Wissensmanagement in Zeiten von Veränderungen

Ähnliche Dokumente
Steinbeis-Transferzentrum. Wissensmanagement & Kommunikation

Wissensmanagement effiziente Strategie oder Mythos?

Wissensmanagement in der betrieblichen Praxis - Erfahrungen aus einem Ingenieurbüro -

WISSEN SICHERN, ERFAHRUNGEN WEITERGEBEN

Wissensorientierte Unternehmensführung.

Herzlich willkommen zur Einstimmung. auf unsere Arbeitsgruppenthemen!

Mit guten Ideen gewinnen! Die Leitbilder der Pfalzwerke

Mitarbeiterbindung durch Unternehmenskultur Ansätze der GOLDBECK GmbH

Wissensmanagement. Inhalt

Ausgangslage Mitarbeiter sind unser kostbarstes Gut. Sie werden allerdings oft nicht entsprechend behandelt.

WISSEN MANAGEN WIE UNTERNEHMEN IHRE WERTVOLLSTE RESSOURCE OPTIMAL NUTZEN

Eine Einführung in die Idee des Wissensmanagements

Die Wissenstreppe: Information

Wissensmanagement mehr als Software

Wissensmanagement in der Anerkennungsberatung Fachtagung "Berufliche Anerkennung realisiseren" am in Berlin

Strategie Wissen und Lernen (SWL) Volkswagen Wissensmanagement. Erfolgreich Übergänge gestalten. Die Wissensstafette von Volkswagen.

Inhaltsverzeichnis. Teil I Mächtige Grundtriebe und Lernvoraussetzungen

Schutz und Sicherheit im Zeichen der Burg

Leitbild Schule Teufen

A0 & Unternehmenskultur in Krisensituationen. Prof. Sonja A. Sackmann, Ph.D.

Vorwort. Wir verfolgen das Ziel die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen zu fördern.

Wissensmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Mensch Organisation Technik

Unternehmen fit machen für Veränderungen. 12. CIB am in Berlin

Performance steigern mit dem Team Relation Performance Management Survey (TRPM) Anforderungen an ein zeitgemäßes Performance Management

wien mags wissen Die Wissensstrategie der Stadt Wien Mag. a Anabela Horta und Mag. a Ulla Weinke

Individuen Interessen Interaktion

Wissensmanagement. in KMU. Beratung und Produkte GmbH

INDUTEC Reine Perfektion!

Vielfalt zuerst Diversity first Diversity Management als unternehmerische Antwort auf die Herausforderungen des demografischen Wandels

FORTSCHRITT IST UNSERE BESTIMMUNG

wien mags wissen Die Wissensstrategie der Stadt Wien Mag. a Anabela Horta Patricia Schultz Mag. a Ulla Weinke

Geneva Knowledge Group. Bausteine des. Wissensmanagements. Gilbert J. B. Probst/Kai Romhardt

Nachhaltiges Personalmanagement NPM Studie Nur was lange hält, ist wirklich gut!

De 5 Schritte zur Einführung von Wissensmanagement

Erfahrungen bei der Einführung von Wissensmanagement in kleinen und mittelständischen Unternehmen und Verknüpfung mit Web 2.

Heute In 1 Jahr In 3 Jahren In 5 Jahren. Ergänzen Sie hier die wichtigsten Ziele des nächsten Geschäftsjahres

Individuen Interessen. Interaktion

Wenn Ihr Unternehmen wüßte, was es alles weiß,..

Neue Wege, die begeistern frische Impulse für Ihren Employer Brand!

Helvetia Gruppe. Leitbild. Ihre Schweizer Versicherung.

Ein Leitfaden für unsere Mitarbeitenden

Verstehen als Grundvoraussetzung für Industrie 4.0

Neustrukturierung des Fortbildungsprogramms an Kompetenzfeldern

So meistern Sie den Wandel Herausforderungen und Erfolgsfaktoren im Change-Management

Wissensmanagement aus gesamtheitlicher Sicht zwischen Mensch, Organisation und Technologie

Führungsleitsätze der Verwaltung der Fachhochschule Dortmund

In vielen Organisationen würden nun reflexartig der Druck, die Kontrolle und der Planungsaufwand erhöht.

