Teurer Kampf gegen Aids



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Transkript:

ISSN 0344-919X G 4120 Präsident: Dr. Hans-Dietrich Winkhaus Direktor: Professor Dr. Michael Hüther Mitglieder: Verbände und Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland 48 Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Jg. 32, 30. November 2006 Teurer Kampf gegen Aids Um die Immunschwächekrankheit Aids zu bekämpfen, braucht es vor allem viel Geld. Das Koordinierungsprogramm der Vereinten Nationen, UNAIDS, veranschlagt seine Kosten für präventive und medizinische Maßnahmen allein in den Entwicklungs- und Schwellenländern im Jahr 2007 auf gut 18 Milliarden Dollar. Angesichts der steigenden Zahl von HIV- Infizierten werden 2008 sogar mehr als 22 Milliarden Dollar benötigt, um in den armen Regionen der Welt Aufklärung zu betreiben, die Versorgung mit Medikamenten zu verbessern und Aids-Waisen zu Aids: Vorbeugung an erster Stelle So viele Milliarden Dollar veranschlagt die UNAIDS für die Bekämpfung von Aids in den Niedriglohn- und Schwellenländern Personal Verwaltung Unterstützung für Kinder Pflege und Behandlung Prävention Quelle: UNAIDS Bereits bewilligte Mittel insgesamt 14,9 0,4 1,5 1,6 3,0 8,4 8,9 helfen. Diese Beträge aufzubringen, ist für die Vereinten Nationen ein mühsames Unterfangen. Für 2007 sind erst 10 Milliarden Dollar gesichert immerhin 1,1 Milliarden Dollar mehr als im laufenden Jahr. Einen Großteil des Geldes steuern regelmäßig die 22 Mitgliedsstaaten des OECD-Entwicklungshilfeausschusses bei. Deutschlands Anteil belief sich im Jahr 2004 auf vergleichsweise bescheidene 105 Millionen Dollar. In den UN-Topf fließen zudem Mittel anderer internationaler Organisationen wie der Weltbank sowie private Spenden. 18,1 0,6 1,4 2,1 4,0 10,0 10,0 22,1 0,9 1,8 2,7 5,3 11,4 2006 2007 2008 In dieser Woche Konjunktur: Wie die Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigt, blicken die deutschen Unternehmen optimistisch ins kommende Jahr. Die Firmen rechnen nicht nur mit einer weiter steigenden Produktion, höheren Exporten und mehr Investitionen, sondern auch mit neuen Arbeitsplätzen. Seite 2 Arbeitsmarktregulierung: Wenn Vater Staat seine schützende Hand über die Arbeitsplätze legt, sollten sich die Menschen eigentlich sicherer wähnen. Eine IW-Studie belegt das Gegenteil: Die Beschäftigten empfinden ihren Arbeitsplatz gerade in den Ländern als sicher, in denen die Arbeitsmärkte weniger reguliert sind. Seite 3 Wohneigentum: Die Deutschen können derzeit unter vergleichsweise vielen und hochwertigen Mietwohnungen wählen. Daher wohnt die Mehrzahl der Bundesbürger nicht in der eigenen Immobilie. Für die Gesamtwirtschaft ist das kein Nachteil. Deshalb sollte der Staat weiterhin darauf verzichten, Wohnungskäufern finanziell unter die Arme zu greifen. Seite 4-5 Steuerreform: Die Unternehmenssteuersätze für einbehaltene Gewinne sinken zwar unter die psychologisch wichtige 30-Prozent-Marke. Insgesamt werden die Firmen aber nur um 5 Milliarden Euro entlastet. Da der Staat aufgrund der guten Konjunktur von den Unternehmen allein in diesem Jahr 16 Milliarden Euro zusätzlich einnimmt, gehören einige Gegenfinanzierungsmaßnahmen noch einmal auf den Prüfstand. Seite 6-7 Globalisierungsvorteil: Würden Spielzeug, Digitalkameras und Laufschuhe nicht in Niedriglohnländern, sondern in Deutschland hergestellt, wären sie für zahlreiche Bundesbürger vermutlich zu teuer. Seite 8 www.iwkoeln.de iwd@iwkoeln.de Redaktion: 0221 4981-523 Abo-Service - 443 Fax -504

Seite 2 / Nr. 48 30. November 2006 Konjunktur Ungebrochener Aufwärtstrend Die Unternehmen in Deutschland blicken recht optimistisch ins kommende Jahr wie die aktuelle Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigt. Die Firmen rechnen unterm Strich nicht nur mit einer weiter steigenden Produktion, höheren Exporten und mehr Investitionen. Auch die Chancen auf neue Arbeitsplätze stehen gut. Obwohl die Mehrwertsteuererhöhung die Verbraucher nicht kauflustiger stimmen dürfte und die Weltwirtschaft einen Gang zurückschaltet, wird der Aufschwung keinesfalls abgewürgt. Die 2.025 vom IW Köln im Herbst befragten Unternehmen sind jedenfalls guter Dinge: Geschäftslage im Herbst 2006. Die Firmen zeigen sich mit ihrer Situation so zufrieden wie noch nie seit der ersten gesamtdeutschen IW-Umfrage im Jahr 2002. Gut 55 Prozent verzeichnen einen Produktionsanstieg