PRÜFEN UND MESSEN TESTING AND MEASURING Lebensdauer Bauteilprüfung Prüfzeitverkürzung Omission Rainflow- Filterung Erzeugung von Prüfsignalen Lebensdauerprüfungen gehören bei Elastomerbauteilen in sicherheitsrelevanten Anwendungen fest zum Entwicklungsablauf. Vorgestellt wird ein Verfahren, die Rainflow-Filterung, mit dem sich Prüfzeiten deutlich reduzieren lassen. Hierzu werden aus einem Belastungszeitsignal nicht schädigungsrelevante Anteile entfernt, wodurch sich die Signallänge verkürzt. Dargestellt wird das Vorgehen bei der Filterung sowie die anschließende Erzeugung eines Prüfsignals aus der gefilterten Sequenz des Originalsignals. Es wird diskutiert, welchen Einfluss die Rainflow-Filterung auf den Schädigungsgehalt eines stochastischen Signals hat und welche Zeitersparnis erreicht werden kann. Anhand von Prüfergebnissen rainflow gefilterter Signale wird die Anwendbarkeit dieser Methode für Elastomerbauteile gezeigt. Application of Rainflow-Filtering for building omitted test signals for rubber parts methodology and test based investigation Lifetime Part testing Reduction of test time Omission Rainflow-Filtering Building of test signals Lifetime testing belongs to the product development of rubber parts, especially if these parts are used in safety relevant applications. A methodology, called Rainflow-Filtering, is presented, which can reduce the test time significantly. In this small and not damage relevant load cycles are removed from the load signal and thus, the signal is shortened. The filtering process and the following building of the test signal are explained. The influence of Rainflow-Filtering to the damage caused by a stochastic signal is discussed and it is shown, which time reduction can be achieved. From experiments, the applicability of this method for rubber parts is confirmed. Einsatz der Rainflow-Filterung zur Erzeugung von omittierten Prüfsignalen für Elastomerbauteile Verfahren und prüftechnische Untersuchung Elastomerbauteile werden in allen Bereichen des Maschinenbaus eingesetzt. Dies betrifft auch sicherheitsrelevante Bereiche, z. B. Lagerelemente in Pkw-Fahrwerken oder Federungen in Eisenbahndrehgestellen. Typischerweise unterliegen derart eingesetzte Bauteile im Betrieb dynamischen Belastungen. Die hieraus resultierenden Beanspruchungen können bei ausreichender Größe und Häufigkeit Schäden im Material hervorrufen, was bis zum Versagen der Bauteile führen kann. Demzufolge ist die betriebsfeste Auslegung und deren Nachweis ein wichtiger Punkt in der Bauteilentwicklung. Da rechnerische Betriebsfestigkeitsvorhersagen für Elastomerbauteile nach dem derzeitigen Stand der Technik noch mit größeren Unsicherheiten behaftet sind, ist eine versuchstechnische Erprobung elementarer Bestandteil im Entwicklungsprozess. Gebrauchsdauern, die oft mehrere Jahre betragen können, machen jedoch klar, dass Prüfungen unter exakter Nachstellung realer Betriebssituationen nur in seltenen Fällen möglich und wirtschaftlich vertretbar sind. Auf der anderen Seite stoßen Blockprüfungen oder Prüfungen mit rein harmonischer Belastung auf wenig Akzeptanz, da Prüfungen mit derartigen Signalen die Belastungssituation während des eigentlichen Gebrauchs nur unzureichend wiedergeben und folglich nur vergleichende Aussagen zwischen verschiedenen Bauteilen oder Varianten liefern können. Um reale Belastungssituationen im Labor nachzustellen, müssen daher geeignete Methoden zur Prüfzeitverkürzung herangezogen werden, die auf Messdaten des Feldeinsatzes oder entsprechenden Simulationsergebnissen basieren. Die bei der Prüfung von Metallbauteilen eingesetzten Verfahren können in der Regel