Tax Compliance rechtssicher umsetzen Meistern Sie die Herausforderung in Ihrem Unternehmen! 6. Oktober 2016, Frankfurt
/ Haftungsrisiken bei Non Compliance Zentrale Haftungsnormen 370, 378 AO Steuerhinterziehung / leichtfertige Steuerverkürzung durch Mitarbeiter / Organmitglieder persönliche Verantwortlichkeit der Verpflichteten (Mitarbeiter / Organmitglieder) Rechtsfolge: Freiheitsstrafe (bis fünf/zehn Jahre) oder Geldbuße (bis EUR 50.000) 130 OWiG Verletzung der Aufsichtspflicht im Unternehmen (Ordnungswidrigkeit) persönliche Verantwortlichkeit der Unternehmens-, Betriebs- und Abteilungsleiter Rechtsfolge: Geldbuße bis zu EUR 10 Mio. (wg. 30 Abs. 2, S. 3 OWiG) 9 30 OWiG Verbandsgeldbuße Verantwortlichkeit des Unternehmens für Verfehlungen von Unternehmensleitung oder leitenden Angestellten Rechtsfolge: Geldbuße bis zu EUR 10 Mio. 29a OWiG selbstständige Vermögensabschöpfung Betroffene können die individuellen Verantwortlichen oder das Unternehmen selbst sein Abschöpfung in Höhe des tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteils 93 AKtG allg. Sorgfaltspflicht der Vorstände bei der Geschäftsführung Verantwortlichkeit des Vorstands gegenüber der Gesellschaft Rechtsfolge: Gesamtschuldnerische Haftung der Vorstände bei Pflichtverletzung 9
/ Haftungsrisiken bei Non Compliance Vorsatz bei der Steuerhinterziehung 10 BGH, Urteil v. 08.09.2011, 1 StR 38/11: Leichtfertig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Einzelfalls und seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, obwohl sich ihm aufdrängen musste, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten wird (vgl. auch BGH, Urteil vom 17.12.2014, 1 StR 324/14) Jeder Steuerpflichtige muss sich über diejenigen steuerlichen Pflichten unterrichten, die ihn im Rahmen seines Lebenskreises treffen. Dies gilt in besonderem Maße in Bezug auf solche steuerrechtlichen Pflichten, die aus der Ausübung eines Gewerbes oder einer freiberuflichen Tätigkeit erwachsen. Bei einem Kaufmann sind deshalb jedenfalls bei Rechtsgeschäften, die zu seiner kaufmännischen Tätigkeit gehören, höhere Anforderungen an die Erkundigungspflichten zu stellen als bei anderen Steuerpflichtigen. 10
/ Haftungsrisiken bei Non Compliance Vorsatz bei der Steuerhinterziehung 11 BGH, Urteil v. 08.09.2011, 1 StR 38/11: In Zweifelsfällen hat er von sachkundiger Seite Rat einzuholen. Dies gilt insbesondere dann, wenn er die erkannte Steuerpflichtigkeit eines Geschäfts durch eine modifizierte Gestaltung des Geschäfts zu vermeiden sucht. Zudem ist es Steuerpflichtigen regelmäßig möglich und zumutbar, offene Rechtsfragen nach Aufdeckung des vollständigen und wahren Sachverhalts im Besteuerungsverfahren zu klären. Ein Tatumstandsirrtum scheidet bei Steuerhinterziehung durch aus, wenn der Täter es für möglich hält, dass er die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dass durch sein Verhalten Steuern verkürzt werden oder dass er oder ein anderer nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt. Hält er die Existenz eines Steueranspruchs für möglich und lässt er die Finanzbehörden über die Besteuerungsgrundlagen gleichwohl in Unkenntnis, findet er sich also mit der Möglichkeit der Steuerverkürzung ab, handelt er mit bedingtem Tatvorsatz. 11
/ Haftungsrisiken bei Non Compliance Umfang der bestehenden Mitteilungspflichten 12 BGH, Urteil v. 10.11.1999, 5 StR 221/99: Der Umfang der für den Steuerpflichtigen bestehenden Mitteilungspflichten ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es steht es dem Steuerpflichtigen nicht frei, den Steuerbehörden aus einem Gesamtsachverhalt nur einen Teil der Tatsachen richtig vorzutragen und sie im übrigen nach Maßgabe einer nicht offengelegten, ersichtlich strittigen eigenen rechtlichen Bewertung des Vorgangs zu verschweigen, obwohl die Einzelheiten für die steuerliche Beurteilung bedeutsam sein können. Es besteht zumindest eine Offenbarungspflicht für diejenigen Sachverhaltselemente, deren rechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Auslegung von Rechtsbegriffen oder die Subsumtion bestimmter Tatsachen von der Rechtsprechung, Richtlinien der Finanzverwaltung oder der regelmäßigen Veranlagungspraxis abweicht. Ob darüber hinausgehend in allen Fällen eine Mitteilungspflicht besteht, in eine abweichende Rechtsansicht der Finanzverwaltung auch nur möglich ist, hat der Senat nicht entschieden. 12
