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Transkript:

1. Vorlesung 05.04.2011 Verantwortlich für die Vorlesung Guido Schmitz gschmitz@nwz.uni-muenster.de Dietmar Baither baither@nwz.uni-muenster.de 1. Begriffsbestimmungen Mechanik deformierbarer Körper nur eingeschränkt als Werkstoff fest flüssig (gasförmig) Je nach Blickrichtung: Fluide: Flüssigkeit & Gase Kondensierte Materie: Flüssigkeit & Festkörper Werkstoffe Physikalische Gebiete: Hydrodynamik (Bewegung, Deformation von Fluiden) Elastizitätslehre (reversible Formänderung des FK) Plastizitätslehre (irreversible kontinuierliche Formänderung) Bruchmechanik (diskontinuierliches Materialversagen) Experimente zur Einführung der Begriffe: Je nach Belastung, Beanspruchung werden verschiedene usprägungen von mechanischen Eigenschaften deutlich. Wir klären zunächst die Begriffe und geben genauere Definition für die verschiedenen Materialkoeffizienten an Hand generischer Experimente. a) Rotationsviskosimeter 1

gemessen wird das Drehmoment in bhängigkeit von der Geschwindigkeit v z v F γ Fluid Drehfeder x F v=0 Zwischen den beiden Oberflächen, an denen die Flüssigkeit ruht, tritt ein Geschwindigkeitsgefälle im Fluid auf, es kommt zur bscherung & γ v = x z mit der Scherspannung: τ F v = = x = & η z η γ, (1.1) dabei ist η = η T, der Viskositätskoeffizient. Seine z Einheit ist Pas, wobei 1 Pas = 10 Poise (der alten Einheit) entsprechen. Zwischen der Viskosität und anderen Transportphänomenen besteht ein interessanter Zusammenhang: dt jw = λ Wärmestrom dx jat = D c Teilchenstrom x 2

dv = η Impulsstrom (1.2) dx Wir betrachten die Strömung in der Flüssigkeit zwischen den beiden Platten. Von links nach rechts gibt es ein Geschwindigkeitsgefälle. Über eine gedachte Trennwand treten Moleküle/tome mit unterschiedlichem z-impuls über. uf diese Weise wird Netto-Impuls von links nach rechts übertragen. In anderen Worten, es entsteht eine Reibungskraft zwischen den beiden Hälften des Fluidums Impulsstrom v(x) 1 p 1 F t = = = t t τ s Schubspannung ls Beispiel berechnen wir über diesen Zusammenhang die Viskosität eines idealen Gases. us der kinetischen Gastheorie werden die folgenden Größen und Beziehungen verwendet: n: Dichte der Gasmoleküle τ: mittlere Zeit zwischen zwei Stößen λ: freie Weglänge zwischen zwei Stößen, ( λ τ v ) = h 3

Für den Impulstransport von rechts nach links gilt: s 1 J p = n m v z + λ ( λ ), und von links nach rechts: r 1 J p = n m z λ υ ( λ ) Daraus ergibt sich die Nettostromdichte 1 r s = J p J p ( ) n λ = m v z v z + nλ v = m 2λ 1442443 z : = η ( ( λ ) ( λ )) z - 0 λ z + 0 λ z = 1 2 3 n m = T (1.3) η λ η ( ) η ist unabhängig von der Schergeschwindigkeit aber über n und λ temperaturabhängig. d v z, Eine Flüssigkeit mit η = const. wird als Newtonsche Flüssigkeit bezeichnet; bei abweichendem viskosen Verhalten, d.h. wenn η mit d v und wenn η mit z d v z zunimmt, spricht man von dilatanter Flüssigkeit, abnimmt, von strukturviskoser Flüssigkeit. ußerdem kann ein Schergedächtnis auftreten. Entweder kann η mit der Verformungsdauer zunehmen, dann handelt es sich um eine rheopektische Flüssigkeit, oder 4

η kann abnehmen, dann handelt es sich um eine thixotrope Flüssigkeit (Ton, Farben) Die Viskosität ist entscheidendes Merkmal zur Unterscheidung zwischen fest und flüssig. η > 10 13 Poise => fest η < 10 13 Poise => flüssig Die Viskosität viele Gläser kann durch ein modifiziertes rrhenius-verhalten beschrieben werden: η ( T ) = η o e (1.4) T T FVT Ein interessantes Beispiel sind Knetflummis, die aus Polymeren bestehen, die je nach betrachteter Zeitskala feste oder flüssige Eigenschaften zeigen. Grundsätzlich sind Polymere komplexe Materialien, deren Relaxationsprozesse auf unterschiedlichen Zeitskalen ablaufen. ußerdem beobachtet man bei diesen Materialien z.b die Gummielastizität, welche im Rahmen der Vorlesung zu besprechen sein wird. Zugdehnung führt zur Erwärmung und Entlastung zur bkühlung. Mechanik des Festkörpers Ein wichtiges Experiment, um die mechanischen Eigenschaften des Festkörpers zu untersuchen, ist der Zugversuch. σ σ S Wichtige Kenngrößen und Merkmale sind: bleibende Dehnung l, bzw. l ε = ; l o ε B 5

K K, bzw. σ = ; qo σ s : Streckgrenze, charakterisiert die Härte eines Materials, ε B : Bruchdehnung, σ B : Bruchspannung; Kaltverfestigung: Duktiler Bruch: Spröder Bruch: Erhöhung der Festigkeit mit zunehmender Verformung, d.h., das Bauteil verfestigt sich dort, wo es beansprucht wird; Bruch nach plastischer Verformung; Bruch ohne nennenswerte Verformung; Härte: Widerstand gegen den Eindruck von Probekörpern; z.b. kann die Vickershärte durch den Eindruck einer quadratischen Diamantpyramide bestimmt werden. Eindringtiefe oder Eindruckfläche sind ein Maß für die Härte, welche als Funktion kompliziert aber monoton von der Streckgrenze des jeweiligen Materials abhängt. Zähigkeit: Energieaufnahme des Materials vor dem Bruch; diese Materialgröße kann z.b. mit dem Schlagpendel gemessen werden. h 1 h 0 E = M g h o o ( ) E V = M g h o h 1

Kriechen: Plastische Verformung unter konstanter Last; hierbei tritt viskoses Verhalten auf langen Zeitskalen auf z.b. auch bei Metallen auf. Ermüdung: σ B Versagen nach Wechselverformung; dabei kommt es zum Bruch der Probe nach vielen stat. Festigkeit Belastungszyklen. Oft ohne dass eine nennenswerte Verformung zuvor beobachtet worden ist. Zyklenzahl n Bei guten Werkstoffen breitet sich der Bruch in der Regel transkristallin aus, d.h. der Bruch verläuft durch die Kornvolumina, was ein gewisses Maß an plastischer Verformung erlaubt. Ein spröder Bruch verläuft hingegen oft entlang der Korngrenzen. Man spricht dann von einem interkristallinen Bruch. Eine mechanische Schwächung der Korngrenze ergibt sich oft durch minimale Verunreinigungen, die an den Grenzen segregieren. Im Versuch wird die uswirkung der Ga-Segregation an den Korngrenzen von l demonstriert. 7