Im Namen des Volkes URTEIL. In dem Rechtsstreit. auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 14.10.2002 für Recht erkannt:



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Transkript:

17 K 7587/99 E f Im Namen des Volkes URTEIL In dem Rechtsstreit - Kläger - Prozessvertreter: gegen Finanzamt - Beklagten - wegen Einkommensteuer 1993 hat der 17. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht Richter am Finanzgericht Richterin ehrenamtlicher Richter ehrenamtlicher Richter auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 14.10.2002 für Recht erkannt: Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.1999 wird der Einkommensteuerbescheid 1993 vom 26.02.1998 dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer auf 0 herabgesetzt wird. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

2 Gründe: Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA -) im Anschluss an eine Betriebsprüfung zu Recht den Gewinn des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit für das Jahr 1993 erhöht hat. Der Kläger ist als Steuerberater selbstständig tätig. Den Gewinn ermittelt er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG -. Zum 01.07.1993 erwarb er eine weitere Steuerberatungspraxis. Im Jahre 1997 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt statt. Der Betriebsprüfer stellte fest, dass am 02. und 04.06.1993 jeweils 100.000 DM bar auf das betriebliche Girokonto des Klägers eingezahlt worden waren. Die Herkunft der Gelder erklärte der Kläger damit, dass ihm von zwei Freunden jeweils 100.000 DM als Darlehen zur Verfügung gestellt worden seien. Zinsen und Sicherheiten seien nicht vereinbart worden. Die Bank, die den Praxiskauf finanziert habe, habe zum 01.07.1993 den Nachweis einer um 200.000 DM erhöhten Liquidität verlangt. Diesen Nachweis habe er ohne die aufgenommenen Darlehen nicht erbringen können. Die Namen der Darlehensgeber könne er nicht preisgeben. Er habe diesen Anonymität zugesagt. Der Betriebsprüfer war der Auffassung, in Höhe der Einzahlungen von 200.000 DM sei ein ungeklärter Vermögenszuwachs gegeben, der zu einer entsprechenden Hinzuschätzung führen müsse. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 9 und 13 des Betriebsprüfungsberichts vom 14.04.1997 verweisen. Entsprechend den Prüfungsfeststellungen erließ das FA am 26.02.1998 einen nach 164 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - geänderten Einkommensteuerbescheid für 1993. Die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit wurden von 171.735 DM auf 423.874 DM heraufgesetzt. Mit dem Einspruch machten die Kläger geltend, allein die Weigerung, die Namen der privaten Darlehensgeber zu nennen, könne nicht dazu führen, Beträge in entsprechender Höhe den Einnahmen hinzuzuschätzen. Von einem ungeklärten Vermögenszuwachs könne nur dann ausgegangen werden, wenn durch die Anwendung einer Schätzungsmethode

