Radiographie Abbildung mit Röntgenstrahlen

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Geschichte Radiographie Abbildung mit Röntgenstrahlen Geschichte Die Röntgenstrahlung wurde am 8.11.1895 von Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt. Eine Röntgenröhre besteht in ihrer einfachsten Form aus einer Glühkathode und einer Anode, die in einem Vakuum innerhalb eines abgedichteten Glaskörpers sitzen. Bei Hochleistungsröhren wie sie in der Computertomographie CT und der Angiographie (Darstellung von Blutgefässen mittels diagnostischer Bildgebungsverfahren) verwendet werden, besteht der Vakuumbehälter aus Metall, welches wesentlich grösseren Wärmeeinflüssen standhält. Abb.: Conrad Röntgen (aus [28]) Inhaltsverzeichnis GESCHICHTE... 1 1 RADIOGRAPHIE: GEGENSTANDSABBILDUNG MITTELS RÖNTGENSTRAHLEN...2 2 ENTSTEHUNG DER RÖNTGENSTRAHLUNG...2 2.1 2.2 2.3 2.4 AUFBAU DER RÖNTGENRÖHRE...2 RÖNTGENBREMSSTRAHLUNG...2 DISKRETE BZW. CHARAKTERISTISCHE RÖNTGENSTRAHLUNG...3 TECHNIK ZUR ERZEUGUNG VON RÖNTGENSTRAHLEN (X-RAYS)...4 3 RÖNTGENQUANTEN WECHSELWIRKEN MIT MATERIE...5 3.1 3.2 3.3 3.4 WW VON PHOTONEN UND ATOMEN...5 COMPTON-STREUUNG...6 AUSWIRKUNGEN DER COMPTONSTREUUNG...7 ZUSAMMENFASSUNG DER EINFLÜSSE AUF DIE SCHWÄCHUNG VON RÖNTGENSTRAHLEN...8 4 VON DER RÖNTGENSTRAHLUNG ZUM BILD...9 4.1 VOM RÖNTGENQUANT ZUM BILDPUNKT...9 5 WEITERE ASPEKTE AUS DER PRAXIS...9 5.1 DER PATIENT ALS SEKUNDÄRER STRAHLER...9 5.2 * DARSTELLUNG VON WEICHEN GEWEBEARTEN OHNE KNOCHEN: KONTRASTVERMINDERUNG BEI LUNGENAUFNAHMEN... 10 6 FRAGEN... 10 Seite 1

Radiographie: Gegenstandsabbildung mittels Röntgenstrahlen 1 Radiographie: Gegenstandsabbildung mittels Röntgenstrahlen 2 Entstehung der Röntgenstrahlung 2.1 Aufbau der Röntgenröhre Von der Kathode K werden Elektronen durch den thermoelektrischen Effekt emittiert (e- verdampfen), durch eine Hochspannung zur Anode A beschleunigt und dringen in das Anodenmaterial ein. Dabei werden sie abgebremst und erzeugen Röntgenstrahlen (Bremsstrahlung und sogenannte charakteristische Röntgenstrahlung). Abb.58: Erzeugung von Röntgenstrahlung (aus [29]) 2.2 Röntgenbremsstrahlung Die Röntgenbremsstrahlung entsteht durch die Abbremsung der Elektronen beim Durchlaufen des Metalls der Anode: Jede beschleunigte elektrische Ladung erzeugt elektromagnetische Strahlung. Die Wellenlänge der Strahlung hängt dabei vom Wert der Beschleunigung (bzw. Abbremsung) ab, so dass bei höherer Beschleunigungsspannung bzw. Anodenspannung härtere Röntgenstrahlung (energiereichere Quanten) entsteht. Es gibt allerdings eine minimale Wellenlänge min, bei der die Bremsstrahlung abbricht. Sie entspricht der kinetischen Energie des Elektrons, welche an ein einzelnes Photon (Gammaquant) abgegeben wird. So lässt sich die grösstmögliche Photonenenergie und die kleinstmögliche Wellenlänge der Strahlung berechnen: Formel (1) E kin=e U Mit der Energieumwandlung zwischen der Energie der Photonen und der kinetischen Energie der eingestrahlten Elektronen folgt für die maximale Frequenz resp. minimale Wellenlänge der Bremsstrahlung: Grenzfrequenz f max = eu h Seite 2 oder λ min = ch eu