nicht auf Elastomerbauteile übertragen werden. Eine Prüfung mit erhöhten Amplituden scheidet aus, da aufgrund des nichtlinearen Materialverhaltens bei Elastomeren kein direkter Zusammenhang von äußerer Belastung und innerer Beanspruchung gegeben ist. Eine Zeitverkürzung durch Anheben der Prüffrequenz kann ebenfalls nicht angewendet werden, da es aufgrund der Materialdämpfung zu einer Temperaturerhöhung des Bauteils kommt, was die Lebensdauer beeinflussen kann [1, 2]. Ein für Elastomere geeignetes Verfahren stellt die Rainflow-Filterung dar, bei der Schwingspiele mit geringem Schädigungsanteil aus einem Belastungssignal entfernt werden [3, 4]. Dies führt zu Prüfsignalen, die nur die schädigungsrelevanten Anteile enthalten und somit in kürzerer Zeit abgeprüft werden können. Für diese Methode der Prüfzeitverkürzung ist es unerheblich, ob Wege oder Kräfte als Belastung betrachtet werden, da es sich bei der Rainflow-Filterung um ein Verfahren der Signalbearbeitung handelt, das keinen physikalischen Hintergrund erfordert. Allgemein wird das Entfernen von Anteilen aus einem Signal als Omission bezeichnet. Verfahren der Rainflow-Filterung Neben dem Ûberschreiten der Zugfestigkeit können auch schwingende Beanspruchungen zum Werkstoffversagen führen, wenn sie mit genügender Häufigkeit auftreten und oberhalb der Dauerfestigkeitsgrenze liegen [1, 5]. Die zum Versagen erforderliche Anzahl an Schwingspielen richtet sich dabei nach der Beanspruchungsamplitude, wobei dieser Zusammenhang T. Steinweger, M. Flamm, U. Weltin, Hamburg Korrespondenz: Dipl.-Ing. Thomas Steinweger Technische Universität Hamburg-Harburg Arbeitsbereich Mechanik 1 Schwarzenbergstr. 95 21073 Hamburg KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 57. Jahrgang, Nr. 6/2004 293
durch die Wöhlerlinie gegeben ist. Im logarithmischen Maßstab dargestellt weist die Wöhlerlinie über einen weiten Bereich einen linearen Verlauf auf, der durch die Zeitfestigkeitsgeraden beschreiben wird. Dieses Verhalten ist auch bei Elastomeren festzustellen, wobei für Elastomere kein Ûbergang in eine Dauerfestigkeit ausgemacht werden kann [6, 7]. Aus dem Verlauf der Zeitfestigkeitsgeraden folgt, dass die Schädigung für Schwingspiele mit kleinen Amplituden exponentiell abnimmt. Das Entfernen kleiner Schwingspiele aus einem stochastischen Signal ändert folglich die Gesamtschädigung des Signals nur unwesentlich, sofern nicht durch die Häufigkeit kleiner Schwingspiele ein entsprechender Schädigungsbeitrag erbracht wird. Im Normalfall einer stochastischen Belastung ist dies jedoch nicht der Fall. Dem nur leicht veränderten Schädigungsgehalt eines gefilterten Signals steht eine merkliche Kürzung der Signallänge gegenüber, was bei entsprechend häufigen Signalwiederholungen in Lebensdauerprüfungen zu einer deutlichen Reduzierung der Prüfzeit führt. Die Schritte der Rainflow-Filterung zeigt Abb. 1. Betrachtet wird ein Zeitausschnitt eines stochastischen Signals, das hier in blau dargestellt ist. Da in der klassischen Betriebsfestigkeit nur Größe und Häufigkeit von Schwingspielen betrachtet werden und die Bahnkurve selbst keine Beachtung findet, ist es ausreichend, nur die lokalen Maximal- und Minimalwerte zu betrachten [5]. In Abb. 1 sind diese Extremwerte für das betrachtete Signal durch grüne Kreuze gekennzeichnet. Alle für die Schädigung des Signals relevanten Informationen sind in dieser Folge der Umkehrpunkte enthalten. Die eigentliche Filterung erfolgt in den Umkehrpunkten. Dazu wird jeweils die Differenz der aufeinanderfolgenden Umkehrpunkte betrachtet. Liegt diese unterhalb eines vorzugebenen Grenzwertes, werden beide Punkte aus der Folge