Sicherheitstechnische Bewertung der Reaktionskinetik und abgeleitete technische Maßnahmen siemens.com/answers
Einleitung 2 Sichere Prozesse 3 Kinetik 5 Beispiel Mikro 6 Beispiel SET 9 Kenndaten 12 Fazit 24
Ansätze für die Entwicklung von Schutzkonzepten Ziel: Schutz von Betriebseinrichtungen, Umwelt und Mitarbeitern Verhindern unerwünschter Szenarien durch inhärent sichere Verfahren durch Prozesskontrolle (z.b. Temperatur) Sichere Prozesse Kinetik Beispiel Mikro Beispiel SET Beherrschen unerwünschter Szenarien durch Druckfestigkeit durch Druckbegrenzung durch Temperaturbegrenzung Verfahrensschritte müssen sicher beherrschbar sein
Relevante Gefährdungen für die Sicherheit von Prozessen Gefährdung ergeben sich aus unzulässigen Temperaturen infolge freigesetzter Reaktionswärme Sichere Prozesse Kinetik Beispiel Mikro Beispiel SET unzulässigen Drücken infolge Bildung gasförmiger Komponenten Einstellung von Dampfdruck thermischer Expansion der Gasphase Kenntnis der zugrundeliegenden Vorgänge ist die Basis von Schutzkonzepten
Kinetische Basis in der Prozesssicherheit Formalkinetischer Reaktionsgeschwindigkeitsansatz und Wärmeproduktion A B C r k0 e c Q r H RT Ea n a c V mit r Reaktionsgeschwindigkeit k c 0 Ea i n, m Q H V R R m b Frequenzfaktor Aktivierungsenergie Konzentrationen Reaktionsordnungen Wärmeproduktionsrate Reaktionswärme Reaktionsvolumen Sichere Prozesse Kinetik Beispiel Mikro Beispiel SET
Praktisches Beispiel thermisch sensible Reaktion r k C e Ea,c RT A + B C c c a b D r D k D e E a,d RT c ( c c a, b ) Sichere Prozesse Kinetik Beispiel Mikro Beispiel SET r k e E E E a,e RT c c a b E Die Aktivierungsenergien Ea bestimmen die thermische Sensibilität der Reaktionen Typische Praxisbeispiele: Neben- oder Zerfallsreaktionen haben höhere Ea als Sollreaktion Temperaturerhöhung beschleunigt unerwünschte Reaktionen Kurze Dosierzeiten führen zur Akkumulation von Edukten & Zwischenprodukten Gefahr bei Reaktionen mit hoher Ea
Thermisch sensible Reaktion im Mikroreaktor Einfluss der Aktivierungsenergie T / K 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 residence time / min E a = 0 kj/mol E a = 30 kj/mol E a = 60 kj/mol E a = 90 kj/mol E a = 120 kj/mol Q A T Q r H V r k Wärmeübertragung = 0.8 MW/m³K 800 W/kgK r 0 c a,b H T ad 0 e RT Ea = 0.105 l/mols = 1.00 bzw. 1.05 mol/l = 100 kj/mol = 58 K c a c b t r, isotherm. approx. 2.1 min Sichere Prozesse Kinetik Beispiel Mikro Beispiel SET
Thermisch sensible Reaktion im Mikroreaktor Einfluss der Wärmeabfuhrleistung T / K 60 50 40 30 0.05 MW/m³K 0.10 MW/m³K 0.20 MW/m³K 0.40 MW/m³K 0.80 MW/m³K 2.00 MW/m³K 5.00 MW/m³K E a r 0 = 60 kj/mol = 0.105 l/mols c a,b = 1.00 bzw. 1.05 mol/l H = 100 kj/mol T ad = 58K Sichere Prozesse Kinetik Beispiel Mikro Beispiel SET 20 10 0 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 t / min
Isoperiboler Drahtkorb Messaufbau Experimente im Drahtkorb zur Bestimmung des Selbstentzündungsverhaltens Trockenschrank T Sichere Prozesse Kinetik Beispiel Mikro Beispiel SET T Drahtkorb mit Probe
