Die Fachsprache des deutschen Printmedienjournalismus

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Transkript:

Germanistik Dmitriy Kuzin Die Fachsprache des deutschen Printmedienjournalismus Darstellung,Analyse - Fragen der Übersetzung am Beispiel der russischen Sprache Magisterarbeit

Magisterarbeit zum Erwerb des akademischen Grades Magister Artium zum Thema: Die Fachsprache des deutschen Printmedienjournalismus Darstellung, Analyse. Fragen der Übersetzung (am Beispiel der russischen Sprache) Im Fachbereich Geisteswissenschaften der Studienrichtung Germanistik Universität Duisburg-Essen vorgelegt von: Dmitry Kouzin Duisburg, Dezember 2007

2 Inhaltsverzeichnis I. Einführung 4 II. Theoretischer Teil 6 2.1 Soziale und fachliche Gliederung des Wortschatzes 6 2.2 Fachsprache oder Fachwortschatz 8 2.2.1 Definitionsprobleme 8 2.2.2 Horizontale Gliederung der Fachsprachen 12 2.2.3 Vertikale Gliederung der Fachsprachen 14 2.3 Verschiedene Klassifikationen von Fachlexikonen 17 2.3.1 System von W.Schmidt 17 2.3.2 System von K.Hudson 18 2.3.3 System von L. Rachmanova und V. Suzdaltseva 19 2.3.4 System von J. Filipec 20 2.4 Definitionen von Bestandteilen der Fachwortschätze 21 2.4.1 Terminus und Terminologie 21 2.4.2 Fachterminologie und Fachterminus 24 2.4.3 Professionalismen 26 2.4.4 Jargon, Slang, Argot 29 2.4.4.1 Jargon 29 2.4.4.2 Slang 35 2.4.4.3 Argot 37 2.5 Wortbildungsmodelle für die Fachsprache der Journalisten 38 2.5.1 Wortbildungsmodelle für Termini und Internationalismen 38 2.5.2 Wortbildungsmodelle für Fachausdrücke und Fachjargonismen 45 2.6 Fragen der Übersetzung 50 2.6.1 Übersetzungsrelevante Ansätze 50 2.6.2 Synonyme, Polyseme und Antonyme 53 2.6.3 Ausarbeitung der Fachwörterbücher 54 2.6.4 Übersetzung als Entscheidungsprozeß 58 2.6.4.1 Usuelle und okkasionelle Bedeutung 58 2.6.4.2 Übersetzung als Analyse von Form und Bedeutung 60

3 2.6.4.3 Übersetzung der Konnotationen 62 2.6.4.4 Synchrone und diachrone Sicht der Ausgangssprache 64 III. Praktischer Teil 68 3.1 Strukturell-semantische Klassifikation der Journalistensprache 68 3.2 Paradigmatische Klassifikation der journalistischen Fachsprache 72 3.3 Übersetzungsbezogene Klassifikation des Fachwortschatzes 77 IV. Schlussfolgerung 81 V. Literaturverzeichnis 83 VI. Anhang 86 6.1 Abbildungsverzeichnis 86 6.2 Verzeichnis empirischer Quellen und Informanten 86 6.3 Deutsch-russisches Wörterbuch der Printmedienlexik 87

4 I. Einführung Die vorliegende Magisterarbeit befasst sich mit der theoretischen Analyse der Fachsprachen und mit verschiedenen praktischen Analysen der redaktionellen Fachsprache der Printmedienjournalisten zwecks ihrer Übersetzung ins Russische. Die Aktualität dieses Themas wird von der Tatsache unterstrichen, dass die Journalistenfachsprache faktisch nur als `Sprache der Presse erforscht wird. Die redaktionsinterne Fachsprache findet man in der Wissenschaft selten. Diese Untersuchungen sind aber von großem Interesse für Dolmetscher, internationale Journalisten und Linguisten. Die Magisterarbeit ist in theoretische und praktische Abschnitte eingeteilt. Im ersten, theoretischen Teil der Arbeit wird der Fachwortschatz von Journalisten nach verschiedenen Methoden klassifiziert, um diesen dann im zweiten Teil zu analysieren und ins Russische fachlich zu übersetzen. Im Kapitel 2.1 werden die Ursachen und Motivationsgründe für die Entstehung der Fachsprachen und Soziolekten behandelt. Im Kapitel 2.2 wird das Forschungsobjekt zwecks der weiteren Analyse genau bestimmt und nach den theoretischen Leitsätzen von L.Hoffmann klassifiziert. Das Kapitel 2.3 ist den verschiedenen strukturell-semantischen Klassifikationen der Fachwortschätze gewidmet, um eine für die Journalistensprache geeignete Strukturierung zu finden. Die Begriffe aus den lexikalischen Kategorien werden definiert, damit die Zusammenhänge und die Grenzen zwischen allen diesen Begriffen klar werden. Im Kapitel 2.4 werden die häufigsten funktional-stilistischen Kategorien der Fachsprachen behandelt, die das Journalistenlexikon beinhalten kann. Das Kapitel 2.5 wird der Bildung der Terminologien und der Jargonismen gewidmet, um die für die Fachlexik der Journalisten typische Wortbildungsweisen festzustellen. Das letzte theoretische Kapitel 2.6 ist verschiedenen Übersetzungsfragen gewidmet, die für die Übersetzung der journalistischen Fachlexik wichtig sind. Das Kapitel 3.1 stellt eine strukturell-semantische Klassifikation der Journalistenlexik und die daraus gezogenen praktischen Schlussfolgerungen dar.