gegenüber dem Vorjahr, nur noch knapp 13 Prozent melden eine rückläufige Geschäftstätigkeit. In Westdeutschland ist das Verhältnis mit 58 zu 12 Prozent besonders günstig. Vor allem in der Bauwirtschaft geht es bergauf dort beurteilen 63 Prozent der Betriebe ihre Lage als verbessert. Von den ostdeutschen Firmen schätzen knapp 40 Prozent ihre geschäftlichen Verhältnisse vorteilhafter ein als im Herbst 2005; lediglich 16 Prozent sprechen vom Gegenteil. Unter den Investitionsgüterproduzenten in Ostdeutschland halten sogar 68 Prozent den Daumen hoch. Erwartungen für das Jahr 2007. Die vom IW befragten Unternehmen sehen ihre nähere Zukunft eher rosig: Produktion. Der Aufwärtstrend hält im nächsten Jahr fast ungebremst an (Grafik): Jedes zweite Unternehmen in Deutschland erwartet für 2007 eine höhere Produktionsleistung als 2006 nur jedes neunte rechnet mit einem sinkenden Output. Von den westdeutschen Investitionsgüterherstellern haben sogar 56 Prozent ein Produktionsplus auf der Rechnung und lediglich 6 Prozent ein Minus. In den anderen Zweigen des Verarbeitenden Gewerbes übersteigt der Anteil der Optimisten jenen der Pessimisten um jeweils rund 35 Prozentpunkte. Damit zieht die West- Industrie als Konjunkturmotor die mit ihr verbundenen Dienstleistungen mit. Und selbst in der Bauwirtschaft der alten Bundesländer hält ein Drittel der Betriebe eine Verbesserung für wahrscheinlich. In Ostdeutschland rechnen 39 Prozent der Befragten mit einer Produktionsausweitung und nur 16 Prozent mit einem Rückgang. Hier fällt jedoch das starke Branchengefälle auf. Während die Erzeuger von Investitionsgütern zu 60 Prozent von einem höheren Output im Jahr 2007 überzeugt sind, gilt dies im Bausektor gerade einmal für 21 Prozent. Export. Die Chancen stehen gut, dass die Ausfuhren der Unternehmen im kommenden Jahr erneut auf Rekordniveau steigen. Denn 42 Prozent der Firmen gehen von einem Exportplus aus und weniger als 5 Prozent von einem Minus. Anlass zu diesen positiven Erwartungen gibt unter anderem, dass die Betriebe mit ihrer Produktpalette den Wünschen der Auslandskunden entsprechen und dank der zuletzt moderaten Kostenentwicklung ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit verbessern konnten. Investitionen. Die robuste Exportkonjunktur verleiht der inländischen Wirtschaft Impulse und kurbelt die Investitionstätigkeit an: Gut ein Drittel der Unternehmen wird seine Investitionen auch im kommenden Jahr voraussichtlich ausweiten lediglich ein Sechstel plant, die entsprechenden Budgets zu kürzen. Zu dieser Entwicklung dürften nicht zuletzt die in diesem Jahr wieder gestiegenen Erträge beigetragen haben. Beschäftigung. Der Aufschwung hat 2006 den Arbeitsmarkt erreicht von Januar bis September wurden knapp 190.000 bzw. 0,5 Prozent mehr Erwerbstätige gezählt als im gleichen Zeitraum 2005. Laut IW-Umfrage wollen 29 Prozent der Betriebe auch 2007 ihre Belegschaft vergrößern, nur 18 Prozent halten Stellenstreichungen für erforderlich. Allerdings ist vor allem im Osten die Spanne groß. Während in der dortigen Investitionsgüterindustrie 43 Prozent einen Jobzuwachs und lediglich 10 Prozent Kürzungen planen, überwiegt im Bausowie im Konsumgütergewerbe noch der Beschäftigungsabbau. Konjunktur: Auf der Sonnenseite So viel Prozent der befragten Unternehmen erwarten für das Jahr 2007 eine Abnahme Zunahme von... Produktion Export Erträgen Investitionen Beschäftigung Westdeutschland Ostdeutschland Insgesamt 10,1 51,5 15,7 39,2 10,9 49,7 4,5 44,2 4,2 28,6 4,5 41,9 20,6 34,1 21,8 30,7 20,8 33,6 15,8 37,8 23,5 26,0 17,0 36,0 18,0 29,9 19,3 22,6 18,2 28,8 Rest zu 100: gleichbleibend; Quelle: IW-Befragung von 1.429 Unternehmen in Westdeutschland und 596 Unternehmen in Ostdeutschland im Oktober/November 2006