Isoperiboler Drahtkorb Ermittlung der Selbstentzündungstemperatur Selbstentzündungsverhalten Durchgehen der Reaktion hängt von der Umgebungstemperatur ab Spezifische Wärmeabfuhr ist volumenabhängig Isoperiboles Experiment ist für kinetische Auswertung sehr aufwendig Aber: Reaktionkinetische Auswertung und intelligente Übertragung auf technische Bedingungen durch adiabate Experimente gut möglich Temperatur [ C] 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 186 C 2 6 10 14 18 22 26 Zeit [h] T T 184 C 182 C Sichere Prozesse Kinetik Beispiel Mikro Beispiel SET
Einleitung 3 Kenndaten 11 TRAS 410 12 Methoden 13 Fazit 24
TRAS 410: Erkennen und Beherrschen exothermer chemischer Reaktionen Wesentliche Kenngrößen der beteiligten Stoffe und Apparate Reaktionsenthalpie der gewünschten Reaktion sowie möglicher Folgereaktionen Wärmeproduktionsgeschwindigkeit (als Funktion der Temperatur) Gasentwicklungsrate bei Reaktion und Zersetzung Grenztemperatur T exo für die thermische Stabilität der beteiligten Stoffe und Gemische Wärmeabfuhrleistung der Apparate TRAS 410 Methoden Wesentliche Größen ergeben sich aus der chemischen Reaktionskinetik
Differenzthermoanalyse (DTA/DSC) als Screeningverfahren Probe Referenz Ofen T Probe-Referenz + Kurze Messdauer + Kostengünstige Untersuchung + Ressourcen sparende Probenmenge + Ermittlung von Enthalpien TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP T Ofen - Große Sicherheitsabschläge Grenztemperatur T exo (100 K-Regel) - Keine detaillierten Daten aufgrund einfacher Testverfahren (z.b. keine Informationen zur tatsächlichen Wärmeproduktion, keine Aussagen zum Druck) - Statistische Probennahme bei heterogenen Systemen/Substanzen schwierig, aufgrund geringer Einwaage für die Messungen
Adiabatischer Wärmestau für thermische Stabilität von Stoffen Aluminiumblockofen Block oven (Aluminium) Probe (ca. 100 g) Dewar N 2 p T T Autoklav V = 0,75 L + Umfangreiche und belastbare Daten: + Aussagen zur Wärmeproduktionsrate + Aussagen zum Druckanstiegsrate + Ermittlung kinetischer Parameter (z.b. Aktivierungsenergie) + Ermittlung von adiabatischen Induktionszeiten Aufgrund der umfangreicheren Datenlage ist in der Regel eine höhere Grenztemperatur T exo als aus DSC-Messungen möglich. - Höherer Probenbedarf (ab ca. 100 g) - Längere Versuchsdauer (mehrere Tage) - Größeres Gefährdungspotential: Druckfester Autoklav und Autoklavenkammer notwendig TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP
Thermische Stabilität von Stoffen und Chemische Reaktionen TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP
Thermische Stabilität von Stoffen und Chemische Reaktionen TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP
Thermische Stabilität von Stoffen und Chemische Reaktionen TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP
Adiabatisches Reaktionskalorimeter für durchgehende chemische Reaktionen +Kleiner Phi-Faktor = Übertragbarkeit auf große Reaktoren + Umfangreiche und belastbare Daten: + Ermittlung kinetischer Parameter wie Aktivierungsenergie, Wärmeproduktionsrate + Ermittlung der Gasproduktionsrate + Direkte Messung von Maximalwerten wie T max, p max + Direkte Messung der kinetischen Daten für die Auslegung von Druckentlastungseinrichtungen nach DIERS + Kurze Versuchsdauer (Minuten bis Stunden) Aufgrund der umfangreicheren Datenlage ist in der Regel eine höhere Grenztemperatur T exo als aus DSC-Messungen möglich. - Höherer Probenbedarf (50 bis 100 ml) - Hohes Gefährdungspotential: Druckfester Autoklav und Autoklavenkammer notwendig TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP
Spezialauslegungsfall Durchgehende chemische Reaktion (2) Beispiel einer durchgehenden Reaktion 200 150 Temperatur [ C] 100 Ofen 50 8 7 6 5 4 3 2 Druck [bar] TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP Probe Druck 0 0 50 100 150 200 250 300 Zeit [min] 1 0
Spezialauslegungsfall Durchgehende chemische Reaktion (3) 10 Identifizierung des Reaktionstyps mittels Antoine-Auftragung Dampfdruckbestimmtes System Aufheizkurve = Abkühlkurve 20 40 60 C 80 100 120 100 Gasproduzierendes System Aufheizkurve Abkühlkurve TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP 100 150 C 200 250 300 p [bar] 1 p [bar] 10 0,1-3,5-3,3-3,1-2,9-2,7-2,5-1000/T [1/K] 1-3,0-2,8-2,6-2,4-2,2-2,0-1,8-1000/T [1/K]
Spezialauslegungsfall Durchgehende chemische Reaktion (4) dampfdruckbestimmtes System: Auslegung anhand Temperaturanstiegsrate Auslegung von Druckbegrenzungseinrichtung 100 gasproduzierendes System: Auslegung anhand maximaler Gasproduktionsrate 180 200 220 C 240 260 280 300 dp/dt [bar/min] 8 TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP 10 gas volume [l/min/kg] 6 dp/dt [bar/min] 1 0,1 4 2 Gas Volume [l/kg/min] 0,01 0-2,3-2,1-1,9-1,7-1000/T [1/K]
TRAS 410: Erkennen und Beherrschen exothermer chemischer Reaktionen Ermittlung der wesentliche Kenngrößen der beteiligten Stoffe und Apparate Reaktionsenthalpie DTA/DSC, Reaktionskalorimeter (isotherm) Wärmeproduktionsgeschwindigkeit Adiabate Kalorimeter (Dewar, VSP) Gasentwicklungsrate Adiabate Kalorimeter (Dewar, VSP) Grenztemperatur T exo DTA/DSC, adiabate Kalorimeter (Dewar, VSP) Wärmeabfuhrleistung der Apparate durch ingenieurtechnische Ermittlung TRAS 410 Methoden DSC Dewar VSP Die für die Reaktionssicherheit relevante Kenngröße bestimmt die geeignete Maßnahme
Einleitung 3 Kenndaten 12 Fazit 23
Technische Maßnahmen für sicherer Prozesse im Hinblick auf die Reaktionskinetik Verhindern von unerwünschten Szenarien Inhärent sichere Verfahren Prozessdesign (Vermeiden von Batch, Synthesebedingungen und Aufarbeitung) Begrenzen der adiabaten Temperaturerhöhung (z.b. Verdünnung) Temperaturbegrenzung (T exo ) Mit Mitteln der PLT (Dosierung, Vermeiden gefährlicher Akkumulation) Begrenzen von Heiztemperaturen oder -leistungen Siedekühlung Beherrschen von unerwünschten Szenarien Druckbegrenzungseinrichtungen und Auffangsysteme Stoppersysteme
Fazit Reaktionskinetik in der Prozesssicherheit Kinetische Betrachtungen sind aus Sicht der Prozesssicherheit mit einfachen Modellen möglich Vielfältige und angepasste Untersuchungsmethoden ermöglichen die Identifikation prozessbestimmender Kenngrößen Nur die Identifikation der relevanten Kenngrößen führt zur korrekten Bewertung sicherheitstechnischer Fragestellungen Hieraus ergeben sich die passenden technischen Maßnahmen Entscheidend ist die Identifikation der kritischen Szenarien
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr.-Ing. Bert Vollbrecht Head of Process Safety Engineering & Consulting Industriepark Höchst B 598 Telefon: +49 69 797 84776 Mobil: +49 173 3133030 E-Mail: Bert.Vollbrecht@siemens.com siemens.com/answers