Health Claims in Europa und den USA. Florian Meyer

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Transkript:

Health Claims in Europa und den USA Eine rechtsvergleichende Untersuchung gesundheitsbezogener Werbeaussagen für Lebensmittel von Florian Meyer JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2007

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.dbb.de> abrufbar. Alle Rechte vorbehalten 2007 JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh Druck: Bookstation GmbH Gottmadingen Printed in Germany ISBN 978-3-86653-053-9 ISSN 1861-5643 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: www.jwv.de

A. Einleitung Verbraucher interessieren sich zunehmend für gesunde Ernährung. Das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung hat die Ernährungsindustrie erkannt und setzt verstärkt auf Lebensmittel mit einem gesundheitlichen Nutzen. Zur effektiven Vermarktung der Produkte werden Werbeaussagen über die Zusammenhänge zwischen den Lebensmitteln, der Ernährung und der Gesundheit gemacht. Inwieweit diese sog. Health Claims rechtlich zulässig sind, wird in Europa seit Jahren kontrovers diskutiert. Bisher existierten keine eindeutigen Regelungen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel 1 (sog. Health Claims Verordnung) gilt nun ab dem 01. Juli 2007 in Europa ein einheitliches Regelungswerk für Health Claims. Mit der Verordnung wird eine umfangreiche Neuausrichtung vorgenommen, die bereits auf heftige Kritik aus Kreisen der Verbraucher, der Politik, der Lebensmittelwirtschaft und der Wissenschaft gestoßen ist. I. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit Ziel der Arbeit ist, zu der aktuellen Diskussion um Health Claims in Deutschland und Europa beizutragen, indem versucht wird, anhand eines Rechtsvergleichs mit den USA neue Wege im Umgang mit Health Claims in Europa aufzuzeigen. Es geht dabei im Schwerpunkt um die Frage, wie ein Regelungssystem zu gestalten ist, das rechtlicher Prüfung standhält und die Interessen der Verbraucher und der Lebensmittelindustrie gleichermaßen berücksichtigt. Dieses Regelungsgefüge muss den zukünftigen Entwicklungen im Bereich gesundheitlicher Lebensmittel Rechnung tragen. Die Entwicklung in Europa steht erst am Anfang. Hierzu ist eine nähere Analyse des Regelungssystems der USA angebracht, weil die USA eine Vorreiterrolle bei nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben einnehmen. Dort bestehen bereits seit 1990 Regelungen für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln. Die Vereinigten Staaten waren damit das erste Land, dass die Verwendung von Health Claims per Gesetz reguliert hat. Die USA haben zudem weltweit eines der detailliertesten Systeme für die Regulierung von nährwert- und gesundheits- 1 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel. Ursprünglich wurde im Amtsblatt der Europäischen Union eine Version der Verordnung veröffentlicht, in der die Änderungen des Gesetzgebungsverfahrens nicht vollständig eingearbeitet wurden (Amtsblatt der Europäischen Union L 404 vom 30. Dezember 2006). Am 18.01.2007 wurde dann eine berichtigte Fassung im Amtsbaltt veröffentlicht (ABl. EG Nr. L 12/3 vom 18.01.2007).