Seite 3 / Nr. 48 30. November 2006 Arbeitsmarktregulierung Nicht immer eine sichere Bank Wenn Vater Staat schützend über die Arbeitsplätze wacht, sollten sich die Menschen eigentlich sicherer wähnen. Dem ist nicht so. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) empfinden die Beschäftigten gerade in den Ländern ihren Job als sicher, in denen die Arbeitsmärkte weniger reguliert sind. *) Wie eins die Menschen mit ihrem Leben sind, wird meist anhand von harten Fakten gemessen. Dabei setzt man schlicht voraus: Je höher das Einkommen, desto höher ist die individuelle Lebenszufriedenheit. Dass Geld allein aber nicht glücklich macht, ist eine Binsenweisheit. Denn ob man glücklich und zufrieden ist, hängt von weitaus mehr Faktoren ab etwa von Gesundheit und Bildung, aber auch davon, wie sehr man den Mitmenschen vertrauen kann, wie stabil das politische Umfeld ist und wie verlässlich das Rechtssystem. Eine Befragung der Bürger in 17 europäischen Ländern im Jahr 2004 brachte zutage: Die Menschen in Polen waren kaum weniger glücklich und zufrieden mit ihrem Leben als die Menschen in Norwegen obwohl diese gut das Dreifache verdienten. Wesentlich für das Well Being ist auch die Zufriedenheit am Arbeitsplatz und die subjektiv empfundene Arbeitsplatzsicherheit. Im letzten Punkt sind sich die Europäer aber längst nicht einig, wie eine Befragung von rund 34.000 Beschäftigten im Jahr 2004 im Rahmen des European Social Survey ergab. Demnach meinten etwa 42 Prozent der Befragten in der Schweiz, ihr Arbeitsplatz sei eine sichere Bank, nur 5 Prozent konnten dies nicht bestätigen. In Dänemark halten sich knapp 32 Prozent der Beschäftigten vor Unbill gefeit, und nur 9 Prozent machen sich Sorgen. Ganz anders sieht es hierzulande aus: In Deutschland halten trotz hohem Kündigungsschutz lediglich 18 Prozent der Beschäftigten ihren Job für sicher; genauso viele waren anderer Meinung. Arbeitsmarktregulierung: Jobs nicht sicherer Index für Arbeitsmarktregulierung (0=geringe, 6=hohe Regulierung) und für empfundene Arbeitsplatzsicherheit (1=geringe, 4=hohe Sicherheit) Arbeitsmarktregulierung Arbeitsplatzsicherheit Vereinigtes Königreich Schweiz Dänemark Belgien Finnland Polen Norwegen Österreich Griechenland Spanien Deutschland Schweden 1,1 1,2 1,5 1,7 2,2 2,2 2,3 2,4 2,4 2,6 2,7 2,9 2,97 3,21 2,93 3,09 3,04 2,59 3,00 2,91 2,62 2,91 2,56 2,93 Tschechien 3,3 2,36 Portugal 4,3 2,65 0 1 2 3 4 5 2 3 4 Stand: 2004; Arbeitsmarktregulierung: bezogen auf unbefristete Beschäftigung; empfundene Arbeitsplatzsicherheit: Befragung von rund 34.000 Beschäftigten in 17 Ländern Europas im Jahr 2004; Ursprungsdaten: European Social Survey, OECD Dabei sind in Dänemark und der Schweiz die staatlichen Schutzzäune rund um den Arbeitsplatz weitaus niedriger als hierzulande. Ein Vergleich von Arbeitsmarktregulierungsdaten und den Umfrageergebnissen zeigt denn auch, dass strikte Regulierung die Menschen nicht zwangsläufig in Sicherheit wiegt (Grafik): Trotz der strengen Arbeitsmarktvorschriften empfinden die Beschäftigten in Tschechien, Deutschland, Polen, Griechenland und Portugal ihre Jobs tendenziell als gefährdet. Länder, die auf mehr Flexibilität setzen, haben zufriedenere Arbeitnehmer. Erklären lässt sich dieser zunächst vielleicht überraschende Zusammenhang durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die Struktur der Arbeitslosigkeit. So wird die eigene Stelle dann als wenig gefährdet angesehen, wenn die Arbeitslosigkeit insgesamt sowie deren durchschnittliche Dauer gering sind. Während in Deutschland mehr als die Hälfte aller Arbeitslosen zu den Langzeitarbeitslosen zählt und damit länger als ein Jahr ohne Beschäftigung ist, hat in Dänemark, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich durchschnittlich nur jeder vierte Arbeitslose länger als zwölf Monate keinen Job. In allen drei Ländern haben weniger Menschen Angst um ihre Stelle, offensichtlich auch in dem Wissen, dass sie nach einer Kündigung nicht lange arbeitslos bleiben. Die gefühlte Jobsicherheit hängt zudem vom Bildungsniveau ab: Nur jeder vierte Höherqualifizierte in den betrachteten Ländern hat Angst vor einem Jobverlust, aber vier von zehn Geringqualifizierten machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Wichtig ist offenbar, dass jemand nach einem Arbeitsplatzverlust gute Chancen auf eine schnelle Wiederbeschäftigung hat, dann sind die Sorgen um den derzeitigen Job auch kleiner selbst wenn dieser befristet ist. Es ist also sinnvoll, die um die Jobs errichteten Schutzzäune zu senken. Die Dänen machen das längst vor mit einer Kombination aus geringer Regulierung, vergleichsweise großzügigem und zeitlich begrenztem Arbeitslosengeld, aber auch klaren Forderungen an Arbeitslose und umfangreicher Unterstützung bei der Arbeitssuche. Dort sind die Menschen nicht nur sehr zufrieden mit ihren Jobs, sondern auch sehr optimistisch, diese zu behalten. *) Vgl.: Dominik H. Enste, Stefan Hardege: Regulierung, Arbeitsplatzsicherheit und Wohlbefinden, in: IW-Trends 4/2006.