3 nachgewiesen werde, dass die eingezahlten Beträge nicht aus ungebundenen Einnahmen oder anderen versteuerten Einkünften stammen könnten. Die Einnahmen vor und nach der Übernahme der Steuerpraxis seien eindeutig belegt worden. Seit Jahren würden die laufenden Mandantenhonorare im Lastschriftverfahren monatlich bzw. vierteljährlich eingezogen. Lediglich geringe Restbeträge würden bei Jahresabrechnung gezahlt. Die im Lastschriftverfahren eingezogenen Honorare machten ca. 90 v.h. der gesamten Einnahmen aus. Hiernach sei es auszuschließen, dass im Juli 1993 Mehreinnahmen von 200.000 DM erzielt worden seien. Die Annahme, dass den Bareinzahlungen auf das betriebliche Konto nicht versteuerte Betriebseinnahmen zu Grunde lägen, sei demzufolge nicht gerechtfertigt. Das FA wies den Einspruch wegen Einkommensteuer 1993 mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.1999 als unbegründet zurück. Der Gewinn sei zu Recht um die Bareinzahlungen auf das betriebliche Konto von 200.000 DM erhöht worden. Gemäß 162 Abs. 2 Satz 1 AO sei insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermöge, weitere Auskunft verweigere oder seine Mitwirkungspflicht nach 90 Abs. 2 AO verletze. Das Besteuerungsverfahren sei auf eine kooperative Arbeitsteilung zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem angelegt. Ausdruck der Kooperationsmaxime seien die in 90 ff. AO geregelten Mitwirkungspflichten. Scheitere die Sachaufklärung an der mangelnden Mitwirkung des Steuerpflichtigen, so werde die Finanzbehörde zur Schätzung angehalten. Beruhe das finanzbehördliche Aufklärungsdefizit auf unzureichender Mitwirkung des Steuerpflichtigen, reduziere sich das Beweismaß nach 162 Abs. 2 AO entsprechend dem Ausmaß der Mitwirkungspflichtverletzung auf eine größtmögliche Wahrscheinlichkeit. Im Streitfall sei ein Geldzufluss in erheblicher Höhe auf dem betrieblichen Bankkonto festgestellt worden. Die Einlassung der Kläger gehe dahin, dass die Einzahlungen mit Mitteln bestritten worden seien, für die Darlehen aufgenommen worden seien. Die Darlehen sollten angeblich bar, ohne schriftliche Verträge und ohne Vereinbarung von Zinsen, Tilgung und Rückzahlungstermin vereinbart worden sein. Hierin liege die Behauptung eines ungewöhnlichen Sachverhalts. Diese Angaben der Kläger könnten nicht ungeprüft übernommen werden. Mit ihrer Weigerung, die Namen der angeblichen Darlehensgeber zu nennen, hätten sie eine Prüfung verhindert. Das FA sei daher gezwungen gewesen, insoweit zu schätzen und den unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles wahrscheinlichsten Sachverhalt der Be-

4 steuerung zu Grunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - könnten aus der Verletzung der Mitwirkungspflicht durchaus für den Steuerpflichtigen negative Schlüsse gezogen werden (BFH-Urteil vom 15.02.1989 X R 16/86, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1989, 462). Die Annahme, dass es sich bei den Geldern um Betriebseinnahmen handele, sei nahe liegend und gerechtfertigt. Dies gelte umso mehr, als der Kläger eingeräumt habe, dass die Gelder von Mandanten stammten, also nach dessen eigenem Bekunden mit seiner beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stünden. Es sei denkbar, dass vorausbezahlte Honorare vereinnahmt oder aber eine außergewöhnliche, besondere Leistung des Klägers vergütet worden sei. Diese Annahme könne der Kläger nicht allein mit der bloßen Behauptung entkräften, den Bareinzahlungen lägen Darlehensverhältnisse zu Grunde. Die in einem Aussetzungsverfahren beim Finanzgericht vorgelegten anonymen eidesstattlichen Versicherungen lieferten keinen Nachweis für die Richtigkeit der Behauptungen des Klägers. Anonyme Aussagen seien, selbst wenn ihre Richtigkeit an Eides Statt versichert werde, keine nach der Abgabenordnung zulässigen Beweismittel. Wegen der Anonymität der jeweiligen Versicherungen sei es zudem unmöglich, die Aussagen zu würdigen und auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 18.10.1999 verwiesen. Mit der Klage führen die Kläger ergänzend an, der Kläger habe von Freunden private Darlehen erhalten. Die Gelder seien sodann als Einlage gebucht worden. Die Darlehen seien innerhalb von 18 Monaten zurückgezahlt worden. Dies sei aus der Buchführung durch entsprechend hohe Entnahmen nachvollziehbar. Dieser Umstand werde zudem durch die anonymen eidesstattlichen Versicherungen belegt. Die für die Schätzung vom FA unterstellten Vermutungen seien nicht schlüssig, sondern unsinnig. Zum einen seien Steuerberatungskosten steuerlich abzugsfähig, so dass für Mandanten regelmäßig kein Anreiz bestehe, Zahlungen ohne entsprechende Rechnung zu tätigen. Im Übrigen würde kein Mandant Vorauszahlungen leisten, ohne Gewähr dafür zu haben, dass die Leistungen künftig auch erbracht werden könnten. Was das FA unter einer außergewöhnlichen, besonderen Leistung des Klägers verstehe, für die entsprechende Einnahmen erzielt worden seien, sei nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der Betriebsprüfung seien im Übrigen keine sonstigen Feststellungen getroffen worden, die eine Zuschätzung in der vorgenommenen Höhe begründen könnten. Insbesondere hätten sich keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Leistungen nicht abgerechnet bzw. Einnahmen nicht verbucht worden