5 Das Kapitel 3.2 beinhaltet eine paradigmatische (fachgruppenbezogene) Analyse. Im Kapitel 3.3 wird eine übersetzungsbezogene Klassifikation der journalistischen deutsch-russischen Fachlexik präsentiert, die eine Optimierung der Übersetzungsmethoden dieser Fachsprache ins Russische ermöglicht. Im Fazit der Magisterarbeit sind resultierende Ergebnisse und Empfehlungen für Übersetzer zusammengestellt. Der Anhang bietet ein deutsch-russisches Fachwörterbuch und die Listen der benutzten Illustrationen und empirischen Quellen.

6 II. Theoretischer Teil 2.1 Soziale und fachliche Gliederung des Wortschatzes Der Wortschatz ist das Produkt vieler Generationen miteinander arbeitender und kommunizierender Menschen. Seine funktionalstilistischen Schichtungen ergeben sich aus den Funktionen und den Bedingungen der Sprachtätigkeit. In dieser Schichtung spiegeln sich Integration und Differenzierung der praktischen und theoretischen Arbeit wider. So sind auf der Grundlage solcher `praktischen Arbeitsbedingungen Typen sozialer Varianten der Sprache (Soziolekte) entstanden, deren Kern sozial determinierte Gruppenwortschätze als spezifische Ausprägungen der Literatursprache sind. Aus der komplizierten und spezialisierten Kommunikation sozialer Gruppierungen erklärt sich die Herausbildung von Kooperations- und Gruppensprachen, insbesondere von Gruppenwortschätzen (Fachwortschätzen), die sich mit der fachlichen und beruflichen Arbeit entwickeln. 1 Man kann auch feststellen, dass Schippan unter einer Fachsprache eine Abart der Literatursprache versteht. Die Fachsprache der Journalisten als Kommunikationssprache miteinander arbeitender Menschen entspricht diesen Kriterien der Herausbildung von Gruppensprachen. Die soziale Schichtung des Wortschatzes ist durch die Art der gesellschaftlichen Beziehungen, durch die Stellung der Menschen im Prozess der Produktion, durch die Produktionsverhältnisse, durch die Beziehungen der Menschen in Kollektiven verschiedenster Art bestimmt. Alle Gemeinschaften haben ihre eigenen kollektiven Normen der Kommunikation entwickelt, nach denen sie Lexika auswählen, bilden, und aufnehmen. Schippan gliedert die sozial bedingten Wortschatzvarianten in zwei große Gruppen: 1. Varianten, die sich aus der Kommunikation im Beruf, im Fach, in der Wissenschaft in der Sphäre der gesellschaftlichen Zusammenarbeit auf praktischem und theoretischem Gebiet der Produktionstätigkeit ergeben; (Professionalismen im weitesten Sinn) 2. Varianten, die der Kommunikation in den unterschiedlichsten Gruppen dienen, von der Intimsphäre der Ehe, Familie und Freundschaft über die 1 Vgl. Schippan, Thea: Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig: Bibliographisches Institut. 1984, S. 243.