Seite 4 / Nr. 48 30. November 2006 Wohneigentum Staatliche Aufbaukur unnötig Die Immobilienseiten der Tageszeitungen lassen es schon erahnen: Die Bundesbürger können unter vergleichsweise vielen und hochwertigen Mietwohnungen wählen. Im Gegensatz etwa zu Spaniern und Briten wohnt daher die Mehrzahl der Deutschen nicht in der eigenen Immobilie. Für die Gesamtwirtschaft ist das kein Nachteil. Der Staat sollte deshalb weiterhin darauf verzichten, Wohnungskäufern finanziell unter die Arme zu greifen. *) Die Deutschen sind nach wie vor eine Mieternation. Das zeigen die aktuellsten Daten der Europäischen Union (Grafik). Danach lebten im Jahr 2002 rund 16,5 Millionen Haushalte und damit lediglich 43 Prozent aller Haushalte hierzulande in der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus. In Großbritannien zum Beispiel lag die so genannte Wohneigentumsquote dagegen bei 69 Prozent, in Spanien sogar bei 82 Prozent. Dass die Bundesbürger lieber Monat für Monat Miete zahlen, als sich die eigenen vier Wände zu kaufen, hat vor allem zwei Gründe: 1. Gute Auswahl an Mietwohnungen. Mit den staatlichen Geldern des sozialen Wohnungsbaus im Rücken haben die öffentlichen und gemeinnützigen Immobilienunternehmen bereits seit den fünfziger Jahren Hunderttausende günstiger Mietwohnungen geschaffen. Die Mittel des sozialen Wohnungsbaus flossen jedoch auch an private Investoren. Diese mussten sich lediglich verpflichten, die Mieten für einen bestimmten Zeitraum unter dem Marktniveau zu halten. War die Mietbindungsfrist abgelaufen, konnten sie die Wohnungen an jeden Bewerber zu den üblichen Konditionen vermieten. Auf diese Weise entstand in Deutschland ein großes Angebot an privat vermieteten Wohnungen. Bei den Bundesbürgern sind diese Immobilien durchaus beliebt, selbst in der zahlungskräftigeren Mittelschicht. Denn der Staat verlangt, dass Wohnungen, die im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus entstehen, hohen Qualitätsansprüchen genügen. In anderen Ländern hat der soziale Wohnungsbau dagegen nicht zu einem großen Angebot an attraktiven Mietobjekten geführt. In Großbritannien etwa erhielten private Investoren keine öffentlichen Gelder und interessierten sich daher kaum für den Bau von Mietwohnungen. Stattdessen flossen die Mittel Wohneigentum: Mieterrepublik Deutschland So viel Prozent der Haushalte wohnen im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung 1980 2003 73 82 59 80 76 77 Spanien Italien Irland 58 69 59 68 52 58 47 56 Vereinigtes Königreich Belgien Österreich Auswahl; Spanien, Vereinigtes Königreich, Belgien: 1981 statt 1980; Frankreich: 1978 statt 1980; Irland, Frankreich, Deutschland: 2002 statt 2003; Vereinigtes Königreich, Schweden: 2001 statt 2003; Deutschland: 1980 Westdeutschland; Ursprungsdaten: EU Housing Statistics Frankreich 42 55 55 53 42 46 39 43 Niederlande Dänemark Schweden Deutschland ausschließlich an gemeinnützige Gesellschaften und Kommunen, die aber alleine nicht in der Lage waren, eine ausreichende Zahl an Mietimmobilien zu schaffen. Zudem schrieb die britische Regierung vor, dass die Council Flats möglichst billig gebaut werden mussten. Entsprechend sehen die Behausungen aus. Wer es sich leisten kann, kauft daher lieber seine eigene Bleibe. Auch abseits des sozialen Wohnungsbaus bot der deutsche Markt für Wohnimmobilien lange Zeit deutlich bessere Perspektiven. Zwar ist das hiesige Mietrecht gerade im Bereich des Kündigungsschutzes stark reguliert. Aber zumindest dürfen die Eigentümer die Mieten in Richtung Marktniveau anheben, so dass sie unterm Strich Geld verdienen können. In Großbritannien dagegen waren die Mieten lange Zeit staatlich stark reguliert. Die Vermieter erhielten daher von ihren Bewohnern teilweise nicht mal die Hälfte des Marktpreises. Diese Politik verkaufte die britische Regierung als fair rent, was für die Vermieter wie reiner Hohn geklungen haben muss. Den Spaniern und Österreichern erging es allerdings nicht besser. In beiden Ländern wurden die Mieten bis weit in die achtziger Jahre hinein eingefroren. Zudem durften Bewohner ihre Mietverträge an bis zu zwei Generationen weitervererben und eine Kündigung von Seiten der Vermieter war praktisch ausgeschlossen. All diese Maßnahmen sollten die Mieter schützen. Wie so viele staatliche Regulierungen erreichten sie jedoch das Gegenteil: Die Vermietung von Immobilien versprach keine guten Geschäfte. Viele private Investoren verkauften daher ihre Wohnungen an Selbstnutzer, andere verzichteten auf Renovierungen. Erst in den neunziger Jahren haben Länder wie Großbritannien, Spanien und *) Das Gutachten des IW Köln Mietwohnungsmarkt und Wohneigentum Zwei Seiten einer Medaille ist beim Verband deutscher Pfandbriefbanken erhältlich; www.pfandbrief.de Weitere Informationen über den Zusammenhang zwischen Immobilienmärkten und Gesamtwirtschaft: Manfred Jäger, Michael Voigtländer: Immobilienfinanzierung Hypothekenmärkte und ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung, IW-Analysen Nr. 22, Köln 2006, 60 Seiten, 16,80 Euro, Bestellung über Fax: 0221 4981-445, oder unter: www.divkoeln.de