Entstehung der Röntgenstrahlung Man teilt diese Strahlung grob in die drei Bereiche weich, mittel und harte Strahlung ein (Abb 1) : U in kv 1 10 λ in nm 1,242 0,124 100 0,012 Benennung weich mittel hart / klassische Diagnostik Abbildung 1: Wellenlängen weicher und harter Röntgenstrahlung Die spektrale Intensitätsverteilung (Intensität in Abhängigkeit der Wellenlänge) der Bremsstrahlung ist in Abb. 2 dargestellt. Die x- Skala zeigt die Wellenlänge λ in Angstroem: 1 A = 1 10-10 m. Die kv Angaben beziehen sich auf die Beschleunigungsspannung zwischen Kathode und Anode in der Röhre. 2.3 Diskrete bzw. charakteristische Röntgenstrahlung Während bei Quellen für sichtbares Licht nur die äusseren Hüllenelektronen der Atome beteiligt sind, schlagen die in der Röntgenröhre beschleunigten energiereichen Elektronen in der Anode auch Elektronen aus den innersten Schalen - K-Schalen - der Atome des Anodenmaterials. In diese Lücken springen entweder Elektronen aus höheren Energieniveaus oder freie Elektronen. Da Abbildung 2: Spektrale Intensitätsverteilung der die Bindungsenergie der innersten Bremsstrahlung[ 30 ] Elektronenniveaus sehr gross ist, entsteht dabei kein sichtbares Licht, sondern die charakteristische Röntgenstrahlung mit materialtypischen diskreten Quantenenergien bzw. Wellenlängen. Diese Energie entspricht dabei der Differenz aus der Bindungsenergie von z. B. der K-Schale und der N-Schale. Natürlich sind auch alle möglichen anderen diskreten Quantenenergien möglich, also beispielsweise die zwischen K- und L-Schale, zwischen M- und KSchale, M- und L-Schale oder, wie erwähnt auch, von freien Elektronen zur K- oder L-Schale. Abbildung 3: Charakteristische Röntgenstrahlung (aus [30]) Diese diskrete bzw. charakteristische Röntgenstrahlung wird jedoch mit Ausnahme der Mammographie und der Kristallanalyse nicht oder nur zum kleinen Teil für die Bilderzeugung bei einer Röntgendurchleuchtung genutzt. Abbildung 4: Energieschema charakteristische Röntgenstrahlung Seite 3

Entstehung der Röntgenstrahlung Abbildung 5: Energieverteilung Röntgenspektrum Das Zusammenspiel der Brems- und der charakteristischen Röntgenstrahlung führt schliesslich zu folgender spektralen Energieverteilung wie in Abb. 5 2.4 Technik zur Erzeugung von Röntgenstrahlen (X-Rays) Mit Röntgenstrahlen sollen Fotos gemacht werden. Daher gibt es u.a. ähnliche Anforderungen an Röntgenquellen wie an Beleuchtungselemente in der sichtbaren Fotografie: In der Medizintechnik benötigt man Röntgenquellen mit folgenden Eigenschaften: Hohe Leistung, kleiner Fokus, einstellbare Quantenenergie, wenig Wartung und lange Lebensdauer. Mit einer hohen Leistung können kurze Belichtungszeiten gewählt werden. Abbildung 6: Halbschatten bei der Röntgenabbildung aus Fokusgrösse folgend Die Bilder sind dann seltener verwackelt bzw. es können bewegte Organe (z.b. das Herz) abgebildet werden. Ein kleiner Fokus verbessert die Schärfe der Bilder, da Halbschatteneffekte kleiner werden. Die Energie der Röntgenquanten sollte der diagnostischen Fragestellung angepasst werden können. Der Kontrast zwischen Gewebearten ist immer in nur einem bestimmten Energiebereich optimal. Einige der am Röntgengerät einstellbaren Grössen: Röhrenspannung kv Beschleunigungsspannung an der Röhre Photonenstrom: ma s Intensität des Strahls: propportional zur Anzahl der pro Aufnahme ausgesendeten Photonen Fokusgrösse Grosser Fokus: hohe Leistung, grössere Unschärfe Seite 4

