I n a u g u r a l D i s s e r t a t i o n zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr Universität Bochum



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Aus der Urologischen und Neurourologischen Klinik des Klinikums Marienhospital Herne - Universitätsklinik der Ruhr Universität Bochum ( Direktor: Prof. Dr. med. Th. Senge ) Der Stellenwert verschiedener PSA-abhängiger Parameter zur Optimierung der präoperativen Diagnostik bei Patienten mit symptomatischer Prostatahyperplasie I n a u g u r a l D i s s e r t a t i o n zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr Universität Bochum vorgelegt von Silke Zey aus Trier 2002 1

Dekan: Referent: Koreferent: Prof. Dr. med. G- Muhr Prof. Dr. med. Th. Senge Prof. Dr. med. M. Krieg Tag der mündlichen Prüfung: 3.06.2003 2

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 6 1.1 Epidemiologische Daten Prostatakarzinom 6 1.2 Ätiologische Faktoren 6 1.3 Klinik des Prostatakarzinoms 7 1.4 Diagnostische Maßnahmen und Früherkennung 9 1.4.1 Digitorektaler Untersuchungsbefund 9 1.4.2 Transrektale Prostatasonographie 10 1.4.3 Prostataspezifisches Antigen 12 1.4.3.1 Entwicklung der Tumormarker für Prostatakarzinome 12 1.4.3.2 Prostataspezifisches Antigen 12 1.4.3.3 Freies Prostataspezifisches Antigen 14 1.4.4 PSA abhängige Parameter 15 1.4.4.1 Quotient freies zu Gesamt-PSA -Ratio 15 1.4.4.2 PSA Volumendichtemessung PSA Density 17 1.4.4.3 Altersabhängige PSA-Werte 18 1.4.4.4 PSA Anstiegsgeschwindigkeit PSA Velocity 19 1.4.5 fpsa Volumendichtemessung fpsa Density 19 1.5 Zielsetzung 20 2. Materialien und Methoden 21 2.1 Patientenklientel 21 2.2 Histologie Präparate und Untersuchungsmethoden 22 2.3 Volumenmessung 23 2.4 Prostataspezifisches Antigen 23 2.5 Freies Prostataspezifisches Antigen 24 2.6 Quotient aus freiem und Gesamt-PSA,PSA-Volumendichte, Volumendichte des freien PSA 25 3

2.7 Statistische Auswertung 25 3. Auswertung 27 3.1 Altersverteilung 27 3.2 Prostataspezifisches Antigen PSA 27 3.3 Freies Prostataspezifisches Antigen fpsa 30 3.4 Quotient freies zu Gesamt-PSA Ratio 33 3.5 Prostatavolumen 37 3.6 PSA-Volumendichte 39 3.7 Freies PSA-Volumendichte 42 3.8 Tabellarische Zusammenfassung 45 3.9 Untergruppen 47 3.9.1 Aufteilung nach Höhe des Prostataspezifischen Antigens 47 3.9.1.1 Patienten mit PSA-Werten von 2,0 3,9 ng/ml 47 3.9.1.2 Patienten mit PSA-Werten von 4,0 5,9 ng/ml,6,0 7,9 ng/ml und 8,0 10,0 ng/ml 49 3.9.1.3 Tabellarische Zusammenfassung Untergruppen 50 3.9.2 Aufteilung nach dem Prostatavolumen 51 3.10 Zusammenfassung 52 4. Diskussion 54 4.1 Altersverteilung 54 4.2 Prostataspezifisches Antigen 55 4.3 Anstiegsgeschwindigkeit des PSA 58 4.4 Altersabhängige PSA-Referenzwerte 59 4.5 Freies Prostataspezifisches Antigen 60 4.6 Quotient freies - zu Gesamt-PSA Ratio 62 4.7 Prostatavolumen 66 4.8 PSA-Volumendichte 69 4

4.9 Freies PSA-Volumendichte 73 4.10 Untergruppen 77 4.10.1 Aufteilung nach Höhe des Prostataspezifischen Antigens 77 4.10.2 Aufteilung nach dem Prostatavolumen 77 5. Zusammenfassung 79 6. Literaturverzeichnis 81 5

1. Einleitung 1.1 Epidemiologische Daten Prostatakarzinom Das Prostatakarzinom ist heute die zweithäufigste maligne Tumorerkrankung des Mannes. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr, die Inzidenz steigt mit zunehmendem Alter an. Während das Prostatakarzinom vor dem 40. Lebensjahr eine Rarität darstellt, steigt die Inzidenz von 20/100000 bei 55-jährigen Männern auf 500/100000 um das 85. Lebensjahr. Die Inzidenz des Prostatakarzinoms weist ethnische und geographische Unterschiede auf. Während bei der chinesischen Bevölkerung die Morbidität bei 1/100000 liegt, konnte für die schwarze Bevölkerung Nordamerikas eine Erkrankungshäufigkeit von 65-102/100000 nachgewiesen werden, hier steht das Prostatakarzinom an erster Stelle der malignen Erkrankungen. 1 In Deutschland liegt die Inzidenz bei etwa 50/100000. 2 In den letzten Jahren ist die Inzidenz deutlich angestiegen, was am ehesten auf die verbesserten Früherkennungsmaßnahmen und diagnostischen Hilfsmittel zurückzuführen ist 1.2 Ätiologische Faktoren Ursächlich werden mehrere Faktoren für das Auftreten eines Prostatakarzinoms diskutiert. Wesentliche unbeeinflussbare Risikofaktoren sind das Alter und die ethnische Zugehörigkeit. Des weiteren besteht eine familiäre Häufung, was als Hinweis auf eine genetische Disposition gewertet werden kann. Als zusätzliche ätiologische Faktoren werden Ernährungsgewohnheiten diskutiert. Vegetarischer Ernährung wird ein Gehalt an Phytoöstrogenen zugesprochen, welche einen tumorprotektiven Effekt ausüben sollen. Aufgrund der Östrogenaktivität binden die Phytoöstrogene an den Östrogenrezeptor und können so die Synthese des sexualhormonbindenden Globulins der Leber erhöhen, welches dann zur einer Erniedrigung des freien Plasmatestosteronspiegels führt. 3 6

Die Ernährungsweise in den westlichen Industrienationen ist durch einen hohen Gehalt an Fetten und Proteinen tierischen Ursprungs und einem geringem Gehalt an Ballaststoffen gekennzeichnet. Wie von Fair et al. nachgewiesen wurde, führt der übermäßige Konsum von tierischem Fett zu einem relativen Risiko der Erkrankung an einem Prostatakarzinom von 1,54. Pflanzliche Fette führten hingegen nicht zu einer Erhöhung des relativen Erkrankungsrisikos. 3, 4 1.3 Klinik des Prostatakarzinoms Das Prostatakarzinom zeichnet sich wie viele andere maligne Tumoren durch eine sehr spät einsetzende Symptomatik aus. Im Frühstadium, mit lokal begrenztem Befund, klagen die Patienten kaum über klinische Beschwerden. Man unterscheidet vom klinisch manifestem Prostatakarzinom das latente Karzinom, welches erst im Rahmen einer Obduktion als Zufallsbefund entdeckt wird, man findet bei etwa 40% der über 80-jährigen Männer ein solches Karzinom. Klinisch symptomatisch wird das Prostatakarzinom erst im fortgeschrittenem Stadium. Bei lokalem Progress ist die Symptomatik ähnlich wie bei der benignen Prostatahyperplasie durch eine obstruktive Miktionssymptomatik mit Harnstrahlabschwächung, Nykt- und Pollakisurie und Restharnbildung bis hin zum akuten Harnverhalt gekennzeichnet. Häufig, in bis zu 40% der Fälle, wird das Prostatakarzinom erst durch symptomatische Fernmetastasen diagnostiziert. Hierbei ist das Skelettsystem, besonders das tragende Achsenskelett, der häufigste hämatogene Absiedlungsort für Metastasen. Die Patienten klagen daher über Knochenschmerzen, meist im LWS-Bereich, gelegentlich als einziges Symptom des Prostatakarzinoms. 5 Die lymphogene Metastasierung erfolgt im ersten Schritt in die obturatorischen Lymphknoten. Als klinisches Symptom zeigen sich hier Lymphödeme der unteren Extremität, die aber häufig erst im weit fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung entstehen und selten als Erstsymptom auftreten. Die Prognose des Prostatakarzinoms ist stark von seiner lokoregionären Ausbreitung und dem Vorhandensein von Metastasen bestimmt. In der folgenden tabellarischen Darstellung sei die aktuelle TNM-Klassifikation der UICC, 5. Auflage, aus dem Jahre 1997 dargestellt. 7