Wissensbewahrung bei der Stadt Köln

Strategie und Innovation

Maß Stephan Michael Babel Werner Böglmüller Ziel Füssener Straße 1 Hopfenfeldstraße Prem am Lech Steingaden

Braucht ein Handwerksbetrieb Wissensmanagement?

Die 5 Schritte zur Einführung von Wissensmanagement

Die Kunst, den Wandel zu gestalten

Wissensmanagement bei EnBW. Energie braucht Impulse

Wir setzen Maßstäbe durch exzellente Leistung sowie durch unser. soziales und ethisches Denken und Handeln. Jetzt und in der Zukunft.

Wissensmanagement in der Praxis

Qualitätsmanagement Beratung für ISO9001, VDA6.3 und IATF16949

Grundlagen und Empfehlungen für die interkulturelle Öffnung der Stadtverwaltung Flensburg

Ressource Wissen effizient nutzen Methoden, Erfahrungen, Kontakte

Interkulturelle Kompetenz

MATH Semesterarbeit Forschungsbericht Anderes

Interne Unternehmens kommunikation

Interkulturelle Öffnung

november ag Seminarbeschreibung Das projektfreundliche Umfeld Version August 2009 Status: Final

Wie Wissensmanagement in Schwung kommt

Die Werte von CSL Behring

Sika Werte und Grundsätze

Andreas Langenhan. Diplomica Verlag WISSENSMANAGEMENT. Leitfaden für die Einführung von Wissensmanagement in Unternehmen

Seminar- Anbieter 2016

Wissen managen. Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. Bearbeitet von Gilbert Probst, Steffen Raub, Kai Romhardt

L E I T B I L D Z U r

Prozessbeschrieb des Wissensaustauschs zwischen den Generationen in Unternehmen, Organisationen und in der Verwaltung

W I S S E N S I C H E R N

Wissensmanagement in wissenszentrierten Unternehmen Wissen ist (M)mehr_Wert - Zur Ökonomie des Wissensmanagements

GLIEDERUNG: I. Einleitung. II. Probst (1997): Ebenen der Wissensbausteine. III. Beacker (1999): Das Handwerk des Unternehmers

Themenbeispiele Performance Steigerungs-Programme ST. GALLEN EXPERIENCE

Leitbild / Vision Grundwerte Organisationskultur nach innen... 5 Handlungsfelder Führung und Gestalten MitarbeiterInnen...

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Albert M. Baehny Chief Executive Officer

Wissensmanagement. Alexandra Nolasco, IHK-Expertakademie

PRÄSENTATION KONZEPT UND ENTWURF LEITBILD SCHULE ENTFELDEN

Die Nutzen-Pyramide vergoldet Ihre Leistungen. Beispiel: das goaling system für die zielgerichtete Unternehmens-Entwicklung

Studienbrief (Auszug) Verpflegungsbetriebswirt. Controlling in der GV. Bild: mordeccy - fotolia.com

GEMEINSAM BEWEGEN. Der Schritt nach vorn. Besser mit einem starken Partner. argenus

Leitbild GEMEINDESCHULE FREIENBACH

Interne Unternehmenskommunikation

Integratives Wissensmanagement nach PAWLOWSKY

Summer Workshop Mehr Innovationskraft mit Change Management

Wissensteilung in globalen Konzernstrukturen

NMC. Leitlinien. zur Qualitätssicherung und Zusammenarbeit

Begriffsklärung. Zentrale Begriffe des Wissensmanagements

Wissensmanagement 2.0.

WERTE. Unser Leitbild weist uns die Richtung auf dem Weg in die Zukunft. Es umfasst die ideellen und materiellen Werte, an die wir uns halten.

Grundsätze unserer Personalpolitik

Wettlauf um die besten Köpfe:

Unternehmensqualität wirkt

Interventionsebenen des WM

CWS-boco Gruppe Unternehmenskultur

Wissen und Wertvorstellungen! Reflexion von Werten! beim Transfer von Erfahrungswissen!

Leitbild und Führungsgrundsätze der Stadtwerke Halle-Gruppe.

