Arbeitsmarktökonomie SS 2011 Effizienzlohntheorie

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Transkript:

Arbeitsmarktökonomie SS 2011 Effizienzlohntheorie Jörg Lingens 7. Juli 2011 Bisher haben wir angenommen, dass die Arbeitnehmer, die wir beobachten alle die maximale Effizienz/Leistung in ihrem Job erbringen. Implizit sind wir also davon ausgegangen, dass keine Informationsasymmetrie bzgl. der Höhe der Effizienz besteht. Damit ist die Effizienz eine exogene Größe und findet als solche keine weitere Beachtung. Was passiert aber, wenn wir die Effizienz als endogene Größe betrachten. Welchen Einfluss hat dies auf das Ergebnis im Arbeitsmarkt. Kann möglicherweise die Existenz endogener Effizienz Arbeitslosigkeit erklären? Um dies zu klären, müssen wir uns in einem ersten Schritt überlegen, welche Größe wohl endogen die Leistung erklären kann. Um die Darstellung so einfach wie möglich zu halten nehmen wir einfach an, dass die Effizienz eine steigende Funktion des Lohnes ist. Die Motivation der Arbeiter wird also einzig und allein durch den Lohn beeinflusst. Dies ist zwar etwas eindimensional, jedoch ist dies a.) ein Startpunkt und b.) gibt es gute Gründe zu glauben, dass dies der Fall ist. Die Literatur diskutiert eine ganze Reihe von Einflusskanälen, wie der Lohn die Effizienz erhöht: Ein Argument aus der Entwicklungsökonomie lautet, dass ein höherer Lohn zu einer besseren Ernährung und zu besserer Gesundheit führt. Dies erhöht aber im Gegenzug dann auch die Produktivität sprich die Effizienz. Eine höhere Lohnzahlung senkt die Fluktuation und führt dazu, dass die besseren Mitarbeiter im Unternehmen bleiben (oder diese erst angezogen werden). Beides führt zu höherer Produktivität im Unternehmen. Falls Unternehmen sich Informationsasymmetrien gegenübersehen, weil z.b. die Arbeit der Mitarbeiter nicht perfekt zu kontrollieren ist, dann kann es sein, dass ein höherer Lohn zu zusätzlicher Effizienz führt. Die 1

Argumente dafür sind vielfältig. So wird argumentiert, dass die Beziehung zwischen Firma und Arbeiter sehr stark durch ein gift-exchange geprägt ist. D.h. bekommt man ein großes Geschenk, so möcht man sich mit einem großen Geschenk bedanken. Ein anderes Argument, das wir im folgenden näher beleuchten wollen, betrifft die Tatsache, dass ein hoher Lohn Faulenzen teuer macht. Warum? Wenn man entdeckt und dann (im Extremfall) entlassen wird, dann verliert der Arbeiter mehr je höher der Lohn war. Da die Arbeiter dies antizipieren wird weniger gefaulenzt. Die Effizienz steigt. Bevor wir uns die Arbeitsmarktkonsequenzen der Effizienzlohnannahme anschauen und diskutieren warum dies Lohnsenkungen verhindert (und damit unfreiwillige Arbeitslosigkeit erklärt), wollen wir in einem ersten Schritt das optimale Verhalten der Unternehmen herleiten, wenn diese den Lohn optimal setzen können. Dies ist hier natürlich eine wichtige Voraussetzung. Statt wie bisher anzunehmen, dass der Lohn sich durch Angebot und Nachfrage bildet, schauen wir uns in einem stilisierten Modell an, was passiert, wenn die Unternehmung neben der Beschäftigung auch den Lohn wählen können (und damit indirekt die Effizienz bestimmen können). Schauen wir uns ein Unternehmen an, das durch folgende Produktionsfunktion gekennzeichnet werden kann Y = (e(w)l) γ, (0.1) wobei e(.) die Effizienzfunktion darstellt. Wir nehmen an, dass e > 0. Die Effizienz steigt also, wenn der Lohn steigt. Das Unternehmen wählt nun die Beschäftigung L und den Lohn w so, dass der Gewinn maximiert wird. Der Gewinn ist gegeben durch Π = P (e(w)l) γ wl. (0.2) Der Lohn ist also in dieser Welt nicht nur reiner Kosteneffekt sondern hat auch Auswirkungen auf die Produktivität. Genau wie bei der Wahl der Beschäftigung sieht sich die Unternehmung bei der Lohnwahl einem Trade- Off gegenüber. Die Bedingungen erster Ordnung für die Wahl von L und w lauten damit: Π L = γ(e(w)l)γ 1 e(w) w = 0 (0.3) Π w = γ(e(w)l)γ 1 e L L = 0. (0.4) Die erste Bedingung zeigt dabei so etwas wie die Arbeitsnachfragekurve gegeben irgendein Effizienzniveau. Die zweite zeigt die optimale Effizienz. Es 2

