Fall 8: K B auf Herausgabe der Makler-Courtage I. Anspruch des K gegen B aus 280 I, 241 II, 311 II, III BGB (+) Denkbar ist zunächst ein Anspruch des K gegen B aus 280 I, 241 II, 311 II, III BGB. 1. Schuldverhältnis (c.i.c.) Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass ein Schuldverhältnis zwischen K und B vorliegt. Ein Vertrag wurde zwischen K und B nicht geschlossen. In Betracht kommt jedoch ein vorvertragliches Schuldverhältnis gem. 311 II Nr. 1 BGB. Dieses lag bei mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen vor. B führt hier sämtliche Vertragsverhandlungen und nimmt das gesamte Vertrauen des K bei den Verhandlungen für sich in Anspruch. Somit liegt ein Schuldverhältnis zu B, obwohl dieser selbst nicht Vertragspartei werden sollte, gem. 311 II Nr. 1, II BGB vor. Ein Schuldverhältnis mit den Pflichten aus 241 II BGB liegt folglich vor. 2. Pflichtverletzung durch Täuschung B müsste eine Schutzpflicht gem. 241 II BGB verletzt haben. Indem er K täuschte, um eine Makler-Courtage zu erhalten, verletzte er seine Pflichten aus 241 II BGB. 3. Verschulden, 280 I 2, 276 ff. BGB B handelte vorsätzlich, 276 I BGB. 4. Kausaler Schaden, 249 ff. BGB Durch die vorsätzliche Täuschung ist K ein Schaden entstanden. Ohne die Täuschung hätte K die Makler-Courtage nicht gezahlt. Folglich hat K gegen B einen Anspruch auf Herausgabe der Makler-Courtage aus 280 I, 241 II, 311 II, III BGB. II. Anspruch des K gegen B aus 812 I 1, 1. Alt. BGB 1. Etwas erlangt Etwas i.s.v. 812 I 1 BGB ist jeder Vermögensvorteil. 2. Durch Leistung der K Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. a) Bewusste Mehrung meint, dass sie vom Willen getragen sein muss. K hat hier willentlich geleistet. b) Zweck der Zahlung? Der Leistende muss mit der Zahlung einen bestimmten Zweck verfolgen. In Betracht kommt hier, dass K zu dem Zweck leistet, eine vermeintliche Verbindlichkeit zu erfüllen. K glaubte sich zur Zahlung aufgrund des Vertrages verpflichtet. Allerdings ist dieser Vertrag zwischen K und der Bauträgergesellschaft, nicht der H-GmbH (B) geschlossen worden. Hierbei kann es sich um einen echten (berechtigenden) Vertrag zugunsten Dritter handeln. Bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter erwirbt der Dritte das Recht, die Leistung an sich zu fordern, 328 I BGB. Ob der Dritte ein Forderungsrecht erwirbt, ist durch Auslegung gem. 328 II BGB zu ermitteln. Hierbei hat der von den Vertragsschließenden verfolgte Zweck besondere Bedeutung. Zweck der Vereinbarung über die Makler-Courtage war es,
der H-GmbH (B) für vermeintliche Maklertätigkeiten die vereinbarte Courtage zukommen zu lassen. Folglich ist auch anzunehmen, dass die H-GmbH berechtigt sein soll, den Maklerlohn selbständig einzufordern. Es liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter gem. 328 I BGB vor. Fraglich ist jedoch, ob K beim Vertragspartner (Bauträgergesellschaft) oder bei der H-GmbH (B) kondizieren muss. Es kommen nämlich zwei Leistungsbeziehungen in Betracht: zum einen zwischen dem Versprechenden (K) und dem Versprechensempfänger (Bauträgergesellschaft), sog. Deckungsverhältnis und zum anderen zwischen dem Versprechenden (K) und dem Dritten (GmbH bzw. B). Zur Beantwortung der Frage kommt es darauf an, gegenüber wem ein Zweck verfolgt wird. Maßgeblich hierfür ist der Parteiwille: Hier ist es interessengerecht und wirtschaftlich sinnvoll in der Zuwendung des Versprechenden (K) an den Dritten (H-GmbH) nur eine auf den Dritten bezogene Zweckrichtung zu sehen, deren Bestand vom Deckungsverhältnis unabhängig ist. K wollte eine vermeintliche Verpflichtung gegenüber der H-GmbH (B) erfüllen, die für sie nicht etwa eine Verpflichtung des Bauträgers war, die sie durch Zahlung beglichen hätte. K nahm an, auf eigene Verpflichtung für Dienste zu zahlen, die die GmbH für K verrichtete. Es liegt also eine Leistungsbeziehung zwischen K und B vor. In diesem Fall ist eine Direktkondiktion der K gegenüber B aus 812 I 1, 1. Alt. BGB möglich. 