Seite 5 / Nr. 48 30. November 2006 USA: Mehr Immobilienbesitzer, weniger Ersparnisse So viel Prozent der Haushalte in den USA wohnen im eigenen 10 Haus oder der eigenen Wohnung 8 6 8,37 68,5 4 64,3 2 0 So viel Prozent ihres verfügbaren Einkommens sparen die US-amerikanischen Haushalte -0,68 1970 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 2000 02 04 06 jeweils Januar; negativer Wert: Haushalte haben sich unterm Strich verschuldet Ursprungsdaten: OECD, US Census Bureau 70 68 66 64 62 60 Österreich ihren Mietwohnungsmarkt liberalisiert. Bis die Investoren Vertrauen in die neue Politik gewinnen und ihr Geld wieder in Mietimmobilien stecken, wird jedoch einige Zeit vergehen. Solange haben die Bürger oft kaum eine andere Wahl, als eine Wohnung zu erstehen. 2. Geringere Unterstützung für Käufer. Wer in den Niederlanden, Spanien und Österreich den Kauf einer eigenen Wohnung über Kredit finanziert, kann einen großen Teil der Zinsen anschließend von der Steuer absetzen. Der deutsche Fiskus dagegen erlaubt das seit 1986 mit einigen Ausnahmen nicht mehr. Stattdessen förderten Bund und Länder seit Mitte der neunziger Jahre Haushalte, die selbst genutzten Wohnraum erwarben, mit bis zu 8 Milliarden Euro Eigenheimzulage im Jahr. Unterm Strich erhielten deutsche Immobilienkäufer jedoch weniger Unterstützung, als in anderen Ländern: Durch die Zulagen und steuerlichen Abzugsmöglichkeiten sank die Zinsbelastung für Immobilienkäufer in Deutschland im Jahr 2000 um 0,43 Prozentpunkte, während sie in den Niederlanden um gut 2 Punkte und in Spanien um 1 Punkt schrumpfte. Zudem können die steuerlichen Vorteile im Ausland bei jedem Immobilienkauf neu in Anspruch genommen werden. Die Deutschen durften die Eigenheimzulage hingegen nur ein- oder zweimal in ihrem Leben beantragen. Viele Bundesbürger haben daher mit dem Einzug in die eigenen vier Wände so lange gewartet, bis sie sich ihre Traumimmobilie leisten konnten. Im Januar 2006 hat die Bundesregierung die Eigenheimzulage gestrichen und befindet sich damit in bester Gesellschaft. So stiegen etwa auch Großbritannien und Frankreich in den vergangenen Jahren aus der Eigenheimförderung aus. Dennoch wird in Deutschland immer wieder der Ruf nach der Rolle rückwärts laut: Der Staat müsse die Bürger wieder zum Kauf einer Wohnung animieren, weil die geringe Wohneigentumsquote der Volkswirtschaft schade, so die Befürworter von Subventionen. Überzeugen können die Argumente jedoch nicht: Auch Mieter engagieren sich. In den USA setzen sich Hauseigentümer häufiger als Mieter für die soziale Stabilität in ihrem Viertel ein. Das belegt etwa eine Studie renommierter Forscher der Universitäten Harvard und Boston. Für Deutschland lässt sich daraus aber keine Forderung nach einer höheren Wohneigentumsquote ableiten. Denn hierzulande wohnen Mieter deutlich länger in ihren Wohnungen als in den USA. Daher haben sie ähnliche Anreize, sich für ihren Stadtteil zu engagieren wie Hauseigentümer. Arbeitsmarktprobleme. Für den Arbeitsmarkt kann eine höhere Wohneigentumsquote sogar Nachteile bringen. Beispielsweise sind arbeitslose Immobilienbesitzer weniger bereit, für einen neuen Job umzuziehen. Mehr noch: Treibt ein Wirtschaftsboom die Mieten einer Stadt in die Höhe, wandern einige Mieter ins Umland ab. Wohneigentümer bleiben jedoch in der Stadt. Dadurch werden weniger Wohnungen frei und das Mietniveau entspannt sich nicht. Gute Arbeitskräfte von außerhalb überlegen es sich in der Folge zweimal, ob sie einen Job in der Stadt annehmen und sich die hohen Mieten antun. Die Unternehmen können daher so manchen Arbeitsplatz nicht optimal besetzen. Sparquote könnte sinken. Ersparnisse sind wichtig für die Wirtschaft: Was die einen auf die hohe Kante legen, leihen sich die anderen aus, um damit zu investieren. Gerade vor diesem Hintergrund sei eine steigende Wohneigentumsquote wünschenswert, argumentieren Befürworter von Subventionen. Schließlich sparen Immobilienbesitzer in Deutschland mehr als Mieter vor allem in den höheren Einkommensklassen: Von 3.500 Euro verfügbarem Monatseinkommen legt ein westdeutscher Immobilieneigentümer im Schnitt 20,7 Prozent beiseite. Ein vergleichbarer Mieter spart nur 17,5 Prozent. Dass die gesamtwirtschaftliche Sparquote wächst, sobald mehr Bundesbürger in der eigenen Immobilie wohnen, ist jedoch nicht gesagt. In den USA beispielsweise passierte in den vergangenen Jahren genau das Gegenteil (Grafik). Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) führt jenseits des Atlantiks eine Erhöhung der Wohneigentumsquote um 1 Prozentpunkt zwei Jahre später zu einem Rückgang der Sparquote um fast 0,4 Prozentpunkte. Der Grund: Die Amerikaner gehen aktiver mit Immobilien um. Beispielsweise verkaufen viele ihr Eigenheim an eine Bank. Im Gegenzug sichert ihnen das Geldhaus ein lebenslanges Wohnrecht und eine Rente zu, so dass die Bürger weniger für die Altersvorsorge sparen müssen. Nach dem Tod wird die Bank offiziell Eigentümer und darf die Immobilie dann verkaufen. Solche Geschäfte könnten auch in Deutschland zunehmen. Denn zum einen hat die wachsende Gruppe der Kinderlosen kaum den Wunsch, eines Tages ein schuldenfreies Haus zu vererben. Zum anderen müssen sich die Bürger angesichts sinkender Renten nach zusätzlichen Einkommensquellen im Alter umsehen.