ist natürlich nun so, dass beide Relationen interagieren. Werden beide Bedingungen erster Ordnung miteinander kombiniert, so ergibt sich γ(e(w)l) γ 1 e(w)w 1 = γ(e(w)l) γ 1 e (0.5) 1 = e w e(e). (0.6) Die Unternehmung wird also den Lohn (und damit implizit die Effizienz) so bestimmen, dass Gleichung (0.6) erfüllt wird. Diese Bedingung wird in der Literatur auch Solow-Bedingung (nach dem MIT Ökonomen Bob Solow) genannt. Die ökonomische Intuition hinter dieser Bedingung ist, dass es für die Unternehmung solange sinnvoll ist den Lohn zu erhöhen bis die relative Effizienzerhöhung genau so groß ist wie die relative Lohnerhöhung. Der Grund hierfür ist, dass die relative Erhöhung der Effizienz genauso so viel Arbeitskräfte spart (d.h. ohne dass die Produktion sinken würde). Damit spart die Unternehmung aber auch im gleichen Maß Lohnkosten. In einem Optimum müssen sich beide Effekte gerade ausgleichen, d.h. die marginale Lohnkostenersparnis wird genauso groß sein wie die marginal Lohnkostenerhöhung ausgelöst durch den exogenen Lohnanstieg. Eine wichtige Konsequenz der hier vorgestellten Modellierung ist, dass Gleichung (0.6) implizit den Lohn bestimmt. Damit ist dieser aber auch unabhängig von der Beschäftigung. Der Lohn ist also vollkommen fix. Dieser fixe Lohn bestimmt aber dann auch umgekehrt die implizit gewählte Effizienz. Dies wird in der folgenden Grafik veranschaulicht. Gegeben der fixe Lohn (und damit die fixe Effizienz), die sich aus der Solow Bedingung ergibt können wir etwas über die Höhe der Beschäftigung sagen, die die Firma wählen wird. Gegeben die Bedingung erster Ordnung für die optimale Wahl der Beschäftigung und dem Lohn w den die Unternehmung setzt ergibt sich die Beschäftigung als γ(e(w )L) γ 1 e(w ) w = 0 (0.7) ( ) w L 1/γ 1 = (0.8) γe(w ) γ Ist nun das Arbeitsangebot bei dem Lohn w größer als L so kommt es zu unfreiwilliger Arbeitslosigkeit. Die Haushalte, die arbeitslos sind könnten nun einen geringeren Lohn anbieten, die Firma würde dies aber nicht akzeptieren, da eine Lohnsenkung nicht optimal wäre. Der Verlust an Effizienz würde die Lohnkosteneinsparung überkompensieren. Die Firma wird dies nicht akzeptieren. Die folgende Grafik veranschaulicht diese Überlegung (wir nehmen einfach eine Arbeitsangebotsfunktion an). 3

e e(w) e w w Abbildung 1: Die Solow Bedingung w w L L Abbildung 2: Arbeitsmarkteffekte des Effizienzlohns 4

