Naturschutzfachdienst, Amt der Salzburger Landesregierung

Ähnliche Dokumente
Naturschutz im Wald. Prof. Dipl.-Ing. Hermann Hinterstoisser. H. Hinterstoisser (2015) Naturschutz im Wald Österreichische Forsttagung

ÖWÖP Impulsreferat Biodiversitätserhaltung in Wäldern

Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Würzburg. Markt Höchberg WALDNATURSCHUTZ IM GEMEINDEWALD

Klima, Biodiversität und Nachhaltigkeit: Bewertungsansätze für WEHAM. Susanne Winter Judith Reise Florian Kukulka

Weltthema Biodiversität

Vortrag "Biodiversität"

Familie Thaller vlg. Wratschnig

NATURWALDRESERVAT DAMM

Fledermäuse - heimliche Bewohner des Waldes

r e b s r e l l a b e i r t e b t s r , h c s e l e t t i M n i r e t i e l r e i v e r, s s i e w a s i l önnen. hützen zu k

Windpark-Planung Denklingen-Fuchstal

Fachliche Auslegung der artenschutzrechtlichen Verbote 44 (1) BNatSchG

Stadt Jüterbog B-Plan Nr. 038 Wohngebiet Fuchsberge/Weinberge. Artenschutzrechtliche Beurteilung

Kernbereiche der städtischen Biodiversität

1.Ziele der Anpassung an Klimaveränderung 2.Der Wald in Hessen 3. Naturgemäße Waldwirtschaft 4. Beispielhafte waldbauliche Steuerung 5.

Waldbau. waldwirtschaft/09 1

ZAHL (Bitte im Antwortschreiben anführen) DATUM MICHAEL-PACHER-STRASSE 36 BETREFF FAX AKTENVERMERK

Wald und Forstwirtschaft. in Sachsen

Ergebnisse der Forsteinrichtung im Gemeindewald Bingen

Welche Fledermausarten gelten aus welchen Gründen als windkraftsensibel? Reiner Diemel, Regierungspräsidium Gießen

MULTIPLIKATORENSCHULUNG FÜR FORSTLICHE PROJEKTMAßNAHMEN LE 14-20

Teilflächennutzungsplan Windenergie 2022 der Verwaltungsgemeinschaft Heidenheim Nattheim. Voruntersuchungen zum Artenschutz

Fledermäuse in Autobahnbrücken. Untersuchung der Wiedtalbrücke (A 3) NUA NRW (Recklinghausen) V. Hartmann (GfL), G.

Fledermaus-Merkblatt. Fledermausschutz im Landkreis Limburg-Weilburg

Totholz und alte Bäume

Biodiversität im Siedlungsraum: Zustand und Potenziale

Gerlingen, Schillerhöhe, Fa. Bosch - Rodung von Gehölzen und Vergrößerung des Mitarbeiterparkplatzes

NACHHALTIGE WALDBEWIRTSCHAFTUNG ANGESICHTS VON KLIMAWANDEL UND KALAMITÄTEN WALDBAULICHE UND JAGDLICHE STRATEGIEN DER ÖSTERREICHISCHEN BUNDESFORSTE

Naturerbe Buchenwälder OWL

Netzwerk Naturwald Lebensräume verbinden gemeinsam Wege finden

Quartierbäume. Baumquartiere. Bedeutung und Vorkommen in unseren Wäldern

1.1 Artenvielfalt. Was die Biodiversität?

Arten und Lebensräume Landwirtschaft Vielfalt in der Agrarlandschaft

Forstbetrieb der Marktgemeinde Windischgarsten. Modell der Nachhaltigkeit. Ziele: Wirtschaftsplan und Nachhaltigkeitskonzept

Fledermaus-Forschung in Westösterreich

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Lehrerhandreichung zum Unterrichtsfilm: Ökosystem Baum

LEBENSRAUM LANDSCHAFTS- ELEMENTE 6-10 SACH INFORMATION NATURNAHE LEBENSRÄUME

Alte Bäume Zentren der Artenvielfalt

Die Mainzer Naturschutzgebiete und ihre Bedeutung für die Biodiversität

Für die Artenschutzprüfung relevante Schutzkategorien / Planungsrelevante Arten

Die neue Agrarpolitik und ihre Wechselwirkungen mit dem Wald

Naturwaldreservate als Datenbasis zur Einschätzung natürlicher Waldentwicklungen in einem künftigen Nationalpark

Artenschutzrechtliche Übersichtsbegehung zum Planungsgebiet Redtenbacher Straße in Pforzheim

5 Fledermäuse im Wald

agu Biodiversität auf kirchlichen Friedhöfen Unser Friedhof lebt Ein Projekt der Ev. - luth. Landeskirche Hannovers

NATURWALDRESERVAT WOLFSEE

Naturwaldreservate im Nationalpark - Beispiele für künftige Waldentwicklungen

Artenschutz bei der Planung von Windenergie

Ergänzungssatzung Sandackerstraße, Gemeinde Kusterdingen, Gemarkung Jettenburg

Radverkehr versus Naturschutz?

1. Der Gemeinderat nimmt von der Zustandserfassung und dem Betriebsvollzug 2004 bis 2012 Kenntnis und beschließt

NATURWALDRESERVAT HECKE

NATURWALDRESERVAT ROHRHALDE

Erhaltung forstlicher Genressourcen in Sachsen

Artenschutzprüfung bei Bau- und/oder Abbruchvorhaben

WALDBEWIRTSCHAFTUNG IM KLIMAWANDEL

Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz

Einfluss des Mikroklimas auf xylobionte Käfergemeinschaften

Die AG Biologische Vielfalt und Unternehmen in der Nachhaltigkeitsstrategie Hessen

Projekt: Höhlenbäume im urbanen Raum

Artenvielfalt ist Lebensqualität. Die heimischen Amphibien

Biodiversität in Abbaubetrieben

Faktensammlung zur Dritten Bundeswaldinventur (BWI 3) für Mecklenburg-Vorpommern

Ökologisches Potential von Verkehrsbegleitflächen

NABU, KNU, BUND OG Euskirchen, EGE, AK Fledermausschutz Stellungnahme zu Windkraftanlagen im Wald Januar 2012

Fledermäuse im Landkreis Miltenberg

Das Projekt. Ein Biodiversitätsprojekt zur Förderung der Wildbienen (Hautflügler) im LKR Passau

Möglichkeiten zum Schutz der biologischen Vielfalt durch die Medienwelt. Till-David Schade , Düsseldorf

Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag. zu den Brutvögeln und Fledermäusen. für das B-Plangebiet "Wilstedter Straße" in Tarmstedt.

Biodiversität Posten 1, Erdgeschoss 3 Lehrerinformation

Entwicklungen im Nationalpark Bayerischer Wald

Friends of the Earth Germany. Wildnisentwicklung für NRW!

Naturschutz in Gemeinden

Raubbau und naturnahe Waldbewirtschaftung Ein Vergleich

BÄUMCHEN WECHSELT EUCH!

Au A f u f d em e m Weg e zum u m Dauerwald 1

Artenschutz-Gutachten. Bauvorhaben B-Plan VI-140g/ Gleisdreieck. Pohlstraße, Pohlstraße/-Dennewitzstraße/ Kurfürstenstraße Gutachten Artenschutz

Strategie und Aktionsplan Biodiversität: Auf dem Weg zu einer ökologischen Infrastruktur

Artenvielfalt erfordert Management

Höhlen aus der Sicht des Naturschutzrechts

1. Was ist Biodiversität? Unter Biodiversität versteht man die biologische Vielfalt auf drei verschiedenen Ebenen:

Vorhaben Windkraft und Natur- / Artenschutz

Artensteckbriefe der 3 besonders zu schützenden Fledermaus-Arten Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) (KUHL, 1817) Vespertilion de Bechstein

Der Naturerbe-Entwicklungsplan als Grundlage für das Management auf DBU- Naturerbeflächen. Dr. Reinhard Stock

Fachliche und rechtliche Aspekte des neuen Artenschutzrechts

Biodiversitätsziele der NBS für den Wald was haben wir erreicht?

IST DAS EIN BIOTOP ODER KANN DAS WEG? Biodiversität auf Gewerbeflächen fördern Natur wertschätzen

Kompetenzcheck Im Tropischen Regenwald

Vom Bund über den Kanton auf die Fläche:

Regionale Biodiversitätsstrategie

Lebensraum. Kirchturm

Wintersport und die Gefahren für die Natur

Fachtagung Forstwirt schaf(f)t Biodiversität Heffterhof, Salzburg

Natur im Tiergarten überraschend

Lebensraum KIRCHTURM

MÄRCHENWALD EINBECK URWALD VON MORGEN ENTDECKEN. 1

Maßnahmenumsetzung und Finanzierung in Natura 2000 Gebieten. DI Bernhard BUDIL NATUR NÜTZEN. NATUR SCHÜTZEN.

Mehr Natur in der Stadt! Landeshauptstadt Fachbereich Umwelt und Stadtgrün

Europäische Vogelschutzgebiete und ihre Bedeutung für Waldvogelarten

Dachstuhl / stock - Quartiere

Transkript:

Wälder Hotspots der Biodiversität für die Tierwelt Naturschutzfachdienst, Amt der Salzburger Landesregierung

Biodiversität Biodiversität oder biologische Vielfalt bezeichnet gemäß Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören. Dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme. Biodiversität umfasst folglich Artenvielfalt genetische Vielfalt Vielfalt von Ökosystemen Risikostreuung durch Biodiversität!

Biodiversität und Biomasse 350 000 Arten 200 000 Arten

Wälder sind komplexe Ökosysteme sie bestehen nicht nur aus Bäumen sie beherbergen nicht nur vom Menschen nutzbare Organismen sie beherbergen Organismen, die nur hier überleben können sie benötigen das gesamte Lebensinventar ihres Standortes zur langfristigen Existenz

Unterschiedlicher Lebensraumbedarf von Tieren Eichenbockkäfer (ca. 1.000 m², anbrüchige alte Eichen Osterluzeifalter (ca. 10.000 m², Vorkommen der Osterluzeipflanze) Biber (>500 m langer Abschnitt an Gewässer pro Revier) Grauspecht (200 ha Laubmischwald mit Alt-/ Totholzholz, Lichtungen und Ameisenvorkommen)

Viele ökologische Nischen hohe Artenvielfalt 30% aller Waldorganismen sind g auf Totholz und Uraltbäume angewiesen

Warum ist Artenvielfalt wichtig? Ressource intakte Natur wichtig für Gesundheit des Menschen, aber auch wichtiger Wirtschaftsfaktor Artenvielfalt vielfältige Bedeutung für Menschen: Nahrungsgrundlage, Genussmittel, Heilmittel, ästhetische Aspekte, Indikatoren, Volkskultur ökosystemare Zusammenhänge Eigenwert der Natur Aussterben 1 Pflanzenart Aussterben von 15 Tierarten

Vielfalt bringt Stabilität Je höher die Artenvielfalt und genetische Vielfalt, umso anpassungsfähiger und widerstandsfähiger sind Ökosysteme gegen Veränderung, z.b. Klimawandel Der Schutz natürlicher Ressourcen kommt auch dem Menschen zugute! Nahrungsgrundlage Fortpflanzungshabitat Entwicklungshabitat Vielfältiges Mikroklima Generalistische Arten Massenvermehrung Schadanfälligkeit Strukturreichtum Monotonie

Biodiversität: Naturwald:Wirtschaftswald Probefläche Subalpinstufe/Wald NWR Vorderweißtürchlwald/ Seidlwinkltal (MORITZ 1992 und 2004) Fläche in ha Hauptbaumarten 6,3 Lä Zi Fi Artenzahl Abudanz PT/10 ha 36 62,3-63,4 NWR Roßwald/Saalachtal 5,0 Fi 30-3535 55-62,0 (STADLER & WINDING 1990, MORITZ 2008) Hochberg, Berner Oberland 19,7 Lä 15 24,2 (LUDER 1981) Zi Montanwälder (oberhalb 800 m) NWR Gaisberg, Salzburg 18 Fi 44-49 86,7-90,0 (WINDING 1990 und Ta HOCHRATHNER 1999) Bu Hasenkopf, Salzburg (STADLER 1991) 24 Fi 17 34,1 Vergleich von Artenzahlen und Gesamtabundanzen von Vogelgemeinschaften in verschiedenen Probeflächen der montanen, subalpinen und alpinen Stufe der Alpen.