Seite 6 / Nr. 48 30. November 2006 Prämierter Erfindergeist Auf Wüstensand soll saftiges Gras wachsen. Mit dieser kühnen Vision verbindet sich ein komplizierter Name: Saatenträgerplatten auf Cellulosefaserkompositbasis. Gemeint ist ein Boden, der bereits Saatgut und alle wichtigen Nährstoffe enthält und nur noch ausgelegt und bewässert werden muss. Diese Erfindung sicherte zwei Mitgliedern des INSTI-Innovationsclubs Pfalz den ersten Platz unter den Senioren beim Wettbewerb insti ideen impulse: i hoch 3, für den das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) erstmals die Schirmherrschaft übernommen hatte. Derzeit brüten in deutschlandweit 133 INSTI-Erfinderclubs 3.350 Kreative vom technisch interessierten Kind bis zum gestandenen Ingenieur über ihren Einfällen. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) begleitet die Erfinder bei der Entwicklung und Vermarktung der Innovationen. Mit der Maßnahme INSTI Innovationsstimulierung will das BMWi ein innovationsfreundliches Klima in Deutschland schaffen. Die pfiffigsten Neuheiten wurden bei der Preisverleihung am 3. November auf der Internationalen Erfinder-Fachmesse IENA in Nürnberg von Dr. Rainer Jäkel vom BMWi ausgezeichnet. Eine Experten-Jury hatte die jeweils besten drei Erfindungen in den Altersstufen Kinder, Junioren und Senioren ermittelt. Insgesamt gab es 15.000 Euro zu gewinnen. Bei den Jugendlichen siegte ein Mädchenteam vom Saarbrücker Ludwigsgymnasium und das, obwohl mehr als 82 Prozent der Erfinderclub-Mitglieder männlich sind. Ihr Experimentierkoffer TERRA ermöglicht Versuche im Geografie-Unterricht, so dass die Schüler aktiver in das Unterrichtsgeschehen einbezogen werden können. Der Grundstein für den Koffer wurde bereits im Rahmen des IW- Projekts JUNIOR gelegt. In der Kategorie Nachwuchsforscher bis 13 Jahre überzeugte der elfjährige Michael Stamp vom Ingolstädter Erfinderclub Querdenker die Jury. Sein Papier- Abroller trägt den einprägsamen Namen zack und ab.... Damit lässt sich einhändig Papier von der Küchenrolle abtrennen. Durch das kontrollierte Abreißen soll zum Wohle der Umwelt der Papierverbrauch verringert werden. Näheres zu den Vorhaben INSTI-Erfinderclubs und INSTI-Innovationsstimulierung finden Sie unter: www.erfinderclubs.de und www.insti.de. Steuerreform Psychologische Komponente Die Unternehmenssteuerreform 2008 ist zumindest ein geschickter Schachzug für den Steuerstandort Deutschland: Die Steuersätze für einbehaltene Gewinne sinken nämlich unter die psychologisch wichtige 30-Prozent-Marke. Den Reigen aus Entlastungs- und Finanzierungsmaßnahmen lässt sich der Fiskus allerdings unter dem Strich nur 5 Milliarden Euro kosten. Da der Staat von den Firmen aufgrund der guten Konjunktur allein in diesem Jahr 16 Milliarden Euro zusätzlich an Steuern einnimmt, sollte über einige umstrittene Gegenfinanzierungsmaßnahmen noch einmal nachgedacht werden. Gute Zeiten schlechte Zeiten. Dieser Titel einer TV-Soap lässt sich trefflich auf die Unternehmenssteuerreformpläne von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück übertragen. Denn zum einen verbessert das Reformpaket die internationale Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft. Zum anderen müssen die Unternehmen aber so manche Kröte, genannt Gegenfinanzierung, schlucken, damit die Staatsfinanzen nicht aus dem Ruder laufen heißt es offiziell. Auf der Habenseite können vor allem fünf Posten verbucht werden: 1. Senkung des Körperschaftssteuersatzes. Er wird von 25 auf 15 Prozent reduziert. Das kostet den Fiskus jährlich 11,6 Milliarden Euro. 2. Senkung der Steuermesszahl. Der Steuersatz der Gewerbesteuer besteht aus der Steuermesszahl und dem Hebesatz. Die Steuermesszahl ist ein bundeseinheitlicher Tarif. Dieser beträgt momentan 5 und künftig 3,5 Prozent. Er wird mit dem Gewinn multipliziert. Auf den damit errechneten Steuermessbetrag wird dann der örtliche Hebesatz angewandt, den die Kommunen jedes Jahr individuell festlegen. Den Staat kostet die niedrigere Messzahl 6,3 Milliarden Euro. 3. Anhebung des Anrechnungsfaktors der Gewerbesteuer bei der Einkommenssteuer. Weil bei Personenunternehmen die Gewerbesteuer den Gewerbeertrag, der als Quelle: IW-Berechnung Gewinn der Einkommenssteuer unterliegt, zusätzlich belastet, darf die Gewerbesteuer auf die Einkommenssteuer angerechnet werden in pauschalierter Form. Dieser Faktor wird von 1,8 auf 3,8 erhöht. Den Personenunternehmen bringt das 4,2 Milliarden Euro. 4. Senkung des Einkommenssteuerspitzensatzes für Personenunternehmen bei Gewinneinbehalt. Wenn Eigentümerunternehmer ihre Erträge direkt wieder in die Firma stecken, müssen sie diese wie Kapitalgesellschaften nur noch mit insgesamt 29,8 Prozent versteuern. Bisher war der übliche Einkommenssteuerspitzensatz fällig. Dadurch konnte die Gesamtbelastung für Personenunternehmen Unternehmenssteuerreform: Spürbare Entlastung Von je 100 Euro zusätzlichem Gewinn müssen so viel Prozent an Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer, Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag an den Fiskus abgeführt werden im Jahr 2009 nach Umsetzung aller geplanten Reformschritte einbehaltene Gewinne Personenunternehmen 45,7 45,7 Kapitalgesellschaften 2006 2009 38,6 52,2 ausgeschüttete Gewinne 29,8 29,8 2006 2009 47,4 48,3