24 A. Einleitung bezogenen Angaben. In den letzten Jahren hat es dort Veränderungen gegeben, die auf eine Liberalisierung im Umgang mit Health Claims abzielen und wichtige Anhaltspunkte für die Regulierung in Europa geben. II. Aufbau und Methode Anhand eines Rechtsvergleichs gilt es, die unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten im Umgang mit Health Claims aufzuzeigen, sie auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu überprüfen und einen einheitlichen Ansatz zu schaffen. Zunächst werden im 1. Kapitel allgemeine Begriffe rund um das Thema Health Claims erläutert. Es geht dabei nicht bereits um das Herausarbeiten gesetzlicher Definitionen, sondern um ein besseres Verständnis des Themas, weil viele Begriffe in den einzelnen Ländern der Europäischen Gemeinschaft und in den USA verschieden verwendet werden und sich die Bedeutungen teilweise unterscheiden. Im 2. Kapitel folgt die Untersuchung des Regelungssystems der USA. Die vorrangige Prüfung des US-amerikanischen Systems erfolgt deshalb, weil es insgesamt detaillierter als das bisherige Regelungsgefüge in Europa ist und schon länger in dieser Regelungsdichte besteht. Insofern lassen sich leichter Rückschlüsse auf eine Regulierung in Europa und damit auf eine Lösung der Regulierungsproblematik in Europa ziehen. Das 3. Kapitel erörtert die Entwicklungen auf zwischenstaatlicher Ebene, welche durch das US-amerikanische System zu einem großen Teil beeinflusst wurden und welche erheblichen Einfluss auf nationale und europäische Gesetzgebungsakte, somit auf die VO, haben können. Im 4. Kapitel wird dann die Rechtslage in Europa durchleuchtet. Ausgangspunkt bildet das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten. Es werden die grundlegenden Systemansätze anhand von einigen Mitgliedstaaten herausgearbeitet. Eine detaillierte rechtliche Analyse jedes Mitgliedstaates würde den Untersuchungsgegenstand zu sehr ausweiten und dient nicht dem Ziel der Arbeit, grundlegende Ansätze für ein einheitliches Regelungssystem zu schaffen. Die nationalen Regelungen werden ohnehin durch die VO abgelöst, die dann unmittelbar in allen Ländern der Europäischen Union wirkt. Die Untersuchung der umstrittenen VO schließt sich an die Darstellung des Rechts der Mitgliedstaaten an. Hier erfolgt im Gegensatz zum Recht der Mitgliedstaaten eine detaillierte Auseinandersetzung mit den einzelnen Regelungen, weil diese künftig für die Verwendung von Health Claims in Europa den Ausschlag geben werden und Gegenstand fortwährender Diskussionen sind. Im 5. Kapitel folgt die zusammenfassende Gegenüberstellung des Rechtssystems der USA und des europäischen Rechtssystems, insbesondere der VO, wobei die grundsätzlichen Unterschiede ohne eigene Wertung gegenüber gestellt werden.

III. Eingrenzung des Themas 25 Das 6. und letzte Kapitel enthält einen neuen Systemansatz, wobei Zielsetzungen bei der Regulierung von Health Claims vorgegeben und abschließend konkrete Vorschläge für den rechtlichen Umgang mit gesundheitsbezogenen Aussagen unterbreitet werden. III. Eingrenzung des Themas Obwohl die VO nicht nur gesundheitsbezogene Angaben, sondern auch nährwertbezogene Angaben 2 regelt, die durchaus einen Gesundheitsbezug aufweisen können 3, sind nährwertbezogene Angaben nicht Gegenstand dieser Arbeit und werden nicht weiter untersucht. Für nährwertbezogene Aussagen existieren bereits in den USA und den europäischen Mitgliedstaaten sehr detaillierte Regelungen. Hier würde eine nähere Untersuchung den Umfang der Arbeit zu sehr ausdehnen. Was die umstrittene VO angeht, so gelten die meisten im Rahmen der Arbeit untersuchten Vorschriften ohnehin sowohl für gesundheitsbezogene- als auch für nährwertbezogene Angaben. Ebenfalls ausgelassen werden die obligatorischen Kennzeichnungspflichten für Lebensmittel, für die in den USA und Europa ein differenziertes Regelungsregime besteht 4. 2 Kapitel III, Art. 8 und 9 der VO. Nährwertbezogene Angaben definiert Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 VO als Angaben, mit denen erklärt, suggeriert oder mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Nährwerteigenschaften besitzt, etwa aufgrund seines Brennwertes oder der enthaltenen Nährstoffe. Derartige Angaben müssen zusätzlich die im Anhang der VO festgelegten Bedingungen erfüllen (Art. 8 Abs. 1 VO). Im Anhang wird detailliert beschrieben, unter welchen Voraussetzungen Angaben wie z.b. fettarm, energiearm verwendet werden dürfen. Zur Kritik an den nährwertbezogenen Regelungen vgl. Reinhard, Flüssiges Obst 2005, 294, 298; Meisterernst, ZLR 2002, 569, 582. 3 Zum Beispiel die Aussagen ohne Fett, wenig Cholesterin. 4 Derzeit wird in Europa eine Neukonzeption des europäischen Kennzeichnungsrechts diskutiert, um die Kennzeichnungen für den Verbraucher verständlicher zu machen. Die Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz (DG SANCO) der Europäischen Kommission hat hierzu im Februar 2006 ein Konsultationsdokument zur Zukunft des Kennzeichnungsrechts veröffentlicht und die Mitgliedstaaten sowie Interessenvertreter um Stellungnahmen gebeten, Konsultationspapier der Europäischen Kommission (Generaldirektion Gesundheit - DG SAN- CO) Kennzeichnung: Wettbewerbsfähigkeit, Verbraucherinformation und bessere Rechtsetzung in der EU (Februar 2006), Abrufbar unter:http://ec.europa.eu/comm/food/food/ labellingnutrition/betterregulation/competitiveness_consumer_info.pdf. Zuletzt abgerufen am 15.07.2007.