Transkript:

Von Susanne Hafner Wissensmanagement in Zeiten von Veränderungen Wenn auch der Begriff Wissensmanagement in vielen Köpfen noch immer mehr Fragen als Antworten aufwirft, so wendet doch eine wachsende Zahl von Unternehmen erste Erkenntnisse in der täglichen Arbeit an. Denn: der Unternehmenserfolg hängt entscheidend vom Wissen und der Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden ab. Insbesondere in Zeiten von organisatorischen Veränderungen und Restrukturierungen ist das Management der Ressource Wissen entscheidend. Im Zentrum steht insbesondere die Auseinandersetzung mit dem möglichen Wissensverlust es gilt, das vorhandene personengebundene Wissen zu schützen, insbesondere dort, wo dies die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens tangiert. Unternehmen sind heute zunehmend Veränderungen ausgesetzt, die immer schneller und in der Regel gleichzeitig ablaufen. Organisationsbereiche werden verlagert, verkauft, neue Geschäftseinheiten werden aufgebaut. Insbesondere in solchen Unternehmensphasen wird die Bedeutung des Human Capitals (Wissensträger) als Produktions- und Wettbewerbsfaktor eines Unternehmens immer deutlicher. Für den Wertschöpfungsprozess bedeutet dies, dass das richtige Wissen, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge, am richtigen Ort und in der erforderlichen Qualität bereitstehen muss. Es hängt also entscheidend davon ab, unter welchen Voraussetzungen die Wissensträger bereit sind, ihr Wissen zu dokumentieren, zu nutzen, zu teilen und dem Unternehmen nachhaltig zur Verfügung zu stellen. Nicht zuletzt gewinnt der Schutz dieses Wissens (Wissensbewahrung) eine übergeordnete Bedeutung und führt immer häufiger zu konkreten Projekten. Denn zahlreiche Unternehmen erkennen inzwischen den Verlust an Mitarbeiterwissen als ein ernst zu nehmendes Problem. 29 Wissen als strategischer Wettbewerbsfaktor Jeder Mitarbeiter, der ein Unternehmen verlässt, nimmt wertvolles und oftmals schwierig wieder zu beschaffendes Wissen mit. Insbesondere das personengebundene, implizite Wissen ist ein durch Erfahrung gewonnenes Wissen, umfasst

Wertvorstellungen, Handlungsroutinen und Intuition. Dieses Wissen gleicht einem wertvollen «Schatz in den Köpfen der Mitarbeitenden» und ist im Gegensatz zum expliziten Wissen nur schwer darstellbar, speicherbar und verteilbar (siehe Abbildung). Der Verlust dieses personengebundenen Wissens kann schwerwiegende und kostenintensive Folgen für das Unternehmen haben. Insbesondere in Phasen von einschneidenden Veränderungen und Reorganisationen besteht die Gefahr, dass mehrere Wissensträger gleichzeitig das Unternehmen verlassen. Wertvolle Wissensbestände können auch ungewollt abfliessen, wenn sich Projektstrukturen auflösen. Explizites Wissen Implizites Wissen 30 explizites Wissen 10% implizites Wissen nicht vollständig darstellbar dem Handelnden nicht bewusst z.b. subjektives Können, Erfahrung, Routine 90% Abbildung: Explizites und implizites Wissen http://blog.vorest-ag.com/management_aktuell/wissensmanagement-im-unternehmen/

