Türkischsprachige Migranten und Glücksspielsucht

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Transkript:

Türkischsprachige Migranten und Glücksspielsucht Abuzer Cevik Dipl.Soz.Päd., Suchttherapeut - TF(VDR) KODROBS Süderelbe/Wilhelmsburg FACHTAGUNG MIGRATION UND SUCHT DZSK J UKE AM 21.9.2016

In meiner Präsentation geht es um männliche und türkischsprachige Klienten und deren Angehörige. Meine Aussagen beziehen sich daher auf eine bestimmte Zielgruppe mit einem bestimmten sozio-kulturellen Hintergrund und sollten nicht als allgemeingültige Äußerungen verstanden werden.

Gliederung Einflussfaktoren Auswertung der intern durchgeführten Studie Schlussfolgerung

Mögliche Ursachen für Glücksspielsucht Sehr früher Verlust eines Elternteils (meistens der Vater) Psychische oder physische Gewalterfahrungen (meistens durch den Vater, Onkel) Suchtproblematiken von Familienmitgliedern oder Elternteilen Soziale Ausgeschlossenheit auf Grund eines Migrationshintergrunds Kriegserlebnisse Akute Lebenskrisen (Verlusterlebnisse durch Tod, Unfall, Krankheit, Arbeitsstress, Familiärer Stress) Quelle: www.spielsucht-therapie.de/ursachen-von-spielsucht

Einflussfaktoren Negative Aspekte der Migration Migration als einschneidendes Lebensereignis: Wechsel aus einer familiär-kollektivistischen in eine individualistische Gesellschaft wie Deutschland Verlust der sozialen Bindungen Wegfall der sozialen Kontrolle Verlust des sozialen Status Verlust des beruflichen Status Finanzieller Erwartungsdruck der Herkunftsfamilie One-Way-Ticket ( Es gibt kein Zurück )

Einflussfaktoren Familiäre Situation Unglückliche, arrangierte Ehen (innerfamiliäre Ehen) Konfliktreicher Alltag in der Familie Überforderung in der Erziehung der Kinder und Jugendlichen Große Familien in kleinen Wohnungen Männer unter sich (draußen), Frauen unter sich (drinnen)

Einflussfaktoren Soziale Situation Eine andere Freizeitgestaltung: mit Kollegen unterwegs sein Viele Spielhallen befinden sich in sozialen Brennpunkten mit hohem Migrant_innenanteil Bildungsarmut Arbeitslosigkeit Diskriminierungserfahrung Spielkultur als gesellschaftlich anerkanntes Spielen Risikolust und -verhalten

Einflussfaktoren Familienzusammenführung Importbräutigame Verlust des Selbstwertes oder Selbstwertgefühls Sprachbarriere Finanzielle und soziale Abhängigkeit von der Ehefrau Fehlende Anerkennung durch die angeheiratete Familie Der Rollenkonflikt des Mannes Das Gefühl des Alleinseins

Glücksspiel Die Spielsucht kann im Vergleich zu Alkohol- und Drogenkonsum länger geheim gehalten werden Freunde/Bekannte trifft man in der Teestube oder Spielhalle Das Gefühl des Willkommenseins in den Spielhallen Die Möglichkeit die finanzielle Abhängigkeit zu beenden Symbiose mit den Automaten Stressabbau, Flucht Als Versuch zur Selbstwertsteigerung

Nun die Zwischenauswertung meiner intern durchgeführten Studie.

Befinden Sie sich in einem Arbeitsverhältnis? Ja 42% Nein 58%

Bewerten Sie Ihre deutschen Sprachkenntnisse gut 26% sehr gut 21% befriedigend 32% ausreichend 21%

Ist außer Ihnen jemand in Ihrer Familie süchtig? Ja 26% Nein 37% k.a. 37%

Waren Ihre Eltern in Ihrer Erziehung streng? (1: sehr streng, 5: gar nicht streng) sehr streng 52,6 100% gar nicht 31,6 100% Datenreihen1 streng 5,3 100% mittel 0 0% wenig 5,3 100% k.a. 5,3

Haben Sie Gewalterfahrungen in Ihrer Familie? Ja 53% k.a. 5% Nein 42%

Wie sind Sie aufgewachsen? mit Mutter und Vater 53% bei Großeltern 5% ohne Eltern 5% nur mit der Mutter 37%

Haben Sie einen Beruf erlernt? Ja 21% Nein 79%

Wie sind Sie nach Deutschland gekommen? 47% als Erwachsener als Kind von Migranten in Deutschland geboren 20% 20% als Kind von Migranten alleine migriert mit einem Elternteil migriert mit Eltern migriert 7% 7% ohne Eltern als Kind migriert

Welche Faktoren haben eine Rolle gespielt, dass Sie süchtig geworden sind? anderes Geld gewinnen Verführung Arbeitslosigkeit Stress Neugier Abschalten Erster Gewinn Freunde Ehe 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Schlussfolgerung Interkulturelles Beratungsangebot: Beratungsarbeit mit Familien Beratungsarbeit in der Muttersprache oder mit Dolmetschern Behandlungswunsch im ambulanten Setting Berücksichtigung der familiär-kollektivistischen Denkweise (alles zum Wohle der Familie) Von der Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung Beziehungsangebot vor dem Arbeitsauftrag

Vielen Dank! Abuzer Cevik Dipl.Soz.Päd., Suchttherapeut - TF(VDR) KODROBS Süderelbe/Wilhelmsburg abuzer.cevik@jhj.de www.jugend-hilft-jugend.de