitation geschaffen werde. Drittens wolle der IS damit seine Stärke demonstrieren: dass er es schafft, Attentäter registrieren, sie in Asylunterkünften leben und dann Anschläge verüben zu lassen. Dafür habe es mehrere Beispiele gegeben (www.rp-online.de/panorama/deutschland/hans-georg-maassen -is-schuert-stimmung-gegen-fluechtlinge-aid-1.5763110). 1. Aufgrund welcher Kenntnisse kam das Bundesamt für Verfassungsschutz zu seiner bislang gültigen Einschätzung, wonach es unwahrscheinlich sei, dass sich IS-Anhänger unter Flüchtlinge mischten, um nach Deutschland zu gelangen? Die Methodik, Kämpfer des IS unter dem Deckmantel des Flüchtlingsstromes nach Deutschland zu schleusen, wird und wurde im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als grundsätzlich möglich erachtet, aber als wenig wahrscheinlich Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 9. Mai 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich in kleinerer Schrifttype den Fragetext.

Drucksache 18/8382 2 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode eingeschätzt, da andere Einreisemöglichkeiten plausibler erschienen. Diese Einschätzung war mit anderen Sicherheitsbehörden und dem Bundesministerium des Innern (BMI) abgestimmt. Bis zu der Anschlagsserie von Paris im November 2015 lagen keine bestätigten Erkenntnisse zu erfolgreichen Schleusungen von Schläfern des IS oder anderer jihadistischer Gruppierungen im Flüchtlingsstrom in Richtung Europa vor. Dass der IS gleichwohl Terroristen als Flüchtlinge getarnt einschleuste, wird als Versuch des IS gewertet, Flüchtlinge gezielt zu diskreditieren. 2. Wann und aufgrund welcher neuen Erkenntnisse im Einzelnen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz seine bisherige Einschätzung über die Wahrscheinlichkeit von IS-Anhängern unter Flüchtlingen korrigiert? Zwei der Paris-Attentäter aus Syrien reisten über die Balkan-Route nach Frankreich und ließen sich mit gefälschten syrischen Pässen (die 2014 als Teil einer Charge von 3 800 syrischen Blankopässen vom IS erbeutet worden waren) mehrfach als Flüchtlinge registrieren. Dementsprechend wurde die gemeinsame Sprachregelung des BMI, BfV und des Bundeskriminalamtes (BKA) am 30. November 2015 geändert und lautete: Angesichts der aktuellen Zuwanderungsbewegungen nach Deutschland ist nicht auszuschließen, dass sich unter den Flüchtlingen auch Personen aus dem Bereich der Allgemeinkriminalität, Kriegsverbrecher, Mitglieder militanter Gruppen bzw. terroristischer Organisationen oder Einzelpersonen extremistischer Gesinnung befinden können. Zwei Attentäter der Anschläge in Paris vom 13. November 2015 sind im Flüchtlingsstrom unter Nutzung von Falschpersonalien nach Europa eingereist. Die Sicherheitsbehörden berücksichtigen diesen Umstand im Rahmen der Hinweisbearbeitung und der zu treffenden Maßnahmen. Aufgrund des konstant hohen Hinweisaufkommens wurde die gemeinsame Sprachregelung am 4. März 2016 erneut angepasst: Angesichts der anhaltenden Zuwanderungsbewegungen nach Deutschland ist davon auszugehen, dass sich unter den Flüchtlingen auch aktive und ehemalige Mitglieder, Unterstützer und Sympathisanten terroristischer Organisationen gemäß den 129a, 129b des Strafgesetzbuches StGB (wie dem sogenannten IS) sowie Einzelpersonen mit extremistischer Gesinnung und/oder islamistisch motivierte Kriegsverbrecher befinden können. Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder erhielten in diesem Zusammenhang Hinweise im unteren dreistelligen Bereich auf derartige Personen. Diesen Hinweisen gehen die Sicherheitsbehörden in jedem Einzelfall unverzüglich nach. Dies führte bisher zur Einleitung von Ermittlungsverfahren im unteren zweistelligen Bereich. Die Attentate vom 13. November 2015 in Paris haben gezeigt, dass sich der IS des aktuellen Flüchtlingsstroms bedient, um (Selbstmord)-Attentäter zur Begehung von Anschlägen nach Europa zu schleusen. Den deutschen Sicherheitsbehörden liegen Einzelhinweise auf ein gezieltes bzw. organisiertes Einschleusen von Mitgliedern/Unterstützern terroristischer Organisationen im Flüchtlingsstrom mit dem Ziel der Begehung von Anschlägen in Deutschland vor. Bislang haben sich diese Einzelhinweise nicht bestätigt. Die Bearbeitung dieser Hinweise erfolgt im engen Austausch mit den betroffenen Sicherheitsbehörden bzw. im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) und mit europäischen und internationalen Partnern.

