Professur für Angewandte Informatik / Kognitive Systeme Prof. Dr. Ute Schmid Klausur Kognitive Systeme III: Mensch-Computer-Interaktion 18. August 2006 Erlaubte Hilfsmittel: Alles (Bücher, Skripten, Ordner, Wörterbuch, Taschenrechner) Bearbeitungszeit: 90 Minuten Die Klausur besteht aus sieben Aufgaben, von denen sechs bearbeitet werden müssen. Mit jeder Aufgabe können 15 Punkte, insgesamt können 90 Punkte erreicht werden. Falls alle sieben Aufgaben bearbeitet wurden, werden die ersten sechs bearbeiteten Aufgaben bewertet. Soll von sieben bearbeiteten Aufgaben eine der ersten sechs bearbeiteten Aufgaben nicht, dafür aber die letzte Aufgabe bewertet werden, so ist die Bearbeitung der nicht zu bewertenden Aufgabe durchzustreichen. 1 Allgemeine Aspekte von HCI (1) (4 Punkte) Beschreiben Sie das Principle of Least Astonishment und geben Sie ein Beispiel. Inwiefern steht dieses Prinzip mit Normans consistency principle in Beziehung? (2) (5 Punkte) Erläutern Sie was unter dem Usability-Goal Learnability zu verstehen ist. Skizzieren Sie, wie dieses Ziel im Rahmen einer empirischen Usability-Studie zu operationalisieren ist. (3) (6 Punkte) Was ist unter Primär-, Sekundär-, und Tertiär-Nutzern zu verstehen? Illustrieren Sie diese Nutzergruppen an einer beispielhaften Software. 2 Wahrnehmung (1) (6 Punkte) Beschreiben Sie das Prinzip der lateralen Hemmung und beschreiben Sie das Prinzip der Kontrastverstärkung, wie es etwa durch sogenannte Mach-Bänder demonstriert wird. (2) (4 Punkte) Warum können Menschen mehr als 7 Mio verschiedene Farben erkennen, obwohl sie nur ca. 150 verschiedene Farbtöne unterscheiden können? Gibt es das typische Rot? 1
(3) (3 Punkte) Erläutern Sie das Prinzip der Binokularen Disparität und dessen Beitrag zur Raumwahrnehmung. (4) (2 Punkte) Welches Gestaltgesetz wird durch folgende Abbildung demonstriert? 3 Gedächtnis und Wissen (1) (3 Punkte) Was ist ein Experiment zum dichotischen Hören und welches Phänomen wird dadurch erfasst? (2) (3 Punkte) Was ist unter dem Primacy/Recency Effect zu verstehen? Begründen Sie, warum bei Nutzerschnittstellen Wiedererkennung von Information unterstützt werden sollte. (3) (3 Punkte) Nennen Sie einen Kontexteffekt, wie er beim Abruf aus dem Langzeitgedächtnis auftreten kann. (4) (6 Punkte) Bei welchem der beiden Syllogismen sind nach der Theorie der mentalen Modelle mehr Fehler zu erwarten? Warum? (I) Alle A sind B Kein B ist C Kein A ist C (II) Manche A sind B Kein B ist C Manche A sind nicht C 4 Kognitive Architekturen und Nutzermodellierung (1) (3 Punkte) Beschreiben Sie den Unterschied zwischen starker und schwacher KI und deren Konsequenz für kognitive Modelle. (2) (3 Punkte) Beschreiben Sie die Funktionsweise eines Match-Select-Apply Zykluses. (3) (2 Punkte) Welche Vorteile kann User Modeling gegenüber klassischer Software- Evaluation haben? 2
(4) (7 Punkte) Geben Sie die GOMS-Operatorfolge für das Verschieben einer email aus der Inbox in einen neu anzulegenden Ordner Work an (vorausgesetzt ein GUIbasiertes email-prorgramm wie Thunderbird oder Mozilla): Arbeitsschritte: 1. Right-click Inbox 2. Select New folder 3. Enter name for new folder 4. Drag-and-drop target mail to new folder 5 Empirische Forschungsmethoden In einer Firma stehen für die interne Kommunikation derzeit zwei verschiedene Software- Tools zur Verfügung. Die Firma plant, die Kommunikation zukünftig nur noch über ein einheitliches System laufen zu lassen. Über den Zeitraum von einer Woche werden für verschiedene Abteilungen die Nutzungshäufigkeiten beider Systeme erhoben. Die Ergebnisse sind in folgender Abbildung dargestellt. Alle Effekte seien signifikant. Nutzungs Häufigkeiten 80 70 60 Management Marketing Produktentwicklung Buchhaltung 50 40 30 20 10 System A System B Abbildung 1: Nutzungshäufigkeit von System A und B in verschiedenen Abteilungen (1) (6 Punkte) Formulieren Sie die Ergebnisse inhaltlich (Haupteffekte, Interaktionseffekte). Würden Sie sich auf Grund der Ergebnisse für die Abschaffung eines der Systeme entscheiden? Wenn ja, für welches? (2) (4 Punkte) Wie müssten die Häufigkeitsverhältnisse aussehen, damit kein Interaktionseffekt vorliegt? 3
(3) (3 Punkte) Warum macht es unter Umständen wenig Sinn, absolute Nutzungshäufigkeiten zwischen Abteilungen zu vergleichen? Schlagen Sie eine sinnvollere abhängige Variable vor. (4) (2 Punkte) Handelt es sich bei der beschriebenen Studie um ein experimentelles Design? Begründen Sie Ihre Antwort. 6 Intelligente Tutorsysteme (1) (3 Punkte) Beschreiben Sie den Unterschied zwischen den ITS-Komponenten Expertenmodell und Tutandenmodell. (2) (3 Punkte) Ist es sinnvoll, ein Wissensmodell als neuronales Netz zu repräsentieren? Begründen Sie Ihre Antwort. (3) (6 Punkte) Was sind Vor- und Nachteile von Fehlermodellen? In welchen Lernbereichen können einfachere Modelle eingesetzt werden? (4) (3 Punkte) Charakterisieren Sie das System SCHOLAR bezüglich der Realisierung der Komponenten: Expertenmodell, Tutandenmodell und Dialogführung. 7 Graphlayout-Algorithmen (1) (3 Punkte) Nennen Sie Aufgabenbereiche in einem Textverarbeitungssystem, für die ein Layoutmanager eingesetzt werden kann. (2) (4 Punkte) Eine Bildschirmseite sei wie unten gezeigt in sechs Regionen A, B, C, D, E, F eingeteilt. Die Regionen sollen mit den Farben rot, grün und blau eingefärbt werden. Dabei sollen benachbarte Regionen immer unterschiedliche Farben haben. Regionen A und E sollen rot gefärbt werden. Was sind die Constraint-Variablen? Was sind die (unbeschränkten) Wertebereiche für diese Variablen? Geben Sie alle unären und binären Constraints an. (weiter auf nächster Seite) 4
(3) (6 Punkte) Gegeben seien folgende Präzedenzrelationen: X{>,=}Y Y {<}Z Berechnen Sie mittels der folgenden Kompositionstabelle die zulässigen Relationen zwischen X und Z. < = > < < < <,=,> = < = > > <,=,> > > Nun kommt folgende Zusatzinformation ins System: X{>}Z. Propagieren Sie diese Änderungen im Netz. (4) (2 Punkte) Garantieren Constraint-Propagation Algorithmen, dass die gefundenen Lösungen global konsistent sind? Begründen Sie Ihre Antwort. 5