Tabelle 1: TNM-Klassifikation UICC 6 Tx T0 T1 T1a T1b T1c T2 T2a T2b T3 T3a T3b T4 N Nx N0 N1 M Mx M0 M1 M1a M1b M1c Primärtumor kann nicht beurteilt werden Kein Anhalt für Primärtumor Tumor weder tastbar noch in bildgebenden Verfahren sichtbar Zufälliger Befund, < 5% des Gewebes Zufälliger Befund, > 5% des Gewebes Diagnose durch Nadelbiopsie Tumor begrenzt auf Prostata Tumor auf ein Lappen begrenzt Tumor auf beide Lappen begrenzt Extrakapsuläre Ausbreitung Samenblasen frei Samenblasen mitbefallen Tumor fixiert oder mit Infiltration anderer Nachbarstrukturen als der Samenblasen Lymphknotenmetastasen Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden Keine regionäre Lymphknotenmetastasen Regionäre Lymphknotenmetastasen Fernmetastasen Fernmetastasen können nicht beurteilt werden Keine Fernmetastasen Fernmetastasen Nicht regionäre Lymphknoten Knochenmetastasen Andere Lokalisation(en) Nur das lokal begrenzte Prostatakarzinom, T1 T3, ohne Nachweis von Fernmetastasen und tumorfreien obturatorischen Lymphknoten, ist einer kurativen Therapie, wie der operativen Entfernung im Sinne einer radikalen Prostatovesikulektomie zuzuführen. 8

Nach Radikaloperation liegt die 10-Jahres-Überlebensrate für die Stadien T1 und T2 bei 80 90%, dagegen beträgt sie im Stadium T3 bei Diagnosestellung nur noch 30%. 5 Hieraus lässt sich erkennen, dass eine frühzeitige Diagnosesicherung für die kurative Zielsetzung und Überlebenszeit eine entscheidende Rolle spielt. Daher sollte das Hauptaugenmerk auf gründlichen Früherkennungsmaßnahmen bei Männern ab dem 45. Lebensjahr gerichtet sein. 1.4 Diagnostische Maßnahmen und Früherkennung In den letzten Jahren wurde durch die neueren diagnostischen Methoden die Früherkennung des Prostatakarzinoms verbessert. Ziel der Früherkennung ist es, Patienten mit lokal begrenztem Befund zu diagnostizieren, da nur in diesem Stadium eine Therapie unter kurativen Gesichtspunkten durchgeführt werden kann. Im Rahmen der Früherkennung von Prostatakarzinomen wurden in den letzten Jahren einige neue Methoden eingeführt oder bereits vorhandene Methoden verbessert. Als Grundpfeiler der heute üblichen Routinediagnostik dienen die digitorektale Untersuchung (DRU), die Bestimmung des Serumspiegels des Prostataspezifischen Antigens (PSA) und die transrektale Prostata-Sonographie (TPS = transrektale Prostatasonographie, international TRUS = transrectal ultrasound). Zur endgültigen histologischen Sicherung der Diagnose ist die Stanzbiopsie Methode der Wahl. Diese kann als Sextantenbiopsie aus definierten Arealen der Prostata entnommen werden oder bei palpatorischem oder sonographischem Hinweis auf ein karzinomsuspektes Areal zusätzlich gezielt aus diesem Bezirk. Indikationen zur Biopsie stellen ein erhöhtes PSA, ein suspekter Tastbefund und/oder ein auffälliges Areal in der TRUS dar. 1.4.1 Digitorektaler Untersuchungsbefund (DRU) Diese einfach durchzuführende Untersuchung sollte bei allen Patienten über 45 Jahren routinemäßig im Rahmen der Vorsorge erfolgen. Tumoröse Veränderungen finden sich häufig im Außenbereich der Drüse, daher vom Rektum aus meist gut palpabel. 9

Die Untersuchung der Prostata erfolgt anhand von verschiedenen Kriterien. Beurteilt werden Größe und Konsistenz der Prostata, die Verschieblichkeit der Rektumschleimhaut und die Abgrenzung der Vorsteherdrüse gegen das benachbarte Gewebe. Das Prostatakarzinom zeichnet sich in der DRU durch eine knochenharte Drüse aus, bei fortgeschrittenen Tumoren besteht meist eine verminderte Verschieblichkeit der Schleimhaut. Anhand des Tastbefundes kann eine Stadieneinteilung erfolgen: bei T2 handelt es sich um einen auf die Vorsteherdrüse beschränkten Befund, während in den Stadien T3-T4 eine Infiltration der Samenbläschen, bzw. der Nachbarorgane besteht. Die digitorektale Untersuchung ist als Früherkennungsmaßnahme einfach und kostengünstig durchführbar, zeigt aber eine geringere Entdeckungsrate im Vergleich zur transrektalen Prostata-Sonographie. Eine derbe Verhärtung der Prostata gilt solange als karzinomsuspekt bis das Gegenteil bewiesen ist. Differentialdiagnostisch ist an eine granulomatöse Prostatitis, eine Prostatolithiasis, eine Tuberkulose oder an fibrotische Parenchymknoten zu denken. Diese Früherkennungsmaßnahme erlaubt demgemäss keine eindeutige Aussage über das Vorhandensein eines Karzinoms. Lee et al. wiesen eine zweifach höhere Sensitivität für die TRUS im Vergleich zur DRU nach. Bei 784 Männern wurde in 77 Fällen eine Biopsie durchgeführt, bei 83% aufgrund eines auffälligen Befundes in der TRUS und nur 38% der Biopsien sind aufgrund eines suspekten Tastbefundes nötig geworden. 7 1.4.2 Transrektale Prostatasonographie (TPS) Die Untersuchung der Prostata mit Hilfe von hochauflösenden Ultraschallsonden erlaubt eine genaue Beurteilung des sonographischen Echomusters des Prostatagewebes und eine bessere Volumenbestimmung als im transabdominellen Ultraschall. Typischerweise präsentieren sich Karzinome in der Peripherie der Vorsteherdrüse als Bezirke verminderter Echogenität, hypodense Areale. Dieses sonographische Bild muss nicht zwingend vorhanden sein, sondern kann fehlen, oder Ausdruck regressiver Veränderungen im Rahmen einer benignen Hyperplasie sein. 10