5 oder die Buchführung in anderen Punkten nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Das FA arbeite mit bloßen Vermutungen und Spekulationen, die jeglicher Grundlage entbehrten. Es unterstelle lebensfremde Sachverhalte. Hieraus folge der Eindruck, dass das FA eine Strafschätzung vorgenommen habe, um sie zur Nennung der Darlehensgeber zu zwingen. Für ein solches Vorgehen gebe es keine rechtliche Grundlage, die Schätzung sei mithin rechtswidrig. Soweit das FA auf den Beschluss des BFH vom 04.12.2001 III B 76/01 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2002, 476) verweise, wonach eine erhöhte Mitwirkungspflicht bei Einzahlungen auf betriebliche Konten bestehe, sei dem entgegenzuhalten, dass die Herkunft der Mittel von fremden Dritten nachgewiesen worden sei. Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid 1993 vom 26.02.1998 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit auf 223.874 DM herabgesetzt werden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen. Die Betriebsprüfung - so der Beklagte - habe einen erheblichen Vermögenszuwachs aufgedeckt. Derartige Prüfungsfeststellungen würden erfahrungsgemäß häufig durch Standardeinwendungen wie das Behaupten von Darlehensverhältnissen, Schenkungen oder Spielbankgewinnen angegriffen. Derartige Einwendungen seien häufig unglaubhaft. Dies gelte auch im Streitfall, da keine geeigneten Unterlagen zum Nachweis des behaupteten Sachverhalts der Darlehenshingabe vorgelegt worden seien. Der Beweiswert der vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sei schon deshalb gering, da solche Erklärungen erfahrungsgemäß häufig leichtfertig abgegeben würden. Die Versicherungen seien darüber hinaus anonym abgegeben worden. Es fehle daher an jeglichen Anhaltspunkten zur Prüfung der Richtigkeit der eidesstattlichen Versicherungen. Soweit der Kläger meine, bei den Darlehen handele es sich um private Darlehen, die sodann eingelegt worden sei-