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 3 Drucksache 18/8382 3. Welche Fälle im Einzelnen sind der Bundesregierung bekannt, in denen IS- Anhänger sich gezielt unter die Fluchtmigration mischten, um nach Europa zu gelangen? Einige Attentäter der Anschläge in Paris vom 13. November 2015 und Verdächtige im Kontext der Anschläge in Brüssel vom 22. März 2016 sind unter Nutzung der Fluchtmigration nach Europa eingereist. In Österreich sind im Dezember 2015 zwei Personen festgestellt und festgenommen worden, die gleichzeitig mit zwei Paris-Attentätern in Griechenland als Flüchtlinge registriert wurden und möglicherweise ebenfalls in die Tatplanungen zu den Anschlägen in Paris involviert waren. Aufgrund des derzeit laufenden Verfahrens kann die Bundesregierung sich hierzu nicht äußern. Gemäß Pressemitteilungen soll der Attentäter, der am 12. Januar 2016 auf dem Sultan-Ahmed-Platz in Istanbul einen Anschlag beging und dabei mehrere deutsche Staatsangehörige tötete, Bezüge zum IS aufweisen und unter Nutzung der Fluchtmigration aus Syrien eingereist sein. Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Eine Antwort der türkischen Behörden steht noch aus. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung mit Stand 25. April 2016 360 Einzelhinweise auf mutmaßliche Kämpfer bzw. Angehörige/Unterstützer/Sympathisanten terroristischer Organisationen im Ausland gemäß den 129 a/129 b StGB, Tatverdächtige i. S. d. 89 a StGB bzw. islamistisch motivierte Kriegsverbrecher (VStGB) vor, die sich als Flüchtling/Asylbewerber in Deutschland registriert haben. Von den insgesamt 360 Hinweisen konnten 132 Hinweise abgeschlossen werden. Als abgeschlossen gelten solche Hinweise, bei denen der Sachverhalt nicht bestätigt werden konnte oder keine weiteren Ermittlungsansätze zur Verifizierung des Sachverhaltes oder Identifizierung der in Rede stehenden Personen vorliegen, einzelne Hinweise stellten sich als Diskreditierung dar, befinden sich 228 Hinweise weiterhin in Bearbeitung. Unter diesen befinden sich derzeit 38 Hinweise, zu denen ein Ermittlungsverfahren anhängig ist. Weit mehr als die Hälfte der eingegangenen Hinweise sagen den benannten Personen eine Verbindung zum IS nach. Einige Meldungen deuten auf eine Verflechtung mit der Jabhat al-nusra (JaN) oder mit anderen jihadistischen Gruppierungen, wie z. B. der al-qaida, hin. Knapp ein Sechstel der Hinweise beinhaltet keine Informationen zur mutmaßlichen Organisationszugehörigkeit der benannten Personen. Ein tatsächlicher Bezug zu jihadistischen Gruppierungen ist bei einer Vielzahl der ausermittelten Hinweise nahezu ausgeschlossen oder auf Imponiergehabe unter Migranten, Diskreditierungsversuche oder Nachrichtenschwindel zurückzuführen. 4. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von Anweisungen der IS-Führung an ihre Anhänger, sich unter die Fluchtmigration zu mischen? Bereits im Jahr 2014 berichtete die Presse, dass die US-Behörden Gespräche zwischen der IS-Führung abgefangen hatten und daraus Planungen des IS hervorgingen, Kämpfer im Flüchtlingsstrom nach Europa einzuschleusen. Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor.

