Fall Nr. 22: Lunchpause mit Hindernissen

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Transkript:

Fall Nr. 22: Lunchpause mit Hindernissen Die in Paris, Frankreich ansässige F s.a.r.l. betreibt einige Schlachthöfe in Frankreich und Spanien und verarbeitet das Fleisch auch weiter. In ihrem Schlachthof in Spanien hat sie vor einigen Jahren einen größeren Posten Schinken hergestellt, der sein Haltbarkeitsdatum bereits deutlich überschritten hat. Um das Fleisch aber nicht wegwerfen zu müssen, beschließt sie, daraus Schinkensandwiches herzustellen, was in ihrer spanischen Fabrik auch geschieht. Diese Butterbrote bietet sie einigen französischen Einzelhändlern, darunter auch dem V, an. Dieser erwirbt einige Paletten und liefert sie unter anderem auch an ein Verkaufsgeschäft in einer niederländischen Autobahnraststätte. Der in Brüssel wohnende belgische Staatsangehörige K befindet sich mit seiner Familie auf der Durchreise zum Familienurlaub an die Ostsee, als er an dieser Autobahnraststätte Station macht und mehrere dieser Sandwiches kauft. Bei der nächsten Pause nach Überquerung der Grenze zu Deutschland verzehrt K die Sandwiches. Bereits in der nächsten Nacht wird er mit Vergiftungserscheinungen in ein Krankenhaus eingeliefert, wo sich herausstellt, dass dies auf den Verzehr verdorbenen Fleisches zurückzuführen ist. K verlangt von der F s.a.r.l. Schmerzensgeld sowie Schadensersatz wegen des verlorenen Urlaubsgenusses. Bearbeitervermerk: Welches Recht ist von den in Frage kommenden mitgliedstaatlichen Gerichten auf die in Betracht kommenden Ansprüche des K gegen die F s.a.r.l. anzuwenden?

Haager Übereinkommen vom 2.10.1973 über das auf die Produkthaftpflicht anzuwendende Recht Art. 1 1Diese Konvention regelt, welches Recht für die Haftung des Herstellers und weiterer, in Artikel 3 genannter Personen für Schäden durch ein Produkt anwendbar ist, einschließlich der Schäden, die Folge einer fehlerhaften Produktbeschreibung oder einer unzureichenden Aufklärung über Eigenschaften oder Besonderheiten des Produktes oder die Art und Weise seiner Verwendung sind. 2Wenn die in Anspruch genommene Person das Eigentum oder den Besitz an dem Produkt der geschädigten Person übertragen hat, gilt die Konvention nicht für die Haftung dieser Personen untereinander. 3Diese Konvention gilt unabhängig von der Art des Gerichtsverfahrens, in dem die Ansprüche geltend gemacht werden. Art. 2 Für die Zwecke dieser Konvention: a) umfasst das Wort Produkt Natur- und Industrieprodukte, gleichgültig, ob im Rohzustand oder bearbeitet, ob beweglich oder unbeweglich; b) bedeutet das Wort Schaden Verletzung von Personen oder Sachen ebenso wie unmittelbare Vermögensschäden; Schäden am Produkt selbst und die daraus folgenden Vermögensschäden sind jedoch ausgeschlossen, sofern sie nicht im Zusammenhang mit anderen Schäden stehen; c) bezieht sich das Wort Person sowohl auf juristische als auch auf natürliche Personen. Art. 3 1Diese Konvention gilt für die Haftung der folgenden Personen: 1. Hersteller eines Endproduktes oder eines Teilproduktes; 2. Erzeuger eines Naturproduktes; 3. Lieferanten eines Produktes; 4. die anderen Personen in der Kette der kommerziellen Zubereitung und Verteilung eines Produktes einschließlich von Reparatur- und Lagerbetrieben. 2Sie gilt auch für die Haftung der nicht weisungsgebundenen Gehilfen und der Mitarbeiter der genannten Personen. Art. 4 Anwendbares Recht ist das interne Recht des Staats des Verletzungsortes, wenn dieser Staat außerdem ist a) der Staat des gewöhnlichen Aufenthaltsortes der geschädigten Person oder b) der Staat des Haupt-Geschäftssitzes der in Anspruch genommenen Person oder c) der Staat, in dem das Produkt von der geschädigten Person erworben wurde.

Art. 5 Ungeachtet der Vorschriften des Artikels 4 ist anwendbares Recht das interne Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der geschädigten Person, wenn dieser Staat außerdem ist a) der Staat des Haupt-Geschäftssitzes der in Anspruch genommenen Person oder b) der Staat des Ortes, an dem das Produkt von der geschädigten Person erworben wurde. Art. 6 Wenn keines der in Artikel 4 und 5 bezeichneten Rechte gilt, ist anwendbares Recht das interne Recht des Staates, in dem die in Anspruch genommene Person ihren Haupt-Geschäftssitz hat, es sei denn, der Anspruchsteller stützt seine Klage auf das interne Recht des Staates des Verletzungsortes. Art. 7 Weder das Recht am Verletzungsort noch das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der geschädigten Person sind gemäß Artikel 4, 5 und 6 anwendbar, wenn die in Anspruch genommene Person nachweist, dass sie vernünftigerweise nicht voraussehen konnte, daß das Produkt oder ihre eigenen Produkte der betreffenden Art in dem fraglichen Staat im Handel angeboten werden würden. Art. 8 Das nach dieser Konvention anwendbare Recht regelt insbesondere 1. Voraussetzungen und Umfang der Haftung; 2. Gründe für Ausnahmen von der Haftung, Haftungsbegrenzungen aller Art und Haftungsaufteilungen zwischen mehreren Personen; 3. die Art der Schäden, auf deren Ersatz ein Anspruch bestehen kann; (,,,) Art. 9 Die Anwendung der Artikel 4, 5 und 6 schließt nicht aus, daß Verhaltens- und Sicherheitsbestimmungen des Landes berücksichtigt werden, in dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde. Art. 11 1Die vorangehenden Artikel gelten ohne Rücksicht auf irgendein Reziprozitätserfordernis. 2Die Konvention wird auch dann angewendet, wenn das anwendbare Recht nicht das eines Signatarstaats ist. Das Haager Übereinkommen vom 2. 10. 1973 über das auf die Produkthaftpflicht anzuwendende Recht ist von der Bundesrepublik Deutschland nicht ratifiziert worden. Es ist

am 1.10.1977 für Frankreich, Jugoslawien (SFR) und Norwegen in Kraft getreten und gilt heute ferner für die Niederlande (seit 1.9.1979), Luxemburg (seit 1.8.1985), Spanien (seit 1.2.1989), Slowenien (seit 8.6.1992), Mazedonien (seit 20.9.1993), Kroatien (seit 8.10.1991) und Finnland (seit 1.11.1992).

Lösung Fall Nr. 22: Lunchpause mit Hindernissen Welches Recht ist von den in Frage kommenden mitgliedstaatlichen Gerichten auf die in Betracht kommenden Ansprüche des K gegen die F s.a.r.l. anzuwenden? Vorüberlegungen - Kollisionsrechtliche Regelung durch Rom II-VO - Ggf. vorrangig Haager Übereinkommen über das auf die Produkthaftpflicht anzuwendende Recht, Art. 28 I Rom II? o VO berührt nicht Anwendung int. Übereinkommen, denen ein oder mehrere MS bei Verordnungsannahme angehören und die KollR für außervertragliche SVH enthalten Hier relevante Mitglieder des Haager Übereinkommens: Belgien (nur gezeichnet), Frankreich (wirksam), Niederlande (wirksam), Spanien (wirksam), BRD (nicht Mitglied) Für Mitglieder ist HÜ als loi uniforme anwendbar: ohne Rücksicht auf Gegenseitigkeit, Art. 11 es kommt nur darauf an, dass die Staaten, deren Kollisionsrecht zu prüfen ist, Mitgliedstaaten sind ( quasi ist nach lex fori HÜ verbindlich? ) Haager Übereinkommen also ggf. vorrangig anwendbar, wenn französisches, spanisches (aber eher unwahrscheinlich!) oder niederländisches Gericht sich mit dem Fall befasst Für französische, spanische und niederländische Gerichte HÜ vorrangig zu prüfen I. Haager Übereinkommen anwendbar? o Sachlich: Ersatzpflicht für Schäden (Art. 2b), die durch Produkt (Art. 2a) entstanden sind Hier: Personenschaden durch bearbeitetes Produkt (nicht Schaden am Produkt) Keine Ausnahme wegen vertraglicher Beziehung, Art. 1 S. 2 o Persönlich: F als Produzentin i.s.d. Art. 3 (Herstellerin des Endprodukts, Nr. 1); als juristische Person nach Art. 2 c) erfasst o Zeitlich: für die genannten Staaten zeitlich in Kraft o Haager Übereinkommen also anwendbar II. Nach HÜ anwendbares Recht? o Art. 5 HÜ ungeachtet des Art. 4, also (nach ganz h.m.) vorrangig Gew. Aufenthalt der geschädigten Person, wenn auch a) Hauptgeschäftssitz des Schädigers oder b) Ort des Erwerbs Hier: gew Aufenthalt des K in Belgien Hauptniederlassung der F in Frankreich, Erwerbsort in den Niederlanden Art. 5 nicht einschlägig

o Art. 4 HÜ Verletzungsort, sofern dieser mit einem der in a)-c) genannten Orte zusammenfällt Verletzungsort = Ort der Rechtsgutsverletzung (sog. Tatortregel, sonst ja nicht vom Erwerbsort zu unterscheiden) hier Deutschland Übereinstimmung? a) gew. Aufenthalt des Geschädigten = Belgien (-) b) Hauptniederlassung des Beklagten = Frankreich (-) c) Erwerbsort = Niederlande (-) damit anwendbares Recht nicht nach Art. 4 HÜ zu bestimmen o Art. 6 HÜ (mangels Art. 4, 5 HÜ) Hauptniederlassung des Beklagten Frankreich Wahlweise: Verletzungsort Deutschland K kann also zwischen frz. und dt. Recht wählen ABER: Art. 7 HÜ? Danach scheiden das Recht des Verletzungsortes und das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt der geschädigten Person aus, wenn der Schädiger den Verkauf in dem jeweiligen Land nicht vorhersehen konnte Das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt der geschädigten Person nach Art. 5 HÜ und das Recht am Verletzungsort nach Art. 4 HÜ sind nicht einschlägig (s.o.). Entscheidend ist hier allein das Recht am Verletzungsort nach Art. 6 Alt 2 HÜ Verletzungsortrecht nicht anwendbar, wenn der Beklagte nachweist, dass er vernünftigerweise nicht voraussehen konnte, dass das Produkt im fraglichen Staat im Handel angeboten werden würde; Gelingt dem Hersteller der Nachweis, dann gilt nach Art. 6 Alt 1 HÜ allein das Recht der Hauptniederlassung (die Wahlmöglichkeit wird ausgeschlossen) Hier: Sandwich gar nicht in Deutschland angeboten; F hat nur an frz. Einzelhändler verkauft ABER: Es wird gerade nicht auf den Erwerbsort abgestellt! Maßgeblich ist allein, ob der Hersteller damit rechnen konnte, dass es im fraglichen Staat in den Handel gelangen konnte (vgl. Lorenz RabelsZ 37 (1973) 317, 348) Der Verkauf an verschiedene Einzelhändler kann im Binnenmarkt zu einem Weiterverkauf in andere Länder führen. Davon darf man zumindest für die angrenzenden europäischen

Länder ausgehen. Dies gilt auch für Deutschland als europäisches Nachbarland. Damit konnte die F als europaweit verzweigtes Unternehmen auch rechnen. Anderenfalls hätte F den Einzelhändlern den Verkauf in bestimmte Länder ausdrücklich verbieten müssen. damit: Wahlmöglichkeit nach Art. 6 HÜ zwischen französischem und deutschem Recht; Dabei kommt primär das Recht der Hauptniederlassung zur Anwendung (Art. 6 Alt 1), außer K stützt seine Klage auf das deutsche Recht (Art. 6 Alt 2) Verweisung auf internes Recht, also frz. oder deutsche Sachnormen Renvoi ausgeschlossen! Französisches, spanisches und niederländisches Kollisionsrecht kommt über vorrangiges HÜ also zum französischen (oder ggf. deutschen) Sachrecht. Für belgische und deutsche Gerichte ist HÜ nicht anwendbar, hier also anwendbares Recht nach Rom II beurteilen I. Anwendungsbereich (+), außervertragliches Schuldverhältnis, keine Ausnahme; Geltung der VO in allen MS; zeitliche Anwendbarkeit II. Anwendbares Recht? o Rechtswahl, Art. 14 Rom II (-) o Spezialregelung, Art. 5 Rom II Produkthaftung Vorrangig vor allg. Regelung des Art. 4 Rom II Art. 4 II Rom II bleibt anwendbar gemeinsamer gew. Aufenthalt (-), Belgien/Frankreich (Art. 23 I 1 Rom II für gew. Aufenthalt) Art. 5 Rom II: hier geht es um Schaden durch ein Produkt! Die Prüfung erfolgt nach der Anknüpfungsleiter des Art. 5 I 1 Art. 5 I 1 a): gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten, wenn Produkt dort in Verkehr gebracht o Ein Produkt ist in den Verkehr gebracht, wenn es den vom Hersteller eingerichteten Herstellungsprozess verlassen hat und auf den Markt gelangt ist, wo es in geoder verbrauchsfertigem Zustand öffentlich angeboten wird (Dörner NK-BGB, Art. 5 Rom II-VO Rn. 5). o Inverkehrbringen ist als Vermarkten zu verstehen (Junker MüKo BGB, Art. 5 Rom II- VO Rn. 29) o Maßgeblich ist deshalb die Abgabe an den bestimmungsgemäßen Adressaten (Junker aao); Es kommt nicht auf den Erst- oder Zweiterwerb an (z.b. durch Zwischenhändler; Hohloch Ermann BGB, Art. 5 Rom II-VO Rn. 11)

o Belgien, damit dort nicht in den Verkehr gebracht; auch (-), wenn man nicht das konkrete Produkt, sondern die Produktgattung für maßgeblich hält, da nicht ersichtlich, dass diese Art Sandwiches in Belgien verkauft wird Art. 5 I 1 b): Erwerbsort, wenn dort Inverkehrbringen o Niederlande, Inverkehrbringen grds. (+), (s.o.) o Aber: Art. 5 I 2 Rom II: gew. Aufenthalt des Schädigers, wenn dieser Inverkehrbringen in dem nach a)-c) ermittelten Staat vernünftigerweise nicht voraussehen konnte Konnte F Inverkehrbringen in den Niederlanden vernünftigerweise nicht voraussehen? Nach dem EuGH ist ein Voraussehen zu verneinen, falls es gegen den Willen oder gegen sein Wollen in dem fraglichen Staat in Verkehr gebracht wurde (Junker MüKo BGB, Art. 5 Rom II-Vo Rn. 44; EuGH C-127/04 Declan O'Byrne/Sanofi Pasteur MSD Ltd.;) Hier ist aber kein entgegenstehender Wille erkennbar. Insbesondere muss der Hersteller beim Verkauf an mehrere Einzelhändler damit rechnen, dass diese im Binnenmarkt in andere Länder weiterverkaufen (s.o.). Auch hier liegt keine Vermarktung gegen den Willen der F vor. Damit ist Art. 5 I 2 Rom II nicht anzuwenden Niederländisches Recht Offensichtlich engere Verbindung, Art. 5 II Rom II, ist nicht ersichtlich, insbesondere kein Vertrag o.ä. (Art. 5 II 2) Damit ist nach Rom II niederländisches Recht anwendbar (Verweisung auf Sachnormen, Art. 24 Rom II)