/ Haftungsrisiken bei Non Compliance Korrekturpflicht trotz Gefahr der Selbstbelastung Direkter Vorsatz Eventuelle Selbstbelastung schließt Nacherklärungspflicht aus 13 Eventualvorsatz Leichtfertigkeit Trotz eventueller Selbstbelastung besteht eine Nacherklärungspflicht Fahrlässigkeit 13
14 / Haftungsrisiken bei Non Compliance Die Selbstanzeige ( 371, 378 AO) Nacherklärung aller positive Voraussetzungen unverjährte Steuerstraftaten mindestens aber 10 Jahre einer Steuerart Nachzahlung hinterzogenen Steuern plus Hinterziehungszinsen ggf. Zuschlag Staffelzuschlag 10-20 % keine Sperrgründe negative Voraussetzungen Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung an Beteiligte Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegenüber Beteiligten Erscheinen eines Amtsträgers zur Außenprüfung (auch USt- und LSt-Nachschau) Tatentdeckung verkürzte Steuer übersteigt einen Betrag von 25 000 Euro je Tat übersteigt Vorliegen eines besonders schwerer Falles ( 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 5 AO) Abweichungen bei leichtfertiger Steuerverkürzung Achtung: Bei nur leichtfertiger Steuerverkürzung gilt nicht das Vollständigkeitsgebot und nur der Sperrgrund der Einleitung eines Verfahrens! 14
/ Haftungsrisiken bei Non Compliance BMF IV A 3 - S 0324/15/10001 (Anwendungserlass zu 153 AO) 153 AO Abs. 1 (Berichtigung) 371 Abs. 1 AO (Selbstanzeige) 15 Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist, 1. dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist ( ) so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen. Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen. Problem Abgrenzung erfolgt nach dem subjektiven Vorstellungsbild des Steuerpflichtigen Handelte der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Abgabe vorsätzlich oder leichtfertig (dann Selbstanzeige) oder bloß versehentlich falsch (dann Berichtigung) 15
/ Virulente Steuerarten Lohnsteuer 41 Bank B betreibt in Rumänien ein LSt-SSC. Dieses verarbeitet die ihm übermittelten Daten und schickt diese papierhaft an die B zur weiteren Behandlung zurück. Im Zuge von Kostensenkungen beschließt B, die Daten nicht mehr in Papierform zu übermitteln. Die Verarbeitung der Daten geschieht daher nach einem Projekt in elektronischer Form Bei der Umstellung wurde jedoch übersehen, dass die IT-Schnittstelle in die Finanzbuchhaltung fehlerfrei war, eine entsprechenden Schnittstelle zur Lohnbuchhaltung aber nicht funktionierte. Eine nähere Überprüfung des Fehlers ergab, dass in den Jahren 2008 bis 2012 insg. EUR 8,5 Mio. zu wenig Lohnsteuer gezahlt wurden. Im Rahmen einer Prüfung bemängelt der Prüfer die unzureichende Prüfbarkeit der Lohnbuchhaltung im Rahmen von Incentives und bittet um Erläuterung. Fragen: Wie muss B auf die Anfrage der Betriebsprüfung reagieren? Muss B sofort melden oder kann B erst einmal den Fall aufklären? Welche Informationen sollte B dem Finanzamt zur Verfügung stellen und was ist dabei zu bedenken? 41
