TK Lexikon Sozialversicherung Ausländische Arbeitnehmer Lohnsteuer 1 Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht 1.1 Wohnsitz im Inland HI726592 HI2330389 HI7390145 Für den Lohnsteuerabzug ist die Nationalität des Arbeitnehmers ohne Bedeutung, maßgebend ist dessen unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht. Nach ihr richtet sich der vom inländischen Arbeitslohn des ausländischen Arbeitnehmers vorzunehmende Lohnsteuerabzug, zu dem inländische Arbeitgeber und ggf. auch ausländische Verleiher verpflichtet sind. Ausländische Staatsangehörige, die im Inland wohnen und Arbeitslohn beziehen, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Sie unterliegen somit dem Lohnsteuerabzug nach den allgemeinen Vorschriften. [ 49 ] Entsendung ausländischer Mitarbeiter nach Deutschland Die Lohnsteuerabzugsverpflichtung besteht auch in Fällen der Arbeitnehmerentsendung zwischen international verbundenen Unternehmen, wenn das Sendeunternehmen (als Dritter) den Arbeitslohn weiterzahlt und das in Deutschland ansässige Unternehmen den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt. [ 50 ] 1.2 183-Tage-Regelung HI7390146 Nach den internationalen Besteuerungsregelungen der DBA steht Deutschland regelmäßig kein Besteuerungsrecht zu, wenn der ausländische Arbeitnehmer seinen Wohnsitz im Ausland beibehält, sein Aufenthalt im Inland 183 Tage nicht übersteigt, der ausländische Arbeitgeber den Arbeitslohn weiterzahlt und dieser nicht von einer inländischen Betriebsstätte übernommen wird. [ 51 ] 1.3 Grenzpendler HI7390147 Für die Beneluxstaaten sowie einige weitere Staaten, z. B. Frankreich [ 52 ] und Österreich, liegt das Besteuerungsrecht für Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in einem dieser Staaten innehaben und ihre Tätigkeit in bestimmten besonderen Grenzgebieten der anderen dieser Staaten ausüben, beim Wohnsitzstaat, wenn der Arbeitnehmer täglich zu seinem Wohnsitz zurückkehrt.
2 Beschränkte Einkommensteuerpflicht HI657690 Beschränkt einkommensteuerpflichtig sind Arbeitnehmer, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Voraussetzung für die beschränkte Einkommensteuerpflicht des Arbeitslohns ist, dass die nichtselbstständige Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird. Verwertung im Inland Dies trifft zu, wenn der Arbeitnehmer im Bundesgebiet persönlich tätig wird, z. B. täglich zur Tätigkeit nach Deutschland einreist. Die nichtselbstständige Arbeit wird im Inland verwertet, wenn der Arbeitnehmer das Ergebnis einer im Ausland ausgeübten Tätigkeit im Inland seinem Arbeitgeber zuführt. Z. B. wird die Tätigkeit im Inland verwertet, wenn der im Ausland wohnende Repräsentant eines inländischen Unternehmens im Ausland Aufträge einholt und sie an das inländische Stammhaus weiterleitet. Keine Verwertung im Inland Dagegen liegt keine Verwertung im Inland vor, wenn der Arbeitnehmer im Ausland z. B. Bau-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten durchführt. Für die Besteuerung des Arbeitslohns beschränkt einkommensteuerpflichtiger Arbeitnehmer mit ausschließlich Inlandseinkünften wird unterschieden zwischen Arbeitnehmern mit EU/EWR-Staatsangehörigkeit und Arbeitnehmern ohne EU/EWR-Staatsangehörigkeit. 3 Arbeitnehmer mit EU-/EWR-Staatsangehörigkeit HI657691 Arbeitnehmer, die Staatsangehörige von EU/EWR-Mitgliedstaaten sind und ausschließlich oder fast ausschließlich Inlandseinkünfte beziehen, werden auf Antrag den unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmern gleichgestellt. [ 57 ] Ausschließliche oder fast ausschließliche Inlandseinkünfte liegen bei Arbeitnehmern vor, wenn ihre ihre Jahreseinkünfte mindestens zu 90 % der deutschen Besteuerung unterliegen oder ihre ausländischen Einkünfte den Grundfreibetrag von 8.820 EUR [ 58 ] (2016: 8.652 EUR) nicht übersteigen. Diese Arbeitnehmer werden in die Steuerklassen I-V eingereiht, wenn die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen. Es ist ein besonderer Antrag erforderlich: die Anlage Grenzpendler
EU/EWR zum Antrag auf Lohnsteuerermäßigung, die in mehreren Sprachen aufgelegt wird. 4 Arbeitnehmer ohne EU/EWR-Staatsangehörigkeit HI657692 Arbeitnehmer, die nicht Staatsangehörige von EU/EWR-Mitgliedstaaten sind und deren Jahreseinkünfte mindestens zu 90 % der deutschen Besteuerung unterliegen, oder deren ausländische Einkünfte den Grundfreibetrag von 8.820 EUR [ 60 ] (2016: 8.652 EUR) nicht übersteigen, werden auf Antrag einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer nahezu gleichgestellt. Auch in diesen Fällen besteht die Möglichkeit, auf Antrag eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen (Einreihung in die Steuerklasse I); innerhalb dieser kann der Ehe-/Lebenspartner jedoch nicht berücksichtigt werden. [ 61 ] Steuerklasse I bei Überschreiten der Grenzbeträge Sind die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt, weil die ausländischen Jahreseinkünfte die Grenzbeträge übersteigen, werden die ausländischen Arbeitnehmer in die Steuerklasse I eingereiht. [ 62 ] Die Einkommensteuer dieser Arbeitnehmer ist durch den Lohnsteuerabzug grundsätzlich abgegolten [ 63 ] ; eine Einkommensteuerveranlagung kann jedoch beantragt werden. 5 Besonderheiten bei ausländischen Arbeitnehmern 5.1 Bescheinigung für beschränkt Steuerpflichtige HI7390148 HI657694 Für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer werden keine ELStAM bereitgestellt. [ 64 ] Damit der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug durchführen kann, erteilt das Betriebsstättenfinanzamt eine besondere Bescheinigung über die Steuerklasse und die ggf. beim Abzug des Solidaritätszuschlags zu berücksichtigenden Freibeträge für Kinder sowie über Freibeträge oder Hinzurechnungsbeträge. [ 65 ] Ausländischen Arbeitnehmern wird bislang keine Steueridentifikationsnummer (IdNr) durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erteilt. Dies gilt auch dann, wenn für diesen Arbeitnehmerkreis auf Anforderung des Finanzamts oder aus anderen Gründen (z. B. früherer Wohnsitz im Inland) steuerliche Identifikationsnummern vorliegen. Die Teilnahme dieser Arbeitnehmer am ELStAM-Verfahren ist in einer späteren programmtechnischen Ausbaustufe vorgesehen. [ 66 ] Wichtig
Arbeitnehmer muss Bescheinigung dem Arbeitgeber frühzeitig vorlegen Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die vom Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers erteilte Papierbescheinigung dem Arbeitgeber vor Beginn des Kalenderjahres oder beim Eintritt in das Dienstverhältnis vorzulegen. [ 67 ] Kommt der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung schuldhaft nicht nach, muss der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach der Steuerklasse VI einbehalten. [ 68 ] Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die vom Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers erteilte Papierbescheinigung dem Arbeitgeber vor Beginn des Kalenderjahres oder beim Eintritt in das Dienstverhältnis vorzulegen. [ 69 ] Kommt der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung schuldhaft nicht nach, so muss der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach der Steuerklasse VI einbehalten. [ 70 ] Im Übrigen gelten für die Aufbewahrung und Herausgabe der Bescheinigung durch den Arbeitgeber dieselben Vorschriften, die auch für die Aufbewahrung und Herausgabe der früheren Papier-Lohnsteuerkarte