Prof. Dr. Thomas Straubhaar Universität Hamburg Sommersemester 2008 Vorlesung 21-60.376 Außenwirtschaftspolitik Modul 1 Theorie des internationalen Handels (I) 1. April 2008 1
Arbeitsteilung POSITIVE EFFEKTE Spezialisierung NEGATIVE EFFEKTE Steigerung der Arbeitsproduktivität Zunahme der Koordinationskosten statisch Optimierung der individuellen Fähigkeiten Vorteile der Massenproduktion (economies of scale) Transportkosten (Raumüberwindung) Transaktionskosten (Märkte) Organisations -kosten (Hierarchie) dynamisch Investitionsanreize Innovationsanreize Vorleistungen Produktionsfaktoren Endprodukte Information Vertragskosten Unsicherheit (Risiko) Koordination Kontrolle Flexibilität EFFIZIENZBEDINGUNG DER ARBEITSTEILUNG Steigerung der Arbeitsproduktivität Zunahme der Koordinationskosten 2
Einbeziehung der Transportkosten und der nichthandelbaren Güter Aus drei Gründen ist die Spezialisierung in der realen Weltwirtschaft eingeschränkt: Es gibt mehr als einen Produktionsfaktor. Manchmal schützen Länder bestimmte Branchen vor ausländischem Wettbewerb. Der Transport von Gütern und Dienstleistungen ist kostspielig. Die Einbeziehung der Transportkosten führt zur Herausbildung nichthandelbarer Güter. Manche Güter können gar nicht transportiert werden. Beispiel: Dienstleistungen wie Haarschnitte und Autoreparaturen können nicht grenzüberschreitend gehandelt werden. 3
STRUKTUREN DER INTERNATIONALEN ARBEITSTEILUNG INTERSEKTORALE ARBEITSTEILUNG INTRASEKTORALE ARBEITSTEILUNG Unterschiedliche Verfügbarkeit Komparative Kostenvorteile Dauerhaft aufgrund natürlicher Gegebenheiten Langfristig aufgrund unterschiedlicher Entwicklungsstadien Kurzfristig aufgrund konjunktureller Unterschiede und Schocks (Missernten, Streiks) Unterschiedliche Produktionstechnologien Unterschiedliche Faktorausstattung (Heckscher- Ohlin-Güter) Steigende Skalenerträge (economies of scale) Transportkosten Transaktionskosten Handelshemmnisse (tarifäre und nicht-tarifäre) Raumwirtschaftsmodelle Produktdifferenzierung Nachfragepräferenzen (Linder- Hypothese) Innovationsvorsprünge (Technologische Lücke) Produkt-/ Marktzyklen (Monopolistischer Vorsprung 4
Einführung Es gibt zwei wesentliche Gründe, weshalb Länder Außenhandel treiben: Sie unterscheiden sich voneinander im Hinblick auf Klima, Boden, Kapital, Arbeit und Technik. Sie nutzen die Kostenvorteile der Massenproduktion. Das Ricardo-Model stützt sich auf die technologischen Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern. Diese technologischen Unterschiede bedingen eine unterschiedliche Arbeitsproduktivität. 5
Klassische Handelstheorie Theorie absoluter Kostenvorteile (Adam Smith) Außenhandel richtet sich nach absoluten Kostenvorteilen Ein Land, das in einem Sektor billiger produziert, exportiert Ein Land, das in allen Produktionen überlegen ist, importiert nichts 6
Das Einfaktormodell des Welthandels Absoluter Vorteil Ein Land verfügt bei der Produktion eines Guts über einen absoluten Vorteil, wenn deren Arbeitskoeffizient niedriger ist als im Ausland. Es sei a LC < a * LC und a LW < a* LW. Aus dieser Annahme ergibt sich, dass Inland bei der Produktion beider Güter über einen absoluten Vorteil verfügt. Man erkennt dies auch daran, dass Inland bei der Herstellung beider Güter eine höhere Arbeitsproduktivität aufweist als Ausland. Selbst wenn Inland im Hinblick auf beide Güter einen absoluten Vorteil genießt, kann Außenhandel beiden Seiten Gewinn bringen. Die Handelsstruktur wird durch das Prinzip des komparativen Vorteils bestimmt. 7
Klassische Handelstheorie Theorie komparativer Kostenvorteile (David Ricardo) Auch ein in allen Produktionen überlegenes Land betreibt Außenhandel; es spezialisiert sich auf die Produktion(en), bei denen es den relativ (komparativ) größten Kostenvorteil vor dem Ausland hat und exportiert diese Güter. Es importiert die Güter, für die das Ausland einen relativen Kostenvorteil hat, auch wenn dieses mit absolut höheren Kosten produziert. 8