6 en, könne dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar zu eigenbetrieblichen Zwecken genutzt würden oder hierzu bestimmt seien, seien notwendiges Betriebsvermögen. Daher gehörten auch Sach- und Geldschulden zum Betriebsvermögen, soweit sie durch den Betrieb veranlasst seien. Nach den Einlassungen des Klägers seien die Darlehen zur Erweiterung der Steuerberaterpraxis gewährt worden. Die Veranlassung sei damit zweifellos betrieblich. Anhaltspunkte für eine private Veranlassung seien nicht erkennbar. Aus den BFH-Urteilen vom 10.11.1987 VIII R 17-19/84 (BFH/NV 1989, 278) und vom 28.05.1986 I R 265/83 (BStBl II 1986, 732) ergebe sich nichts anderes. Hiernach erfordere die Zuschätzung von Betriebseinnahmen die Feststellung, dass die Buchführung zumindest insoweit unrichtig sei. Dies sei insoweit der Fall, als Einzahlungen auf das betriebliche Bankkonto als Einlagen verbucht worden, obgleich sie nach jetziger Darstellung der Klägerseite auf betrieblich veranlassten Darlehensverhältnissen beruhten. Die angeblichen Tilgungen ließen sich weder aus der Buchführung noch aus anderen Unterlagen entnehmen. Die Buchführung sei daher punktuell unrichtig. Dass zusätzliche Betriebseinnahmen in der in Rede stehenden Höhe durchaus wahrscheinlich gewesen seien, sei bereits dargelegt worden. Die Finanzbehörde könne sich in Fällen der vorliegenden Art nicht mit bloßen Behauptungen begnügen, soweit Zweifel an deren Richtigkeit bestünden und der Steuerpflichtige solche Zweifel durch Beibringung geeigneter Unterlagen ausräumen könne. Zwar liege nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung die Feststellungslast für steuererhöhende Tatsachen regelmäßig bei der Finanzbehörde. Allerdings habe der BFH immer wieder betont, dass es für den Steuerprozess keine feststehenden gesetzlichen Regeln über die Verteilung der Feststellungslast gebe (BFH-Urteil vom 19.06.1985 I R 109/82, BFH/NV 1986, 249). Die starren Beweislastregeln kämen nur dann in vollem Umfang zur Geltung, wenn ein entscheidungserheblicher Sachverhalt trotz Ausschöpfung aller zugänglichen und zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden könne. Sie hätten dann keine Geltung, wenn die mangelhafte Sachverhaltsaufklärung nur darauf beruhe, dass der Steuerpflichtige abgabenrechtliche Mitwirkungspflichten verletze. Solange sich der Kläger weiterhin weigere, die Namen der angeblichen Darlehensgeber zu nennen, müsse der Grundsatz gelten, dass die schuldhafte Vereitelung der Beweisführung der gelungenen gleichstehe (Urteil des Finanzgerichts - FG - Düsseldorf vom 26.03.1998 10 K 3228/94 AO, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1998, 1349). Der BFH habe zudem im Beschluss vom 04.12.2001 III B 76/01 (a.a.o.) bekräftigt, dass bei Einzahlun-

7 gen auf betriebliche Konten eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bestehe. Bei Verletzung dieser Verpflichtung könne der Sachverhalt ohne weitere Ermittlungen dahingehend gewürdigt werden, dass nicht aufgeklärte Kapitalzuführungen auf nicht versteuerten Einnahmen beruhten. Das Gericht hat die Steuerakten des FA zum Verfahren beigezogen. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten ( 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das FA ist bei seiner Schätzung zu Unrecht davon ausgegangen, dass die der Herkunft nach ungeklärten Einlagen Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit des Klägers im Streitjahr darstellen. Die statt dessen vorzunehmende Schätzung von Einkünften aus Kapitalvermögen bleibt im Streitjahr ohne Auswirkung, weil auch bei Einbeziehung solcher Einnahmen ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte verbleibt. Nach 162 Abs. 2 Satz 1 AO, der gemäß 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren gilt, sind Besteuerungsgrundlagen insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Erklärung zu geben vermag. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, ist bei ungeklärten Einzahlungen auf Konten und daran anknüpfenden Zuschätzungen danach zu differenzieren, ob es sich um Einzahlungen auf betriebliche oder private Konten handelt (vgl. dazu im Einzelnen Dörn, Deutsches Steuerrecht 1996, 1924). Bei Einzahlungen auf betriebliche Konten kommt selbst bei ordnungsgemäßer Buchführung auch ohne Anwendung einer gängigen Schätzungsmethode eine Gewinnzuschätzung in Betracht (BFH-Urteil vom 15.02.1989 X R 16/86, a.a.o.). Für den der Einzahlung auf ein betriebliches Konto vergleichbaren Fall, dass der Steuerpflichtige einen Geldbetrag bar in die Kasse einlegt, sind die jeweilige Einlage und die Einnahmen als gesonderte Vorgänge zu sehen. In diesen Fällen müssen Feststellungen dazu getroffen werden, dass Betriebseinnahmen in der jeweiligen Höhe im einzelnen Veranlagungszeitraum zumindest wahrscheinlich waren. Dazu gehört auch die Feststellung, dass die Beträge nicht Einnahmen im Rahmen einer anderen Einkunftsart waren oder aus (verheimlichten) Vermö-