Durch die Berücksichtigung des Effizienzeffektes des Lohnes wird es also zu gleichgewichtiger Arbeitslosigkeit kommen. Es gibt für die Haushalte keine Möglichkeit den Lohn zu unterbieten. Die Höhe der Arbeitslosigkeit hängt dann in dieser Situation von dem speziellen Verhältnis zwischen Effizienz und Lohnhöhe ab. Falls die Unternehmen sich optimalerweise entscheiden einen sehr hohen Lohn zu zahlen, so wird auch die Arbeitslosigkeit sehr hoch sein. Dies ist in diesem Modell unabhängig vom Verhalten der Haushalte oder der Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme im Arbeitsmarkt! Je weniger die Effizienz auf Lohnerhöhungen reagiert (dies kann als ein Maß für die Stärke der Friktion angesehen werden die erst zu diesem Zusammenhang führt) desto geringer wird der Lohn sein. Damit würde auch die Arbeitslosigkeit sinken. In den vorhergehenden Ausführungen haben wir eine sehr einfach Welt betrachtet in der der Zusammenhang zwischen Effizienz und Lohn als exogen angenommen wurde. Um die Zusammenhänge besser zu verstehen, ist es sinnvoll eine stärker strukturierte Vorgehensweise zu wählen. Dies passiert im Modell von Shapiro und Stiglitz. Diese versuchen ein besseres Verständnis für die Interaktion zwischen Effizienz, Lohn und Beschäftigungseffekt herzuleiten. Kernidee in deren Modell ist, dass eine Informationsimperfektion eine genaue Einschätzung der Effizienz, die ein Arbeiter erbringt, verhindert. Damit hat ein Arbeiter diskretionären Spielraum Effizienz zu zeigen oder eben auch nicht. Die Firma wird aber eben genau dies antizipieren und einen Lohn zahlen, der die Arbeiter motiviert, Effizienz zu zeigen. Eine Lohnunterbietung kann dann aber wieder nicht stattfinden, da ein niedriger Lohn nicht anreizkompatibel ist. Schauen wir uns in einem ersten Schritt den Zustand der Arbeiter an. Nehmen wir vereinfachend an, dass diese eine binäre Entscheidung zu treffen haben. Entweder zeigen diese Effizienz (wählen also e) dann erhalten diese den Lohn w. Falls die Arbeiter sich entscheiden zu faulenzen, so erhalten Sie auch den Lohn w. Das Problem ist allerdings, dass in letzterer Situation sie sich einer positiven Wahrscheinlichkeit gegenübersehen entdeckt und damit entlassen zu werden. Solange das Arbeitsloseneinkommen kleiner als w ist (was wir annehmen) ist Faulenzen mit Kosten verbunden. Der Nutzen eines Arbeiters sei U = w e, (0.9) P wobei e = ē für einen effizienten Arbeiter und e = 0 für einen Faulenzer. Anstrengung zu zeigen führt also zu einem niedrigeren Nutzen. Nehmen wir nun an, dass jeder Mitarbeiter zufällig seine Arbeit mit der Wahrscheinlichkeit b 5

verliert. Diese Annahme ist wichtig, damit der Pool der arbeitsuchenden Personen durchmischt ist. Ansonsten wüssten die Firmen, dass ale Arbeitslosen Faulenzer wären und würden diese nicht einstellen. In unserem Fall können die Unternehmen aber nicht aus dem Zustand der Arbeiter deren Historie schließen. Der Barwert des Nutzenstroms (wir betrachten ein dynamisches Modell) ist V E = w P ē + bv U + (1 b)v E. (0.10) Dieser besteht aus dem Periodennutzen und dem Wert des Zustandes gewichtet mit der jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit. Mit W keit b wird der Arbeiter arbeitslos und erhält Nutzen V U (in diesen geht auch die potentielle Wiederbeschäftigung ein!). Mit W keit 1 b bleibt alles wie gehabt. Ein Faulenzer erhält den Periodennutzen w sieht sich jedoch auch einer höheren Entlassungsw keit gegenüber. Wird er entdeckt (mit W keit q) so wird er entlassen. Damit ergibt sich der Barwert des Nutzenstroms für einen Faulenzer als V S = w P + (b + q)v U + (1 b q)v S. (0.11) Die Firma kennt nun natürlich das Kalkül der Arbeiter und fragt sich welchen Lohn Sie zahlen muss damit die Arbeiter nicht faulenzen. Dies ist die No-Shirking-Condition. Die Idee ist, dass ein höherer Lohn den Verlust des Jobs teurer macht. Damit wird Faulenzen unattraktiver. Der Lohn bei dem der Arbeiter gerade indifferent ist wird bestimmt durch: V E = V S (0.12) w P b + q + V U (0.13) w ē P + V U = b w = b + q ē. (0.14) q Der Lohn muss also größer oder gleich b+q ē sein, damit die Arbeiter nicht q faulenzen. Dieser Lohn steigt in der Anstrengung ē und sinkt in der Entdeckungswahrscheinlichkeit. Zwei Dinge sind hier wichtig. Erstens hat die Situation der Arbeitslosen keinen Einfluss auf den anreizkompatiblen Lohn. Diese auf den ersten kontraintutive Tatsache liegt darin begründet, dass V U Faulenzer und Nicht-Faulenzer symmetrisch betrifft. Dies ist Folge der vereinfachenden Annahme, dass es keine zeitliche Diskontierung gibt. Der zweite wichtige Punkt ist, dass bei einer Entdeckungswahrscheinlichkeit von Null (q = 0) kein anreizkompatibler Lohn existiert. 6