3. Ohne rechtlichen Grund Die Leistung muss ohne rechtlichen Grund erfolgt sein. Als rechtlicher Grund kommt hier der Vertrag zwischen K und der Bauträgergesellschaft in Betracht. Allerdings ist dieser gem. 142 I BGB wegen wirksamer Anfechtung nichtig. K hat gegen B neben den vertraglichen und deliktsrechtlichen Ansprüchen auch einen Anspruch auf Rückzahlung der Makler-Courtage gem. 812 I 1, 1. Alt. BGB. III. Anspruch des K gegen B aus Deliktsrecht 1. Anspruch des K gegen B aus 823 II BGB i.v.m. 263 StGB (+) Daneben besteht ein Anspruch des K gegen B aus 823 II BGB i.v.m. 263 StGB. a) Vorliegen eines Schutzgesetzes (1) Rechtsnorm Als verletzte Rechtsnorm kommt hier 263 StGB in Betracht. (2) Zweck: Schutz eines anderen 263 StGB soll auch den Betrogenen schützen, d.h. 263 StGB dient auch dem Individualschutz. b) Verletzung des Schutzgesetzes B hat rechtswidrig und schuldhaft den Tatbestand des 263 StGB erfüllt. c) Schaden und haftungsausfüllende Kausalität Die Schutzpflichtverletzung war kausal für den entstandenen Schaden. Auch liegt der Schaden sowohl im persönlichen wie im sachlichen Schutzbereich der Norm. (1) Persönlicher Schutzbereich Das Schutzgesetz muss gerade eine Person wie den Verletzten schützen. 263 StGB schützt generell jede heterogene Person, so das der persönliche Schutzbereich hier eröffnet ist.
(2) Sachlicher Schutzbereich Das betroffene Schutzgesetz muss auch vor Vermögensschäden schützen. Dies ist bei 263 StGB der Fall. K hat gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der Makler-Courtage auch aus 823 II BGB i.v.m. 263 StGB. 2. Anspruch des K gegen B aus 826 BGB (+) a) Schaden Ein Schaden liegt vor. b) sittenwidrige Handlung Arglistiges Verhalten ist sittenwidrig i.s.v. 826 BGB. c) Vorsatz B handelte vorsätzlich. K hat auch gem. 826 BGB einen Anspruch gegen K auf Rückzahlung der Makler- Courtage.
Wiederholung und Vertiefung zu Fall 8: I. Fragen und Aufgaben 1. Worin unterscheiden sich der sog. echte Vertrag zugunsten Dritter, der unechte Vertrag zugunsten Dritter und der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter? 2. Zwischen welchen Beteiligten liegen beim Vertrag zugunsten Dritter das Deckungs- bzw. das Valutaverhältnis vor? 3. Wie erfolgt die Rückabwicklung beim echten Vertrag zugunsten Dritter? 4. Was versteht man unter den sog. Anweisungsfällen? 5. Was bedeutet Abwicklung über s Eck? Antworten: 1. Unterscheide: Beteiligung Dritter Echter Vertrag zugunsten Dritter, 328 I BGB Der Dritte erwirbt das Recht, die Leistung an sich zu fordern. Der Versprechensempfänger erwirbt i.d.r. einen Anspruch auf Leistung an den Dritten. Unechter Vertrag zugunsten Dritter Der Dritter erwirbt kein eigenes Forderungsrecht, sondern der Verpflichtete wird lediglich ermächtigt, mit befreiender Wirkung an den Dritten zu leisten. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Gesetzlich nicht geregelter Sonderfall; Dritter (Nicht-Vertragspartner) wird von der Schutzwirkung vertraglicher Pflichten umfasst 2. Deckungsverhältnis Versprechensempfänger B Versprechender A Valutaverhältnis Dritter D Beim echten Vertrag zugunsten Dritter ( 328 BGB) erfolgt eine Zuwendung des Versprechenden A an den Zuwendungsempfänger und Dritten D. Diese ist als Leistung des A an den Versprechensempfänger B (Deckungsverhältnis) und gleichzeitig eine Leistung des B an den Forderungsberechtigten D (Valutaverhältnis) zu betrachten.