8 gen stammten (BFH-Urteil vom 10.11.1987 VIII R 17-19/84, a.a.o.). Mit Beschluss vom 04.12.2001 III B 76/01 (a.a.o.; Vorinstanz FG Berlin, Urteil vom 02.10.2000 8 K 8908/99 n.v.) hat der III. Senat des BFH bestätigt, dass bei ungeklärten Bareinzahlungen danach zu unterscheiden ist, ob diese auf ein betriebliches oder ein privates Bankkonto erfolgen. Soweit ein betriebliches Bankkonto betroffen sei, seien die Grundsätze der BFH-Urteile vom 01.07.1987 I R 284-286/83 (BFH/NV 1988, 12) und vom 28.05.1986 I R 265/83 (a.a.o.) nicht anwendbar. Wegen der vom Steuerpflichtigen hier selbst hergestellten Verbindung zwischen Privat- und Betriebsvermögen, sei er bei der Prüfung, ob Einlagen gegeben seien, bzw. wo die Mittel herkommen, verstärkt zur Mitwirkung verpflichtet. Bei Verletzung dieser Pflicht könne das Finanzgericht von weiterer Sachaufklärung absehen und den Sachverhalt dahin würdigen, dass ungeklärte Kapitalzuführungen auf nicht versteuerten Einnahmen beruhten. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war das FA dem Grunde nach zur Schätzung berechtigt. Nach 162 Abs. 2 Satz 1 AO kann geschätzt werden, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu gegeben vermag oder weitere Auskunft verweigert. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Kläger haben lediglich anonyme Versicherungen an Eides Statt beigebracht, die inhaltlich das Vorbringen der Hingabe der strittigen Mittel als Darlehen durch fremde Dritte bestätigen. Dies stellt indes entgegen der Auffassung der Kläger keine auf Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts gerichtete Mitwirkung dar. Der aufzuklärende Sachverhalt wird durch die Nichtbenennung der Darlehensgeber tatsächlich verschleiert. Die Erklärungen sind ohne Beweiswert. Dies gilt schon deshalb, weil dem Gericht jegliche Grundlage für die erforderliche Würdigung der Erklärungen entzogen ist. Weitere Auskünfte wurden vom Kläger noch in der mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis auf den angeblichen Darlehensgebern zugesicherte Anonymität und ein insoweit gegebenes Ehrenwort verweigert. Der Kläger hat damit seine Verpflichtung zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Offenlegung verletzt. Die Frage, woher die Mittel für die Einlagen stammten, kann nur der Kläger beantworten. Da seine Mitwirkung keine Aufklärung gebracht hat, können die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt oder berechnet werden ( 162 Abs. 1 AO). Diese Ungewissheit im Sachverhalt ist als endgültig anzusehen. Die fehlende Aufklärung des Sachverhalts infolge der Verletzung der Mitwirkungspflicht geht nicht nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast), nach denen die Finanzbehörde steuerbegründen-

9 de Tatsachen nachzuweisen hat, zu Lasten des FA. Diese Beweislastregeln gelten nur dann, wenn ein Sachverhalt nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden kann, obwohl alle Beteiligten einschließlich des Steuerpflichtigen an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt haben. Die dargelegte Verletzung abgabenrechtlicher Mitwirkungspflichten kann vielmehr, wenn sie wie im Streitfall Tatsachen oder Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen betrifft, dazu führen, dass aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen für ihn nachteilige Schlüsse gezogen werden. Denn das Verhalten des Beweisverderbers ist ein Indiz dafür, dass die Pflichtverletzung bezweckte, ein nachteiliges Ermittlungsergebnis zu vermeiden (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 15.02.1989 X R 16/86, a.a.o.). Da der Kläger keine vernünftige und zugleich nachprüfbare Erklärung für die Herkunft der Gelder abgegeben hat, hat das FA zu Recht den Erhalt der Gelder von fremden Dritten in Zweifel gezogen und seine Berechtigung zur Schätzung angenommen. Ob eine Schätzungsbefugnis nach 162 Abs. 2 Satz 2 AO besteht, kann dahinstehen. Nach zutreffender Auffassung kann sich der Kläger jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art nicht auf die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung berufen. 158 AO steht einer Teilschätzung nicht entgegen, da es nicht um eine Gesamtkorrektur des Buchführungswerkes geht, sondern um eine punktuelle Berichtigung (BFH-Urteil vom 15.02.1989 X R 16/86, a.a.o. unter 5. b) ee) der Gründe; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.04.2002, 2 K 2724/00, EFG 2002, 1145). Die Schätzung des FA kann indes der Höhe nach keinen Bestand haben. Die Annahme, der Kläger habe im Streitjahr Betriebseinnahmen von 200.000 DM nicht erklärt, hat nach Auffassung des Senats nicht die Vermutung größtmöglicher Wahrscheinlichkeit für sich. Ziel einer jeden Schätzung muss es sein, auf den festgestellten Sachverhalt die zahlenmäßigen Auswirkungen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Die Schätzung muss demzufolge in sich schlüssig und zudem wirtschaftlich vernünftig sowie möglich sein (vgl. Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 162 Tz. 38). Das FA hat die Schätzung zusätzlicher Betriebseinnahmen im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Gelder stammten nach den Einlassungen des Klägers von Mandanten, weshalb ein Zusammenhang mit dessen be-

