Population Density and Social Pathology

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Transkript:

Population Density and Social Pathology Seminar: Klassische Experimente der Psychologie Prof: Michael Niedeggen Referent: Paul Andrescheski Berlin, 02.07.08 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 1

Gliederung Vorwort zu John B. Calhoun Experiment 1 Experiment 2 Household Crowding Zusammenfassung 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 2

John B. Calhoun (11.05.1917 07.09.1995) 1939 Bachelor (University of Virginia) 1942 M.S. (Northwestern University) 1943 Ph.D. (Northwestern University) 1947 28-monatiges Studium einer im Freien lebenden Rattenkolonie (Experiment 1) 1958 1962 Studium von kontrolliert überbevölkerten Rattenkolonien (Experiment 2) => behavioral sink 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 3

Experiment 1 Motivation Welchen Effekt haben das Sozialverhalten einer Spezies auf das Bevölkerungswachstum und die Bevölkerungsdichte auf das Sozialverhalten? - Rattenkolonie im Freien Experiment - Überfluß an Nahrung und Lebensraum - Gefahr durch Feinde und Krankheiten minimiert 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 4

Experiment 1 Resultat - geringe Alttiersterberate => erwartete Alttieranzahl ~ 5000 - nach 27 Monaten Stabilisierung der Bevölkerung (150 Alttiere) - hohe Jungtiersterberate - Störung mütterlichen Verhaltens durch soziale Interaktion 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 5

- 4 pens (abgegrenzt) - 1 <-> 2 2 <-> 3 3 <-> 4 - gleiche Nahrungs- und Materialversorgung - 1 Bau/Nest pro pen (unterschiedlich lange Wege zum Bau) - doppelt so viele Tiere, wie für diesen Lebensraum normal 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 6

- Population konstant bei 80 Tieren gehalten - gleiche Anzahl von Männchen und Weibchen - soziale Interaktion gefördert durch Art der Nahrungsaufnahm - insgesamt 2 Versuchsreihen 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 7

Erste Versuchsreihe - zeitaufwendiges Essen - Wahrscheinlichkeit von sozialer Interaktion hoch 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 8

Zweite Versuchsreihe - zeitaufwendiges Trinken - nur in Gruppen möglich 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 9

Was passiert? Bevölkerungsverteilung - gleichmäßige Verteilung der Weibchen auf alle pens - sehr hohe Konzentration der Männchen in den mittleren pens (2&3) - äußere pens (1&4) von einem dominanten Männchen kontrolliert 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 10

02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 11

Erste Versuchsreihe Zweite Versuchsreihe 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 12

Was passiert? Sozialverhalten - pens mit hoher Bevölkerungsdichte entwickeln behavioral sink - Hyperaggressivität ( Probers ); passives Sozialverhalten ( Beautiful Ones ) - Probleme bei der Geburt und Pflege von Jungtieren - abnormales Sexualverhalten - hohe Sterberaten 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 13

~ 50% 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 14

~ 96% 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 15

Resultat - Folgen der sozialen Interaktion am offensichtlichsten bei Weibchen: - instabile Schwangerschaft - mütterliche Fürsorge gestört - Männliche Verhaltensstörungen: - sexuelle Konfusion - Kannibalismus - Überaktivität / soziale Abgrenzung - Ungleichgewicht der Bevölkerungsdichte in einzelnen pens 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 16

Resultat When a population of laboratory rats is allowed to increase in a confined space, the rats develop acutely abnormal patterns of behavior that can even lead to the extinction of the population. - John B. Calhoun 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 17

Household Crowding Bevölkerungsdichte := Anzahl von Individuen auf einem bestimmten Raum Crowding := subjektives psychologisches Gefühl der Dichte an Menschen Wie beeinflusst crowding unser Verhalten? 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 18

Household Crowding Studien zeigen, dass das Risiko der Entwicklung einer geistigen Störung (Psychose) steigt, wenn man in Stadtgebieten aufwächst. - 64% höheres Risiko auf Schizophrenie (Schweden 1992; 49191 VPN) - 14% höheres Risiko auf Schizophrenie (England 92/95; 6533 VPN) - Verhältnis von Menschen mit Psychosen 5 : 1 (Großstadt : Land)(USA 96) - 66% höhere Wahrscheinlichkeit des Aufwachsens in einer Großstadt für Menschen mit Geisteskrankheiten (USA 1997; 91,959 VPN) -10-25% höheres Risiko auf Psychosen (Niederlande 97; 55,554 VPN) 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 19

Household Crowding Was ist die Ursache dieses Risikoanstiegs? - Overcrowding may have serious impact on human behavior (Galle 1972) - if density does produce mental illness its likely mechansim of action will be route through household contact (Schweitzer, Su 1977) - verschreibungspflichtige Antipsychotika korrelieren in hohen Maße mit overcrowding; cc= 0.60 p < 0.002 (King 1982) - for the subgroup of patients meeting [...] criteria for schizophrenia, overcrowding was the single most powerful predictor (Harvey 1996) 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 20

Household Crowding Kritik Es gibt keinen einfachen ursächlichen Zusammenhang zwischen overcrowding und Sozio- und Psychopathologie (Lawrence 1974) - genetische Faktoren - soziale Schicht - Alter, Lebenssituation 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 21

Household Crowding Zusammenfassung Household Crowding sollte als biologischer als auch psychologischer Faktor bei Schizophrenie und manisch-depressiven Erkrankungen in Erwägung gezogen werden. 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 22

Quellen Schizophrenia Bulletin, Vol. 24, No.3, 1998 Population Density and Social Pathology, John B. Calhoun Crowding into the behavioral sink Internet 02.07.08 Klassische Experimente der Psychologie 23