Stellungnahme des VCI zum Sondergutachten des SRU Vorsorgestrategien für Nanomaterialien

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Transkript:

VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE e.v. Stellungnahme des VCI zum Sondergutachten des SRU Vorsorgestrategien für Nanomaterialien 9. November 2011 Am 1. September 2011 hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) das Sondergutachten Vorsorgestrategien für Nanomaterialien veröffentlicht. Der VCI nimmt zu diesem Gutachten wie folgt Stellung: Risikoermittlung Der VCI teilt die Auffassung des SRU, dass: es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse oder Nachweise dafür gibt, Nanomaterialien würden so wie man sie heute herstellt und verwendet zu Schädigungen von Umwelt und Gesundheit führen, die Nanoskaligkeit eines Stoffes also dessen Feinteiligkeit für sich genommen keine Gefahreneigenschaft ist, wie bei allen chemischen Stoffen auch bei Nanomaterialien die Bewertung des Risikos einzelfallbezogen erfolgen muss und Verallgemeinerungen nicht möglich sind, die Sicherheitsforschung bei Nanomaterialien weiterhin gefördert werden sollte. Den Ausführungen im naturwissenschaftlichen Teil des Sondergutachtens (Kapitel 4) stimmt der VCI im Grundsatz zu, möchte aber auf das Problem der nicht immer möglichen oder gelingenden korrekten Zuordnung von literaturbeschriebenen Testergebnissen zu genau charakterisierten Produkten hinweisen. Im SRU-Gutachten fällt dies insbesondere bei der Betrachtung von Siliciumdioxid auf, das in unterschiedlichen morphologischen Varianten mit verschiedenen CAS-Nummern hergestellt und vermarktet wird. Dies führt im Einzelfall zur falschen Zuordnung von Eigenschaften zu konkreten Produkten. Nanomaterial-Definition Die EU-Kommission ist mit ihrer Empfehlung vom 18.10.2011 der Forderung des Europäischen Parlaments und vieler Mitgliedstaaten nach einer aus Vorsorgegründen möglichst breiten Definition des Begriffs Nanomaterial nachgekommen. Die Definition umfasst viele feinteilige Pulver und Dispersionen aus industrieller Produktion und natürlichen Mineralvorkommen und somit Materialien, die teilweise schon seit Jahrhunderten verwendet werden. Aus Gründen der weltweiten Harmonisierbarkeit hat die EU-Kommission genau wie eine Reihe von Nicht-EU-Staaten die Nano-Objekt -Definition der ISO als Basis für ihre Definition gewählt. Danach sind Nano-Objekte Partikel mit ein, zwei oder drei Außenmaßen zwischen einem und hundert Nanometern. Eine Anhebung der oberen Grenze der Außenmaße der Partikel auf 300 Nanometer, wie vom SRU vorgeschlagen, würde eine internationale Harmonisierung der Vorschriften praktisch unmöglich machen. Mainzer Landstr. 55 60329 Frankfurt Postfach 11 19 43 60054 Frankfurt Telefon +49 69 2556-0 Telefax +49 69 2556-1471

- 2 - Aus Sicht des VCI ist es sinnvoll, im Stoffrecht, im Produktrecht, im medialen Umweltrecht und im Arbeitsschutz eine so weit wie möglich einheitliche regulative Definition des Begriffs Nanomaterial zu verwenden, damit nicht das gleiche Produkt je nach regulativem Kontext einmal als Nanomaterial bezeichnet wird und ein anderes Mal nicht. Regulierung und Vorsorgeprinzip In der EU ist das Vorsorgeprinzip in Artikel 191 Abs. 2 S. 2 AEUV kodifiziert und Grundlage der europäischen Vorschriften zum Schutz des Menschen und der Umwelt. Schon heute können z. B. Beschränkungen oder Verbote für die Verwendung einzelner Nanomaterialien verfügt