10 ruflicher Tätigkeit bestehe. So sei denkbar, dass die Gelder vorausbezahlte Honorare darstellten oder aber eine außergewöhnliche, besondere Leistung des Klägers vergütet worden sei. Tatsächliche Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit dieser Einschätzung sind indes nicht ersichtlich. Dem Kläger ist vielmehr darin beizupflichten, dass Mandanten eines Steuerberaters regelmäßig ein Interesse an der Erstellung von Rechnungen haben, da derartige Aufwendungen im Normalfall steuerlich berücksichtigungsfähig sind. Dies gilt insbesondere für Einnahmen der strittigen Größenordnung. Allein deren absolute Höhe lässt die betriebliche Veranlassung und damit die steuerliche Abzugsfähigkeit wahrscheinlich erscheinen. Aus den Feststellungen der Finanzbehörde bezüglich der steuerlichen Verhältnisse der Kläger nicht zuletzt auch im Rahmen der Betriebsprüfung haben sich zudem keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit nicht erklärt hat. Danach ist die Einschätzung der Finanzbehörde, der Kläger habe verheimlichte Einnahmen aus Steuerberatertätigkeit in der strittigen Höhe gerade zum Zeitpunkt der Tätigung des Praxiskaufes erzielt, eher unwahrscheinlich. Über die Einzahlungen als solche hinausgehenden Umstände, die die Annahme von nicht erklärten Einnahmen von 200.000 DM aus Steuerberatertätigkeit in der ersten Jahreshälfte 1993 wahrscheinlich machen könnten, sind nicht ermittelt worden. Der Streitfall ist damit im tatsächlichen Bereich anders gelagert als die Fälle, in denen die Rechtsprechung ungeklärte Einzahlungen oder Bareinlagen als Betriebseinnahmen angesehen hat. Der Rechtsprechung des BFH kann entgegen der Auffassung des FA nicht der Grundsatz entnommen werden, bei Verletzung der in diesen Fällen für den Steuerpflichtigen gegebenen erhöhten Mitwirkungspflichten sei der Sachverhalt regelmäßig dahingehend zu würdigen, dass ungeklärte Kapitalzuführungen auf nicht versteuerten Einnahmen beruhen. Diese Auffassung wird insbesondere nicht durch den Beschluss des BFH vom 04.12.2001 III B 76/01 (a.a.o.) gestützt. In dieser Entscheidung hat der BFH unter Bezugnahme aus das Urteil des X. Senats vom 15.02.1989 X R 16/86 (a.a.o.) lediglich ausgeführt, dass eine diesbezügliche Wertung erfolgen könne. Aus der Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil wird vielmehr deutlich, dass die Finanzbehörde in derartigen Fällen die ihr zugänglichen Tatsachen und Beweismittel des Einzelfalls zu würdigen hat (BFH-Urteil vom 15.02.1989 X R 16/86 unter 5. c) der Gründe), d. h. von Fall zu Fall unterschiedliche Schlussfolgerungen aus der Verletzung von Mitwirkungspflichten gezogen