Die Volumenbestimmung erfolgt durch die häufig verwendete Formel Höhe*Breite*Tiefe*phi/6, aber diese Formel führt schon bei geringer Meßungenauigkeit zu erheblichen Abweichungen im Prostatavolumen. In einer Studie von Carter et al. über die Durchführung von Prostatastanzen aufgrund auffälliger Befunde bei der transrektalen Prostata-Sonographie zeigte sich, dass die TRUS alleine keine gut geeignete Methode zur Erkennung von nicht tastbaren Tumoren sei, da es zu einer unnötig häufigen Durchführung von Stanzen käme. Die Sensitivität für die TRUS beträgt 52% und ist nicht mit der Tumorgröße korrelierbar. 8 Jedoch auch in Kombination mit der digitorektalen Untersuchung ist die transrektale Prostata-Sonographie keine ausreichend sensitive Screeningmethode in bezug auf Sensitivität und Spezifität. 8 Wenn man nun das Prostataspezifische Antigen (s. Kapitel 1.4.3) in die Früherkennungsmaßnahmen miteinbezieht, verbessert sich die Erkennungsrate signifikant. Catalona et al. 9 verglichen 1994 die DRU mit dem Prostataspezifischen Antigen zur Früherkennung des Prostatakarzinoms bei 6630 Männern. Insgesamt 1167 Biopsien wurden bei einem PSA-Wert >4,0 ng/ml oder/und einem suspekten Tastbefund, unabhängig von dem Befund des transrektalen Ultraschalls durchgeführt. Histologisch war eine maligne Entartung bei 264 Patienten nachzuweisen. Es zeigte sich, dass durch den PSA-Wert signifikant mehr Karzinome entdeckt werden konnten, 82% im Vergleich zu 55% durch die DRU. Allerdings war die Erkennungsrate für die DRU alleine 3,2%, was aber in Kombination mit PSA eine Verbesserung auf 5,8% brachte. 9 Gohji et al. verglichen DRU, TRUS und PSA 1995 in einer Studie und fanden heraus, dass der positive prädiktive Wert für die Kombination dieser drei Parameter 64,3% beträgt und sinnvoll für die Erkennung eines klinisch lokal begrenzten Befundes ist. 10 Es wurde durch mehrere Studien bewiesen, dass die Bestimmung des Serumwertes des Prostataspezifischen Antigens die Sensitivität der Prostatakarzinomdiagnostik erhöht, 11, 12 jedoch stark abhängig von der jeweiligen Höhe des PSA-Wertes ist. 11

1.4.3 Prostataspezifisches Antigen 1.4.3.1 Entwicklung der Tumormarker für Prostatakarzinome Am Beginn der Entwicklung eines Markers für das Prostatakarzinom steht Anfang des 20. Jahrhunderts die Entdeckung der Prostataspezifischen Phosphatase. Es handelt sich um ein etwa 100 kd schweres Glykoprotein, welches in der Prostata, im Urin und der Samenflüssigkeit nachgewiesen werden konnte. Seit 1948 galt die PAP als der 13, 14 Tumormarker für das Prostatakarzinom. In den 1980er Jahren begann mit der Entdeckung des Prostataspezifischen Antigens im Serum durch Papsidero et al. 15 und ihrer Bestätigung, dass es sich um das gleiche Antigen handelt, welches durch Wang et al. 16 im Prostatagewebe identifiziert wurde, eine neue Ära der Tumormarker für das Prostatakarzinom. Als nicht organspezifisches Enzym verlor die Prostataspezifische Phosphatase an Bedeutung, da das PSA eine doppelt so hohe Sensitivität wie die PAP aufwies, insbesondere in den frühen Stadien der Erkrankung. Somit löste das Prostataspezifische Antigen die Prostataspezifische Phosphatase aufgrund seiner besseren Sensitivität ab. Wie Stamey und Kabalin bei 209 Patienten nachweisen konnten, stieg der PSA-Wert proportional mit dem klinischen Stadium an und war schon in histologisch frühen Stadien über dem Referenzniveau, während der PAP-Wert bei der Unterscheidung früher klinischer Stadien schlecht differenzieren konnte. 17 Seit Ende der 80er Jahre wird das Prostataspezifische Antigen als Erkennungs- und Verlaufsparameter für das Prostatakarzinom eingesetzt, nachdem Studien den Wert der PSA-Bestimmung für die Diagnostik des Prostatakarzinoms bestätigten. 18 1.4.3.2 Prostataspezifisches Antigen Das Prostataspezifische Antigen ist eine 34 kda schwere Serin-Protease aus der Familie der Kallikreine. Obwohl es nicht nur von Epithelzellen der Prostata exprimiert wird, sondern auch in geringen Konzentrationen in Brustdrüsengewebe, Speicheldrüsen, duktalen Pankreaszellen und Endometrium zu finden ist 19, gilt das Antigen als organspezifisch. 12

Als Bestimmungsmethode des PSA-Wertes im Serum entwickelte Kuriyama et al. 20 einen Enzymimmunoassay, der mit einem Kaninchen-Anti-IgG-Antikörper gegen das Prostataspezifische Antigen ausgestattet war. Hiermit konnten sie die höchsten Serumkonzentrationen bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom finden, während sich die Serumkonzentration bei Männern mit lokal begrenztem Karzinom nicht eindeutig von den PSA-Konzentrationen bei Patienten mit benigner Prostatahyperplasie unterschied. Denn der Serumwert des Prostataspezifischen Antigens ist nicht nur beim Vorliegen eines Prostatakarzinoms erhöht, sondern die benigne Hyperplasie der Prostata führt auch zur einer PSA-Elevation. Ein deutlich erhöhter PSA-Serumwert (>20 ng/ml) lässt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Vorhandensein einer malignen Entartung der Prostata schließen. In der sogenannten Grauzone zwischen 4,0 und 10,0 ng/ml kann der Tumormarker auch durch die benigne Hyperplasie beeinflusst sein, sodass hier eine Unterscheidung zwischen Prostatakarzinom und benigner Prostatahyperplasie aufgrund des PSA-Wertes allein nicht möglich ist. 18 Schließlich kann eine Erhöhung des Prostataspezifischen Antigens neben dem Prostatakarzinom und der benignen Prostatahyperplasie andere Ursachen haben, dazu zählen eine Prostatitis und Zustände nach Anlage eines transurethralen Katheters oder Manipulation an der Prostata durch digitorektale Untersuchung. Dieser Zusammenhang wurde bereits 1992 von Yuan et al. bei 199 Patienten untersucht. Er konnte nachweisen, dass die digitorektale Untersuchung sowohl nach 5 Minuten und 90 Minuten keinen signifikanten Effekt auf die Höhe des Prostataspezifischen Antigens hat. Nach transrektaler Ultraschalluntersuchung der Prostata hatten 11% einen höheren PSA-Wert als vor der Untersuchung. Die Prostatastanzbiopsie führte bei 92 von 100 Patienten zu erhöhten Serumwerten des Prostataspezifischen Antigens. 21 Im diagnostischen Grauzonenbereich müsste bei allen Patienten eine diagnostische Sextantenstanzbiopsie zur Gewinnung einer Histologie durchgeführt werden, hierbei handelt es sich um einen invasiven Eingriff und eine für den Patienten unangenehme Maßnahme, die Komplikationen mit sich bringen kann. Zu den Komplikationen gehört einerseits die transrektale Blutung, die meist gut durch eine Rektaltamponade beherrschbar ist. Am häufigsten jedoch sind hochfieberhafte Infektionen durch Keimverschleppung, was man mit einer antibiotischen Prophylaxe zu 13

verhindern sucht. Dennoch kann eine Prostatitis bis hin zur Urosepsis provoziert werden. Ferner kann es zur transurethralen Blutung kommen. Die Bemühungen sollten demgemäss bestrebt sein, weitere Diagnostikmethoden und parameter zu entwickeln, um die Anzahl der unnötig durchgeführten Stanzen möglichst gering zu halten. Daher besteht immer noch die Notwendigkeit weitere Indikatoren für das Vorhandensein eines Prostatakarzinoms zu bestätigen oder zu entdecken. Weitere Verwendung findet der PSA-Wert in neuen Berechnungen als Kriterium zur Differentialdiagnose zwischen Prostatakarzinom und benigner Prostatahyperplasie. Hierzu zählen die PSA-Dichte (Density), die Veränderung des PSA-Wertes in einem definierten Zeitraum (Velocity) und des freien-zu-gesamt-psa-ratio. 1.4.3.3 Freies Prostataspezifisches Antigen Bei der weiteren Untersuchung des Verhaltens von Prostataspezifischem Antigen im Serum konnte festgestellt werden, dass ein Teil des PSA enzymgebunden vorliegt, während ein anderer Anteil ungebunden, als freies PSA im Serum zu finden ist. Wie Christensson und Mitarbeiter 22 1990 herausfanden, zirkuliert PSA im Blut hauptsächlich an Proteinase-Inhibitoren gebunden, vor allem an Alpha-1- Antichymotrypsin (ACT) und Alpha-2-Makroglobulin (AMG). Nur eine ganz geringe Fraktion des totalen PSA (tpsa) existiert frei zirkulierend im Serum (fpsa), als enzymatisch aktive Form mit bisher unbekannter Funktion. Während die Bindung mit AMG alle Epitope des Prostataspezifischen Antigens belegt, lässt die Verbindung mit Alpha-1-Antichymotrypsin einige Epitope frei. Aus diesem Grunde erfassen die bis 1997 entwickelten Immunoassays nur den freien PSA- und den an ACT-gebundenen Anteil. Im Jahre 1996 zeigte Morgan et al. anhand einer Untersuchung bei 77 Patienten, dass die selektive Bestimmung von freiem PSA die Möglichkeit steigert bei Patienten zwischen benigner Prostatahyperplasie (BPH) und Prostatakarzinom bei erhöhten PSA- Werten (> 4,0 ng/ml) zu unterscheiden. Außerdem scheint ein relativ niedriger freier PSA-Anteil (< 10%) eine Vorhersagekraft für das Prostatakarzinom zu besitzen. 23 Auch Lieberman wies einen signifikanten Unterschied des freien PSA-Anteils bei 250 Patienten (63 mit Prostatakarzinom, 187 benigne Prostatahyperplasie) nach. In der 14

Karzinomgruppe war der Wert des ungebundenen PSA insgesamt geringer als in der Vergleichsgruppe. 24 Die Arbeitsgruppe um Hofer und Sauerstein 25 bestätigte die in zahlreichen Studien vermutete These, dass die Bestimmung des freien Anteils des Prostataspezifischen Antigens helfen kann die Biopsierate zu verringern. Die Untersuchung umfasste 188 Patienten, davon 114 mit benigner Prostatavergrößerung und 74 mit einem Karzinom der Prostata, und zeigte, dass die Bestimmung des fpsa bei einem Serumwert des Prostataspezifischen Antigens zwischen 4,0-10,0 ng/ml unnötige Stanzen zu verhindern mag. Des weiteren konnte bei 6 von 7 Patienten mit Prostatakarzinom und PSA < 4,0 ng/ml mit Hilfe des freien PSA diagnostiziert werden. Leung et al. veröffentlichte 1997 eine Studie, in der auch er eine signifikante Verbesserung in bezug auf Spezifität und Sensitivität in der Diagnose von Prostatakarzinomen, speziell bei Serumwerten des PSA zwischen 4,0-10,0 ng/ml, durch Zuhilfenahme des freien Anteils des Prostataspezifischen Antigens verdeutlichte. 26 Diese Frage überprüften Carlson, Calvanese und Childs 27 in ihrer Untersuchung zum unteren Grenzwert des Gesamtanteils des Prostataspezifischen Antigens, um die Höhe des Serumwertes des Gesamt-PSA festzustellen ab dem die Bestimmung des freien Anteils sinnvoll erscheint. Sie fanden heraus, dass bei einer Erhöhung des Serumwertes des totalen PSA das freie PSA bei malignen Erkrankungen schneller abfällt als bei benignen Hyperplasien. Signifikant unterschiedlich zwischen Karzinom und BPH wird die Bestimmung des freien PSA-Wertes nach Carlson erst ab einer Serumhöhe des Prostataspezifischen Antigens von 4,0 ng/ml. 1.4.4 PSA-abhängige Parameter 1.4.4.1 Quotient freies zu Gesamt-PSA - Ratio Die Bestimmung des Quotienten von freiem PSA zu totalem PSA im Serum ist heute der einzige verifizierte Parameter, in dem das fpsa in die Diagnostik einbezogen wird. Luderer et al. schlägt einen Grenzwert des f/t-psa-ratios von 0,20 vor, hierbei resultiert eine Sensitivität von 88% und eine Spezifität von 50%. 28 Der Grenzwert des Ratios, welcher eine Sensitivität von 90%; bzw. 95% erzielt, liegt nach der Arbeit von Catalona et al. bei 0,28; bzw. 0,30 und es wären jeweils 13%; bzw. 15

12% unnötige Biopsien verhindert worden. Diese Ergebnisse beziehen sich auf Patienten mit einem totalen PSA-Wert zwischen 4-10 ng/ml. 29 Chen et al. 30 untersuchten das Verhalten des fpsa bei Patienten mit der Serumhöhe des tpsa zwischen 2,5 und 20,0 ng/ml. Eine Ratio-Bestimmung war hier nur in den Extremfällen eindeutig für die Diagnostik, kleiner 0,07 für Prostatakarzinom und größer 0,25 für benigne Hyperplasie. Dazwischen ist der f/t-psa-quotient abhängig von der jeweiligen Serumhöhe des totalen PSA und des Alters des Patienten. Dass die Höhe der Ratio auch eine Aussage über die Aggressivität des Tumors hat, wenn die alleinige Bestimmung des Serum-PSA noch keine signifikante Höhe erreicht hat, d.h. im Grauzonenbereich liegt, untersuchten Carter et al. 31 1997. Somit kann durch die fpsa-messung eine Prognose über das Verhalten des Karzinoms und der jeweilig günstigen Therapieoptionen gemacht werden. In einem Vergleich von verschiedenen Studien zum f/t-psa-ratio fällt eine hohe Sensitivität bei geringer Spezifität zur Differentialdiagnose zwischen Karzinom und benigner Hyperplasie auf. Der Vergleich dreier Studien von Bangma 32, Catalona 33 und Partin 34 zeigt den gleichen Grenzwert von 0,20, bei einer Bestimmung des freien PSA im tpsa-bereich von 4-10 ng/ml. Hier zeigten sich Sensitivitäten zwischen 90-95%, bei einer Spezifität zwischen 19-38%. Tabelle 2: Vergleich der Ratio - Grenzwerte Literatur PCA/ Kein PCA PSA- Bereich (ng/ml) Ratio- Grenzwert Sensi tivität Spezi fität Catalona 33 4-10 63/50 20 % 90 % 38 % Bangma 32 4-10 33/107 20 % 91 % 19 % Van 2-10 90/205 25 % 90 % 38 % Cagh 35 Partin 34 4-10 139/78 20 % 95 % 20 % Aus den zahlreichen Studien zum diagnostischen Nutzen des Quotienten freies/totales Prostataspezifischen Antigens wird deutlich, dass immer noch Unklarheit in der Festlegung des Grenzwertes besteht. Allerdings ist zu beachten, dass solche Daten stark 16

von der jeweilig untersuchten Population abhängig sind und deshalb sollte ihre Gültigkeit in weiteren Untersuchungen bestätigt werden. 1.4.4.2 PSA-Volumendichtemessung PSA-Density Stamey et al. hatte im Jahr 1989 festgestellt, dass pro Gramm Karzinomgewebe der PSA-Serumspiegel um 3,5 ng/ml ansteigt, während der PSA-Anstieg im Gewebe der benignen Prostatahyperplasie nur 0,3 ng/ml beträgt. 17 Dies ließ den Schluss zu, dass eine Korrelation zwischen dem PSA-Serumwert und dem Prostatavolumen besteht. Die Bildung eines neuen Parameters, der PSA-Density (PSAD; PSA-Volumendichte), wurde im folgenden von Benson überprüft und Normogramme veröffentlicht, die jedem Dichtewert ein definiertes Prostatakarzinom- Risiko zwischen 3 und 100% zuordnet. 36 Gerade im diagnostischen Grauzonenbereich der Serum-PSA-Werte zwischen 4,0 10,0 ng/ml soll so eine bessere Evaluierung des Karzinomrisikos möglich sein. Morote et al. 37 untersuchten 74 Patienten mit unauffälliger DRU und PSA-Serumwerten zwischen 4,0 10,0 ng/ml, bei 22 Männern konnte durch eine durchgeführte Biopsie ein Prostatakarzinom nachgewiesen werden, während bei 52 Männern eine benigne Prostatahyperplasie diagnostiziert wurde. Bei einem Grenzwert von 0,15 ng/ml/cc, bzw. 0,10 ng/ml/cc betrug die Sensitivität der PSA-Dichtemessung 86,4%, bzw. 90,0%, die Gesamtbiopsierate könnte hiermit um 41,9%, bzw. 28,4% verringert werden, die Zahl unentdeckt gebliebener Prostatakarzinome betrug 13,6%, bzw. 9,1%. Um einen optimalen Unterscheidungswert festzulegen untersuchte Catalona et al. 38 161 Männern mit normaler DRU und Serum-PSA-Werten zwischen 4,0 10,0 ng/ml und berichtete eine um 74,5% reduzierte Biopsierate bei einem PSAD-Wert von 0,15 ng/ml/cc, bei 48,5% unentdeckten Karzinomen. Bei einem PSAD-Wert von 0,10 ng/ml/cc konnte die Biopsierate um 41,6% reduziert werden, wobei 21,1% der Karzinome nicht entdeckt werden konnte. Brawer et al. 39 berichteten über 218 Patienten bei denen eine PSA-Bestimmung, eine PSA-Dichtemessung und eine Sexantenbiopsie durchgeführt wurde. Eine Verbesserung der Vorhersagekraft für das Bestehen eines Prostatakarzinoms konnte für die PSAD gegenüber des PSA-Serumwertes nicht nachgewiesen werden. Speziell im diagnostisch 17

schwierigen Serum-PSA-Bereich zwischen 4,0 und 10,0 ng/ml bestand kein signifikanter Unterschied bei der PSAD zwischen Karzinom und benigner Erkrankung. Ähnlich der f/t-psa-ratio besteht auch bei der PSA-Dichtebestimmung noch weiterer Forschungsbedarf um einen genauen Unterscheidungspunkt zwischen Prostatakarzinom und benigner Prostatahyperplasie festlegen zu können. In der Literatur wird heute ein Grenzwert von 0,15 ng/ml/cc angegeben, der auf Altersabhängigkeit und auf Abhängigkeit von individueller PSA-Serumhöhe und Prostatavolumen überprüft werden muss. Besonders die Bestimmung des Prostatavolumens stellt hierbei einen wesentlichen Unsicherheitsfaktor dar, denn die transrektale Ultraschalluntersuchung zur Volumenbestimmung der Prostata ist untersucherabhängig und kann deutlichen interindividuellen Schwankungen unterliegen und sollte somit dem gut geschulten Untersucher vorbehalten bleiben. 1.4.4.3 Altersabhängige PSA-Werte Mit der Entdeckung des PSA-Wertes als Tumormarker für das Prostatakarzinom fiel zusätzlich ein altersabhängiger Anstieg des Prostataspezifischen Antigens auf. Partin und Mitarbeiter unterstrichen diese Vermutung, indem sie nachweisen konnten, dass altersabhängige PSA-Werte vor allem bei jungen Männern vermehrt helfen lokal begrenzte Tumoren zu entdecken. 40 Im Gegensatz zu Partins Studie unterstrich Catalona, dass der Serum-PSA-Grenzwert von 4,0 ng/ml für alle Altersgruppen ausreichend ist. 38 Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass der Nutzen der altersabhängigen Serum-PSA- Werte auf Patienten, die jünger als 60 Jahre alt sind, beschränkt zu sein scheint. Ebenso wie bei den bisher oben genannten Parametern, freies Prostataspezifisches Antigen und PSA-Volumendichtebestimmung, sollten bei den altersabhängigen PSA-Werten weitere klinische Untersuchungen verlangt werden. 18

1.4.4.4 PSA-Anstiegsgeschwindigkeit PSA-Velocity Im Vergleich der Serum-PSA-Anstiegsrate zwischen Prostatakarzinom und benigner Prostatahyperplasie fiel Carter et al. 41 in einer Verlaufsstudie über durchschnittlich 17 Jahre bei 54 Patienten eine unterschiedliche Anstiegsgeschwindigkeit auf. Diese Geschwindigkeit war bei den Männern mit einem Prostatakarzinom schon 9 Jahre vor Diagnosesicherung beschleunigt und betrug 0,75 ng/ml/jahr. Mit einer Sensitivität von 72% und einer Spezifität von 95% erwies sich die PSA-Velocity als prädiktiver Wert genauer als der PSA-Serumspiegel alleine. In einer ähnlichen Studie konnten Oesterling et al. 42 die Ergebnisse von Carter bestätigen, aber legten einen etwas höheren Anstiegswert mit 0,8 ng/ml/jahr fest. Eine weitere Untersuchung von Carter empfahl eine mehrmalige Wiederholung der Bestimmung des Prostataspezifischen Antigens in einem Zeitraum von 2 Jahren, bevor klinische Konsequenzen gezogen werden sollten. 43 Dieser Verlaufsparameter empfiehlt sich mehr für die urologische Praxis, da die Patienten im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung regelmäßig gesehen und Serum-PSA- Werte bestimmt werden. Da im klinischen Alltag die Abklärung eines PSA-Wertes im Grauzonenbereich häufig sofort erfolgen muss, wurde die PSA-Velocity in der folgenden Untersuchung nicht mitberücksichtigt. 1.4.5 fpsa-volumendichtemessung fpsa-density Die fpsa-dichtemessung (fpsad) erfolgt ähnlich der Serum-PSA-Dichtemessung, der Serumwert des freien PSA wird auf das in der transrektalen Prostata-Sonographie errechnete Volumen bezogen. Dieser Parameter zur Differentialdiagnose bei Serum- PSA-Werten zwischen 4,0 10,0 ng/ml ist bisher am wenigsten untersucht worden. Außer den Studien von Morgan et al. 23 und Kochanska-Dziurowicz et al. 44 über den Nutzen des freien Prostataspezifischen Antigens zur Vermeidung von unnötigen Biopsien konnten keine Daten über das Verhältnis von freiem PSA zum Prostatavolumen in der Literatur gefunden werden. Morgan et al. 23 wiesen bei 67 Patienten mit Serum-PSA-Werten zwischen 4,1-24,8 ng/ml freies PSA und fpsad als signifikante Prädiktoren für das Vorhandensein eines Prostatakarzinoms nach. In der Karzinomgruppe, 11 Männer, zeigte sich ein 19

signifikanter Unterschied bezogen auf das f/t-psa-ratio (6,7% Ca; 18% BPH) und ein deutlicher Unterschied in der fpsa-dichtebestimmung (0,026 Ca; 0,045 BPH). Da die Patientenanzahl in Morgans Studie nicht sehr hoch war, gilt es diese Aussagen mit höherer Anzahl zu überprüfen. So kann vielleicht das freie Prostataspezifische Antigen auf eine weitere Weise in die Diagnostik des Prostatakarzinoms aufgenommen werden. 1.5 Zielsetzung Aus diesem Grunde wurden retrospektiv die Serumwerte des Prostataspezifischen Antigens, seines freien Anteils im Serum und das Prostatavolumen durch transrektale Prostata-Sonographie bei 558 Patienten erfasst. Anhand dieser Parameter wurde die Validität der oben genannten Verfahren zur Differentialdiagnose zwischen benigner Prostatahyperplasie und dem Prostatakarzinom geprüft. Somit wurden die Daten der 558 Männer nach dem Erhalt der Histologie durch eine transurethrale Prostataresektion, transvesikale Prostatektomie oder radikaler Prostatovesikulektomie ausgewertet. Dies unterscheidet diese Untersuchung von allen vorausgegangenen, denn zum ersten Mal diente die Histologie als Grundlage einer Studie zur PSA-abhängigen Diagnostik des Prostatakarzinoms. Im Rahmen dieser Arbeit sollte die Sensitivität und Spezifität der genannten Parameter nicht wie in den bisher vorliegenden Studien an einem selektionierten Patientengut, sondern praxisnah an konsekutiven Patienten einer Urologischen Universitätsklinik eruiert werden. Dadurch soll der Stellenwert dieser Parameter für die klinische Routine besser definiert werden, um so eine Hilfe zur präoperativen Diagnostik bei Patienten mit symptomatischer Prostatahyperplasie zu erhalten. Somit könnten unnötige Prostatastanzbiopsien mit ihren potentiellen Komplikationen vermieden werden, ohne kurativ behandelbare Prostatakarzinome zu übersehen. Zusätzlich gilt es weiterhin diagnostische Hilfsmittel für das Prostatakarzinom zu finden, sodass in dieser Studie das Verhältnis von freiem Prostataspezifischen Antigen zu dem Drüsenvolumen auf seine Sensitivität und Spezifität geprüft worden ist. 20

2. Materialien und Methoden 2.1 Patientenklientel Im Rahmen dieser Studie wurden Alter, Prostataspezifisches Antigen, freies Prostataspezifisches Antigen, Volumen der Prostata und der histologische Befund aller Patienten erfasst, die im Zeitraum von August 1997 bis Mai 2000, in der Urologischen Klinik der Ruhr - Universität Bochum, Marienhospital Herne, eine transurethrale Resektion der Prostata, bzw. transvesikale Prostatektomie oder eine radikale Prostatovesikulektomie erhalten haben. Hierbei handelte es sich insgesamt um 1749 Patienten. Primäres Einschlusskriterium in die Untersuchung war ein Serumspiegel des Prostataspezifischen Antigens (PSA) im Bereich zwischen 2,0 und 10,0 ng/ml. In diesem Bereich, welcher die sogenannte diagnostische Grauzone beinhaltet, ist die Verwendung des Gesamt-PSA-Wertes für die Differentialdiagnose zwischen benigner Prostatahyperplasie und Prostatakarzinom problematisch, da Sensitivität und Spezifität gering sind. In diesem kritischen Grenzbereich wurde bei allen Patienten der Wert des freien Anteils des Prostataspezifischen Antigens im klinischen Labor des Marienhospitals Herne bestimmt, um weitere Hinweise auf die Dignität der Prostata zu erhalten. Da der PSA-Wert durch androgenoprive Therapie verändert wird, wurden prinzipiell alle Patienten mit vorausgegangener bilateraler Orchiektomie oder mit medikamentöser Beeinflussung des Androgenspiegels von der Untersuchung ausgeschlossen. Hierzu zählen die Gabe von Gn-RH-Analoga (Gonadotropin-Releasing Hormon), wie z.b. Buserelin, Goserelin oder Leuprorelin, die über eine Bindung an Rezeptoren des Hypophysen-Vorderlappen als Super-Agonisten erst eine vorübergehende Freisetzung von Gonadotropinen, dann eine völlige Hemmung der Gonadotropin-Inkretion mit Sistieren der Produktion von Geschlechtshormonen im Sinne eines negativen Feedback- Mechanismus bewirken. 45 Ebenso wurden die Patienten mit vorheriger Einnahme von Hormonantagonisten nicht in die Studie aufgenommen, da durch die Einnahme von peripheren Antiandrogenen wie Cyproteronacetat oder Flutamid eine kompetitive Hemmung am Androgenrezeptor, das heißt am intrazellulären Rezeptorprotein mit Dihydrotestosteron besteht und somit 21

ein Testosteronentzug stattfindet. 45 Zusätzlich hat das Cyproteronacetat eine gestagene Wirkung, sodass es auch einen antigonadotropinen Effekt zeigt. Nach erfolgtem Ausschluss durch die oben genannten Kriterien wurden insgesamt 558 Patienten in die Studie aufgenommen. 141 Patienten wurden uns bereits mit einem histologisch gesichertem Prostatakarzinom zur Durchführung einer radikalen Prostatovesikulektomie zugewiesen, während bei 417 Männern nach digitorektaler Untersuchung und transrektaler Sonographie kein klinischer Verdacht auf ein Prostatakarzinom bestand und unter der klinischen Diagnose einer benignen Hyperplasie der Prostata eine transurethrale Resektion der Prostata durchgeführt wurde. Hier ergaben sich durch die feingewebliche Untersuchung der Resektionsspäne sieben inzidentelle Prostatakarzinome, die somit in die Prostatakarzinomgruppe aufgenommen wurden. Es sei noch einmal erwähnt, dass grundlegendes Einschlusskriterium in diese Untersuchung das Vorliegen einer histologischen Untersuchung des Prostatagewebes nach einem operativem Eingriff war und nicht wie in allen vorangestellten Untersuchungen zum Nutzen des Prostataspezifischen Antigens die Höhe des PSA- Wertes. Die Gruppe der Patienten mit histologisch gesichertem Prostatakarzinom umfasst infolgedessen 148 Patienten, während sich bei 410 Patienten eine benigne Prostatahyperplasie histologisch bestätigte. Der Altersdurchschnitt lag insgesamt bei 68,4 Jahren und zeigte eine Spanne von 47 bis 91 Jahren. Die Patienten mit Prostatakarzinom waren von 53 bis 88 Jahren alt, mit einem Altersdurchschnitt von 65,3 Jahren. Bei den Männern mit benigner Prostatahyperplasie reicht die Altersspanne von 47 bis 91 Jahren und zeigte einen Durchschnittswert von 69,5 Jahren. 2.2 Histologie Präparate und Untersuchungsmethoden Sämtliche histologischen Präparate wurden entweder im Pathologischen Institut der Ruhr-Universität Bochum (Direktor: Prof. K. Morgenroth), oder im Institut für Pathologie an der Augusta-Krankenanstalt (Direktor: Prof. S. Philippou) untersucht. 22

Dabei handelt es sich bei der transurethralen Resektion der Prostata um die Resektionsspäne der Prostata, bei der transvesikalen Prostattaadenomenukleation um das Präparat der enukleierten Innendrüse und bei der Radikaloperation um die komplette Prostata einschließlich der Samenblasen. Die feingewebliche, mikroskopische Beurteilung der in Paraffin eingebetteten und mit Hämatoxylin und Eosin gefärbten Präparate erfolgte nach standardisierten, für alle Präparate gleichen mikroskopischen Untersuchungsrichtlinien. Bei Nachweis eines Prostatakarzinoms wurden Tumorstadium und Malignitätsgrad nach der TNM- Klassifikation der UICC 6 eingestuft. 2.3 Volumenmessung Die Messung des Prostatavolumens erfolgte mittels transrektaler Ultraschalluntersuchung der Prostata durch den jeweiligen aufnehmenden Stationsarzt als Untersuchenden in der Urologischen Klinik. Zur Volumenbestimmung wurde ein handelsübliches Ultraschallgerät (Kretz Combison 530) mit einem rektalem 7,5 MHz Schallkopf verwendet. Die Größenbestimmung erfolgte anhand der elongated ellipse method - Formel, Länge*Breite*Höhe*phi/6. Folglich wurde bei der Sonographie der größte Durchmesser dargestellt, um diesen als Länge und Breite in die Formel eingehen zu lassen, die Höhe entspricht demgemäss dem größten Querdurchmesser. Das auf diese Weise gemessene Prostatavolumen wurde dann benutzt, um die gesamte und freie PSA-Prostatavolumendichte (PSAD, fpsad) zu berechnen. 2.4 Prostataspezifisches Antigen Die Blutentnahme erfolgte am Aufnahmetag der Patienten ohne vorangegangene Manipulation der Prostata durch digitorektale Untersuchung oder Katheterisierung der Harnblase. Eine akute Prostatitis wurde durch klinische und sonographische Untersuchung ausgeschlossen. 23

Die Serumröhrchen wurden am gleichen Tag im klinischen Labor der Universitätsklinik Marienhospital aufgearbeitet. Bei allen in die Studie eingeschlossenen Patienten erfolgte eine Bestimmung des Prostataspezifischen Antigens und seines freien Anteils. Die jeweiligen Gesamt-PSA-Werte wurden durch ein Enzymimmunoassay der Firma Abbott (AxSYM System) bestimmt. Der AxSYM Gesamt-PSA Assay beruht auf der Technik des Mikropartikelimmunoassays(MEIA). Bei diesem Verfahren werden das Patientenserum, die mit anti-psa beschichteten Mikropartikel, hierbei handelt es sich um monoklonale Maus-Antikörper, und das Assay-Verdünnungsmittel gemeinsam inkubiert. Während dieser Inkubationszeit bindet das in der Patientenprobe enthaltene Prostataspezifische Antigen an die mit anti-psa beschichteten Mikropartikel und bildet somit einen Antigen-Anitkörper-Komplex. Ein Anteil dieser Reaktionsgemisches wird dann auf eine Matrixzelle überführt und irreversibel gebunden, der Teil an ungebundenem Material wird abgewaschen. Im Anschluss an diesen Schritt wird ein Konjugat aus anti-psa und alkalischer Phosphatase hinzupipettiert und an den Antigen-Antikörper-Komplex gebunden. Das ungebundene Material wird im folgenden Schritt wiederum abgewaschen. Das Test-Substrat, 4 Methylumbelliferyl-Phosphat wird zur Matrixzelle gegeben und die Bildungsrate des Fluoreszenzproduktes wird mit dem optischen Meßsystem für Mikropartikel-Enzymimmunoassay (MEIA) gemessen. 2.5 Freies Prostataspezifisches Antigen Der nicht Protein-gebundene Anteil am Prostataspezifischen Antigen wird aus den gleichen Serumproben der Patienten im selben klinischen Labor der Universitätsklinik Marienhospital Herne bestimmt. Die Messung des Serumspiegels des freien Prostataspezifischen Antigens erfolgte ebenfalls mit einem Test der Firma Abbott, AxSYM system. Die Durchführung des Testes entspricht dem für das Gesamt-PSA. Die Patientenprobe und die mit anti-psa beschichteten Mikropartikel und das Assayverdünnungsmittel werden gemeinsam inkubiert, sodass sich ein Antigen-Antikörper-Komplex bilden kann. 24

Das weitere Testverfahren entspricht dann dem für Gesamt-PSA, nur jetzt wird ein Konjugat aus Antikörpern gegen freies PSA, dabei handelt es sich ebenfalls um monoklonale Maus-Antikörper, und alkalischer Phosphatase auf die gewaschene Matrixzelle pipettiert. Die Messung erfolgt nach Zugabe von 4-Methylumbelliferyl- Phosphat über die Bildungsrate des Fluoreszenzsignals mit dem optischen Meßsystem für Mikropartikel-Enzymimmunoassays. 2.6 Quotient aus freiem und Gesamt-PSA, PSA-Volumendichte, Volumendichte des freien PSA Die Berechnung der weiteren PSA-abhängigen Parameter, wie das Verhältnis des freien Prostataspezifischen Antigens zum Gesamt-PSA (f/t-psa-ratio), das Verhältnis Gesamt PSA zu Prostatavolumen (Gesamt-PSA-Volumendichte) und das Verhältnis freies Prostataspezifisches Antigen bezogen auf das Prostatavolumen (Freies-PSA- Volumendichte) fand durch mathematische Kalkulation mit einem gängigen Tabellenkalkulationsprogramm (Word Excel 1997 Microsoft Office 1997) statt. Die Werte sind auf zwei Dezimalpunkte für die Ratio, beziehungsweise drei Dezimalstellen für die Gesamt-PSA- und freies-psa - Volumendichte hinter dem Komma auf oder abgerundet worden. 2.7 Statistische Auswertung Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS 9.0 for Windows Student Version Data Editor der Firma SPSS Incorporated. Die Signifikanz wurde durch einen T-Test für unverbundene Stichproben, also zum Vergleich zweier Erwartungswerte berechnet. Als Signifikanzniveau für die Überprüfung wurde Alpha = 5% vorgesehen. Die Receiver-operating-characteristic Kurven (ROC Kurven) stellen für alle erfassten, bzw. errechneten Werte die jeweilige Spezifität und Sensitivität graphisch dar. Sie wurden mit Hilfe des Statistikprogramms STATA (STATA Systems, Santa Monica, Kalifornien, USA) berechnet. 25

Die PSA-abhängigen Parameter wurden alle in einer univariaten Analyse einzeln ausgewertet, sodass die jeweilige Sensitivität und Spezifität nur für den einzelnen Parameter gilt. Im klinischen Routine-Alltag ist es nicht möglich, die Kombinationen verschiedener Parameter zu nutzen, da dies nur mit computergestützen Netzwerken durchführbar ist und somit zu aufwendig für den alltäglichen praktischen Gebrauch ist. Ziel der Studie war die möglichst unmittelbare Erfassung eines klinischen Parameters zur Verbesserung der präoperativen Früherkennung von Prostatakarzinomen bei Patienten mit dem klinischen Bild einer benignen Prostatahyperplasie. Aufgrund der naturgemäß niedrigen Inzidenz von Prostatakarzinomen in dieser Patientengruppe dienten Patienten mit klinisch lokale begrenztem Prostatakarzinom als Vergleichsgruppe. Die Etablierung eines neuronalen Netzwerks war nicht Inhalt dieser Arbeit. 26

3. Auswertung 3.1 Altersverteilung Der Altersquerschnitt der Patienten reichte im gesamten Patientenklientel von 47 bis 91 Jahren. Der Altersdurchschnitt der in die Studie aufgenommenen Männer lag bei 68,4 Jahren und der Median mit einer Standardabweichung von 7,6 Jahren bei 69,0 Jahren. Die Männer mit benigner Prostatahyperplasie zeigten einen Altersquerschnitt von 47 bis 91 Jahren. Hier lag der Durchschnitt bei 69,5 Jahren, der Median bei 70,0 Jahren und die Standardabweichung bei 7,9 Jahren. Der Altersquerschnitt der Gruppe der Patienten mit Prostatakarzinom ist zwischen 53 bis 88 Jahren. Der Altersdurchschnitt dieser Männer lag im Alter von 65,3 Jahren mit einem Median bei 66,0 Jahren und einer Standardabweichung von 5,6 Jahren. Betrachtet man dabei die Patienten mit inzidentellem Prostatakarzinom gesondert, so sieht man bei diesen sieben Männern eine Altersspanne von 58 bis 75 Jahren. Der Mittelwert liegt hier bei 66,4 Jahren, während der Median bei 66,0 Jahren mit einer Standardabweichung von 6,0 Jahren liegt. 3.2 Prostataspezifisches Antigen Die Verteilung der Werte des Prostataspezifischen Antigens liegt sowohl in der Gruppe der Patienten mit benigner Prostatahyperplasie (n = 410), als auch bei den Männern mit Prostatakarzinom (n = 148) zwischen 2,0 bis 10,0 ng/ml, also wird der diagnostische Grauzonenbereich definitionsgemäß zwischen 4,0 und 10,0 ng/ml umfasst. Bei den BPH-Patienten liegt der Mittelwert mit 5,1 ng/ml (Standardabweichung ± 2,25 ng/ml) niedriger als mit 6,1 ng/ml (Standardabweichung ± 2,38 ng/ml) bei den Prostatakarzinom-Patienten. Der T-Test ergibt einen signifikanten Unterschied (p=0,0001) für die Höhe des Prostataspezifischen Antigens bei den Patienten mit benigner Prostatahyperplasie und Prostatakarzinomen. 27

Dieser Unterschied kann ebenfalls durch die Mediane verdeutlicht werden, die für die benigne Prostatahyperplasie bei 4,50 ng/ml und für die PCA-Gruppe bei 6,20 ng/ml liegt. Bei einem Grenzwert von 4,0 ng/ml wären 111 der Prostatakarzinom-Patienten erkannt worden ( 75%), untersucht man die inzidentellen Karzinome, hätte man fünf der sieben Männer ( 71%) anhand des PSA-Grenzwertes von 4,0 ng/ml entdeckt. Die histographische Verteilung der Werte des Prostataspezifischen Antigens zeigen die beiden folgenden Graphiken. 60 50 40 30 20 10 SD = 2,25 MW = 5,10 0 N = 410,00 2,00 3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,0 2,50 3,50 4,50 5,50 6,50 7,50 8,50 9,50 PSA (ng/ml) Abb. 1: PSA-Verteilung BPH-Patienten 28

16 14 12 10 8 6 4 2 SD = 2,38 MW= 6,06 0 N = 148,00 2,00 3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00 2,50 3,50 4,50 5,50 6,50 7,50 8,50 9,50 PSA (ng/ml) Abb. 2: PSA-Verteilung PCA-Patienten Diese Daten sind noch einmal im Vergleich durch die folgende Graphik dargestellt. 12 10 PSA (ng/ml) 8 6 4 2 0 N = 410 148 Histo BPH PCA Abb. 3: Boxplot Prostataspezifisches Antigen 29

Die im folgenden dargestellte ROC-Kurve zeigt die Sensitivität und Spezifität für den PSA-Wert an, der Bereich unter der Kurve beträgt 0,6166. 1.00 Bereich unter ROC Kurve = 0.6166 0.75 Sensitivtät 0.50 0.25 0.00 0.00 0.25 0.50 0.75 1.00 1 - Spezifität Abb. 4: ROC-Kurve Prostataspezifisches Antigen 3.3 Freies Prostataspezifisches Antigen Die Höhe der erfassten Werte des freien Prostataspezifischen Antigens schwankt zwischen 0,10 ng/ml bis 4,0 ng/ml bei der benignen Prostatahyperplasie und 0,10 ng/ml bis 2,60 ng/ml bei den Patienten mit Prostatakarzinom. Die Mittelwerte unterscheiden sich signifikant, das mittlere freie Prostataspezifische Antigen liegt in der BPH-Gruppe mit 1,262 ng/ml (Standardabweichung ± 0,72 ng/ml) nahezu doppelt so hoch als in der PCA-Gruppe mit 0,747 ng/ml (Standardabweichung ± 0,47 ng/ml). Dieser Unterschied kann ebenfalls durch die Mediane der beiden Datengruppen verdeutlicht werden, die bei 1,10 ng/ml (BPH) und 0,70 ng/ml (PCA) lag. Wie beim Gesamt-PSA soll auch für den freien, ungebundenen Anteil des freien Prostataspezifischen Antigens durch Histogramme und einen Box-Plot der direkte Vergleich für die ermittelten Werte zwischen benigner Prostatahyperplasie und dem Prostatakarzinom erleichtert werden. 30

80 60 40 20 SD = 0,72 MW = 1,26 0 0,00,50 1,00 1,50 2,00 2,50 3,00 3,50 4,00,25,75 1,25 1,75 2,25 2,75 3,25 3,75 N = 410,00 fpsa (ng/ml) Abb. 5: fpsa-verteilung BPH-Patienten 40 30 20 10 SD = 0,47 MW = 0,75 0 0,00,25,50,75 1,00 1,25 1,50 1,75 2,00 2,25 2,50 N = 148,00 fpsa (ng/ml) Abb. 6: fpsa-verteilung PCA-Patienten 31

5 fpsa (ng/ml) 4 3 2 503 400 507 415 491 408 454 305 554 538 365 501 489 541 513 1 0 N 410 148 Histo BPH PCA Abb. 7: Boxplot freies Prostataspezifisches Antigen Auch hier ergibt sich im T-Test zum Vergleich der beiden Gruppen ein signifikanter Unterschied des freien Prostataspezifischen Antigens (p=0,0001). Die Receiver-operating-charcteristic Kurve zeigt die jeweilige Spezifität und Sensitivität für einzelne Werte des freien Prostataspezifischen Antigens an und hat einen Bereich von 0,7318 unterhalb der Kurve. Bereich unter Roc-Kurve = 0.7318 1.00 Sensitivität 0.75 0.50 0.25 0.00 0.00 0.25 0.50 0.75 1.00 1 - Spezifität Abb. 8: ROC-Kurve freies Prostataspezifisches Antigen 32

3.4 Quotient freies - zu Gesamt-PSA - Ratio Der Quotient zwischen freiem Anteil und dem gesamten Prostataspezifischen Antigen zeigte bei den Patienten mit benigner Prostatahyperplasie eine deutlich größere Schwankungsbreite von 0,01 0,76, während der Streuungsbereich bei der Gruppe der Prostatakarzinome mit 0,02 0,48 geringer ist. Der Mittelwert liegt bei 0,261 für die BPH (Standardabweichung ± 0,12) und der Median bei 0,241. Die am Prostatakarzinom erkrankten Männer zeigen einen niedrigeren Mittelwert mit 0,127 (Standardabweichung ± 0,07) und einen Median von 0,111. Für den Quotient freies Prostataspezifisches Antigen zu gesamtem Prostataspezifischen Antigen folgen ebenfalls Histogramme und der Box-Plot, um die Verteilung der Ratio, bzw. die Mediane und Standardabweichungen bildlich zu verdeutlichen. 50 40 30 20 10 SD = 0,12 0,0 25 Ratio,0 75,1 25,1 75,2 25,2 75,3 25,3 75,4 25,4 75,5 25,5 75,6 25,6 75,7 25 MW = 0,261 N = 410,00 Abb. 9: f/t-psa-ratio BPH-Patienten 33