Röntgenquanten wechselwirken mit Materie 3 Röntgenquanten wechselwirken mit Materie 3.1 WW von Photonen und Atomen Betrachtet man einen parallelen Röntgenstrahl, der durch ein Material der Dicke d mit homogener Zusammensetzung durchläuft, so gilt folgende Schwächungsformel: N = N o e μ d mit N0: Zahl der einfallenden Röntgenquanten N: Zahl der passierenden Quanten : Schwächungskoeffizient Der Schwächungskoeffizient für Röntgenstrahlen ist weitgehend proportional zur Dichte des Materials. Wichtig ist, dass man nicht von einem Absorptionskoeffizienten spricht, denn Röntgenstrahlen können absorbiert oder gestreut werden. Beide Prozesse tragen zum Schwächungskoeffizienten bei. Abb. 7 zeigt alle Möglichkeiten, wie ein Röntgenquant mit Materie wechselwirken kann. Der erwähnte Schwächungskoeffizient kann als Summe von Schwächungskoeffizienten für die einzelnen Wechselwirkungsarten dargestellt werden: = Photoeffekt+ klass.streuung+ C-Streuung+ Paarbildung+ Kernreaktion Die jeweiligen Effekte treten bei charaktieristischen Energien auf. Für die Röntgenstrahlung sind jedoch nur der ComptonEffekt sowie der Photoeffekt relevant: 1 ev bis 100 kev Photoeffekt 50 kev bis 1 MeV Compton-Effekt 1,022 bis 6 MeV Paarbildung Abbildung 7: WW Photon - Materie Seite 5

3.2 Röntgenquanten wechselwirken mit Materie Compton-Streuung Die Tatsache, daß elektromagnetische Strahlung aus quantisierten Photonen besteht, wurde 1923 zu gesichertem Wissen, als Compton nachwies, daß Röntgenstrahlen an Elektronen gestreut werden können. Wird ein Photon als Teilchen betrachtet, so muß es denselben kinematischen Gleichungen gehorchen, die die Streuung zweier Körper beschreibt. Streut ein Röntgenstrahl an einem ruhenden Elektron, muß er Energie verlieren und das Elektron durch Rückstoß Energie gewinnen. Also wird sich die Frequenz des gestreuten Röntgenstrahls verringern und seine Wellenlänge vergrößern. Gleichzeitig muss auch der Impulserhaltungssatz erfüllt sein. Nach relativistischer Rechnung mit Energie- und Impulserhaltungssatz ergibt sich die Beziehung zwischen der Wellenlänge λ der einfallenden Strahlung und der Wellenlänge der gestreuten Strahlung λ ' zu: Die Energieübertragung ist am höchsten, wenn gleichschwere Teilchen sich mittig (zentral) stossen. Für unseren Fall nähme man ein Photon, dessen Masse der eines Elektrons entspricht: Eph = hf = mc² Daraus folgt für die Wellenlänge eines Photons mit Masse eines e- λ C = 2,4 * 10-12 m. Die Wahrscheinlichkeit, dass solch eine Wechselwirkung ( Stoss ) zwischen einem Röntgenquant und einem Elektron eines Atoms stattfindet hängt noch von weiteren Faktoren ab, sodass das Maximum für Comptonstreuung in Wasser bei etwa 65 kev - λ = Im Vergleich mit den typischen Röntgenwellenlängen zeigt sich: die Röntgenphotonen liegen im Bereich der maximalen Energieübertragung und Wirksamkeit der Comptonstreuung. Seite 6

3.3 Röntgenquanten wechselwirken mit Materie Auswirkungen der Comptonstreuung 3.3.i Absorption in Weichteilen Abb.8 zeigt den Massenschwächungskoeffizienten von Wasser als Funktion der Quantenenergie. Die Anteile für den Photoeffekt, klassische Streuung (Rayleigh-Streuung), die Compton-Streuung und die Paarbildung sind ebenfalls eingetragen. Zu beachten ist der logarithmische Massstab, d.h. in vielen Energiebereichen überwiegt einer der Anteile deutlich. Beim Wasser, das auch beispielhaft für weiches Körpergewebe stehen kann, erkennt man, dass bei 100 kev die Compton-Streuung deutlich überwiegt (1keV = 1Kilo-Elektronenvolt = 1.6 10-16 J = Energie, die ein Elektron beim Durchlaufen einer Spannung von 1000V aufnimmt). Abbildung 9: Röntgenaufnahme einer Vielfingerigkeit Abbildung 8: Massenschwächungskoeffizienten von Wasser als Funktion der Quantenenergie Der Weichteilkontrast der Röntgenbilder kommt also daher, dass verschiedene Gewebearten im Körper einen etwas unterschiedlichen Schwächungskoeffizienten der Compton-Streuung aufweisen (Röntgenaufnahme Schattenbild). 3.3.ii Ausfiltern der compten-gestreuten Photonen Das Compton-Photon setzt seinen Weg durch das durchstrahlte Objekt mit geänderter Richtung und verminderter Energie fort. Abbildung 10: Prinzip des Streustrahlenrasters Strahlung wurde nicht klassisch absorbiert von den Weichteilen, aber aus ihrer ursprünglichen Richtung abgelenkt. Würden diese Photonen nun auch auf den Film gelangen würde dies zu Rauschen im Bild führen, denn das so aus dem Objekt austretende gestreute Photon schwärzt den Film an einer, nicht der primären Lokalisation entsprechenden Stelle. Um den unerwünschten Einfluß der Streuung auf das Röntgenbild zu vermindern Rauschen im Bild, Kontrastverminderung - bedient man sich eines sog. "Streustrahlenrasters"- Abb. 10, in dem Bleilamellen parallel zur Primärstrahlung angeordnet sind. Alle gestreuten, und daher mit anderem Winkel einfallenden Photonen werden vom Blei absorbiert und tragen so nicht mehr zur Filmschwärzung bei. Seite 7

3.4 Röntgenquanten wechselwirken mit Materie Zusammenfassung der Einflüsse auf die Schwächung von Röntgenstrahlen Die nebenstehende Abbildung fasst zusammen, von welchen Grössen die Schwächung von Röntgenstrahlen in Materie abhängt. Die Schwächung steigt mit... Abbildung 11: Schematisches Modell der Schwächungsfaktoren (aus [30]) 1. der Dicke des durchstrahlten Stoffes 2. der Dichte des durchstrahlten Stoffes (spez. Gewicht) 3. der 3. Potenz der Ordnungszahl der Elemente des Gewebes 4. der 3. Potenz der Energie der Röntgenstrahlen Zu 3. Einige Ordnungszahlen von im Körper vorkommenden Elementen: Atom Z H 1 C 6 N 7 O 8 Ca 20 Daraus ergibt sich folgende Liste steigender Röntgendichte (d.h. abnehgmender Filmschwärzung) für die verschiedenen Gewebe: Luft absorbiert die Röntgenstrahlung nicht Fettgewebe Parenchymatöse 1Organe Knochen Metall (Fremdkörper) Weichteilgewebe und parenchymatöse Organe unterscheiden sich in ihrer Absorption nur wenig. Um den Kontrast zu erhöhen, bedient man sich daher einiger Elemente mit hoher Ordnungszahl wie Jod (53) und Barium (56). Die Aufbereitung dieser Elemente in Verbindungen und Suspensionen, die dem Körper zugeführt werden, bezeichnet man als "Kontrastmittel". 1 Leber, die Milz, die Nieren und die Bauchspeicheldrüse Seite 8

Röntgenquanten wechselwirken mit Materie 4 Von der Röntgenstrahlung zum Bild 4.1 Vom Röntgenquant zum Bildpunkt Die klassische Methode zur Aufnahme von Röntgenbildern ist der Röntgenfilm - ein normaler Schwarzweissfilm. Dem Vorteil der extrem guten Ortsauflösung (bis 0.025 mm) von einfachen Röntgenfilmen steht der Nachteil entgegen, dass nur ca. 1% der auftreffenden Röntgenquanten in der dünnen Filmemulsion absorbiert werden. Es wird also eine relativ hohe Strahlendosis für ein Röntgenbild benötigt! Eine Verbesserung stellen die Verstärkerfolien dar: Bei den Verstärkerfolien wird die Röntgenstrahlung zuerst in sichtbares Licht umgewandelt und dann mit einem Film nachgewiesen. Im Leuchtstoff erzeugt das einfallende Röntgenquant eine grosse Zahl von freien Elektronen, die in die Leuchtzentren im Kristall relaxieren. Wenn die angeregten Leuchtzentren in den Grundzustand fallen, senden sie Licht aus (siehe Bohr sches Atommodell). Diesen Vorgang nennt man Phosphoreszenz. Da pro Röntgenquant nun viele Lichtquanten entstehen, die den normalen Film beleuchten können, kann mit viel tieferen Dosen gearbeitet werden (typisch Faktor 1020 mal kleinere Dosen). Abbildung 12: Anregung und Lichtemission in Verstärkerfolien Abbildung 13: Bildunschärfe und Foliendicke Die Verwendung von Verstärkerfolien hat aber nicht nur Vorteile. Die Bildschärfe wird notgedrungen schlechter. Natürlich muss der Abstand zwischen Folie und Film möglichst klein sein, da es sonst zu Verschmierungen kommt. Abb.70 verdeutlicht, dass mit einer dicker werdenden Folie zwar einerseits die Röntgenabsorptionswahrscheinlichkeit ansteigt, aber anderseits die Bildunschärfe zunimmt. Anwendungen: Folien x-ray ab Folie 63 5 Weitere Aspekte aus der Praxis 5.1 Der Patient als sekundärer Strahler Da bei der Compton-Streuung als ein Sekundärprodukt wieder ein Röntgenquant weiterfliegt, bedeutet das auch, dass bei einer Röntgenaufnahme der durchleuchtete Bereich des Patienten selbst zu einer Röntgenquelle wird (Abb.14). Diese Streustrahlung gelangt in andere Bereiche des Patienten (z.b. in die Gonaden), die gar nicht im direkten Röntgenstrahl lagen. Vor dieser Streustrahlung muss sich auch das Klinikpersonal durch Bleifenster oder Bleischürzen schützen. Seite 9 Abbildung 14: Der Patient als Röntgenquelle: Streustrahlung

5.2 Weitere Aspekte aus der Praxis * Darstellung von weichen Gewebearten ohne Knochen: Kontrastverminderung bei Lungenaufnahmen Einfluss der Quantenenergie Erzeugungsspannung Ein wichtiger Aspekt der Bilderzeugung ergibt sich aus dem Einfluß der Spannung auf die Schwächung der Röntgenstrahlen. Hier ist wie in der Abbildung zu sehen die Abhängigkeit des Compton-Effekts von der Energie der Röntgenquanten massgeblich: Ein Effekt der skizzierten Vorgänge ist die "Aufhärtung" der Strahlung durch die Absorption der niederenergetischen, "weichen" Anteile (d.h. die aus dem Körper austretende Strahlung ist der härtere, durchdringungsfähigere Anteil, der auch von Knochen kaum absorbiert wird. In der Praxis bedeutet dies, dass Aufnahmen von Organen wie der Lunge ( = Thorax, klassisch 120 kev), bei denen die Knochenstruktur nicht interessiert mit höheren Spannungen gemacht werden als Aufnahmen von Knochen. 6 Fragen Entstehung und Beschreibung von Röntgenstrahlung Was ist der wesentliche Unterschied zwischen Röntgen-Photonen und Photonen, die bei Phosphoreszenz/Lumineszenz entstehen? Begründen Sie den Unterschied mit den Vorgängen in der Anode. Erzeugung der Röntgenstrahlung: Was ist Röntgen-Bremsstrahlung? Welcher Vorgang liegt der Entstehung der charakteristischen Röntgenstrahlung zugrunde? Erkären und skizzieren Sie. Skizzieren Sie das gesamte Spektrum der Photonen, die in der Röntgenröhre erzeugt werden. WW mit Materie Verschiedene Körpergewebe Schwächung von Röntgenstrahlen Compton-Effekt: Wie trägt er zum Weichteilkontrast bei? Benennen und skizzieren Sie die fünf verschiedenen Schwächungsmechanismen von Röntgenstrahlen in Materie. Vom Quant zum Bild: Verstärkerfolien: was ist das Prinzip? Was sind Vor/Nachteil von dicken/dünnen Folien? Streustrahlenraster: Welche Art von Photonen halten sie ab? Wie sind sie aufgebaut? Was sind Kriterien für Bildqualität in der Röntgendiagnostik? Welche Eigenschaften sollte eine Röntgenquelle für die Bildgebung haben? Seite 10