Qualitative Evaluation der Potenzialanalyse ZUSAMMENFASSUNG In dieser Evaluation ging es darum, die Potenzialanalyse und deren Auswirkungen nach einigen Monaten inhaltlich zu analysieren. Insbesondere interessierte uns, in welcher Weise die Befragten von der Potenzialanalyse profitiert haben und was sich im beruflichen und/oder privaten Bereich verändert hat. Zudem fragten wir nach Änderungswünschen der Kundinnen und Kunden an die Potenzialanalyse. Bei allen Befragten gab es seit der Potenzialanalyse Veränderungen, sei es im Verhalten, im Beruf, in der Freizeitgestaltung oder auch persönliche Veränderungen, wie z.b. bei den Gefühlen, Bedürfnissen oder Haltungen. Als grösster Nutzen wurde das Gespräch erachtet, respektive der Kontakt mit der Beratungsperson. Dies war auch häufig Thema bei den Änderungswünschen; einige Kundinnen und Kunden empfanden das Auswertungsgespräch als zu lange und hätten es lieber in zwei Teilen durchgeführt. Andere wünschten sich, dass ein Nachfolgegespräch oder ein Coaching im Paket der Potenzialanalyse inbegriffen gewesen wäre.
Seite 2 von 5 EINFÜHRUNG UND FRAGESTELLUNG Die Potenzialanalyse ist ein kostenpflichtiges Angebot des Berufsberatungs- und Informationszentrums BIZ Bern-Mittelland für Personen, die seit mindestens fünf Jahren berufstätig sind. Sie umfasst eine Standortbestimmung inkl. Zielformulierung, verschiedene Testverfahren, ein Auswertungsgespräch und ein umfassendes Testdossier. Ziel ist es zu erkennen, welche Potenziale in einem stecken, persönliche Visionen zu entwickeln und Entscheidungsgrundlagen für mögliche Veränderungen zu erarbeiten. Das Produkt Potenzialanalyse wird im BIZ Bern-Mittelland seit über zehn Jahren angeboten. Im Rahmen einer Masterarbeit wurde 2011 eine erste quantitative Evaluation durchgeführt, bei welcher der Nutzen für die Kunden und Kundinnen und deren Veränderungswünsche ein Monat nach Abschluss der Potenzialanalyse eruiert wurden. In der vorliegenden zweiten, qualitativen Evaluation ging es nun darum, die Potenzialanalyse und deren Auswirkungen inhaltlich genauer zu analysieren. Insbesondere interessierte uns, in welcher Weise die Befragten von der Potenzialanalyse profitiert haben und was sich im beruflichen und/oder privaten Bereich einige Monate nach der Potenzialanalyse verändert hat. STICHPROBE Von den angefragten Personen haben wir 13 erreicht und alle haben sich bereit erklärt, am Interview teilzunehmen. Aus gesundheitlichen Gründen waren drei Personen verhindert. In die Auswertung flossen demnach die Auskünfte von zehn Personen (sieben Männern und drei Frauen) ein. Es waren sowohl Akademiker/innen als auch andere Berufsleute vertreten. Das Alter lag zwischen 35 und 53 Jahren, mit einem Durchschnitt von 43 Jahren. Die Interviews fanden zwischen November 2011 und Januar 2012 statt. Die Potenzialanalyse lag zum Zeitpunkt des Interviews zwischen 6 und 11 Monate zurück, durchschnittlich waren es 7,2 Monate. METHODE Das Interview dauerte ungefähr eine halbe Stunde und war halbstandardisiert. Im Hauptteil wurden Fragen zu Veränderungen seit der Potenzialanalyse und zu geplanten Veränderungen gestellt. Es wurde spezifisch nach Veränderungen im privaten und beruflichen Bereich, sowie nach Veränderungen, welche nach aussen sichtbar sind und solchen, die nicht sichtbar sind (z.b. Einstellungsänderungen) gefragt. Zum Abschluss wurden alle Teilnehmer/innen gefragt, was sie als grössten Nutzen der Potenzialanalyse sehen und welche Verbesserungsmöglichkeiten sie vorschlagen würden. Die Interviews wurden inhaltlich kategorisiert und qualitativ ausgewertet. Gegliedert sind die Resultate in drei Teile: Veränderungen seit der Potenzialanalyse, grösster Nutzen und Verbesserungsmöglichkeiten der