entfernt. Nach diesem Prozess verbleiben nur noch Schwingspiele oberhalb der vorgegebenen Mindestbreite im Signal, wobei die zeitliche Reihenfolge gegenüber dem Originalsignal unverändert ist. Somit bleibt auch die Signalcharakteristik erhalten. Das Ergebnis einer Rainflow-Filterung ist in Abb. 1 durch den roten Verlauf gezeigt. Erzeugung kontinuierlicher Prüfsignale Die üblicherweise im Rahmen von Lebensdauerprüfungen eingesetzten Prüfmaschinen erfordern die Vorgabe von kontinuierlichen oder entsprechend diskretisierten Zeitsignalen. Die gefilterte Folge der Umkehrpunkte ist daher zunächst in einem weiteren Verfahrensschritt in ein entsprechendes Signal umzuwandeln. Eine Möglichkeit dazu bildet das Einfügen von Zwischenwerten, die über eine Interpolationsfunktion errechnet werden können. Hierfür eignen sich alle Funktionen, die an den Umkehrpunkten zu stetigen und differenzierbaren Ûbergängen führen. Eine sehr effektive Interpolation kann mit Halbwellen der cos 2 -Funktion nach Gl. 1 erreicht werden xðtþ ¼ x i þ a i cos 2 ð2pf tþ: ð1þ Gegenüber der rein harmonischen Funktion benötigt dieser Ansatz nur die halbe Zeit zum Abfahren einer Schwinghalbwelle. Diese Zeit ist für den Ansatz nach Gl. 1 ausschließlich von der gewählten Grundfrequenz f abhängig und beträgt T ¼ 1 ð4fþ. Die Amplitude a i des zugehörigen Schwingspiels ergibt sich direkt aus den zu verbindenden Umkehrpunkten nach a i ¼ Dx i ¼ x iþ1 x i : ð2þ Da die zeitliche Länge des Prüfsignals durch die Dauer der Halbwellen und damit von der Frequenz bestimmt wird, ist es naheliegend, diese so hoch wie möglich anzusetzen. Dabei bildet die maximal erreichbare Geschwindigkeit der im Prüfstand eingesetzten Aktuatoren eine Grenze. Wird für die Interpolation Gl. 1 benutzt, ergibt sich die Signalgeschwindigkeit nach vðtþ ¼ 4pf a i cosð2pf tþ sinð2pf tþ; ð3þ und die Maximalgeschwindigkeit liegt bei v max ¼ 2pf a i : ð4þ Somit kann über die Prüffrequenz f nach Gl. 4 die Signalgeschwindigkeit auf die verwendete Aktuatorik eingestellt werden, und es entsteht ein Signal, das die maximale Geschwindigkeit des Prüfstands optimal ausnutzt. Weiter eingeschränkt wird die Frequenzwahl durch die Eigenfrequenzen des Prüfstands. Kommt es zu einer Anregung durch das Prüfsignal, treten Resonanzerscheinungen auf, die sich auf die Belastung des Bauteils auswirken können und zusätzlich auch die Prüfmaschine belasten. Beachtet werden sollte aufgrund des Temperatureinflusses auf die Lebensdauer auch die Bauteiltemperatur während der Prüfung. Speziell bei Prüfungen mit omittierten Signalen kann die Temperatur schnell in hohe Bereiche steigen, da im Prüfsignal keine Ruhephasen mehr enthalten sind, in denen sich das Bauteil abkühlen kann. Hervorgerufen wird die Erwärmung durch die dissipierte Energie, und der Energieeintrag in das Bauteil während der Prüfung ist um so höher, je schneller das Signal abgefahren wird. Da zwischen Signalgeschwindigkeit und Frequenz ein direkter Zusammenhang besteht (Gl. 3), bietet die Frequenz eine gute Möglichkeit, die Bauteiltemperatur während der Prüfung zu beeinflussen. Die Vorhersage der sich einstellenden Temperatur und damit eine gezielte Auswahl der Frequenz ist jedoch nicht ohne weiteres möglich. Im Regelfall kann daher eine Beurteilung der Bauteiltemperatur erst während der Prüfung erfolgen. Signalverkürzung und Signalschädigung bei Rainflow-Filterung Die zu erreichende Signalverkürzung ist durch die Anzahl der omittierten Schwingspiele festgelegt. Da diese neben dem Grenzwert, unterhalb dem Schwingspiele entfernt werden, auch von der Häufigkeitsverteilung der Schwingamplituden im Signal abhängig ist, ist die zu