3. Es ist zu unterscheiden: Liegt ein Mangel im Valutaverhältnis vor, so hat eine Rückabwicklung allein in diesem Verhältnis (zwischen Versprechensempfänger und Drittem) zu erfolgen. Liegt ein Mangel im Deckungsverhältnis vor, so muss erneut differenziert werden. Grundsätzlich liegt eine Leistung über s Eck vor, also leistet der Versprechende an den Versprechenssempfänger und dieser an den Dritten und der Dritte ist keinem Direktanspruch des Versprechenden ausgesetzt. Die Abwicklung erfolgt folglich auch über s Eck. Allerdings wird von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht, wenn wie im Fall 8 die Leistung zwischen dem Versprechendem und dem Dritten von einem etwaigen Valutaverhältnis ganz unabhängig sein soll. Weitere Fälle, bei denen eine Direktkondiktion idr zulässig ist: Versorgungsverträgen, wie z.b. Lebensversicherungsverträgen im Valutaverhältnis liegt ein unentgeltliches Rechtsgeschäft vor, vgl. 822 BGB. Hinweis: Beim unechten Vertrag zugunsten Dritter wird im jeweiligen Rechtsverhältnis (dort, wo der Fehler auftritt) kondiziert (vgl. Anweisungsfälle). 4. Bei den sog. Anweisungsfällen geht es grundsätzlich darum, dass eine Person eine andere anweist, einer weiteren, dritten Person eine Sache zu liefern bzw. einen Geldbetrag auszuzahlen. Der wichtigste Fall ist der Überweisungsauftrag an eine Bank Leistungsverhältnisse bestehen hier zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen, häufig die Bank, (Deckungsverhältnis) und zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (Valutaverhältnis). Zwischen Angewiesenem und Anweisungsempfänger liegt lediglich eine Zuwendung, aber keine schuldrechtliche Beziehung vor, so dass dieses Verhältnis auch Vollzugsverhältnis genannt wird. Deckungsverhältnis Angewiesener Anweisender Vollzugsverhältnis Valutaverhältnis Anweisungsempfänger Bei den Anweisungsfällen ist der Bereicherungsausgleich grundsätzlich nur ird Leistungsverhältnisse möglich. Ist beispielsweise das Deckungsverhältnis fehlerhaft, dann findet die Rückabwicklung nur zwischen Anweisendem und Angewiesenem statt, bei fehlerhaftem Valutaverhältnis nur zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger. Eine Direktkondiktion des Angewiesenen vom Anweisungsempfänger kommt in der Regel nicht in Betracht. Da zwischen dem Angewiesenem und dem Anweisungsempfänger keine Leistungsbeziehung vorliegt, kommt in diesem Verhältnis allenfalls eine Nichtleistungskondiktion in Betracht. Diese ist jedoch subsidiär zur Leistungskondiktion. 5. In den Anweisungsfällen scheidet selbst dann, wenn ein Doppelmangel (sowohl das Deckungs- als auch das Valutaverhältnis sind fehlerhaft) eine Direktkondiktion idr aus. Daher ist über s Eck abzuwickeln, d.h., der Angewiesene muss beim Anweisenden und dieser beim Anweisungsempfänger kondizieren.
II. Prüfungsschema für einen Anspruch aus 812 I 1, 1. Alt. BGB 1. Etwas erlangt Etwas = jeder (auch tatsächliche) Vorteil des Bereicherungsschuldners 2. Durch Leistung eines anderen Leistung = bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens Beachte: Auslegung aus der Sicht eines objektiven Zuwendungsempfängers 3. Ohne rechtlichen Grund 4. Kein Ausschluss des Anspruchs gem. 814 bzw. 817 S. 2 BGB III. Prüfungsschema für einen Anspruch aus 823 II BGB 1. Vorliegen eines Schutzgesetzes a) Rechtsnorm b) Zweck: Schutz eines anderen Vorauss.: zumindest auch Individualschutz 2. Verstoß gegen das Schutzgesetz Prüfung des Tatbestands; bei Strafgesetzen: Prüfung von Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld 3. Rechtswidrigkeit (indiziert durch SchutzGVerletzung) 4. Schuld, 823 II 2, 276 BGB 5. Schaden 6. Haftungsausfüllende Kausalität a) Äquivalenz b) Adäquanz c) Schutzbereich der Norm (1) persönlicher Schutzbereich (2) sachlicher Schutzbereich (3) operativer Schutzbereich 7. evtl. Mitverschulden, 254 BGB