sowie Produkte vom Markt genommen werden, wenn die in den einschlägigen Gesetzen zum Schutz des Menschen und der Umwelt festgelegten Bedingungen für hoheitliche Maßnahmen erfüllt sind. Diesen Vorschriften zum Schutz des Menschen und der Umwelt liegt das Vorsorgeprinzip bereits zugrunde. Es muss nicht erst on top auf die existierenden Vorschriften installiert werden. Ein spezielles Nano-Gesetz, wie vom SRU gefordert, lehnt der VCI ab. Für den VCI sind auch die vielfältigen und weitreichenden Vorschläge des SRU nach deutlichen Verschärfungen für Nanomaterialien in existierenden Vorschriften nicht nachvollziehbar. Auf Unverständnis stößt beim VCI die Schaffung der Rechtsfigur einer abstrakten Besorgnis durch den SRU. Der SRU hat in seinem Sondergutachten nämlich deutlich gemacht, dass ein pauschales Urteil über die Risiken von Nanomaterialien nicht möglich ist. Es gebe auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse oder Nachweise dafür, Nanomaterialien würden so wie man sie heute herstellt und verwendet zu Schädigungen von Umwelt und Gesundheit führen. Für den VCI ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass der SRU trotzdem Anlass für eine abstrakte Besorgnis sieht und zahlreiche Vorschläge zur Verschärfung gesetzlicher Vorschriften macht, zum Beispiel im Chemikalien- und Umweltrecht. Diese Vorschläge sind aus Sicht des VCI angesichts der vorhandenen Datenlage überzogen. Sie würden zudem die Innovationspotentiale, die die Nanotechnologie bietet, unnötig beeinträchtigen. Auch für das Vorsorgeprinzip muss nach Auffassung des VCI eine Orientierung an naturwissenschaftlichen Fakten und die Wahrung der Verhältnismäßigkeit gelten. Bei der Auslegung des Vorsorgeprinzips ist die Mitteilung KOM (2000) 1 der EU-Kommission zugrunde zu legen. Wie in Artikel 1 der REACH-Verordnung explizit ausgeführt, liegt auch den Bestimmungen der REACH-Verordnung das Vorsorgeprinzip zugrunde. Folglich ist das Vorsorgeprinzip bereits die Grundlage aller Informationsanforderungen für die Registrierung von Stoffen. In das REACH-Regelwerk werden derzeit Klarstellungen und Präzisierungen für Nanomaterialien eingeführt. Die chemische Industrie unterstützt diese Arbeiten, z. B. in den REACH Implementation Projects on Nanomaterials (RIPoNs). Die Ergebnisse der RIPoNs werden jetzt von der Europäischen Chemikalienagentur ECHA in den REACH-Umsetzungsleitfaden eingearbeitet. Dort wird u.a. ausgeführt werden, wie die Stoffidentität von Nanomaterialien festzustellen ist, wie Informationen über möglicherweise gefährliche Eigenschaften von Nanomaterialien zu gewinnen sind und wie die Beschreibung der Expositionsszenarien zu erfolgen hat. REACH gewährleistet aus Sicht des VCI insbesondere nach der jetzt erfolgenden Überarbeitung des Umsetzungsleitfadens durch die Europäische Chemikalienagentur

- 3 - ECHA eine adäquate Sicherheitsbewertung und ein verantwortliches Risikomanagement von Nanomaterialien. Die Forderung des SRU nach einer Zulassungspflicht für Nanomaterialien im Rahmen des REACH-Autorisierungsverfahrens aufgrund einer unterstellten abstrakten Besorgnis ist für den VCI nicht nachvollziehbar und wird strikt abgelehnt. Bei Kosmetika gelten besondere Vorschriften, die eine spezielle Risikobewertung für Nanomaterialien wie vom SRU gefordert verlangen. Im Lebensmittelbereich und bei Bioziden sind Nanomaterial-bezogene Vorschriften zu erwarten. Im vornehmlich national geregelten