Seite 7 / Nr. 48 30. November 2006 Unternehmenssteuern: Kräftiges Plus in Milliarden Euro Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag 93,1 27,0 33,0 33,0 80,4 79,1 24,5 23,5 22,5 33,3 23,0 32,6 31,8 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 ab 2006: Schätzungen; ab 2008: ohne Steuerreform Ursprungsdaten: Bundesministerium der Finanzen Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag 103,1 37,8 87,4 80,1 32,1 73,1 28,4 24,1 32,9 24,9 17,1 21,2 30,5 bis zu 45,7 Prozent betragen (Grafik Seite 6). Der Fiskus verzichtet hier auf fast 5 Milliarden Euro. 5. Einführung einer Abgeltungssteuer mit Veranlagungsoption. Ab 2009 werden von allen Kapitalerträgen (Zinsen, Dividenden etc.) an der Quelle 25 Prozent Steuern abgezogen. Der Staat hat dadurch einen Einnahmeverlust von 1,7 Milliarden Euro. Die entlastenden Maßnahmen führen beim Fiskus insgesamt zu Aufkommenseinbußen von knapp 29 Milliarden Euro im Jahr. Um seine Steuerausfälle gleichwohl in Grenzen zu halten, hat Steinbrück neun Gegenfinanzierungsmaßnahmen in den Gesetzentwurf geschrieben. Sie sind zum Teil ökonomisch und steuerrechtlich problematisch. Die wichtigsten: Abschaffung des Betriebsausgabenabzugs der Gewerbesteuer. Bislang wurde in der Gewerbesteuer eine Art Kostenerstattung für die örtliche Infrastruktur gesehen. Deshalb konnte sie wie jede andere Kostenposition auch als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden. Jetzt braucht der Staat das Geld zur Gegenfinanzierung. Immerhin bringt diese Änderung dem Fiskus ein zusätzliches Steueraufkommen von jährlich gut 10 Milliarden Euro. Abschaffung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter. In Zukunft dürfen Unternehmen nur noch Jahr für Jahr den gleichen Betrag für den Kauf von Maschinen, Anlagen und Software als Betriebsausgaben abschreiben bislang konnten anfangs etwas größere Teile, und später dann geringere Teile geltend gemacht werden. Der schnellere Wertverlust am Anfang etwa bei Kraftfahrzeugen wird damit künftig nicht mehr berücksichtigt. Die Firmen verlieren dadurch Liquidität, und Investitionen werden weniger rentabel. Gerade innovative Unternehmen trifft das hart, der technologische Wandel wird gebremst. Zusammen mit der eingeschränkten Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter erhofft sich der Fiskus davon knapp 3 Milliarden Euro Mehreinnahmen. Einführung einer Zinsschranke. Wenn ein international tätiges Unternehmen einen Kredit von seiner ausländischen Tochter aufnimmt und ihr dafür Zinsen zahlt, darf es diese in Zukunft nur noch in einem ganz bestimmten Fall in voller Höhe als Kosten steuerlich geltend machen: Nämlich dann, wenn das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital das in diesem Konzern international übliche Maß nicht überschreitet. Ansonsten muss ein Teil der Zinszahlungen versteuert werden. Auf diese Weise will man Konzerne bestrafen, die Gewinne durch überhöhte Zinszahlungen ins Ausland transferieren. Steinbrücks Beamten erhoffen sich dadurch jährliche Steuermehreinnahmen von 1,1 Milliarden Euro. Besteuerung von Funktionsverlagerungen. Hinter diesem kryptischen Stichwort verbirgt sich nichts anderes als eine Fluchtsteuer. Zwar ist das Verfahren noch nicht ganz klar. Allerdings gibt es Absichtserklärungen, wen man damit treffen will. Ein Dorn im Auge des Finanzministers sind zum Beispiel Unternehmen, die hierzulande aufwendige Forschungsarbeiten steuerlich absetzen, die Entwicklungsergebnisse aber von einem ausländischen Konzernteil nutzen lassen. Dieser produziert dann dort nach neuesten Methoden. Die Früchte der Arbeit erntet jedoch nicht der deutsche Fiskus, sondern der ausländische. Ob eine solche Strafsteuer mit EU- Recht vereinbar ist, bezweifeln Experten. Berlin hat trotzdem schon einmal 1,8 Milliarden Euro im Steuersäckel als Aktivposten eingeplant. 30,4 32,5 Gewerbesteuer 100,7 102,5 36,8 37,6 30,3 33,5 30,2 34,7 107,2 40,2 31,0 36,0 114,0 43,3 33,3 37,3 Insgesamt will sich der Finanzminister fast 24 Milliarden Euro durch die Gegenfinanzierung zurückholen, so dass er durch die Reform lediglich 5 Milliarden Euro verliert. Das stößt den Unternehmen gewaltig auf: Denn Steinbrück gibt damit nur rund ein Drittel der zusätzlichen Steuereinnahmen zurück, die er allein in diesem Jahr von ihnen einkassiert (Grafik). Auch mittelfristig bestünde Spielraum, die Gegenfinanzierungsmaßnahmen zu überdenken. Im Jahr 2010 werden die Finanzämter 26,6 Milliarden Euro Unternehmenssteuern mehr einnehmen als noch 2005 das ist sogar einen Schnaps mehr, als den Firmen durch alle Gegenfinanzierungsmaßnahmen aufgebürdet werden soll. Wenn auch nicht unbedingt finanziell, so ist die Reform doch aus psychologischen Gründen wichtig. Denn für europaweit oder gar weltweit operierende Unternehmen sind überhöhte Steuersätze ein Investitionshemmnis par excellence. Ab 2008 wird hierzulande der Rückgang der tariflichen Gesamtbelastung auf 29,8 Prozent dafür sorgen, dass die Bundesrepublik ihren international unrühmlichen Steuer-Spitzenplatz verliert. Sie wird damit einige wichtige westeuropäische Mitkonkurrenten wie z.b. Italien mit derzeit 37,3 Prozent, Spanien mit 35 Prozent und Frankreich mit 33,3 Prozent unterbieten sofern der internationale Steuerwettbewerb nicht auch dort für niedrigere Sätze sorgt.

Seite 8 / Nr. 48 30. November 2006 Globalisierungsvorteil Günstiger einkaufen Die Globalisierung hat viele Gesichter unter anderem lachende Konsumenten. Würden Spielzeug, Digitalkameras und Laufschuhe nicht in Niedriglohnländern, sondern in Deutschland hergestellt, wären sie für zahlreiche Bundesbürger kaum erschwinglich, wie ein Blick in die Verbraucherpreisstatistik schnell klarmacht. Wenn das Stichwort Globalisierung fällt, bekommen in Deutschland viele Menschen Bauchschmerzen vor allem jene Arbeitnehmer, deren Tätigkeiten zunehmend in Fernost für kleines Geld erledigt werden. Ihre Sorge ist nicht unberechtigt, denn China und andere aufstrebende Niedriglohnländer setzen die Arbeitsplätze in den Industrienationen zunehmend unter Druck. Doch wer die weltweite Arbeitsteilung aus diesem Grund geißelt, vergisst allzu leicht, wie sehr die westliche Hemisphäre von den Produkten aus Asien, Lateinamerika und Co. profitiert (Tabelle): In Deutschland sind die Verbraucherpreise von 1991 bis 2005 um fast ein Drittel gestiegen das entspricht einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2 Prozent pro Jahr. Die Preise der Importgüter sind unterdessen im selben Zeitraum sogar leicht gesunken. Und das, obwohl sich eines der wichtigsten Einfuhrgüter extrem verteuert hat: Der Ölpreis legte in den vergangenen Für Adressaufkleber Globalisierungseffekt Preisbremse Um so viel Prozent haben sich die Preise dieser Güter von 1991 bis 2005 verändert Importgüter insgesamt - 0,04 Verbraucherpreise insgesamt darunter stark unterdurchschnittliche Preissteigerung bzw. Preissenkung Unterhaltungselektronik -33,1 Foto- und Filmausrüstung, optische Geräte und Zubehör Ursprungsdaten: Statistisches Bundesamt +32,2-31,5 Haushaltsgeräte -2,7 Spiele, Spielzeug und Hobbywaren +1,7 Heimtextilien +6,0 Bekleidung und Schuhe +7,9 Werkzeuge und Geräte für Haus und Garten +9,2 Fahrräder +13,7 Teppiche und andere Bodenbeläge +14,6 Möbel und Einrichtungsgegenstände +18,1 darunter stark überdurchschnittliche Preissteigerung Freizeit- und Kulturdienstleistungen +56,8 Zeitungen und Zeitschriften +58,8 Versicherungsdienstleistungen +59,2 Pharmazeutische Erzeugnisse +62,0 Verkehrsdienstleistungen +63,4 Zentralheizung, Fernwärme etc. +80,0 Stationäre Gesundheitsdienstleistungen +82,3 Bildungsdienstleistungen +83,2 Tabakwaren +90,9 Leichtes Heizöl +92,9 14 Jahren um 175 Prozent zu. Rohstoffe und Energie herausgerechnet sind die Einfuhrpreise seit 1991 sogar markant rückläufig gewesen. Die Preissteigerungsrate der inländischen Erzeugnisse ist derweil noch deutlich höher, als es der Anstieg der Verbraucherpreise erkennen lässt, denn dort fließen auch die günstiger gewordenen Importwaren ein. Ohne die Lieferungen aus den Niedriglohnländern müssten die hiesigen Konsumenten heute also sehr viel tiefer in die Tasche greifen, um bestimmte Anschaffungen zu tätigen. Wie der Blick auf einzelne Gütergruppen in der Verbraucherpreisstatistik zeigt, haben sich die Preise gerade jener Produkte moderat entwickelt, die heute häufig made in China oder Taiwan sind. Für Unterhaltungselektronik sowie Foto- und Filmausrüstung waren 2005 sogar nur zwei Drittel des Geldes fällig, das 1991 dafür ausgegeben werden musste. Der Preisrutsch ist in diesem Fall zwar auch dem technischen Fortschritt zuzuschreiben und nicht allein der Produktion in Niedriglohnländern. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss hat diese gleichwohl, was sich in den einstelligen Verbraucherpreissteigerungen von arbeitsintensiven Erzeugnissen wie Kleidung, Schuhen, Spiel- und Werkzeug widerspiegelt. Dienstleistungen aus dem Bildungs- und Gesundheitswesen, die nicht aus dem Ausland bezogen werden können, stehen hingegen neben Tabak und Heizöl an der Spitze der Teuerungsskala seit 1991. Diese angenehme Folge der Globalisierung darf allerdings über eins nicht hinwegtäuschen: Die zunehmende internationale Verflechtung stellt für Deutschland eine wirtschaftliche Herausforderung ersten Ranges dar. Eine Stärke des Standorts liegt zweifelsohne auf dem Gebiet der wissens- und technologieintensiven Güter. Doch damit in diesen Bereichen genügend neue Jobs entstehen können, dürfen die Produktmärkte und vor allem der Arbeitsmarkt nicht zu stark reguliert sein. Was die Unternehmen brauchen, um ihre Potenziale hierzulande ausschöpfen zu können, sind beispielsweise größere Spielräume bei den Entgelten, ein gelockerter Kündigungsschutz sowie weniger bürokratische Auflagen. Dieser Ausgabe liegt unsere Veröffentlichung Wirtschaft und Unterricht bei. Herausgeber: Institut der deutschen Wirtschaft Köln Chefredakteur: Axel Rhein; Stellvertreterin: Brigitte Lausch Redaktion: Alexander Weber (verantwortlich), Irina Berenfeld, Klaus Chevalier, Redaktion Berlin: Klaus Schäfer Grafik/Layout: Ralf Sassen, Michael Kaspers Redaktionsassistenz: Angelika Goldenberg; Telefon: 0221 4981-523 Erscheinungsweise wöchentlich (monatlicher Bezugspreis: 7,70 Euro, zzgl. 3,01 Euro Versandkosten) Deutscher Instituts-Verlag GmbH, Gustav-Heinemann-Ufer 84 88, 50968 Köln, Postfach 510670, 50942 Köln, Telefon: 0221 4981-0, Fax: 0221 4981-445 Druck: Bercker Graphischer Betrieb GmbH & Co. KG, Kevelaer. Dem iwd wird einmal monatlich (außer Januar und Dezember) Wirtschaft und Unterricht beigelegt.