/ Virulente Steuerarten Quellensteuer 42 Unternehmen U betreibt einen Online Handel. Um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben benötigt es dafür neue Software. Nach einigem Suchen findet die IT Abteilung schließlich eine geeignete Software bei einem Anbieter im Silicon Valley. Eine entsprechende Beschaffungsanfrage wird kurzfristig durch den COO genehmigt. Nach Erhalt der Software weist der Chef der IT Abteilung seinen Mitarbeiter M an, sich um alles Interne zu kümmern und drückt ihm ein 150 Seiten starkes Manual in die Hand. Dieses enthält auch einen steuerlichen Prüfungsbogen. Da M nicht weiß, wie er die Frage Quellensteuerpflicht ja/nein beantworten soll, lässt er das Feld kurzerhand frei. Danach schickt er die Meldung elektronisch an das Accounting Team. Dieses verbucht die Rechnung als quellensteuerfrei und gibt die gesammelten Quellensteuermeldungen weiter an die Steuerabteilung, die die Anmeldung vornimmt. Fragen: Reicht es aus, dass die Frage der steuerlichen Entscheidung der IT überlassen wird? Muss das Accounting Team Maßnahmen treffen? Welche Prüfungspflichten hat U, wenn ihm der Fehler bekannt wird und er ein grundsätzliches Problem darin sieht? 42
/ Virulente Steuerarten Internationales Steuerrecht 43 Dem inländischen Mutterunternehmen werden passive Einkünfte der ausländischen Tochtergesellschaft im Niedrigsteuerland zugerechnet, wenn diese dem Katalog des 8 Abs. AStG zuzuordnen ist. Leasinggesellschaft mit statuarischem Sitz in Luxemburg und Ort der Geschäftsleitung in der Schweiz wird wesentlich durch Team der Muttergesellschaft in D unterstützt; zudem ist Teamleiter in D auch GF der Leasinggesellschaft 1. Problem: Ort der Geschäftsleitung der Leasinggesellschaft in Deutschland 2. Problem: Hinzurechnungsbesteuerung nach 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. c) AStG Leasingnehmer 100 % 100 % Leasinggesellschaft Leasinggeber Ort der Geschäftsleitung 43
/ Virulente Steuerarten Internationales Steuerrecht 44 Ein Mitarbeiter der US-Muttergesellschaft arbeitet für das globale Firmennetzwerk von Deutschland heraus. Er vermittelte für drei deutsche Kunden Leistungen des Netzwerks an Tochtergesellschaften des Kunden in aller Welt. Während der gesamten Zeit befand sich der Mitarbeiter auf der payroll der US-Muttergesellschaft, nutzte aber Räume und IT der deutschen Tochter. Die Aufwendungen dafür belastete diese an ihre US-Mutter weiter. Die US-Muttergesellschaft hat durch ihren Mitarbeiter eine Betriebsstätte in Deutschland gegründet. 1. Problem: Ermittlung der Einkünfte der Betriebsstätte (Methode: cost-plus oder profit-split?) 2. Problem: Absicherung der ausländischen Verantwortlichen und Folgeprobleme Rückbelastung Arbeitsaufnahme Leistungserbringung 44
45 /TAX COMPLIANCE IN EINER IDEALEN WELT
/ Tax Compliance in einer idealen Welt Stufen der Haftung 46 1. Stufe Die Organe 2. Stufe Delegation 3. Stufe Mitwirkende Steuerstraf- oder Bußgeldverfahren werden zunächst immer gegen die vertretungsberechtigten Organe als Ganzes bzw. bei horizontaler Pflichtendelegation an das zuständige Organmitglied eingeleitet ( 34 AO, 14 StGB, 9 OWiG). Im Falle von vertikaler Pflichtendelegationen wird die originäre Pflicht der Organe auf andere Mitarbeiter verlagert, wodurch die Pflicht des Delegierenden nicht entfällt sondern sich in einer Auswahl- und Überwachungspflicht ändert. Schließlich kann auf einer dritten Stufe die der Fokus der Finanzverwaltung zusätzlich auf Personen gerichtet sein, die an der Erklärung mitgewirkt oder diese unterzeichnet haben und nicht bereits auf den ersten zwei Stufen erfasst wurden. 46
/ Tax Compliance in einer idealen Welt Stufen der Haftung 47 Mehrköpfige Geschäftsführung Gesamtverantwortung Ressortverantwortung Bereichsleiter Verantwortung für eigenen Bereich Abteilungsleiter Verantwortung für eigene Abteilung Gruppenleiter Verantwortung für eigene Gruppe Mitarbeit innerhalb der Gruppe Verantwortung für Aufgabe Verantwortung und Haftung umfangreicher Im Rahmen von Pflichtendelegationen verändert sich die Handlungspflicht in eine Auswahl- und Überwachungspflicht. Daraus folgt, dass Delegation keine Exkulpation schafft, sondern nur die Pflichtenstellung verändert. Dies gilt sowohl bei horizontaler, als auch bei vertikaler Delegation. Zudem setzt sich dies auf jeder Delegationsebene fort. Gleiches gilt bei Delegation an Dritte außerhalb des eigenen Unternehmens (z.b. Outsourcing von Aufgaben an Shared Service Center) 47