erzielende Reduzierung für jedes Signal individuell. Bei Maschinen im Dauereinsatz liegt unter stochastischer Belastung typischerweise eine Häufung der Schwingspiele im Bereich kleiner bis mittleren Amplituden vor. Dementsprechend führt bereits eine Rainflow-Filterung mit nur kleiner Omission durch die Auftretenshäufigkeit dieser Anteile im Belastungszeitverlauf zu einer deutlichen Signalverkürzung. Auf der anderen Seite wird der Schädigungsgehalt im Signal aufgrund des Wöhlerverhaltens durch die Omission weit weniger beeinflusst. Diesen Sachverhalt zeigt Abb. 2 an einem Beispiel, dem eine Belastungsmessung an einem Eisenbahndrehgestell zugrunde liegt. Dargestellt ist die Länge eines mit Rainflow-Filterung und der zuvor beschriebenen Rekonstruktion erzeugten Prüfsignals in Abhängigkeit der omittierten Schwingbreite. Bereits bei geringer Omission, hier angegeben als prozentualer Wert der größten Schwingbreite im Messsignal, tritt eine extreme Verkürzung gegenüber der 294 KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 57. Jahrgang, Nr. 6/2004
Abb. 1. Schritte der Rainflow-Filterung Abb. 2. Signalverkürzung und Schädigungsverlauf bei Rainflow-Filterung Abb. 3. Prüfsignale in verschieden omittierten Stufen Originallänge der Messung ein. Die zugehörige Signalschädigung wurde rechnerisch nach dem Nennkonzept der Betriebsfestigkeit [5] mit der linearen Schadensakkumulation nach Miner [8] ermittelt und auf die Schädigung des nicht omittierten Originalsignals bezogen. Für die Schädigungsrechnung wurde das jeweilige Prüfsignal über eine Rainflow-Zählung klassiert und jede Beanspruchungsklasse wurde mit der zugehörigen Beanspruchbarkeit aus einem vorliegenden Haigh-Diagramm [6] eines Elastomers aus rußgefülltem Naturkautschuk gewichtet. Die Anwendbarkeit der Schadensakkumulation nach Miner für Elastomere wurde von Flamm gezeigt [1, 9]. Im betrachteten Beispiel lässt sich eine Signalverkürzung von 43% erreichen, wenn die Signalschädigung gegenüber dem Originalsignal um nur 1% reduziert wird. Welche Ønderung der Schädigung zugelassen werden kann, ist im Einzelfall zu entscheiden. Ggf. muss über eine Schädigungsrechnung des Originalsignals gezeigt werden, welcher Fehler durch die ausgeführte Omission zu erwarten ist. Eine weitere Einsparung an Prüfzeit lässt sich erzielen, wenn die Signalschädigung stärker reduziert werden kann. Um in diesem Fall eine dem Originalsignal äquivalente Schädigung am Bauteil hervorzurufen, müssen die entfernten Schädigungsanteile in geeigneter Form kompensiert werden, was durch eine erhöhte Anzahl an Wiederholungen des Prüfsignals erfolgen kann. Dieses Vorgehen führt allerdings zu einer Verlagerung von Schädigungsanteilen aus dem omittierten Amplitudenbereich in den Bereich größerer Amplituden, und es ist zu prüfen, ob dies den Schädigungsmechanismus des Bauteils beeinflusst. Hierzu kann der Ort der höchsten Beanspruchung im Bauteil herangezogen werden, der sich bei größer werdender Amplitude nicht verlagern darf. Alternativ können Prüfungen in verschieden starken Omissionen durchgeführt werden. Zeigen die Prüfresultate in allen Omissionsstufen ein gleiches Verhalten wie der rechnerisch ermittelte Schädigungsgehalt der Signale, kann von einem unveränderten Schädigungsmechanismus ausgegangen werden. Ûber Schädigungsrechnungen kann auch die Anzahl der zusätzlich erforderli- KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 57. Jahrgang, Nr. 6/2004 295