Arbeitsschutz wird es auf Basis des gemeinsamen Leitfadens von Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und VCI in Kürze eine Bekanntmachung des Bundesarbeitsministeriums zu Nanomaterialien geben. Damit dürften in diesen Bereichen aus Sicht des VCI eine adäquate Sicherheitsbewertung und ein verantwortliches Risikomanagement von Nanomaterialien hinreichend kodifiziert sein. Sicherheitsforschung Die von SRU geforderte weitere Erhöhung der deutschen Fördermittel für die Sicherheitsforschung bei Nanomaterialien ist aus Sicht des VCI erwägenswert; die Verwendung zusätzlicher Mittel muss aber hinsichtlich der Ziele und der Relevanz der Forschungsthemen für den Schutz von Mensch und Umwelt fachlich eingehend diskutiert und priorisiert werden. Es sollte aber bewusst sein, dass Deutschland bereits heute bei der staatlich geförderten Sicherheitsforschung weltweit an der Spitze liegt: 6,2 Prozent der Mittel des Bundes für Nanotechnologieforschung insgesamt entfallen auf die Sicherheitsforschung (USA: 5 Prozent, Großbritannien: 4 Prozent, Japan: 2,4 Prozent). Bezieht man den Aufwand für Sicherheitsforschung nur auf die Bundesmittel für FuE-Vorhaben mit partikulären Nanomaterialien, so liegt der Anteil der Sicherheitsforschung in Deutschland noch höher. Grundsätzlich sollte nach Ansicht des VCI die Sicherheitsforschung begleitend zur Innovationsforschung und im Kontext der Anwendungen gefördert werden. Dabei hat nach Ansicht des VCI die Einhaltung der erforderlichen Qualität der Projekte unbedingte Priorität; eine etwaige Förderung nach Quoten ist nicht sinnvoll. In der Ausrichtung weiterer staatlich geförderter Projekte zur Sicherheitsforschung besteht aus Sicht des VCI Bedarf in der Weiterentwicklung von Testmethoden für toxikologische und ökotoxikologische Untersuchungen. Darüber hinaus sind weitere Untersuchungen über die tatsächliche Freisetzung von Nanopartikeln in die Umwelt sinnvoll. Der VCI teilt die Sicht des SRU, dass eine bessere Transparenz über die Ergebnisse der öffentlich geförderten Sicherheitsforschung sinnvoll ist. Ein gutes Beispiel ist die bei der DECHEMA angesiedelte Datenbank DaNa (Erfassung, Bewertung und breitenwirksame Darstellung von gesellschaftlich relevanten Daten und Erkenntnissen zu Nanomaterialien), die zum Ziel hat, in einem interdisziplinären Ansatz mit Wissenschaftlern aus Humantoxikologie, Ökotoxikologie, Biologie, Physik, Chemie und Soziologie Forschungsergebnisse zu Nanomaterialien und deren Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt so aufzubereiten, dass sie für interessierte Laien verstehbar sind. DECHEMA und VCI haben vor Kurzem zudem eine Publikation von zu den

- 4 - Ergebnissen von 10 Jahren Sicherheitsforschung bei Nanomaterialien herausgegeben und so zur Verbreitung der Ergebnisse der Sicherheitsforschung beigetragen. Markt-Transparenz (Produktregister, Inhaltsdeklaration) Der VCI unterstützt grundsätzlich die vom SRU geforderte Schaffung von mehr Transparenz über kommerziell verwendete Nanomaterialien und über verbrauchernahe Produkte insbesondere, wenn sie neu entwickelte Nanomaterialien enthalten. Hierzu gehören auch Informationen über den Nutzen der Produkte. Die Behörden müssen aus Sicht des VCI in der Lage sein, bei Vorfällen mit Schädigung der Gesundheit von Menschen die möglichen Ursachen beurteilen zu können. Für die Öffentlichkeit sollte bei Verbraucherprodukten die Transparenz sektoral und unter Nutzung