Drucksache 18/8382 4 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode Der IS verurteilt in propagandistischen Verlautbarungen (z. B. in der von ihm herausgegebenen Onlinezeitschrift DABIQ ) die Migrationsbewegungen aus seinem Herrschaftsgebiet in Syrien und dem Irak. Ganz offensichtlich stehen sie seinem Selbstverständnis als dem einzigen legitimen islamischen Staatswesen entgegen, das jeder wahre Muslim bedingungslos zu verteidigen hat. 5. Worauf fußt die Einschätzung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen, dass es sich bei der Einschleusung von IS-Kämpfern unter die Fluchtmigration in erster Linie um eine gezielte Strategie des IS handele, und liegen dazu auch nachrichtendienstliche Auswerteergebnisse vor? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 6. Welche anderen Reisewege außerhalb der Fluchtmigration sind der Bundesregierung bekannt, die von IS-Anhängern genutzt werden, um nach Europa zu kommen? Auf Basis des bekannten Hinweisaufkommens wird davon ausgegangen, dass der IS grundsätzlich alle zur Verfügung stehenden Verkehrswege und Transportmittel für die Einschleusung von IS-Anhängern nutzen könnte. Die jeweilige Entscheidung des IS, welche Methode für eine Einschleusung genutzt werden soll, unterliegt daher wahrscheinlich einer pragmatischen Abwägung unter Beachtung der persönlichen Umstände des jeweiligen IS-Anhängers. Die Terroranschläge in Paris am 13. November 2015 und in Brüssel am 22. März 2016 haben gezeigt, dass die meisten Mitglieder der agierenden Terrorzellen Angehörige von Schengen-Staaten waren, die verschiedene legale Einreisemöglichkeiten nach Europa nutzen konnten. 7. In welchen Fällen wählt der IS nach Einschätzung der Bundesregierung den Weg, seine Anhänger über die Fluchtmigration nach Europa einzuschleusen, anstatt andere Reisewege zu nutzen? Die Bundesregierung kann keine Einschätzung dazu abgeben, in welchen Fällen die Fluchtmigration als Weg zur Einschleusung durch den sogenannten IS genutzt wird. 8. Welche Ziele im Einzelnen verfolgt der IS nach Kenntnis der Bundesregierung damit, seine Anhänger unter die Fluchtmigration zu mischen, und wie begründet die Bundesregierung ihre diesbezügliche Auffassung? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass der IS syrische Blankopapiere erbeuten konnte, die er für eine Einreise in die Europäische Union und nach Deutschland nutzen kann? Dem IS ist es während seiner territorialen Expansion in Irak und Syrien mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gelungen, Blankopässe zu erbeuten. Durch die Eroberung diplomatischer Vertretungen in Irak und Syrien dürften nach Einschätzung der Bundesregierung zudem auch Pässe anderer Nationen einschließlich der zu ihrer Bearbeitung erforderlichen Technik in den Besitz des IS gelangt sein.