Abb. 4. Rainflow-Zählungen der Prüfsignale Abb. 5. Signalwiederholungen der untersuchten Omissionsstufen chen Signalwiederholungen bestimmt werden. Prüftechnische Untersuchung Zur Untersuchung der Rainflow-Filterung wurden Lebensdauerprüfungen an taillierten Puffern aus Naturkautschuk mit Rußfüllung durchgeführt. Dazu wurden mit dem Verfahren der Rainflow-Filterung 5 Prüfsignale in verschiedenen Abstufungen von 50% bis 99% Schädigungsgehalt gegenüber der Schädigung des Ausgangssignals erzeugt. Mit diesen Signalen wurden die Proben auf einer servohydraulischen Prüfmaschine periodisch bis zum Versagen beaufschlagt, wobei die Anzahl der erforderlichen Signalwiederholungen Abb. 6. Prüfzeiten der untersuchten Signale als Bezugsmaß für die Lebensdauer erfasst wurde. Abb. 3 zeigt den gemessenen Belastungsverlauf als Ausgangszustand und die daraus abgeleiteten Prüfsignale. Die zugehörigen Rainflow-Zählungen der Signale sind in Abb. 4 dargestellt. Hier ist gut zu erkennen, wie durch die Rainflow-Filterung bei zunehmender Omission (Stufe 5 ¼ höchste Omission) ein immer größer werdender Amplitudenbereich entfernt wird. Die Versuche wurden jeweils mit 6 Einzelproben in paralleler Anordnung in der Prüfmaschine durchgeführt. Abb. 5 zeigt die bis zum Schaden erforderliche Anzahl der Signalwiederholungen, wobei der Balken den arithmetischen Mittelwert der 6 Proben angibt und die Streubreite der einzelnen Proben durch eine blaue Linie gekennzeichnet ist. Neben diesen Angaben ist zusätzlich noch als schwarzes Kreuz der rechnerisch zu erwartende Wert eingetragen, der wie oben beschreiben über eine Schädigungsrechnung ermittelt wurde. Die durch die unterschiedlichen zeitlichen Längen der Signale resultierenden Prüfzeiten sind in Abb. 6 verdeutlicht. In beiden Abbildungen sind zusätzlich die rechnerischen Angaben für das Originalsignal aufgeführt, das aufgrund der zu erwartenden hohen Prüfzeit nicht getestet wurde. Im Vergleich der Signalwiederholungen (Abb. 5) des Originalsignals mit den Stufen 1 3 ist nur ein sehr geringfügiger Anstieg feststellbar. Dieses Verhalten entspricht dem Schädigungsgehalt dieser Omissionsstufen, der 99%, 95% bzw. 90% des Originalsignals entspricht. Aufgrund der nur geringfügigen Ønderung der Schädigung führt dies zu ähnlichen Zyklenzahlen bis zum Versagen. Deutliche Unterschiede treten hingegen in der absoluten Prüfzeit auf (vgl. Abb. 6), die bis zu 75% kürzer gegenüber dem nicht omittierten Originalsignal ausfällt. Die Omissionsstufen 4 und 5 sind mit einem Schädigungsgehalt von 70% bzw. 50% ausgeführt, was zu einem Anstieg der Signalwiederholungen führt, um die entfernten Schädigungsanteile zu kompensieren. In Stufe 5 beträgt die Signallänge etwa 5% der ursprünglichen Signallänge, so dass bei der hier erforderlichen doppelten Anzahl an Signaldurchläufen eine Zeitersparnis von 90% gegenüber einer Prüfung mit dem Originalsignal erzielt wird. 296 KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 57. Jahrgang, Nr. 6/2004
Diskussion Die rechnerisch ermittelten Schädigungen bzw. die darüber prognostizierten Prüfzeiten decken sich sehr gut mit den Prüfergebnissen. Da dies in allen Omissionsstufen zutrifft, kann davon ausgegangen werden, dass die durchgeführte Schädigungsrechnung mit der linearen Schadensakkumulation nach Miner unter Anwendung einer Rainflow-Zählung und Gewichtung gegen ein Haigh-Diagramm des eingesetzten Werkstoffs das Schädigungsverhalten sehr gut beschreibt. Weiterhin kann aus der guten Ûbereinstimmung in allen Stufen gefolgert werden, dass der Schädigungsmechanismus durch die Rainflow- Filterung nicht beeinflusst wurde. Als weiteren Beleg hierfür können auch die Schädigungsbilder der Proben herangezogen werden, die für alle Omissionsstufen gleich ausfallen. Zusammen zeigt dies, dass die Rainflow-Filterung als Omissionsverfahren für Elastomere