existierender Mechanismen und Instrumente geschaffen werden. Mit der Schaffung von Transparenz muss auf Ebene der chemischen Stoffe begonnen werden, denn Nanomaterialien sind chemische Stoffe in nanoskaliger Form. Dies ist unabdingbare Voraussetzung dafür, Transparenz über Produkte, die Nanomaterialien enthalten, zu schaffen. Die Transparenz auf Stoffebene muss in den REACH- und CLP (Classification, Labelling, Packaging)-Datenbanken der ECHA geschaffen werden. Dazu ist es erforderlich, dass die EU-Kommission und die ECHA festlegen, welche stoffbezogene Nanomaterial-Definition den nanospezifischen Eingabefeldern der ECHA-Datenbanken zugrundeliegen soll. Hierzu gehört auch die Festlegung der anzuwendenden Messmethode. Transparenz innerhalb der Lieferkette schaffen die Hersteller von Stoffen in nanoskaliger Form über Sicherheitsdatenblätter und technische Informationsbroschüren. Aus Sicht des VCI sollte Transparenz auf Ebene von Produkten, die Nanomaterialien enthalten, sektoral und unter Nutzung existierender Mechanismen und Instrumente geschaffen werden. Das heißt, dass dort, wo auf nationaler oder auf EU-Ebene Informations-, Notifizierungs- oder Zulassungspflichten bestehen oder wo Branchen Register zu Produktgruppen führen, Transparenz geschaffen werden sollte, wenn bestimmte Produkte Nanomaterialien enthalten. Auf Produktebene muss festgelegt werden, ab welchem Anteil an Nanomaterialien ein Produkt in ein Produktregister gemeldet werden muss. Hierzu gehört auch die Festlegung der anzuwendenden Messmethode. Produktbereiche, in denen unter Nutzung existierender Mechanismen und Instrumente Transparenz geschaffen werden kann, sind: Neuartige Lebensmittel Lebensmittelzusatzstoffe Lebensmittelkontaktmaterialien Kosmetika Detergenzien gemäß Detergenzienverordnung Biozide gemäß Biozidverordnung und damit ausgestattete Bedarfsgegenstände Produkte mit bestimmten gefährlichen Eigenschaften nach CLP-Verordnung.

- 5 - Ein öffentliches sektorenübergreifendes generelles Nanoprodukt -Register lehnt der VCI auch wegen der Überschneidung mit existierenden Registern, der Komplexität, der hohen Bürokratiekosten und der Gefahr, dass Verbraucher dies als Warnhinweis für ein ungeklärtes bzw. pauschal unterstelltes Risiko von Nanomaterialien oder Nanoprodukten auffassen, ab. Zudem ist ein solches Register aufgrund der Breite und der extrem großen Zahl der betroffenen Erzeugnisse nicht praktikabel und nicht aktuell zu halten. Außerdem stehen die WTO-Regeln einer solchen Einrichtung eines Registers entgegen, da es nicht der Gefahrenabwehr dient, da Nanoprodukte nicht generell gefährlich sind. Aus Sicht des VCI könnte in den Produktbereichen, in denen zur Information des Verbrauchers Angaben über Produktinhalte vorgeschrieben oder auch üblich sind, auch angegeben werden, wenn das Produkt Nanomaterialien enthält so wie es beispielsweise in der neuen europäischen Kosmetik-Verordnung und der vor Kurzem verabschiedeten Lebensmittelinformationsverordnung vorgeschrieben wurde. Dort wurde festgelegt, dass in der Inhaltsliste die unter die Nanomaterial-Definition fallenden Formen eines Stoffes mit dem Klammerzusatz nano versehen werden. Eine generelle Kennzeichnungspflicht für Nanomaterialien enthaltende Produkte lehnt der VCI ab. Hier besteht die Gefahr, dass Verbraucher dies als Warnhinweis für ein ungeklärtes bzw. pauschal unterstelltes Risiko von Nanomaterialien oder Nanoprodukten auffassen.