Sexualität und Demenz. Gatterer Gerald Geriatriezentrum am Wienerwald; Wien

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Transkript:

Sexualität und Demenz Gatterer Gerald Geriatriezentrum am Wienerwald; Wien gerald@gatterer.at

Sexualität im Alter? - Gesellschaft Tabuthema schon bei relativ jungen alten Menschen Oft auf Bereich der Zärtlichkeit reduziert Mit Aspekten von noch immer, nett, lieb,... verniedlicht Wird leicht pathologisiert Krankheit nicht mit Sexualität vereinbar Enttabuisierung erfolgt langsam

Sexualität im Alter? - Realität Ist bis ins hohe Alter möglich und wie Studien zeigen auch gesund Notwendigkeit der Modifikation und vermehrter offener Gespräche bei Paaren große Unterschiede zwischen den Menschen Auch in Heimen und bei Krankheit Thema

Psychologie der Sexualität Sexualität als gelerntes Verhalten Rollenbild in der sexuellen Gesellschaft Selbstbild von Mann und Frau Ursachen für Sexualität Verarbeitung von Veränderungen Spaß, Nähe, Beziehung, Befriedigung aber auch Konfliktthema

Modell für Alterssexualität Biologisches Substrat Psychische Faktoren Sexualität soziale Faktoren Ökologisch/kontextuelle Faktoren

Sexualität und Demenz? Demenz als Krankheit was ist normales Verhalten? (Rollen, Normen, Sichtweise) Wessen Bedürfnisse zählen? Wahrnehmung von Sexualität durch Partner Bisheriges Leben wesentlich Häufig Konfliktthema (Heim/Partnerschaft) und Indikation für Therapie Wer wird behandelt?

Sexualität und Demenz Bedürfnisse auf beiden Seiten oft vorhanden aber auch Ängste und Schuldgefühle (pervers?) Biografie der Generation wichtig Oft kann im Rahmen der Demenz erst Sexualität gelebt werden Ist eine Möglichkeit für Nähe und Austausch auch wenn Sprache verloren gegangen ist

Beispiel Frau N., eine 78jährige Frau kommt in die Angehörigenberatung. Sie fühle sich als Frau von ihrem dementen Mann gedemütigt, der von ihr immer Oralverkehr möchte und einfach die Hosen hinunter läst

Beispiel Sie versuche nun sich zu wehren und weigere sich. Sie versucht auch ihm zu erklären, dass sie auf diese Art nicht möchte. Das Verhalten ist ein schon immer bestehendes, aber durch die Demenz verstärkt. Sexualität war wichtig.

Was kann man tun?

Maßnahmen Aufklärung über die Demenzerkrankung Entkopplung des Sexualverhaltens von Persönlichkeit des Erkrankten Paartherapie Motivation zu vermehrter Zärtlichkeit Medikamentöse Therapie des Gatten Verbesserung der Partnerschaft

Beispiel 2 80jähriger Mann kommt zu Beratung. Gattin hätte versucht, ihn in der Nacht zu erwürgen. Sie saß auf ihm und wollte anscheinend Sex. Er traue sich nun nicht mehr neben ihr zu schlafen. Sex seit über 30 Jahren kein Thema mehr. Er möchte sie in Heim unterbringen

Maßnahmen Gespräche mit Mann. Sexualität kein Thema Ist überfordert und sieht Gattin und ihr Verhalten primär als krank Bedürfnisse zu Zärtlichkeit gibt es nicht

Maßnahmen Aufnahme im Pflegeheim. Gattin fühlt sich dort wohl und kuschelt mit anderen Männer. Konflikt mit Gatten. Heim soll das verhindern! Gespräche über mögliche Maßnahmen Widmet sich nun mehr der Gattin im Heim. Diese wird ruhiger.

Sexualität und Demenz Demenz und Sexualität schließen sich nicht aus. Die Möglichkeit für Paare auch bei schwerer Demenz sich nahe zu sein Zärtlichkeit und Kuscheln entschärft Geschlechtsverkehrsvorstellung Verhaltensstörung sind Problem (Medikament?)

Sexualität und Demenz Bei Angehörigengruppen schildern mehr Männer mit ihren dementen Partnerinnen noch Sex zu haben. Haben aber oft Schuldgefühle. Woran erkenne ich dass Partnerin will? Frauen leiden häufig unter wieder erwachter Sexualität beim Ehemann. Enttabuisierung und Gespräche in Angehörigengruppen wichtig.

Kritische Betrachtungen Sollte man überhaupt von Alterssexualität bzw. bei Krankheit sprechen? Was ist die Sexualität? Nicht nur Genitalität! Vorsicht vor einem Defizitmodell orientiert an Jungen, Gesunden und sozialen Normen! Sexualität ist individuell und wie jedes Verhalten einem Wandel unterworfen! Wesentlich ist der Spaßfaktor und die Beziehung!!

Kritische Bemerkungen Sexualität gibt es auch in Heimen. Deshalb sollten die Strukturen dafür vorhanden und das Personal geschult sein damit umzugehen? (Selbstbefriedigung, Homosexualität) Wie möchten denn wir selbst, dass man im Alter mit unseren sexuellen Bedürfnissen umgeht?