Seite 3 von 5 Potenzialanalyse. Damit die Informationen etwas anschaulicher werden, finden sich in allen Kategorien einzelne Aussagen aus den Interviews. RESULTATE I. Veränderungen seit der Potenzialanalyse Die Veränderungen welche genannt wurden, können in drei Grobkategorien (Kenntnisse, Verhalten und Person) beschrieben werden, welche im Folgenden erläutert werden. Kenntnisse über sich selber Die Befragten gaben an, dass sie sich durch die Potenzialanalyse selber besser kennen gelernt haben, ihre eigenen Fähigkeiten und Interessen erkundet haben und herausgefunden haben, was sie eigentlich möchten. Viele fühlten sich auf ihrem beruflichen Weg und in ihren Fähigkeiten und Interessen bestätigt. Also ich bin sehr froh, dass bei der Potenzialanalyse herausgekommen ist, dass ich die richtige Tätigkeit ausübe und nicht, dass ich irgendwie völlig falsch bin in diesem Beruf. Veränderungen im Verhalten Viele Kundinnen und Kunden erzählten von beruflichen Veränderungen, sei es das Gespräch mit Vorgesetzten suchen, sich bewerben oder sogar einen Stellenwechsel vornehmen. Auch die Informationssuche zu verschiedenen Berufen oder Aus- und Weiterbildungen ist bei einigen verstärkt durchgeführt worden. Im privaten Bereich traten vor allem Veränderungen des Freizeitverhaltens ein. Man legt mehr Gewicht auf die Work-Life-Balance, indem man einem Hobby verstärkt nachgeht, eine neue Sprache oder eine neue Sportart lernt. Das Aufsuchen eines Therapeuten oder Coaches und Veränderungen in der Beziehung mit Partnern wurden ebenfalls genannt. Persönliche Veränderungen (Eigenschaften, Gefühle, Bedürfnisse oder Haltungen) Es hat zum Teil vielleicht dazugeführt, dass ich zuversichtlicher in die Zukunft schaue, da ich gesehen habe, dass das Potenzial da ist. Die Potenzialanalyse bewirkte auch Veränderungen der Person, welche nicht unbedingt gegen aussen sichtbar sind. Dazu zählen zum Beispiel neue oder veränderte Eigenschaften, wie bewusstere Wahrnehmung und vorsichtiger oder offener gewordene Personen. Ich nehme beim neuen Arbeitgeber noch viel mehr wahr. Ich nehme viel bewusster wahr. Auch Gefühle wie Zufriedenheit, mehr Ruhe, weniger Druck, mehr Sicherheit und Selbstvertrauen nahmen die Befragten nach der Potenzialanalyse wahr. Insgesamt steigerte sich das Wohlbefinden bei vielen der Befragten. Berichtet wurde auch,
Seite 4 von 5 dass man eigene Bedürfnisse besser erkennt, eine neue Haltung gegenüber Ausbildung und/oder Beruf einnimmt oder allgemein Dinge positiver angeht. II. Grösster Nutzen Wie man anhand der genannten Veränderungen im ersten Teil sieht, haben die Kundinnen und Kunden in verschiedenen Bereichen von der Potenzialanalyse profitiert. Die Frage stellte sich nun, von welchem Teil der Potenzialanalyse sie am meisten profitiert haben. Die Antworten wurden in drei Kategorien eingeteilt: Testung, Dossier und Gespräch/Beratungsperson. Testung In der Testung sind verschiedene Tests enthalten, welche die Kundinnen und Kunden zum Teil zu Hause lösen und zum Teil im Testzentrum. Dazu gehören Tests zur Persönlichkeit, Motivation/Werthaltung, Leistung/Intelligenz und Interessen. Ein Test war sehr gut. Über das eigene Potenzial was man hat. Das hat mich sehr berührt emotional. Da ist wirklich eine Tiefe drin, das ist nicht nur eine kognitive Geschichte. Der hat mich sehr fasziniert. Testdossier Das Dossier besteht aus den Testunterlagen inklusive der ausgefüllten Fragebögen, sowie einigen Interpretationshilfen. Dieses wird beim Schlussgespräch zusammen mit der Beratungsperson besprochen und die Resultate werden in Bezug auf die im Erstgespräch formulierten Ziele gestellt. Das gesamte Testdossier wird dann der Kundin oder dem Kunden übergeben. Und auch die umfassende Auswertung, welche man bekommt und es nicht einfach verschwindet, da man es in eigenen Notizen hätte festhalten müssen. Das fand ich sehr gut. Das Dosssier wurde mehrmals positiv beurteilt, da man die Ergebnisse schwarz auf weiss mitnehmen und immer wieder anschauen kann. Gespräch/Beratungsperson Auch das Gespräch mit dem Berater war sehr wichtig und wertvoll. Ich empfand das Gespräch als angenehm und fühlte mich sehr ernst genommen. Am häufigsten wurden die Gespräche als jenen Teil genannt, von welchen die Kundinnen und Kunden am meisten profitiert haben. Damit verbunden sind auch die Beratungsperson und die Atmosphäre im Gespräch. Die Befragten gaben an, sich sehr wohl gefühlt zu haben, sie fühlten sich ernst genommen und hatten den Eindruck, viel vom Gespräch zu profitieren. Ich lege sehr viel Wert auf das Gespräch und dies hat mir dabei sehr geholfen. Insbesondere das gute Gespräch, das ich hatte. Auf der psychologischen Ebene hat mich die Beratungsperson sehr gut angesprochen. Es war ein sehr qualitätsvolles Gespräch.
Seite 5 von 5 III. Änderungswünsche Ein wichtiges Anliegen der Evaluation ist es, Veränderungswünsche am Produkt Potenzialanalyse aufzunehmen und diese wenn möglich umzusetzen. Am häufigsten genannt wurden Veränderungswünsche zu den Gesprächen, weshalb diese hier gesondert aufgeführt wurden. Im Anschluss daran sind andere Veränderungswünsche der Befragten aufgeführt. Gespräch In der Potenzialanalyse inbegriffen ist ein Auswertungsgespräch, welches rund drei bis vier Stunden dauert. Mehrere Kundinnen und Kunden empfanden das Auswertungsgespräch als zu lange und wünschten sich, dass man dieses Gespräch auf zwei Termine verteilen könnte. Es seien zu viele Informationen auf einmal und schwierig, sich so lange zu konzentrieren. Es war sehr gut die Beratungsperson ist alles durchgegangen. Aber für mich war es wahrscheinlich zu viel. Vielleicht wäre es auch gut, wenn der Berater später noch einmal auf den Test eingeht, noch konkreter eingeht. Einige Personen hatten auch den Wunsch nach weiteren Gesprächen, im Sinne eines Nachfolgegespräches zur weiteren Konkretisierung der Ergebnisse, eines Coachings oder einer Realisierungsunterstützung. Ein Coaching bietet das BIZ an, allerdings ist es nicht im Produkt Potenzialanalyse inbegriffen und muss zusätzlich bezahlt werden. Vielleicht könnte auch noch klarer Realisierungsunterstützung gemacht werden. Coaching. Geplant wie es weiter gehen soll. Aber es wäre hilfreich, wenn der zusätzliche Termin bereits im Gesamtpaket enthalten wäre. Anderes Vereinzelt wurden noch folgende Veränderungswünsche genannt: a) Kosten: Es wurde empfohlen, die Kosten transparent zu machen und diese zu begründen, denn bei einem solchen Betrag sei es wichtig zu wissen, wie die Kostenaufstellung zustande komme. b) Tests: In einem Fall wurde erwähnt, dass die Testung zu viele mathematische Tests beinhalte und es sinnvoller wäre, diese nicht alle am Computer durchzuführen. Zwei Personen hätten sich weniger Tests gewünscht, was die Aufnahme der Ergebnisse erleichtern würde. Für eine weitere Person war es schwierig, zusammen mit einer Gruppe in einem Raum den Test zu machen, da man so gehemmt sei, Fragen zu stellen. 29.06.2012/ Katia Burkhalter, Karin Kopše, Vera Pfander, Roberto Veronesi