Das Einfaktormodell des Welthandels Komparativer Vorteil Es sei a LC /a LW < a * LC /a* LW (3.2) Aus dieser Annahme ergibt sich, dass die Opportunitätskosten von Käse, ausgedrückt in Wein, in Inland niedriger sind als in Ausland. Mit anderen Worten, in Abwesenheit von Außenhandel ist der relative Käsepreis in Inland niedriger als der relative Käsepreis in Ausland. Inland verfügt über einen komparativen Vorteil bei Käse und exportiert ihn im Austausch gegen Wein nach Ausland. 9
Inländische Transformationskurve 10
Ausländische Transformationskurve 11
Annahmen des Ricardo- Theorems Abstraktion vom Geld (Zwei) gleich große Länder Zwei Güter Gleiche Faktorausstattung Konstante, marginale Opportunitätskosten Unterschiedliche Umweltbedingungen und Produktionstechniken unterschiedliche Produktionsmöglichkeiten 12
Maximale Produktionsmöglichkeiten Weizen Tuch Inland 50 100 Ausland 100 120 Ausland bei beiden Produkten absolut überlegen, aber: Bei Weizen um 100% Bei Tuch um 20% Inland hat relativ geringeren Nachteil bei der Tuchproduktion, d.h. komparativen Vorteil beim Tuch 13
Opportunitätskosten Weizen Tuch Inland 2 TE/WE 0,5 WE/TE Ausland 1,2 TE/WE 0,833 WE/TE Tauschverhältnisse bei Autarkie im Inland: 2 [TE/WE] Im Ausland: 1,2 [TE/WE] Opportunitätskosten = Transformationsrate 14
Inländische und ausländische Preisgrenzen Weizen Inland Weizen 150 W 4 * Ausland 80 53,3 40 W 2 A W 1 0 T 1 T 2 C 0 C 1 W 3 * C* W 1 * W 2 * A* 80 T 3 Tuch 0 T 3 * T 2 * T 1 * 150 225 Tuch 15
Außenhandelsvorteile X 2 (Weizen) X 2 (Weizen) Inland 100 Ausland { Export 66,66 50 (P) { Import A C Import A* C* (P) X 1 0 100 Export (Tuch) 0 120 150 X 1 (Tuch) 16
Außenhandel bei steigenden Opportunitätskosten im In- und Ausland Auf jedem Punkt der Transformationskurve sind die Opportunitätskosten unterschiedlich Produktions- und Nachfragebedingungen beeinflussen das Austauschverhältnis Nutzenmaximierende Produktions- und Konsumpunkte bei Autarkie: A und A * 17
Außenhandel bei steigenden Opportunitätskosten im In- und Ausland Produktions- und Konsumpunkte nach Aufnahme des Außenhandels: H, H * sowie C, C * Erhöhung dér Wohlfahrt in beiden Ländern (Indiff.-Kurven U 1,U 1* ) Bei funktionierenden Märkten: Export-Pläne des Inlandes = Import-Pläne des Auslandes und umgekehrt 18
Außenhandel bei steigenden Opportunitätskosten im In- und Ausland Inland Ausland X 2 X 2 U 0 * U 1 * U 0 U 1 C Import A B Export H 0 D P W P 0 X 1 H* Export 0 B* A* Import C* P 0 * P W X 1 19
Außenhandel bei steigenden Opportunitätskosten im In- und Ausland Fazit Partielle Spezialisierung der Länder auf kostengünstigeres Gut Nutzensteigerungen für beide Länder durch Außenhandel 20
Außenhandel bei steigenden Opportunitätskosten im In- und Ausland Bestimmung des Austauschverhältnisses bei Außenhandel Tauschkurven des In- und Auslandes (Zusammenfassung von Exportangebot und Importnachfrage) 21
Außenhandel bei steigenden Opportunitätskosten im In- und Ausland Entlang der Tauschkurven entsprechen die marginale Substitutionsrate und das Preisverhältnis einander Außenhandelsgleichgewicht im Schnittpunkt von in- und ausländischer Tauschkurve 22
Zusammenfassung Wir besprachen das Ricardo-Modell als das einfachste Modell, aus dem hervorgeht, wie Unterschiede zwischen Ländern zu Außenhandel und zu Außenhandelsgewinnen führen. In diesem Modell ist Arbeit der einzige Produktionsfaktor und Länder unterscheiden sich ausschließlich hinsichtlich der Arbeitsproduktivität in verschiedenen Sektoren. Gemäß dem Ricardo-Modell exportiert ein Land diejenige Ware, bei deren Produktion es über einen komparativen (nicht unbedingt absoluten) Vorteil hinsichtlich der Arbeitsproduktivität verfügt. 23
Zusammenfassung Auf zwei Wegen kann der Nachweis erbracht werden, dass Außenhandel einem Land Gewinne bringt: Der Außenhandel wird als indirekte Produktionsmethode aufgefasst. Der Außenhandel erweitert nachweislich die Konsummöglichkeiten eines Landes. Die Verteilung der Außenhandelsgewinne hängt von den relativen Preisen der Güter ab, welche die Länder herstellen. 24
Zusammenfassung Die Erweiterung des Einfaktormodells auf mehrere Güter macht deutlich, dass Transportkosten zur Entstehung nichthandelbarer Güter führen können. Die Grundprognose des Ricardo-Modells dass Länder am ehesten die Güter exportieren, bei denen ihre Produktivität relativ hoch ist wurde von einer Reihe Studien bestätigt. 25