7 wichtigeren Gruppierungen der Arbeitskollektive und Wohngebietseinheiten, der Partei- und Gewerkschaftsorganisationen, der Sportgemeinschaften und kulturellen Interessengruppen. 2 Zur ersten Gruppe gehören Fachsprachen. Die zweite Gruppe umfasst eher Soziolekte und verschiedene Jargongruppen, obwohl ihre Beschreibung auch für Berufssprachen (Berufsjargons) gültig sein kann. Die russischen Linguisten Schweizer und Nikolskij haben eine eigene Meinung zur sozialen Einteilung des spezialisierten Wortschatzes und zu der Natur einer Berufssprache. Die Berufssprache oder der Korporationsjargon gehören zu Monofunktionsbildungen. Die Fachterminologie kann sowohl die neutralen, als auch die expressiven technischen Begriffe beinhalten. Bei der Forschung der Fachsprachen ist es daher notwendig, nicht nur stilistische, sondern auch soziale und kontextuelle Verwendungsbedingungen zu berücksichtigen. 3 Sie akzeptieren die Existenz der Fachjargonismen innerhalb einer Berufssprache. Damit widersprechen Sie den Linguisten, die unter einer Fachsprachenlexik nur die Fachtermini in schriftlichen Fachtexten (z.b. in Bezug auf Sprache der Wissenschaftler) sehen. 4 Besonders interessant für das Thema der vorliegenden Magisterarbeit sind die oben erwähnten sozialen Verwendungsbedingungen der Journalistensprache. So wirkt auf den Sprachgebrauch der Journalisten die Tatsache, dass sie permanent einen Platzmangel haben und unter Zeitdruck arbeiten sollen. 5 Die beiden Faktoren sorgen auch dafür, dass die Redaktionsmitarbeiter miteinander kurz und prägnant kommunizieren sollen. Neutrale und expressive Fachausdrücke und besonders Abkürzungen der Fachbegriffe sind für die Sprachökonomie am besten geeignet. 2 Schippan, S. 243. 3 Übersetzt vom Russischen. Originaltext: «Профессиональный язык или корпоративный жаргон относятся к монофункциональным образованиям, т.е. выполняют одну функцию. При этом в состав производственной терминологии могут входить как стилистически нейтральные технические термины, так и их экспрессивные аналоги. Поэтому при изучении профессиональных «языков», необходимо учитывать не только стилистические, но и социальные, и ситуативные условия их использования». Nikolskij L.P.; Schweizer A.D: Wwedenie w soziolingwistiku. Moskwa: Wysshaja schkola. 1978, S. 99. 4 Vgl. Fluck, Hans-Rüdiger: Fachsprachen. Tübingen: Francke Verlag GmbH. 1980, S. 15. 5 Vgl. Fiedler, Elisabeth: Mediensprache. 15/09/2007. http://www2.uni-leipzig.de/~fsrkmw/ mitschriften/mediensprache.pdf

8 2.2 Fachsprache oder Fachwortschatz 2.2.1 Definitionsprobleme In diesem Kapitel betrachten wir den schon angesprochenen Konflikt der oppositionellen Meinungen, ob eine Berufssprache eine eigentliche Fachsprache oder nur den Fachwortschatz bedeutet. Dieser Fragestellung liegt die Diskussion zu Grunde, inwiefern die Umgangssprache grundlegend für die Fachsprachen ist. Die Sprachforscherin E.v. Savigny formuliert dazu vier unterschiedliche Hauptmotive: 1. Die Umgangssprache ist in dem Sinne verbindlich für die Fachsprachen, dass diese sich auf den Bestand der Umgangssprache beschränken müssen. Eine Antithese wäre die Vermutung, ob es möglich wäre, über bekannte Sachverhalte in neuer Art zu reden, beispielsweise in einer praktisch angemessenen und ökonomischen Terminologie oder mit einem Vokabular, welches die genaue Beschreibung differenzierter Sachverhalte ermöglicht. 6 Wenn wir diese Motivation für die Journalismussprache als Forschungsobjekt anwenden, so können wir uns kaum für eine These entscheiden: Das Journalismuslexikon umfasst sowohl die Lexik aus der Umgangssprache (Zeitschrift, Leser, Anzeige usw), als auch die Begriffe fachsprachlicher Natur (`Spezial-Interest-Zeitschrift, `Fließsatzanzeigen, `Doppelleser usw). 2. Die Umgangssprache darf auch nicht in dem Sinne grundlegend für die Fachsprachen sein, dass die Fachsprachen bei Erweiterungen ihrer Wortschätze am umgangssprachlichen lexikalischen Bestand festhalten müssten. Die Umgangssprache umfasst eine große Menge von alltäglichen Überzeugungen, die in einer langen Erkenntnisgeschichte der Menschheit angesammelt worden sind, die jedoch keine Grundlage für Wissenschaft als Fachdisziplin bilden dürfen. 7 Das kann man in Bezug auf die Journalismussprache interpretieren, dass der Medienwortschatz im Laufe seiner Entwicklung immer neue Fachbegriffe ins Leben ruft. Mehrere Schichten der Umgangssprache werden aber in den Fachsprachen nicht verwendet, d.h. der 6 Vgl. Savigny, Eike von: Inwiefern ist die Umgangssprache grundlegend für die Fachsprachen? In: Meggle, Georg (Hrsg.): Fachsprache Umgangssprache. Kronberg: Scriptor Verlag. 1975, S. 1. 7 Vgl. ibidem, S. 1-2.