anzuwenden waren. Beantragung beim Betriebsstättenfinanzamt Diese besondere Bescheinigung für den Steuerabzug vom Arbeitslohn ist vom Arbeitnehmer bei dem für den Arbeitgeber zuständigen Betriebsstättenfinanzamt zu beantragen; hierfür wird ein amtlich vorgeschriebener Vordruck bereitgehalten. [ 71 ] Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Antrag auf Bescheinigung der Steuerklasse I im Namen des Arbeitnehmers zu stellen. [ 72 ] Wird der Antrag auf Gleichstellung mit einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer gestellt, ist die Höhe der ausländischen Einkünfte durch eine Bestätigung der ausländischen Steuerbehörde auf amtlichem Vordruck nachzuweisen. 5.2 Durchführung des Lohnsteuerabzugs HI657695 Maßgebend sind die Besteuerungsmerkmale in der vom Finanzamt erteilten Bescheinigung. Hat das Finanzamt in der Bescheinigung kenntlich gemacht, dass es sich um einen ausländischen Arbeitnehmer mit inländischen Arbeitseinkünften handelt [ 73 ], muss der Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug auch den Altersentlastungsbetrag und bei der Besteuerung sonstiger Bezüge ggf. die Fünftelregelung berücksichtigen. [ 74 ] 5.3 Vorlage eines Besteuerungsnachweises HI657696 Verwertet ein beschränkt einkommensteuerpflichtiger Arbeitnehmer seine nichtselbstständige
Arbeit im Inland, kann der Lohnsteuerabzug zu einer Doppelbesteuerung führen. In diesem Fall können die Einkünfte aus der Verwertung beim Lohnsteuerabzug außer Ansatz bleiben, wenn der Arbeitnehmer durch eine Bescheinigung des Finanzamts nachweist, dass von diesen Einkünften in dem anderen Staat (der Tätigkeitsausübung) eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer tatsächlich erhoben wird. Liegen die Voraussetzungen des Auslandstätigkeitserlasses vor, ist solch ein Nachweis nicht erforderlich. 5.4 Ausstellen der Lohnsteuerbescheinigung HI1520376 Bei Beendigung des Dienstverhältnisses oder am Ende des Kalenderjahres muss der Arbeitgeber eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung ausstellen. [ 75 ] [ 48 ] [ 49 ] 1 Abs. 1 Satz 1 EStG; R 39b.5 Abs. 1 LStR. [ 50 ] 38 Abs. 1 Satz 2 EStG. [ 51 ] OFD Karlsruhe, Verfügung v. 24.9.2013, S 130.1/935 St 216: zur Berechnung der Aufenthaltsdauer i. S. d. 183- Tage-Regelung des Art. 13 Abs. 4 DBA-Frankreich; BFH, Urteil v. 12.10.2011, I R 15/11, BStBl 2012 II S. 548. [ 52 ] OFD Karlsruhe, Verfügung v. 30.9.2013, S 130.1/704 - St 216 betr. Grenzgängerbesteuerung DBA-Frankreich. [ 53 ] [ 54 ] S. aber Abschn. 3 und 4. [ 55 ] [ 56 ] [ 57 ] 1 Abs. 3, 1a EStG. [ 58 ] 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG. [ 59 ] [ 60 ] 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG. [ 61 ] 1 Abs. 3 EStG, FG Köln, Beschluss v. 4.7.2013, 11 V 1596/13, EFG 2013, S. 1565. [ 62 ] 38b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. [ 63 ] 50 Abs. 2 Satz 1 EStG. [ 64 ] OFD Koblenz, Verfügung v. 25.6.2014, S 2364 A - St 32 2. [ 65 ] 39 Abs. 3, 39e Abs. 8 EStG. [ 66 ] BMF, Schreiben v. 7.8.2013, IV C 5 S 2363/13/10003, BStBl 2013 I S. 951, Rz. 86 ff., geändert durch BMF, Schreiben v. 23.10.2014, IV C 5 S 2363/13/10003, BStBl 2014 I S. 1411. ff.
[ 67 ] 39c Abs. 4 Satz 1, 39d Abs. 3 Satz 1 EStG. [ 68 ] 39c Abs. 1 Satz 1 EStG. [ 69 ] 39c Abs. 4 Satz 1, 39d Abs. 3 Satz 1 EStG. [ 70 ] 39c Abs. 1 Satz 1 EStG. [ 71 ] 39 Abs. 3 Satz 1 EStG. [ 72 ] 39 Abs. 3 Satz 3 EStG. [ 73 ] Fall des 50 Abs. 1 EStG. [ 74 ] 39b Abs. 1 EStG. [ 75 ] BMF, Schreiben v. 30.7.2015, IV C 5 S 2378/15/10001, BStBl 2015 I S. 614; BMF, Schreiben v. 3.8.2015, IV C 5 S 2378/15/10001, BStBl 2015 I S. 621: Bekanntmachung des Musters für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung 2016.