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 5 Drucksache 18/8382 a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Zahl dieser Blankopapiere und zur Nutzung durch den IS? Die griechischen Behörden teilten im Januar 2015 aufgrund einer Mitteilung von Interpol Damaskus bezüglich 3 800 syrischer Reisepässe mit, dass bewaffnete Gruppierungen im Jahr 2013 die Passbehörden in den Städten Raqqa und Deir Ez Zor in Syrien angriffen und mehrere Serien von Blankoreisepässen gestohlen hätten. Die Gruppierungen JaN und IS seien im Besitz dieser Pässe und würden einige für 2 500 USD an andere extremistische Gruppierungen verkaufen. Des Weiteren ist der Bundesregierung ein Sachverhalt zu 225 syrischen Blankopässen bekannt, die in der Stadt Hasaka/Syrien möglicherweise dem IS in die Hände gefallen sein könnten. Bisher konnte im Zusammenhang mit den in Syrien abhandengekommenen Pässen nicht nachgewiesen werden, dass sie ausschließlich vom IS benutzt werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der IS und andere im Irak und Syrien agierende terroristische Gruppierungen sowie organisationsunabhängige Schleuser aus rein finanziellen Gesichtspunkten Pässe auch an Zivilisten verkaufen, da diese im Bedarfsfall aufgrund vielfach nicht mehr intakter staatlicher Verwaltungsstrukturen gezwungen sind, entsprechende Pässe auf dem Schwarzmarkt zu beschaffen. b) Werden solche Papiere nach Kenntnis der Bundesregierung auch an Schleuser verkauft, um sie zu Geld zu machen? Vermutlich betreiben Schleusernetzwerke aus dem allgemeinkriminellen Milieu die Schleusung von Personen aus Syrien nach Europa. Es ist nicht auszuschließen, dass Schleuser dem IS Blankodokumente abkaufen. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass IS-Mitglieder gezielt Blankopässe an Schleuser verkaufen. c) Welche Möglichkeiten bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung, solche Blankopapiere zu erkennen oder in der INTERPOL-Datenbank verlorener und gestohlener Identitätspapiere zu speichern? Die bekannt gewordenen Blankodokumente sind im Schengener Informationssystem sowie der INTERPOL-Datenbank für verlorene und gestohlene Identitätspapiere ausgeschrieben und können so bei Kontrollen festgestellt werden. 10. Welche aktuellen Zahlen liegen den Sicherheitsbehörden zu aus Deutschland stammenden ausländischen dschihadistischen Kämpfern in Syrien und zur Zahl der Rückkehrer vor (bitte nach Jahren der Ausreise, Herkunfts-Bundesland bzw. -kommune, Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)? Es liegen derzeit Erkenntnisse zu mehr als 810 deutschen Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland vor, die in Richtung Syrien/Irak gereist sind, um dort auf Seiten des IS und anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teilzunehmen oder diese in sonstiger Weise zu unterstützen. Mehr als die Hälfte der gereisten Personen besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Bis Oktober 2013 waren mehr als 240 Reisende bekannt, bis Dezember 2014 mehr als 550 und bis Dezember 2015 mehr als 780. Nicht in allen Fällen lagen bzw. liegen Erkenntnisse vor, dass sich die Personen tatsächlich in Syrien/Irak aufhalten oder aufgehalten haben. Mangels retrograder Speicherung der Einzeldaten können keine Angaben zu zurückliegenden Datenbeständen über Herkunftsbundesland und -kommune gemacht werden.

Drucksache 18/8382 6 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode a) Wie viele dschihadistische Rückkehrer nach Deutschland haben sich mutmaßlich an Kampfhandlungen in Syrien beteiligt? Etwa ein Drittel der gereisten Personen befindet sich momentan wieder in Deutschland. Zu der Mehrzahl dieser Rückkehrer liegen keine belastbaren Informationen vor, dass sie sich aktiv an Kampfhandlungen in Syrien/Irak beteiligt haben. Zu über 70 Personen liegen den Sicherheitsbehörden jedoch entsprechende Erkenntnisse zu Kampfhandlungen oder der Absolvierung einer Kampfausbildung vor. b) Gibt es im Bundesamt für Verfassungsschutz eine Einschätzung zur Zahl unerkannt zurückgekehrter Unterstützer oder Kämpfer des IS? Der Bundesregierung liegen hierzu keine gesicherten Erkenntnisse vor.

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