11 werden können. Dies wiederum steht in Einklang mit der Rechtsprechung des VIII. Senats, wonach Feststellungen getroffen werden müssen, nach denen steuerpflichtige Einnahmen in der jeweils strittigen Höhe zumindest wahrscheinlich waren. Der Senat geht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung davon aus, dass die Annahme, der Kläger habe den Betrag von 200.000 DM aus bisher verheimlichtem Sparguthaben selbst aufgebracht, die Vermutung größtmöglicher Wahrscheinlichkeit für sich hat. Es ist gerichtsbekannt, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen insbesondere in der Vergangenheit in erheblichem Umfang steuerlich nicht erklärt worden sind. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 27.06.1991 (Urteil des 2. Senats, 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654 ff.) ein eklatantes Vollzugsdefizit bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften i.s.d. 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG festgestellt. Ausweislich des Inhalts der vorliegenden Steuerakten hat der Kläger in den Vorjahren regelmäßig erhebliche Einkünfte aus Steuerberatertätigkeit erzielt. So betrug z.b. der erklärte Gewinn in den Jahren 1991 und 1992 über 400.000 DM. Gleichwohl sind diesen Jahren keine nennenswerten Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt worden (1991 und 1992 jeweils unter 1.400 DM lt. Anlage KSO). Im Hinblick auf die dargelegte Ausgangslage bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften sowie in Anbetracht der seit vielen Jahren hohen Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit hält es der Senat für möglich und überwiegend wahrscheinlich, dass dieser aus versteuerten Einnahmen Gelder bei Seite geschafft und Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt hat, die bisher steuerlich nicht erklärt worden sind. Auf derartige Gelder wird zudem erfahrungsgemäß nicht selten zurückgegriffen, wenn kostenintensive Anschaffungen zu tätigen sind. Der Senat wird in dieser Einschätzung durch die Vorgehensweise der Kläger in Sachen Erteilung von Freistellungsaufträgen bzw. Erklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen im Jahre 1994 bestärkt. Die Kläger hatten in diesem Jahr gegenüber Kreditinstituten und einer Versicherung Freistellungsaufträge über insgesamt 28.400 DM erteilt. Im Rechtsbehelfsverfahren gegen den nach Betriebsprüfung geänderten Einkommensteuerbescheid 1994 haben sie sich auf Grund entsprechender weiterer Ermittlungen des FA gezwungen gesehen, Einkünfte aus Kapitalvermögen von 16.579,77 DM nachzuerklären. Die Kläger haben es somit offenkundig an der erforderlichen Sorgfalt im Zusammenhang mit der Freistellung und Erklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen fehlen lassen. In Anbetracht dieser Gesamtumstände sind daher nach Auffassung des Senats hinreichende An-

12 haltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger beim Kauf der Steuerberatungspraxis auf verheimlichte Sparguthaben zurückgegriffen hat und diesen Umstand durch die behauptete Hingabe von Darlehen verschleiern wollte. Die Hinzuschätzung von Zinseinnahmen des Klägers aus einem eingesetzten Kapital von 200.000 DM bleibt im Streitjahr allerdings ohne steuerliche Auswirkung. Die genaue Höhe der zu schätzenden Zinsen kann dahinstehen. Durch die Herabsetzung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit auf 223.874 DM ergibt sich ohne Hinzuschätzung von Einkünften aus Kapitalvermögen ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger für 1993 von 41.422 DM. Selbst bei vollständiger Ausschöpfung des Schätzungsrahmens durch Hinzuschätzung von Einkünften aus Kapitalvermögen von ca. 9% aus einem Kapital von 200.000 DM zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 15%, Einbeziehung erklärter Einkünfte von 2.182 DM und Berücksichtigung der Sparerfreibeträge bleibt der Gesamtbetrag der Einkünfte negativ. Der Klage war daher stattzugeben. Die Kostenentscheidung folgt aus 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH ( 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO).