2. Kontinuierliche Massenänderung

Ähnliche Dokumente
Arbeit und Leistung. 2mgs/2 = mgs. m g. m g. mgs = const. m g. 2m g. .. nmgs/n = mgs

Physik 1 VNT Aufgabenblatt 8 5. Übung (50. KW)

mentor Abiturhilfe: Physik Oberstufe Weidl

Praktikum Physik Physiologie Thema: Muskelarbeit, leistung und Wärme

Physik. Grundlagen der Mechanik. Physik. Graz, Sonja Draxler

Arbeit, Energie und Impuls I (Energieumwandlungen)

Vordiplomsklausur Physik

2.3 Arbeit und Energie

Physik A VL8 ( )

Wichtige Begriffe dieser Vorlesung:

Gasdynamik Die Gasdynamik beschreibt kompressible Strömungen, d.h. Strömungen mit Dichteänderungen:

Arbeit und Energie. Brückenkurs, 4. Tag

Intermezzo: Das griechische Alphabet

Trägheit, Masse, Kraft Eine systematische Grundlegung der Dynamik

Grundwissen Physik (7. Klasse)

Grundlagen der Kinematik und Dynamik

Musso: Physik I. Dubbel. Teil 6 Arbeit und Energie

Grundlagen der Biomechanik. Ewa Haldemann

Experimentalphysik I: Lösung Übungsklausur

Kern-Hülle-Modell. Modellvorstellung. zum elektrischen Strom. Die Ladung. Die elektrische Stromstärke. Die elektrische Spannung

Die regelungstechnischen Grundfunktionen P, I, D, Totzeit und PT1. 1. Methoden zur Untersuchung von Regelstrecken

Anfänger-Praktikum I WS 11/12. Michael Seidling Timo Raab. Praktikumsbericht: Stoßgesetze

Licht breitet sich immer geradlinig aus. Nur wenn das Licht in unser Auge fällt, können wir es wahrnehmen.

Energieerhaltung für rollende Kugel. W ges = W pot + W kin + W rot. Kapitel 3: Klassische Mechanik Energieerhaltung.

Formelsammlung. Physikalische Größen. physikalische Größe = Wert Einheit Meßgröße = (Wert ± Fehler) Einheit

= = = 3 10 = = 33

7.3 Anwendungsbeispiele aus Physik und Technik

Bitte tragen Sie vor Abgabe Ihren Namen und Matrikel-Nr. ein, versehen Sie jedes Blatt mit einer Seitenzahl und geben Sie auch die Aufgabenblätter ab!

Warum gibt es Reibung? Man unterscheidet: Haftreibung (Haftung) und Gleitreibung

Physik 1 ET, WS 2012 Aufgaben mit Lösung 2. Übung (KW 44) Schräger Wurf ) Bootsfahrt )

Arbeitsblatt Arbeit und Energie

1 Arbeit und Energie. ~ F d~r: (1) W 1!2 = ~ F ~s = Beispiel für die Berechnung eines Wegintegrals:

Einfache Differentialgleichungen

PHYSIK Kräfte. Kräfte Überlagerungen Zerlegungen. Datei Nr Friedrich W. Buckel. Juli Internatsgymnasium Schloß Torgelow

Die Näherung durch die Sekante durch die Punkte A und C ist schlechter, da der Punkt C weiter von A entfernt liegt.

11.1 Kinetische Energie

Numerische Simulation und Optimierung eines Versuchstands zur Bewertung von Airbag-Gasgeneratoren. Vergleich von ANSYS CFX und OpenFOAM.

3.1. Aufgaben zur Elektrostatik

Bestimmung von Federkonstanten

Ferienkurs Experimentalphysik 1

Warum braucht ein Flugzeug eine Start- und Landebahn? Wolfgang Oehme, Jens Gabke, Axel Märcker Fakultät für Physik und Geowissenschaften

1 Physikalische Grundlagen

Arbeit, Energie, Leistung. 8 Arbeit, Energie, Leistung

Tropfenkonturanalyse

Abschlussprüfung Realschule Bayern II / III: 2009 Haupttermin B 1.0 B 1.1

Physik für Mediziner und Zahmediziner

5. Arbeit und Energie

Mechanik und Kinematik. Mechanische Erlebnisse

Impulserhaltung beim zentralen elastischen Mehrfachstoß mit der Rollenfahrbahn und Zeitmessgerät 4 4

ERGEBNISSE TECHNISCHE MECHANIK III-IV

Physikalische Formelsammlung

Entladen und Aufladen eines Kondensators über einen ohmschen Widerstand

Probeklausur zur Vorlesung Physik I für Chemiker, Pharmazeuten, Geoökologen, Lebensmittelchemiker

DIFFERENTIALGLEICHUNGEN

Institut für Energiesysteme und Energietechnik. Vorlesungsübung 1. Musterlösung

Labor Regelungstechnik Versuch 4 Hydraulische Positionsregelung

Gase. Der Druck in Gasen. Auftrieb in Gasen. inkl. Exkurs: Ideale Gase

Energie, mechanische Arbeit und Leistung

Klausur Strömungsmechanik I (Bachelor)

sammeln speichern C [F = As/V] Proportionalitätskonstante Q = CU I = dq/dt sammeln i - speichern u i (t)dt d t u c = 1 C i(t) dt

Mathematik. Prüfung zum mittleren Bildungsabschluss Saarland. Schriftliche Prüfung Pflichtaufgaben. Name: Vorname: Klasse:

Physik für Bauingenieure

Klausur zur Vorlesung. Thermodynamik

Übungsblatt 3 ( )

Kapitel 8. Haftung und Reibung

Probematura Mathematik

Achim Rosch, Institut für Theoretische Physik, Köln. Belegt das Gutachten wesentliche fachliche Fehler im KPK?

Man kann zeigen (durch Einsetzen: s. Aufgabenblatt, Aufgabe 3a): Die Lösungsgesamtheit von (**) ist also in diesem Fall

Wärmeübertragung an einem Heizungsrohr

Technische Mechanik 1

M4 Oberflächenspannung Protokoll

Leistungselektronik Grundlagen und Standardanwendungen. Übung 6: Verlustleistung und Kühlung

Versuch 35: Speckle. F-Praktikum Versuch 35: Speckle N. Lindlein

MATHEMATIK. Fachabiturprüfung 2009 zum Erwerb der Fachhochschulreife an. Fachoberschulen und Berufsoberschulen. Ausbildungsrichtung Technik

Aufgaben zu den Newtonsche Gesetzen

Thermodynamik Wärmestrom

Vorkurs Mathematik Übungen zu Differentialgleichungen

Münze auf Wasser: Resultierende F gegen Münze: Wegrdrängen der. der Moleküle aus Oberfl. analog zu Gummihaut.

Darstellungsformen einer Funktion

Hans Walser, [ a] Wurzeln aus Matrizen

Das Hebelgesetz zur Lösung technischer Aufgaben

Lösungen zum Niedersachsen Physik Abitur 2012-Grundlegendes Anforderungsniveau Aufgabe II Experimente mit Elektronen

Kapitel 15: Differentialgleichungen

Einführung in die. Biomechanik. Zusammenfassung WS 2004/2005. Prof. R. Blickhan 1 überarbeitet von A. Seyfarth 2.

LÖSUNG ZUR VORLESUNG MAKROÖKONOMIK I (SoSe 14) Aufgabenblatt 3

4.1.1 Die Energie als fundamentale physikalische Grösse

Klausur zur Vorlesung E1 Mechanik (6 ECTS)

Kapitel III Arbeit, Leistung und Energie

6 Wechselstrom-Schaltungen

Klassische Theoretische Physik II. V: Prof. Dr. M. Mühlleitner, Ü: Dr. M. Rauch. Klausur 1 Lösung. 01. August 2012, Uhr

3. Mechanik deformierbarer Körper Gasdruck: Gesetz von Boyle-Mariotte

Einsatz interaktiver Vorlesungsfragen in der Experimentalphysik

5) Impuls und Energie

Naturwissenschaftliche und technische Gesetzmäßigkeiten I. technische Gesetzmäßigkeiten

Orientierungstest für angehende Industriemeister. Vorbereitungskurs Physik

Ein einfacher Versuch zur Bestimmung der Stärke des Erdmagnetfeldes

Auf vielfachen Wunsch Ihrerseits gibt es bis auf weiteres die Vorlesungen und Übungen und Lösung der Testklausur im Internet:

Transkript:

Untersucht wird ein Körper, der kontinuierlich Masse ausstößt. Es sollen zunächst keine äußeren Kräfte auf den Körper wirken. Bezeichnungen: Masse des ausstoßenden Körpers: m(t) Pro Zeiteinheit ausgestoßene Masse: Massenstrom μ(t) Geschwindigkeit der ausgestoßenen Masse relativ zum ausstoßenden Körper: Ausstoßgeschwindigkeit w Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-1

Impulserhaltungssatz für das Zeitintervall dt : Impuls zum Zeitpunkt t : p t =m t v t Impuls zum Zeitpunkt t + dt : p t dt =m t dt v t dt t dt v t dt w t ausstoßender Körper ausgestoßene Masse Größen zum Zeitpunkt t + dt : m t dt =m t t dt, v t dt =v t d v Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-2

Damit: 2. Kontinuierliche Massenänderung p t dt = m t t dt v t d v t dt v t d v w t =m t v t m t d v t w t dt Glieder höherer Ordnung Impulserhaltung (keine äußeren Kräfte): m t v t =m t v t m t d v t w t dt m t d v t t w t =0 dt m t d v t dt t = t w t p t = p t dt Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-3

Mit der Schubkraft folgt schließlich S= w m t d v dt =S Die Schubkraft ist proportional zum Massenstrom und zur Ausstoßgeschwindigkeit. Sie wirkt entgegengesetzt zu w auf den ausstoßenden Körper. Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-4

Beispiel: 2. Kontinuierliche Massenänderung Zur Bahnkorrektur eines Satelliten wird vom Zeitpunkt t 1 bis zum Zeitpunkt t 2 ein Triebwerk eingeschaltet. Das Triebwerk hat eine konstante Ausstoßgeschwindigkeit w = c S (Strahlgeschwindigkeit ) und einen konstanten Massenstrom μ. Gesucht ist die Geschwindigkeitsänderung Δv = v 2 v 1. Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-5

Für die Masse des Satelliten gilt m t =m t 1 t t 1 =m 1 t t 1 Aus dem Impulssatz folgt: m t d v dt = m 1 t t 1 d v dt = c S Trennung der Veränderlichen führt auf d v= c S dt m 1 t t 1 Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-6

Integration ergibt: v 2 v 1 t d v= c 2 S t 1 dt m 1 t t 1 v 2 v 1 =c S [ln m 1 t t 1 ] t1 Mit m 2 =m 1 t 2 t 1 folgt daraus: v=v 2 v 1 = c S ln m 1 m 2 t 2 =c S ln m 1 t 2 t 1 Diese Gleichung wird als Raketenformel von Ziolkowsky bezeichnet. m 1 Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-7

Zusätzliche äußere Kraft: Wenn zusätzlich eine äußere Kraft F auf den Körper wirkt, dann gilt für die Änderung des Impulses p t dt p t =F dt m t d v dt t t w t =F Daraus folgt: m t d v dt =F S Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-8

Systeme mit mehreren Massenströmen: Einströmen: Ausströmen: S E = E w E S A = A w A F 2 v μ 3, w 3 Die Massenströme μ E und μ A sind immer positiv. μ 2, w 2 K, m F 1 Die Geschwindigkeiten w E und w A sind Geschwindigkeiten relativ zur Geschwindigkeit v des Körpers. μ 1, w 1 Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-9

Mit diesen Vereinbarungen gilt: m v= S F In Komponenten: m v x = S x F x m v y = S y F y m v z = S z F z Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-10

Beispiel: Förderband L H α Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-11

Auf das dargestellte Förderband, das mit der Geschwindigkeit v B umläuft, fällt Sand frei aus der Höhe H. Die wirksame Bandlänge ist L, der Steigungswinkel α. Zu bestimmen ist die für den Transport notwendige Zugkraft im Band. Daten: Bandlänge L = 10m Höhe H = 1m Winkel α = 20 Bandgeschwindigkeit v B = 1,20m/s Massenstrom des Sandes: μ = 300kg/s Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-12

Sand auf Band freigeschnitten: y x S E α mg N R S A Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-13

Der Schwerpunkt des auf dem Band befindlichen Sandes bleibt in Ruhe. Schubkräfte durch Massenströme: Einströmend: Die Schubkraft wirkt in Richtung der Einströmgeschwindigkeit und hat die Größe S E = v S mit v S = 2 g H Ausströmend: Die Schubkraft wirkt entgegen der Ausströmgeschwindigkeit und hat die Größe S A = v B Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-14

Kräfte: Gewichtskraft mg Reibkraft R, die das Band auf den Sand ausübt Normalkraft N, die das Band auf den Sand ausübt Da sich die Geschwindigkeit des Schwerpunktes nicht ändert, müssen die Kräfte im Gleichgewicht sein: F x =0: v S sin m g sin R v B =0 R= v S sin v B m g sin Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-15

Masse des Sandes: Im Zeitintervall Δt bewegt sich das Band um die Strecke Δx = v B Δt weiter. In diesem Streckenintervall befindet sich die Masse m= m/ L x Diese Masse fällt im betrachteten Zeitintervall vom Band. Also gilt: m L x= m L v B t= t m= L v B Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-16

Band freigeschnitten: y N F B x R N 2 α N 1 Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-17

Die gesuchte Zugkraft F B folgt aus dem Gleichgewicht in x- Richtung: Zahlenwerte: F x =0: R F B =0 F B =R Einströmgeschwindigkeit: v S = 2 g H = 2 9,81m/s 2 1,0m=4,43m/s Masse des Sandes auf dem Band: m= L 300kg /s 10 m = =2500 kg v B 1,2m/s Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-18

Zugkraft im Band: F B =R= v S sin v B m g sin F B =300 kg/s 4,43 sin 20 1,2 m/s 2500kg 9,81m/s 2 sin 20 =815 N 8388 N =9203 N Prof. Dr. Wandinger 1. Körper mit veränderlicher Masse Dynamik 2 1.2-19