Theoretische Grundlagen der Informatik

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Transkript:

Theoretische Grundlagen der Informatik 0 KIT 10.11.2011 Universität des Dorothea Landes Baden-Württemberg Wagner - Theoretische und Grundlagen der Informatik nationales Forschungszentrum Vorlesung in am der 8. Helmholtz-Gemeinschaft November 2011 www.kit.edu

Frage Frage: Ist der Äquivalenzklassenautomat zu einem deterministischen endlichen Automaten schon der äquivalente Automat mit der minimalen Anzahl von Zuständen? 1 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Frage Frage: Ist der Äquivalenzklassenautomat zu einem deterministischen endlichen Automaten schon der äquivalente Automat mit der minimalen Anzahl von Zuständen? Antwort: Ja, wir zeigen dies wie folgt: Zuerst konstruieren wir den minimalen Automaten zur Sprache L (Automat der Nerode-Relation) Anschließend zeigen wir, dass A höchstens soviele Zustände hat wie der Automat der Nerode-Relation. 1 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Definitionen: Rechtsinvarianz und Index Definition (Rechtsinvarianz und Index): Eine Äquivalenzrelation R über Σ heißt rechtsinvariant, wenn für alle x, y Σ gilt: falls x R y so gilt auch xz R yz für alle z Σ. Den Index von R bezeichnen wir mit ind(r); er ist die Anzahl der Äquivalenzklassen von Σ bezüglich R. 2 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Nerode-Relation Definition (Nerode-Relationen): Für eine Sprache L Σ ist die Nerode Relation R L definiert durch: für x, y Σ ist x R L y genau dann wenn (xz L yz L) für alle z Σ gilt. Die Nerode Relation R L zu einer Sprache L Σ ist eine rechtsinvariante Äquivalenzrelation. Es gilt: x R L y (xw L yw L) für alle w Σ (xzw L yzw L) für alle w, z Σ (xz R L yz) für alle z Σ. 3 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Satz von Nerode Satz (von Nerode): Die folgenden Aussagen sind äquivalent: 1 L Σ wird von einem deterministischen endlichen Automaten erkannt bzw. akzeptiert. 2 L ist die Vereinigung von (einigen) Äquivalenzklassen einer rechtsinvarianten Äquivalenzrelation mit endlichem Index. 3 Die Nerode Relation hat endlichen Index. 4 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Beweis zu Satz von Nerode: (1) (2) (1) L Σ wird von einem deterministischen endlichen Automaten erkannt bzw. akzeptiert. (2) L ist die Vereinigung von (einigen) Äquivalenzklassen einer rechtsinvarianten Äquivalenzrelation mit endlichem Index. Beweis: Sei A := (Q, Σ, δ, s, F) der deterministische endliche Automat, der L akzeptiert, und R A wie folgt definiert: x, y Σ : x R A y δ(s, x) = δ(s, y). R A ist eine rechtsinvariante Äquivalenzrelation. Der Index von R A ist die Anzahl der nicht überflüssigen Zustände von A, also endlich. Also ist L die Vereinigung der Äquivalenzklassen von R A, die zu den Endzuständen von A gehören. 5 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Beweis zu Satz von Nerode: (2) (3) (2) L ist die Vereinigung von (einigen) Äquivalenzklassen einer rechtsinvarianten Äquivalenzrelation R mit endlichem Index. (3) Die Nerode Relation hat endlichen Index. Beweis: Wir zeigen x R y impliziert x R L y (R L eine Vergröberung von R) Dann gilt ind(r L ) ind(r) <. Sei also x R y. Da R rechtsinvariant ist, gilt für alle z Σ : xz R yz. Voraussetzung: Jede Äquivalenzklasse von R gehört entweder ganz oder gar nicht zu L Also: xz, yz L oder xz, yz L. Damit folgt x R L y. 6 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Beweis zu Satz von Nerode: (3) (1) (3) Die Nerode Relation hat endlichen Index. (1) L Σ wird von einem deterministischen endlichen Automaten erkannt bzw. akzeptiert. Beweis: Wir konstruieren zu R L einen deterministischen endlichen Automaten, der L akzeptiert. Sei A := (Q, Σ, δ, s, F) mit: Q := { [x] RL x Σ }, Menge aller Äquivalenzklassen bezüglich R L. Es ist also Q = ind(r L ) <. s := [ε] RL, F := { [w] RL w L } (wohldefiniert) δ([x] RL, a) := [xa] RL 7 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Beweis zu Satz von Nerode: (3) (1) Beweis: Wir konstruieren zu R L einen deterministischen endlichen Automaten, der L akzeptiert. Sei A := (Q, Σ, δ, s, F) mit: Q := { [x] RL x Σ }, Menge aller Äquivalenzklassen bezüglich R L. Es ist also Q = ind(r L ) <. s := [ε] RL, F := { [w] RL w L } (wohldefiniert) δ([x] RL, a) := [xa] RL δ ist wohldefiniert: Falls [w] RL = [w ] RL dann gilt w R L w und wegen Rechtsinvarianz von R L auch wa R L w a. Also ist [wa] RL = [w a] RL. 7 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Beweis zu Satz von Nerode: (3) (1) Beweis: Wir konstruieren zu R L einen deterministischen endlichen Automaten, der L akzeptiert. Sei A := (Q, Σ, δ, s, F) mit: Q := { [x] RL x Σ }, Menge aller Äquivalenzklassen bezüglich R L. Es ist also Q = ind(r L ) <. s := [ε] RL, F := { [w] RL w L } (wohldefiniert) δ([x] RL, a) := [xa] RL Es bleibt zu zeigen, dass A genau L akzeptiert. Nach Konstruktion ist δ(s, w) = δ([ε], w) = [εw] RL = [w] RL. Also wird w von A akzeptiert genau dann, wenn [w] F gilt, d.h. wenn w L. 7 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Korollar Korollar Der im dritten Beweisteil zum Satz von Nerode konstruierte Automat A zu R L der Automat der Nerode Relation ist minimal. 8 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Korollar Korollar Der im dritten Beweisteil zum Satz von Nerode konstruierte Automat A zu R L der Automat der Nerode Relation ist minimal. Beweis: Sei A := (Q, Σ, δ, s, F ) ein deterministischer endlicher Automat, der L akzeptiert. Aus 1 2 folgt, dass eine rechtsinvariante Äquivalenzrelation R A mit ind(r A ) Q existiert. Wegen 2 3 gilt: ind(r L ) ind(r A ). Mit 3 1 folgt Q = ind(r L ) ind(r A ) Q, für den Nerode Automat A = (Q, Σ, δ, s, F). 8 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Minimalität des Äquivalenzklassenautomats Satz (Minimalität des Äquivalenzklassenautomats): Der Äquivalenzklassenautomat A zu einem deterministischen endlichen Automaten A ohne überflüssige Zustände ist minimal. 9 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Minimalität des Äquivalenzklassenautomats Satz (Minimalität des Äquivalenzklassenautomats): Der Äquivalenzklassenautomat A zu einem deterministischen endlichen Automaten A ohne überflüssige Zustände ist minimal. Beweis: Sei L die vom Automaten A bzw. A akzeptierte Sprache. A hat keine überflüssigen Zustände. Letzter Korollar: Es genügt zu zeigen, dass Q = ind(r L ). Es bleibt zu zeigen, dass für alle x, y Σ gilt: x R L y δ(s, x) δ(s, y). x R L y z Σ : (xz L yz L) z Σ : (δ(s, xz) F δ(s, yz) F) z Σ : (δ(δ(s, x), z) F δ(δ(s, y), z) F) δ(s, x) δ(s, y) 9 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik

Zusammenfassung Ein DEA ist ein Modell für einen sehr einfachen Computer Folgende Mengen sind gleich Die Menge der regulären Sprachen Die Menge aller Sprachen, die von einem DEA erkannt werden. Die Menge aller Sprachen, die von einem NEA erkannt werden. Mit Potenzmengenkonstruktion kann ein zu einem NEA äquivalenter DEA konstruiert werden. Das Pumping Lemma für reguläre Sprachen und das Verallgemeinerte Pumping-Lemma für reguläre Sprachen sind Hilfsmittel, mit denen für manche Sprachen gezeigt werden kann, dass sie nicht regulär sind. Der Äquivalenzklassenautomat zu einem DEA ohne überflüssige Zustände akzeptiert die gleiche Sprache und ist zustandsminimal. Der Automat der Nerode-Relation zu einem DEA akzeptiert die gleiche Sprache und ist zustandsminimal 10 10.11.2011 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik