Geschlossene Unterbringung: Punitive Pädagogik, heilsame Notbremse oder hilflose Praxis? (Michael Lindenberg, 27.2.13)
Jugendhilfe im Diskursschlamassel Risikodiskurs Haltung! Ausschließungsdiskurs Erziehungsdiskurs
Diskurse in der Jugendhilfe Risikodiskurs Ausschließungsdiskurs Erziehungsdiskurs Zentrale Sorgen Gefährlich/ Nicht gefährlich Steuern/ nicht steuern Zwang/ Nicht Zwang Disziplin/ Disziplinlosigkeit Ausgliederung/ Eingliederung Aktiv/ Passiv Mündig/ Unmündig Haltung Rationaler Skeptizismus Irrationaler Optimismus Rationaler Optimismus Zentrale Figur schwarzer Schwan Chämelon Weißer Ritter Technik Plan und Kontrolle Zur Selbststeuerung führen Zur Einsicht führen Zentrale Frage Ist Kontrolle möglich? Ist Disziplinierung möglich? Ist Erziehung möglich? Menschenbezug Aggregat Gruppe Individuum
Freiheit und Zwang Eines der größten Probleme in der Erziehung ist, wie man die Unterwerfung unter den gesetzlichen Zwang, sich seiner Freiheit zu bedienen, vereinigen könnte. Denn Zwang ist nötig! Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange? Ich soll meinen Zögling gewöhnen, einen Zwang zur Freiheit zu dulden, und soll ihn zugleich anführen, seine Freiheit gut zu gebrauchen. Ohne das ist alles bloßer Mechanism, und der der Erziehung Entlassene weiß sich seiner Freiheit nicht zu bedienen. (Kant 1977, 711, zit. n. Winkler 2007, 390)
Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen! Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne die Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung (Kant 1975, 53)
Dressieren oder Denken Der Mensch kann entweder bloß dressiert, abgerichtet, mechanisch unterwiesen, oder würklich aufgeklärt werden. ( ) Mit Dressieren ist es aber noch nicht ausgerichtet, sondern es kommt vorzüglich darauf an, dass Kinder denken lernen. Das geht auf die Prinzipien heraus, aus denen alle Handlungen entspringen. (Kant 1977, 707, zit. nach Winkler 2007, 392)
Also: Die Freiheit zum Versuch ist vonnöten. Dazu bedarf es: Freiheit ist Voraussetzung und Ziel zugleich Beschwerlichkeit muss überwunden werden Mut muss gefasst werden
Vonnöten sind dazu nach Kant Disziplin Kultur Ziviles Verhalten Moral
Disziplin Bezähmung der Wildheit (Kant) Folgsames äußerliches Verhalten in Verbindung mit innerer Einstellung (Innenperspektive) Äußerung in der erzieherischen Situation: Sprachlich: Von Erörterung bis Zwang
Kultur Dies ist der Besitz eines Vermögens, welche zu allen beliebigen Zwecken zureichend ist (Kant) Unterweisung in Kultur ist also zweckfrei, der Zweck entscheidet sich anhand der Umstände Äußerung in der erzieherischen Situation: Belehrung und Unterweisung
Zivilität Manieren, Artigkeit, eine gewisse Klugheit, um Beliebtheit und Einfluss zu erreichen Zweckbezogenheit Äußerung in der erzieherischen Situation: disziplinierende Belehrung
Moral Der Mensch soll nicht bloß zu allerlei Zwecken geschickt sein, sondern auch die Gesinnung bekommen, daß er nur lauter gute Zwecke erwähle. (Kant 1977, 706 f., zit. n. Winkler 2007, 393) Äußerung in der erzieherischen Situation: Diskussion, Ausprobieren, Möglichkeiten eröffnen
Erziehungsziel: zum moralischen Handeln anleiten Disziplin ist ein grundlegendes, aber kein höherwertiges Geschehen in der Erziehung; sie bearbeitet die freiheitsliebende Natur Kultur muss gekannt werden Zivilität meint der Situation angemessenes Verhalten als Grundlage bürgerlicher Öffentlichkeit Moral meint zum moralischen Denken und Handeln fähige Personen
Erziehung ist Die Organisation der Entwicklung von Menschen unter der Voraussetzung von Freiheit Disziplin ist nur dienlich, wenn sie diese Entwicklung verlässlich rahmt. Disziplin in der Erziehung ist nicht Unterwerfung unter fremde Zwänge Disziplin ist die Kultivierung der Freiheit bei dem Zwange
Zwang Die gesellschaftliche Kontrolle einiger Menschen durch andere (Dahrendorf) (Außenperspektive)
Gewalt (direkte) Einmalige oder dauerhaft anhaltende körperliche Handlung, die einem anderen Menschen mittels überlegener Stärke einen Schaden zufügt Äußerung in der erzieherischen Situation: Handlung, in der Regel sprachlich angekündigt
Gewalt (indirekte) Indirekte Gewalt, die nicht von einer einzelnen Person ausgeht, sondern im gesellschaftlichen System eingebaut ist durch ungleiche Macht- und Lebensverhältnisse Strukturelle Gewalt liegt dann vor, wenn Menschen so beeinflusst werden, daß ihre aktuelle somatische und geistige Verwirklichung geringer ist als ihre potentielle Verwirklichung (Galtung 1975, 52) Äußerung in der erzieherischen Situation: Handlung unklaren Ursprungs
Die gegenwärtige Erziehung ist von dem Grundsatz durchdrungen, dass der Erzieher gegenüber der Gesellschaft für die Kinder verantwortlich ist. Wir möchten die Erziehung auf Grundsätzen aufbauen, wo der Erzieher vor den Kindern für die Gesellschaft verantwortlich ist. (Janus Korczak)