w P No-Shirking Bedingung Beschäftigungs verlust L Abbildung 3: Das Gleichgewicht im Shapiro-Stiglitz Modell Schauen wir uns nun die Firmen an. Gehen wir von einer Produktionsfunktion der Form Y = (ēl) γ (0.15) aus. Produktion lohnt sich also nur, wenn nicht gefaulenzt wird. Aus der Annahme der Gewinnmaximierung folgt die (inverse) Arbeitsnachfrage als w P = γ(ēl)γ 1 ē. (0.16) Die Unternehmung wird nun den Lohn gemäß (0.14) zahlen. Damit ergibt sich entsprechend die Beschäftigung bei Anreizkompatibilität. Wie hoch wird nun die Arbeitslosigkeit sein? In einer Welt ohne die Informationsasymsetrie würde sich Vollbeschäftigung ergeben. Diese Welt kann aber mit dem vorgestellten Modell repliziert werden. In einer Welt ohne Friktion ist die Entdeckungsw keit q = 1. Damit ergibt sich ein Lohn w = (1 + b)ē, der also P den erwarteten Opportunitätskosten entspricht. Die Vollbeschäftigung ergibt sich also implizit als (1 + b)ē = γ(ēl) γ 1 ē. (0.17) In einer Welt mit Informationsasymmetrie müssen Arbeiter über Gebühr für den Nutzenverlust aus Nichtfaulenzen kompensiert werden. Grafisch ergibt sich dann folgender Beschäftigungsverlust: 7

Auch in diesem Modell ist die Kernidee verarbeitet, dass die Unternehmen einen zu hohen Lohn zahlen müssen, weil nur dieser den Arbeitsanreiz aufrecht hält. Arbeitslose können entsprechend nicht den Lohn unterbieten. Das Problem ist, dass die Arbeitslosen nicht glaubwürdig ankündigen können die benötigte Effizienz zu einem niedrigeren Lohn zu wählen. Solch ein Selbstbindungsproblem ist jedoch lösbar und dies stellt eben auch die Hauptkritik an der Effizienzlohntheorie (zumindest in vorliegender Form) dar. Zur Lösung dieses Problems kann man sich eine ganze Reihe Mechanismen ausdenken. Reputation z.b. in Form von Arbeitszeugnissen kann dazu dienen Faulenzen unattraktiv zu machen oder es wird eine exogene Selbstbindung (Bonding) verlangt. Die Idee ist hier, dass Arbeitslose einen Geldbetrag hinterlegen müssen, der verloren ist, wenn sie beim Faulenzen erwischt werden. Dies erhöht die Kosten des Faulenzens exogen ohne dass deshalb der Lohn steigen müsste. Das Bonding darf nun nicht so eng interpretiert werden. Viele Arbeitsverträge enthalten z.b. die Klausel, dass ohne Lohn nachgearbeitet werden muss, wenn eine gew. Qualität nicht erreicht wird. Dies geht genau in diese Richtung. Dennoch liefert die Effizienzlohntheorie einen wichtigen Rahmen (und wichtige Argumente) wie über bestimmte Arbeitsmarkteffekte nachgedacht werden kann. 8