Anforderungen an den Lebensraum jede Art stellt spezifische Anforderungen an ihren Lebensraum bzgl. Deckung, Ruhestätten, Nahrungssuche, Fortpflanzung,... (inkl. jahreszeitliche Änderung, Ansprüche versch. Lebenszyklen)

Spezifische Ansprüche/Vögel Nistplatz Nahrungssuche

Altholz: Horstbäume Marke Eigenbau gebraucht Waldumweltmassnahme Horstschutzzonen: Temporäre Ruhezonen während der Brutzeit z.b. Schwarzstorch: 300 m um Horst; Mitte März - Ende Juli Uhu: 150 m um Horst, Jänner - Mitte Juli

Alt- und Totholz: Primärnutzung Bruthöhlen Fraßhöhlen Ringelungen Entwicklungs stätten Epiphyten

Alt- und Totholz: Sekundärnutzung

Höhlenbäume: Sekundärnutzung Sonderstruktur: abstehende Rinde

Waldfledermäuse wichtiger Lebensraumbestandteil für alle heimischen Fledermäuse unterschiedliche Nutzungsintensität Baumquartiere in Wäldern Jagdgebiete in Wäldern (rund 20 Arten) 1/3 aller Arten nutzt Baumquartiere als Wochenstuben (zb Wasser-, Fransen-, Bartfledermaus) 7-10 Höhlenbäume/ha Zwischenquartier am Zug: Großer Abendsegler Winterquartier: Kleiner Abendsegler, Rauhautfledermaus

Waldfledermäuse Hochrechnung: Mausohr 9000 Laufkäfer Mausohrwochenstube mit 300 Individuen ca. 550 kg Insekten Jagdgebiet: Aufteilung und Nutzung aller Straten vom Luftraum oberhalb der Baumkronen bis hin zum offenen Waldboden je nach Art zwischen wenigen und mehreren 100 ha je nach Art tw. Zuordnung zu einzelnen Waldentwicklungsphasen möglich hohe Insektenproduktion (z.b. in Bestandslücken) gezielt genutzt

Waldfledermäuse Beispiel Bechsteinfledermaus stärkste Abhängigkeit von Wald, durch naturnahe Waldwirtschaft förderbar Quartiere und Nahrungshabitate hsl im Laub- und Laubmischwald, ausgewogene Strukturierung, mehrschichtiger Bestandesaufbau Hohe Ortstreue in sich geschlossene soziale Einheiten (ca. 20 Ind.) benötigen ca. 250 ha Wald, kleiner Aktionsradius hohe Anzahl an geeigneten Quartieren durch häufigen Wechsel (durchschnittlich alle 2 Tage), langlebig (bis 20 Jahre) kolonieorientierter Schutz erforderlich

Waldfledermäuse In Wäldern aber müssen sie[die Fledermäuse] als sehr nützliche Thiere ohne alle Einschränkungen geschont werden. Johann Matthäus Bechstein (1792), Thüringer Forstmann, (nach ihm wurde die Bechsteinfledermaus benannt) Fledermausschutz Aufbau eines Quartierverbundes mit dem Ziel, dauerhaft und langfristig ca. 25-30 Höhlen pro Hektar Altbestand (d. h. 7-10 Bäume) bereitzustellen Aufbau von Höhlenzentren

Strukturen im Bodenbereich Nahrungssuche Niststätten tätt Balzplatz Ganzjahreslebensraum

Strukturen im Bodenbereich Äskulapnatter Gelbbauchunke Herpetofauna Landlebensraum Fortpflanzungsstätten Erdkröte Feuersalamander Winterquartier/Ruhestätten

Wald-Umland-Vernetzung (Beispiel Amphibien) Grafik: Kirnstätter n. Kyek 2010

Waldränder und -lichtungen Nahrungssuche Brutplatz Sonnplätze Nektarpflanzen

Nebenbestände Vorratslieferant Nistplatz Essentiell für Zugvögel Winterliche Nahrungsquelle

Sonderstrukturen Misteln Lianen

Biodiversitätsorientierte Waldbewirtschaftung Baumartenwahl gemäß natürlicher Waldgesellschaften und Standortsverhältnissen Naturverjüngung N vor künstlicher Verjüngung Rückführung nicht standortgemäßer Bestockungen in standortgemäße, gestufte Wälder Förderung vielfältiger Waldstrukturen inkl. Nebenbestände sowie Belassen von Sonderstrukturen Belassung von Totholzstrukturen/Altholzinseln Rücksichtnahme auf Tierlebensräume: Erhaltung von Höhlen-, Horst, Balzbäumen, Kleinstgewässern, Schonung von Ameisenbauten, usw. Bei Aufforstung: Genaue Berücksichtigung der Herkunft (Genetik; Höhenlage) Entwicklung artenreicher, intakter Waldrandbiotope

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!