B. Begriffsbestimmungen I. Health Claim als Oberbegriff Was ist ein Health Claim? Die Frage kann nicht einheitlich beantwortet werden. Es bestehen zahlreiche gesetzliche und nicht gesetzliche Definitionen, die sich weltweit von Land zu Land unterscheiden. Ein Claim bedeutet zunächst wörtlich übersetzt Anspruch. Er wird allgemein durch Unternehmen benutzt, um auszudrücken, dass etwas beansprucht wird. Es handelt sich marketingtechnisch um das direkteste Mittel der Positionierung. Man unterscheidet zwischen Corporate Claims, die für das ganze Unternehmen gelten, Kampagnen-Claims und Produkt-Claims 5. Ein Health Claim ist ein Produkt- Claim, für Werbeaussagen und Produktangaben, die einen Bezug zur Gesundheit des Menschen aufweisen 6. Unter dieses weite Wortverständnis fallen eine Reihe von Angaben. Es handelt sich um Angaben mit direktem Krankheitsbezug (z.b. beugt Krebs vor ) bis zu reinen Funktionsaussagen, d.h., solchen, die etwas über die Wirkung eines im Lebensmittel enthaltenen Nähr- oder Wirkstoffs auf die Körperfunktionen und den Körperbau aussagen, sich jedoch damit nicht direkt auf den Gesundheitszustand oder eine Krankheit beziehen ( z.b. Calcium ist gut für die Knochen ). Health Claims beziehen sich zunächst einmal auf das Lebensmittel, d.h., das zu bewerbende Produkt oder die Produktgruppe als solches (z.b. Produkt..fördert das Immunsystem ). Sie können sich auch auf die im Produkt enthaltenen Substanzen beziehen (z.b. Vitamine fördern das Immunsystem ) bzw. beides. Ein Bezug wird teilweise gar nicht hergestellt, sondern es wird vielmehr eine allgemeine Ernährungs- oder Gesundheitsaussage getroffen (z.b. essen Sie mehr Obst für einen gesunden Lebensstil ). Im Zusammenhang hierzu stehen Claims, die für eine Vielzahl von Lebensmitteln verwendet werden können und solche die nur ein bestimmtes Produkt oder eine Produktsparte betreffen (z.b. Claims für Getränke). Im Hinblick auf die gesundheitlichen Vorteile der Produkte kann differenziert werden zwischen allgemeinen Aussagen und spezifischen Aussagen. Es werden Lebensmittel beworben, die allgemein das Wohlbefinden oder normale physiologische Funktionen, wie das Wachstum und die Entwicklung, fördern sollen bzw. die sich auf die Funktionen von Nährstoffen im Körper (z.b. Calcium fördert den Knochenaufbau ) oder auf Funktionseffekte beziehen ( verbessert die Darmfunktionen ). Andererseits werden Aussagen gemacht, die einen spezifischen Gesundheitsnutzen betonen und diesen konkret benennen. Hierunter fallen insbesondere gewichtsbezogene Claims und Aussagen, die das Lebensmittel oder die darin enthaltenen Bestandteile als 5 Samland, Lebensmittelzeitung vom 06.01.2006, S. 27. 6 Eckstein/Bruhn, DLR 2003, 347, 353.