Erste Symptome früh, Diagnose spät Pharmakologische Behandlung bipolarer Störungen bei (jungen) Erwachsenen Andrea Pfennig Pfennig et al. Nervenheilkunde 2011 Seite 1 Seite 2 Behandlungsverzögerung www.ddfruehdran.de 0351-458-2876 Nach Wang et al. 2005 Seite 3 Seite 4 1
Evidenzbasierte Medizin Aktuelle Evidenz S i t u a t i o n Sicht des Patienten und seiner Angehörigen Therapeutische Sicht S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen Evidenzgrad Von der Evidenz zur Empfehlung Empfehlungsgrad Therapie - Grundsätzliches hoch moderat gering Wenn Evidenz nicht zu erwarten ist, jedoch klinischer Konsens besteht A B 0 Starke Empfehlung Empfehlung Empfehlung offen Klinischer Konsens soll sollte kann klinischer Konsens: soll, sollte, kann Übergeordnetes Ziel: Aufrechterhaltung eines möglichst hohen psychosozialen Funktionsniveaus des Patienten, was wiederum in erheblichem Maße seine gesundheitsbezogene Lebensqualität bestimmt 2
Therapie - Grundsätzliches Therapie - Grundsätzliches Die Akutbehandlung einer Episode der Bipolare Erkrankung muss bereits unter Berücksichtigung einer ggf. notwendigen Phasenprophylaxe gestaltet werden. Neben der akuten Symptomatik müssen dafür der anamnestische Verlauf der Erkrankung sowie Risiko- bzw. prädiktive Faktoren für den weiteren Verlauf berücksichtigt werden. Ziele der Behandlung sollen nach Möglichkeit gemeinsam von Patient, Behandler, und wenn vereinbart, Angehörigen, definiert werden. Entscheidungen sollen partizipativ gefunden werden. Die Zielerreichung muss im Verlauf beobachtet werden, ggf. müssen Ziele angepasst werden. Phasenspezifische Therapie der Manie Die Schattierung entspricht dem Empfehlungsgrad (Legende rechts unten). Die Wirkstoffe sind innerhalb einer Empfehlungsgrad-Stufe alphabetisch geordnet. Schutzmaßnahmen (für Patienten und ggf. für andere Personen) Beratung, Aufklärung, Einwilligung des Patienten/gesetzl. Vertreters bzgl. Behandlung (gut: zusätzlich Einbezug Angehörige) Monotherapie ARI, CBZ 1, DVP 3, HAL 2, Li, OLZ, QUE, RIS, ZIP ASE, PAL + + Benzos 4 Psychotherapie 5 Nicht ausreichendes Ansprechen Kombinationstherapie DVP 3 + OLZ, DVP 3 + RIS, Li + OLZ, Li + RIS DVP 3 + ARI, DVP 3 + QUE, Li + ARI, Li + QUE, HAL 2 + Allop, Li + Allop Weiterhin nicht ausreichendes oder fehlendes Ansprechen Aufklärung, Einwilligung des Patienten/gesetzl. Vertreters bzgl. EKT (gut: zusätzlich Einbezug Angehörige) zusätzlich EKT 6 1 Beachte hohes Interaktionsrisiko, 2 im Rahmen einer Notfallsituation oder zur Kurzzeittherapie, 3 Vorsicht: gilt nicht für Frauen im gebärfähigen Alter, 4 zeitlich eng begrenzt, 5 Kontakt halten, bei leichteren Phasen verhaltensnahe Maßnahmen, 6 Empfehlunggrad B für pharmakottherapieresistente Episode B 0 Empfehlungsgrade: B, 0, (Klinischer Konsenspunkt) Allop: Allopurinol, ASE: Asenapin, ARI: Aripiprazol, Benzos: Benzodiazepin, CBZ: Carbamazepin, EKT: Elektrokonvulsionstherapie, HAL: Haloperidol, Li: Lithium, OLZ: Olanzapin, PAL: Paliperidon, QUE: Quetiapin, RIS: Risperidon, DVP: Valproat, ZIP: Ziprasidon 3
Phasenspezifische Therapie der bipolaren Depression Die Schattierung entspricht dem Empfehlungsgrad (Legende rechts unten). Die Wirkstoffe sind innerhalb einer Empfehlungsgrad-Stufe alphabetisch geordnet. Schutzmaßnahmen (für Patienten und ggf. für andere Personen) Beratung, Aufklärung, Einwilligung des Patienten/gesetzl. Vertreters bzgl. Behandlung (gut: zusätzlich Einbezug Angehörige) Phasenprophylaxe bei bipolaren Störungen Die Schattierung entspricht dem Empfehlungsgrad (Legende rechts unten). Die Wirkstoffe sind innerhalb einer Empfehlungsgrad-Stufe alphabetisch geordnet. Beratung, Aufklärung, Einwilligung des Patienten/gesetzl. Vertreters bzgl. Behandlung (gut: zusätzlich Einbezug Angehörige) Monotherapie Bestehende Phasenprophylaxe? ja nein Li LAM 1 ARI 2, CBZ, DVP, LAM 3, OLZ 4, RIS 5 + Psychotherapie QUE Prüfen, optimieren Beginn CBZ 1, LAM 2,OLZ 3, SSRI*/BUP 4, WT Nicht ausreichendes Ansprechen Wechsel der Substanz oder zusätzliche Substanz + Psychotherapie (FFT, KVT oder IPSRT) + WT + LT Kombinationstherapie Nicht ausreichendes Ansprechen DVP + QUE 6, DVP + ZIP 7, DVP + Li, Li + QUE 6, Li + ZIP 7, TAU* + RIS 3,5 Kein Ansprechen oder keine Evidenz für Kombination des Monotherapie-Wirkstoffs Umstellung auf anderen Wirkstoff in Monotherapie ausführliche und interaktive PE KVT, FFT, IPSRT 8 Weiterhin nicht ausreichendes oder kein Ansprechen Aufklärung, Einwilligung des Patienten oder gesetzlichen Vertreters bzgl. EKT (gut: zusätzlich Einbezug Angehörige) zusätzlich EKT 5 Aufklärung, Einwilligung des Patienten/gesetzl. Vertreters bzgl. EKT (gut: zusätzlich Einbezug Angehörige) zusätzlich EKT 1 Beachte hohes Interaktionsrisiko, 2 Beachte Erfordernis langsame Aufdosierung, 3 Evidenz für Überlegenheit der Kombination mit Fluoxetin ist spärlich, 4 nicht zur alleinigen Phasenprophylaxe geeignet, 5 Grad B bei therapieresistenten Episoden, in B 0 lebensbedrohlichen Situationen, *Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin Empfehlungsgrade: B, 0, (Klinischer Konsenspunkt) BUP: Bupropion, CBZ: Carbamazepin, EKT: Elektrokonvulsionstherapie, FFT: familienfokussierte Therapie, IPSRT: interpersonelle und soziale Rhythmustherapie, KVT: kognitive Verhaltenstherapie, LAM: Lamotrigin, LT: Lichttherapie, OLZ: Olanzapin, QUE: Quetiapin, SSRI; selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, WT: Wachtherapie 1 gegen depr. E. bei Ansprechen in Akutphase, für Einsatz gegen depressive Episoden auch ohne Ansprechen in Akutphase, 2 gegen manische Episoden bei Ansprechen in Manie, 3 bei Rapid Cycling, 4 bei Ansprechen in Manie, 5 Depotpräparat, bei Ansprechen in Akutphase, 6 bei Ansprechen auf diese Kombination in Akutbehandlung, 7 bei Ansprechen auf ZIP in Manie, 8 bei Beginn in akuter Phase und längerfristiger Planung, *Behandlung wie üblich: jede Monotherapie und Kombination von Antidepressiva Stimmungsstabilisierer und Anxiolytika erlaubt ARI: Aripiprazol, CBZ: Carbamazepin, DVP: Valproat, EKT: Elektrokonvulsionstherapie, FFT: familienfokussierte Therapie, IPSRT: interpersonelle und soziale Rhythmustherapie, KVT: kognitive Verhaltenstherapie, LAM: Lamotrigin, Li: Lithium, OLZ: Olanzapin, PE: Psychoedukation, QUE: Quetiapin, RIS: Risperidon, ZIP: Ziprasidon A B 0 Empfehlungsgrade: A, B, 0, (Klinischer Konsenspunkt) Suizidalität Suizidalität In der Rezidivprophylaxe von suizidgefährdeten bipolaren Patienten soll zur Reduzierung suizidaler Handlungen (Suizidversuche und Suizide) eine Medikation mit Lithium in Betracht gezogen werden. A nicht Valproat (0) nicht Lamotrigin (0) Carbamazepin unklar (Statement) nicht Antidepressiva zur Behandlung des Zielsyndroms Suizidalität (B) kein Hinweis für suizidalitätsreduzierende Wirkung von Neuroleptika (Statement) Ergänzende Akutbehandlung (mgl. <14d) mit Benzos kann in Betracht gezogen werden (0) 4
www.leitlinie-bipolar.de Wann erkranken unsere Patienten? Erste Episode häufig bereits in frühem Erwachsenenalter 1 Erste Symptome dabei häufig bereits im jugendlichen Alter (Pubertät und postpubertär) 2 Beeinträchtigungen in sensibler Entwicklungsphase (Schulabschluss, Beginn Ausbildung oder Studium, erste längere Partnerschaft, Familiengründung) Hier könnten bereits eine Verschiebung des Erkrankungsbeginns und erst Recht eine geringer Schwere bei Beginn sehr viel bedeuten! 1 Post et al. 2010, 2 Lish et al. 1994 Seite 18 Alter bei Auftreten der ersten Symptome Wann erkranken unsere Patienten? Beeinträchtigungen in sensibler Entwicklungsphase (Schulabschluss, Beginn Ausbildung oder Studium, erste längere Partnerschaft, Familiengründung) Hier könnten bereits eine frühzeitige adäquate Behandlung und erst recht eine Verschiebung des Erkrankungsbeginns und eine geringer Schwere bei Beginn sehr viel bedeuten! Nach Lish et al. 1994 Seite 19 Seite 20 5
Interventionsmodell Risikopersonen Retrospektive Erfassung stabile prämorbide Veränderungen Prodrom Phase erster dynamischer Veränderungen in Verhalten und Psychischer Verfassung erste Episode der Erkrankung Gesunder Lebensstil inklusive körperlicher Aktivität, Drogenabstinenz, Schlaftraining + Achtsamkeitstraining + Psychoedukation High-risk/ Ultra-high-risk + Kognitive Verhaltenstherapie + Medikamentöse Therapie Prospektive Erfassung Adaptiert nach Pfennig und Bauer 2009 Seite 21 Seite 22 Seite 23 6