196 okolyse, wann und wie? okolyse, wann und wie? Ziel Es sollen praktische Hinweise zur Indikation und Auswahl einer okolyse gegeben werden. Problem 8 % der Kinder werden vor der 37. SSW geboren, davon 33 % vor der 34. SSW, wobei vorzeitige Wehen vielfältige Ursachen haben. Bei der Behandlung der vorzeitigen Wehentätigkeit bestehen Definitionsprobleme, wobei nicht zu beantworten ist, ob und wann sie zur Frühgeburt führen. Erfolge nach okolyse hängen von der Strenge der Indikationsstellung ab. Grundsätzlich wäre es sinnvoll, mit der medikamentösen herapie zu beginnen, bevor sich Muttermundsveränderungen einstellen, was wiederum impliziert, dass ohne nachweisbare Frühgeburtsveränderungen behandelt wird und die herapie evtl. unnötig ist. Lösung und Alternativen Ziel ist nicht primär die Senkung der Frühgeburtlichkeit, sondern in den frühen Schwangerschaftswochen eine Verlängerung der ragzeit oder mindestens 48 Stunden zu gewinnen, in denen die Lungenreife induziert werden kann. Jede cervixwirksame Wehentätigkeit vor der abgeschlossenen 34. SSW stellt eine grundsätzliche Indikation dar. Die vaginalsonographische Beurteilung der Cervixstruktur und der Cervixlänge (kritische Länge < 2,5 cm) gibt wertvolle Hinweise (> Abb. 1), wobei die V- und U-förmige Aufdehnung des inneren Muttermunds immer eine Indikation zur okolyse darstellen würden. Die ökonomischen Zwänge des Gesundheitssystems erlauben leider nicht mehr die stationäre Ruhigstellung und expektative Beobachtung unter Bettruhe, welche sich durchaus bewährt hatte. Es muss jedoch festge-
okolyse, wann und wie? 197 halten werden, dass die Mortalität bei Geburt in der 24. SSW bis 80 %, in der 30. SSW nur noch 10 % beträgt und somit im mittleren rimenon eine Schwangerschaftsverlängerung dringend angestrebt werden muss. Abb. 1 Bei Amnioninfektionssyndrom, Hypertonie, Plazentainsuffizienz ist eine Wehenhemmung häufig kontraindiziert. Ebenso umstritten ist die Indikation bei belasteter Anamnese, Operationen in der Gravidität, Zustand nach Sectio, Uterus myomatosus, Uterusfehlbildungen, Placenta praevia, Gemini, vorzeitigem Blasensprung ohne Wehen oder beim Abortus imminens. Als okolytika haben sich uns primär Betaadrenergika bewährt, Fenoterol mit dem Perfusor, z. B. 1 mg Partusisten in 500 ml NaCl 0,9 % 60 ropfen / h = 180 ml / h = 0,36 mg Partusisten / h oder 1 mg / 50 ml (2 Amp. Partusisten + 1 Amp. Verapamil) in den Perfusor, beginnend mit 5 ml / h als Bolus, langsam nach Effekt reduzierend. Bei Unverträglichkeit oder Kontraindikation wegen kardialer Risikofaktoren setzen wir Magnesiumsulfat ein 1 g / h, wobei Atmung und Reflexe beobachtet werden müssen. In Ausnahmefällen ist der Oxytocin-Rezeptorantagonist Atosiban (ractocile ) in einer Bolusdosis von 6,75 mg i.v., dann dreistündiger Dau-
198 okolyse, wann und wie? erinfusion von 300 µg / h (Sättigungsdosis) eine äquieffektive, aber extrem teure Alternative (Injektionslösung oder Konzentrat 7,5 mg ~ 112,- ). Pindolol (z. B. Visken ) als selektiver β-adrenozeptor-anatagonist mit partieller agonistischer Aktivität ist in der Schwangerschaft zur Behandlung paroxysmaler achykardien zugelassen, hat im ierversuch und in kleinen klinischen Studien einen guten tokolytischen Effekt. Bei kardialen Nebenwirkungen der Fenoterol-Behandlung kann es indiziert zur Ruhigstellung des Uterus beitragen. okolyseerfolge zwischen 20 und 90 % werden bei nur schlechter Datenlage berichtet, wobei die höchste Effektivität über 24 bis 48 Stunden besteht, schon eine ragzeitverlängerung über 1 Woche ist in Metaanalysen nur als endenz wirksam. Unter der Geburt bestehen Indikationen zur intrauterinen Reanimation, beim Nabelschnurvorfall, drohender Uterusruptur, Armvorfall oder verschleppter Querlage. Mit Zunahme der Prostaglandin-Einleitungen ist eine okolyse bei hyperaktiver, hypertoner und diskoordinierter Wehentätigkeit indiziert. Weiterführende ipps > Übertragung (> 41. SSW); > Wunschsectio; > Prostaglandine in der Geburtshilfe; > Cerclage und / oder Muttermundverschluss Literatur Duley LMM et al. (2002) ocolytic drugs for women in preterm labour. Clinical Guideline No.1(B) Roy Coll Obstet Gynaecol:1 7 Friese K (2000) Atosiban zur Wehenhemmung. Dtsch Ärzteblatt 97:2877 2878 Grospietsch G (1993) Stellenwert der Cerclage und okolyse. Sem Frauenarzt 345 347 Lede R, Duley L (2005) Uterine muscle relaxant drugs for threatened miscarriage. he Cochrane Database of Systematic Reviews. www.cochrane.org/reviews/en/ab002857.html Maul H, Winkler M, Rath W (2000) Klinische Erfahrungen mit Atosiban. Dtsch Ärzteblatt 97:2878 2881
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