einsetzbar ist. Insbesondere wurde mit den Stufen 4 und 5 auch gezeigt, dass bei der Prüfung von Elastomeren größere Ønderungen im Schädigungsgehalt zugelassen werden können, sofern sich der Schädigungsmechanismus im Bauteil nicht verändert und die entfernten Anteile durch entsprechend häufigere Signalwiederholungen ausgeglichen werden. Zusammenfassung Die Rainflow-Filterung stellt ein Verfahren zur Prüfzeitverkürzung bei der Bauteilprüfung mit realen Belastungsdaten aus Messungen oder Simulationen dar, das die besonderen Gegebenheiten von Elastomeren berücksichtigt. Die Zeitreduzierung basiert auf dem Entfernen von kleinen, typischerweise nicht schädigungsrelevanten Schwingspielen aus dem originalen Belastungszeitverlauf. Durchgeführt wird die Filterung direkt im Zeitsignal anhand der lokalen Extremwerte. Somit entspricht dieses Verfahren dem Ansatz der klassischen Betriebsfestigkeit, die nur Häufigkeit und Größe von Schwingspielen, nicht aber deren Bahnkurve betrachtet. Da bei dieser Art der Filterung die zeitliche Reihenfolge der Schwingspiele unverändert bleibt, bleibt auch die grundlegende Signalcharakteristik im Prüfsignal erhalten. Bei der Konstruktion des Prüfsignals können zusätzlich die Eigenschaften des Prüfstandes berücksichtigt werden, so dass Prüfsignale entstehen, die am Prüfstand realisierbar sind und störende Resonanzen im Prüfaufbau vermeiden. Eine Analyse des Verfahrens anhand eines realen Messsignals zeigt, dass bereits bei sehr geringen Omissionen, die den Schädigungsgehalt nur geringfügig ändern, deutliche Zeitverkürzungen eintreten, die weit mehr als 50% gegenüber der ursprünglichen Signallänge betragen können. Unter bestimmten Voraussetzungen lassen sich noch größere Reduzierungen durch größere Ønderungen der Signalschädigung erreichen. Hierbei muss sichergestellt sein, dass der Schädigungsmechanismus im Bauteil unverändert bleibt und die omittierten Schädigungsanteile müssen in geeigneter Form kompensiert werden, z. B. durch häufigere Signalwiederholungen. Die Anwendbarkeit des vorgestellten Verfahrens auf Elastomere wurde in einer prüftechnischen Untersuchung gezeigt. Hierzu wurden Probekörper mit Signalen in verschiedenen Omissionsstufen geprüft. Dabei konnte keine Ønderung im Schädigungsmechanismus ausgemacht werden. Die erzielten Prüfergebnisse decken sich mit parallel dazu durchgeführten Schädigungsrechungen. Literatur [1] M. Flamm: Dissertation, TU Hamburg-Harburg (2003). [2] W. Platt: Dissertation, RWTH Aachen (2002). [3] T. Steinweger, M. Flamm, U. Weltin: Elastomere im Automobilbau, VDI-Verlag, Düsseldorf (2003) 37. [4] T. Steinweger, M. Flamm, U. Weltin: Constitutive Models for Rubber III, Balkema Publ., Lisse (2003) 27. [5] O. Buxbaum: Betriebsfestigkeit Sichere und wirtschaftliche Bemessung schwingbruchgefährdeter Bauteile, Verlag Stahleisen, Düsseldorf (1988). [6] T. Steinweger: Tagung Elastische Lagerungen im Automobilbau, Essen (2002). [7] S. M. Catwell, R. A. Merril, C. M. Sloman, F. L. Yost: Industrial and Engineering Chemistry 12 (1940) 19. [8] M. A. Miner: Journal of Applied Mechanics 6 (1945) 159. [9] M. Flamm, T. Steinweger, U. Weltin: Kautschuk Gummi Kunststoffe 55 (2002) 665. Die Autoren Dipl.-Ing. Thomas Steinweger ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Mechanik I der TU Hamburg-Harburg, Prof. Dr.-Ing. Uwe Weltin ist Leiter dieses Arbeitsbereiches. Dr.-Ing. Martin Flamm ist als Freiberufler auf dem Gebiet der Betriebslastenmessung, Prüfung und Auslegung von Elastomerbauteilen tätig und ehemaliger Mitarbeiter dieses Arbeitsbereiches. KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 57. Jahrgang, Nr. 6/2004 297