Immer häufiger erkennen Unternehmer einen direkten strategischen Zusammenhang zwischen dem Geschäftserfolg und der Bewahrung des eigenen Wissens. Es gilt deshalb, Wissen als strategischen Wettbewerbsfaktor anzuerkennen, das strategisch notwendige Wissen zu identifizieren und sich auf die wettbewerbsrelevanten Geschäftsprozesse und Unternehmenskompetenzen zu konzentrieren. Darauf basierend soll abgeleitet werden, welche Personen entscheidend an diesen Prozessen und Unternehmenskompetenzen beteiligt sind. Diese wettbewerbsrelevanten Wissensträger und Wissensbestände müssen in der Organisation sichtbar gemacht und kodifiziert werden, um anstehende Veränderungsprozesse hinsichtlich der Ressource Wissen erfolgreich gestalten und steuern zu können. Expertenverzeichnisse und Kompetenzportfolios sind beispielsweise geeignete Instrumente, um Expertenwissen und relevante Kernkompetenzen bewerten, erfassen, pflegen, aktualisieren und für die Organisation zugänglich machen zu können. Mit Hilfe dieser Instrumente kann relevantes Wissen zielgerichtet entwickelt, ausgetauscht, genutzt und mittels geeigneter Massnahmen geschützt werden. Mitarbeiterbindung stärken 31 Eine gemeinsame Nutzung des Wissens hängt immer davon ab, ob die Wissensträger bereit und gewillt sind, ihr Wissen zur Verfügung zu stellen. Die Mitarbeiterzufriedenheit spielt also eine bedeutende Rolle. Motiviert und bereit, ihr Wissen zur Verfügung zu stellen, sind die Wissensträger in der Regel dann, wenn sie darin einen Nutzen erkennen können und die gemeinsame Nutzung von Wissen belohnt wird. Wissen hat also einen Wert und damit auch einen Preis. Insbesondere in Zeiten von Veränderungen und Unsicherheiten ist die Ressource Wissen entsprechend zu managen und nachhaltig zu sichern, in dem die Mitarbeiterbindung mittels motivierender Anreizsysteme gestärkt wird. Der Gegenwert für den Wissensaustausch muss jedoch nicht zwangsläufig in monetärer Form erfolgen. Es gibt weitere Möglichkeiten und Massnahmen, um den Wissensaustausch zu fördern und für die Mitarbeiter langfristige positive Investitionsbedingungen für ihr

Human Capital zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise vergrösserte Entwicklungsmöglichkeiten und Karrierechancen, faire und transparente Entgeltsysteme, erhöhtes Sozialprestige, Vergrösserung des eigenen Expertenwissens sowie Anerkennung und Wertschätzung für die geleistete Arbeit. Und selbstverständlich auch die Möglichkeit, sich bei der Arbeit so weit wie möglich selbst zu verwirklichen. Und last but not least ein erfolgreiches Performance Management, das die Ausrichtung des notwendigen Wissens und der Kompetenzen auf die strategischen Ziele ermöglicht. Unternehmenskultur als Basis 32 Die Entstehung dieser Nutzen setzt jedoch voraus, dass eine Organisation die Förderung des Wissensaustauschs erleichtert und kulturelle und institutionelle Voraussetzungen dafür schafft. Ein Unternehmen mit motivationshemmenden Führungsstrukturen unterstützt einen effizienten und effektiven Wissensaustausch eher wenig oder behindert ihn gar. Gemeinsame Nutzung von Wissen setzt zudem Vertrauen und Offenheit voraus eine entsprechende Unternehmenskultur ist die Basis dafür. Diese entsteht auf der Grundlage geteilter Werthaltungen und bedarf einer grundlegenden Kommunikations- bzw. Kooperationskompetenz und -bereitschaft sowie der Sensibilität des Managements für die Bedeutung des impliziten Wissens und informellen Wissenstransfers. Unterschiedliche Wertvorstellungen (fehlende geistige Vernetzung), interkulturelle Differenzen und fehlendes Vertrauen behindern einen erfolgreichen Wissenstransfer. Im Weiteren sollte nebst der Schaffung von Wissensnetzwerken (z.b. Themenlunch, Qualitätszirkel) eine Infrastruktur für informellen Austausch zur Verfügung gestellt werden (z.b. Pausenraum). Ein effizientes Wissensmanagement bedarf zudem einer geeigneten IT-Infrastruktur (z.b. Datenbanken, zentrale Speichermedien, Intranet).

Folgendes Zitat verdeutlicht die Erfolgsfaktoren für ein effizientes Wissensmanagement auf eindrückliche Weise: «Man kann Wissen nicht managen, so wie man Patriotismus, Liebe oder seine Kinder nicht managen kann. Aber man kann ein Umfeld schaffen, in dem Wissen gedeiht». (Larry Prusak) Wissensmanagement in Zeiten von Veränderungen setzt ein Umfeld voraus, in dem eine gemeinsame Vision, Ziele und Werte (shared values) geteilt und gelebt werden. Dies wiederum bedarf einer offenen, regelmässigen und ehrlichen Kommunikation. Eine transparente und vertrauensbildende Kommunikation bei Unternehmensveränderungen schafft Orientierung, Sicherheit und Vertrauen, unterstützt einen aktiven Informations- und Wissensaustausch und wirkt einem möglichen Wissensverlust wirkungsvoll entgegen. 33