9 Journalismuswortschatz benötigt nur ein Teil der reichhaltigen Lexik der Umgangssprache. 8 3. Die Umgangssprache muss in dem Sinne für Fachsprachen grundlegend sein, denn die Nicht-Spezialisten müssen die Ergebnisse der Spezialisten reibungslos verstehen können. 9 Wenn man eine Zeitung als das Produkt der Spezialistentätigkeit für Nichtspezialisten (Leser) ansieht, so können wir dieser These zustimmen. 4. Die Ergebnisse der Fachdisziplinen sollen konkrete (praktisch anwendbaren) Folgen haben, die jedenfalls umgangssprachlich zu beschreiben sind. 10 Diese Motivation wird als eine Idealforderung verstanden. Es wird beispielsweise mit der Journalistik um so besser stehen, je direkter ihre praktischen Ergebnissen zu gewinnen sind. Die Geltungsbereiche der Begriffe `Umgangssprache und `Fachsprache sind eng miteinander verbunden und verwoben, so dass die Frage nach der Unabhängigkeit der Fachsprachen von der Umgangssprache ohne Analysen von Definitionen und Hauptmerkmalen der obigen Begriffe kaum geklärt werden kann. Um dieses Problem lösen zu können, muss man auf alle Definitionsvarianten der Fachsprache eingehen. Der DDR-Sprachforscher W. Schmidt definiert den Begriff `Fachsprache als: [ ] das Mittel einer optimalen Verständigung über ein Fachgebiet unter Fachleuten; sie ist gekennzeichnet durch einen spezifischen Fachwortschatz und spezielle Normen für die Auswahl, Verwendung und Frequenz gemeinsprachlicher lexikalischer und grammatischer Mittel; sie existiert nicht als selbständige Erscheinungsform der Sprache, sondern wird in Fachtexten aktualisiert, die außer der fachsprachlichen Schicht immer gemeinsprachliche Elemente enthalten. 11 Diese Definition basiert sich auf dem funktionalstilistischen Aspekt der Fachsprache. W. Schmidt verneint die Existenz selbständiger Fachsprachen und vermutet in einer Gemeinsprache eine lexikalische und grammatische Basis für Fachsprachen. Die von ihm verzeichnete Bindung zwischen der Gemeinsprache und der Fachsprache wird als eine Grundlage für die Klassifizierung des Fachwortschatzes (z.b. Klassifikation von W. Schmidt) benutzt. 8 Vgl. Savigny, S. 1-2. 9 Vgl. ibidem. 10 Vgl. ibidem. 11 Fluck, S. 14-15.

10 Die Norm DIN 2342 definiert diesen Begriff als einen Sprachbereich mit dem Schwerpunkt in der Terminologie: Fachsprache ist der auf eindeutige und widerspruchsfreie Kommunikation im jeweiligen Fachgebiet gerichtete Bereich der Sprache, dessen Funktionieren durch eine festgelegte Terminologie entscheidend unterstützt wird. 12 Hier wird die Fachsprache als eine funktionale Sondersprache mit dem Akzent auf der fachlichen Terminologie bzw. Nomenklatur verstanden. In der Fachsprachenforschung konfrontieren die zwei polaren Meinungen miteinander. Die Anhänger der `Reduktionshypothese verstehen die Fachsprache als eine Gemeinsprache, denn Fachleute jeweiliges Spezialgebiets machen von gewissen Möglichkeiten der Gemeinsprache häufiger Gebrauch. Eine große Anzahl von anderen Möglichkeiten der Gesamtsprache wird für die Kommunikation nicht verwendet. Die Fachsprache ist somit eine reduzierte Form der Gemeinsprache. 13 Fachsprachenforscher Fluck schreibt dazu: Die Besonderheit der Fachsprachen hingegen [ ] liegt einmal in ihrem speziellen, auf die Bedürfnisse des jeweiligen Faches abgestimmten Wortschatz, dessen Übergänge zur Gemeinsprache fließend sind und der auch gemeinsprachliche und allgemeinverständliche Wörter enthält. Zum anderen liegt ihre Besonderheit in der Gebrauchsfrequenz bestimmter (gemeinsprachlicher) grammatischer (morphologischer, syntaktischer) Mittel. 14 Die `Reduktionshypothese bezeichnet die Fachsprache als eine Gesamtsprache mit spezifischen Gebrauchsregeln. Die `Universalitätshypothese findet in Fachtexten übereinzelsprachliche Merkmale, die für die unterschiedlichsten Sprachen charakteristisch sind: Neigung zur dritten Person, unpersönliche neutrale Ausdrucksweise usw. 15 Diese Hypothese versteht die Fachsprache als eine unabhängige Sondersprache, die der Gesamtsprache aus vielen Gründen gegenübersteht. 12 Albrecht, Jörn: Übersetzung und Linguistik. Gunter Narr Verlag Tübingen. 2005, S. 18. 13 Vgl. ibidem, S. 290. 14 Stolze, Radegundis: Hermeneutisches Übersetzen. Linguistische Kategorien des Verstehens und Formulierens beim Übersetzen. Gunter Narr Verlag Tübingen. 1992, S. 98. 15 Vgl. Albrecht, S. 290.