Das Persönliche Budget für Menschen mit Behinderung -erfolgreich und übertragbar auf weitere Förder und Unterstützungsbereiche?

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Transkript:

Das Persönliche Budget für Menschen mit Behinderung -erfolgreich und übertragbar auf weitere Förder und Unterstützungsbereiche? Referat zur Fachtagung Thüringen braucht Dich?! 20 Jahre Jugendberufshilfe in Thüringen am 29.11.2011 in Erfurt Landeshauptstadt Erfurt Amt für Soziales und Gesundheit

1. Basics Persönliches Budget ( PB ) 1 2. Bestandsaufnahme Persönliches Budget in Erfurt 3. trägerübergreifendes Persönliches Budget/ PB Arbeitsleben Hinderungsgründe > Sicht der Leistungsträger > Sicht der Leistungserbringer > Sicht der Leistungsempfänger 4. Teilhabe am Arbeitsleben und Persönliches Budget > Einsatzfelder und Instrumente 5. PB und Arbeitsleben > Kontra aus Sicht der Kommune 6. PB und Arbeitsleben > Pro aus Sicht der Kommune

Grundlagen I seit 01.01.2008 Rechtsanspruch auf die Gewährung aber: kein neuer Leistungstatbestand > neue Art der Leistungsgewährung Definition: Geldbetrag mit dem der Mensch mit Behinderung eigenverantwortlich seine notwendigen Unterstützungs-und Betreuungsleistungen selbst verhandeln und einkaufen kann Anspruch: jeder Mensch mit Behinderung oder von Behinderung bedrohter Mensch i.s.v. 2 SGB IX dessen - körperliche Funktion, geistige Fähigkeit o.seelische Gesundheit mit - hoher Wahrscheinlichkeit - länger als 6 Monate v.d.f.d.lebensalter typ.zustand abweicht und dadurch - es zu einer Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft kommt - SGB XII: zusätzliches Kriterium der Wesentlichkeit der Behinderung

Grundlagen II budgetfähige Leistungen: a) alle Leistungen der Teilhabe nach 5 SGB IX: Leistungen der mediz. Rehabilitation, der Teilhabe am Arbeitsleben der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft b) erforderliche Leistungen der Kranken- und Pflegekassen und der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit Höhe Bedarfsdeckung: individuell festgestellter angemessener Bedarf aber: Begrenzung: 17 III Satz 4 SGB IX > Höhe aller bisher festgestellten individuellen Bedarfe (grundsätzlich: Höhe der bisherigen Sachleistung) Zuständigkeit Sozialhilfeträger ist Rehabilitationsträger nach SGB IX > 53 ff ivm 6 Nr.7 ivm 33 SGB IX > primär bisher Arbeitsbereich einer WfbM nach 41SGB IX

Bestandsaufnahme - Persönliches Budget in Erfurt aktuell werden 89 Persönliche Budgets ausgereicht zum Vergleich: 01/2008 13 Persönliche Budgets monetäre Spannbreite: 65,00 EUR bis 5.000 EUR/ Monat fachlicher Anwendungsbereich bisher: Alltagsassistenz und hauswirtschaftliche Betreuung Bereich Teilhabe am Arbeitsleben bisher kein PB bisher kein sog. Trägerübergreifendes PB kein Budgetnehmer war vor 01/ 2008 Leistungsempfänger nach SGB XII

trägerübergreifendes Persönliches Budget/ PB Arbeitsleben - Hinderungsgründe Sicht der Leistungsträger > grundsätzlich verfügt jeder Leistungsträger über einen originären abgeschlossenen Leistungskatalog kein Baukastensystem für die Ausreichung der jeweiligen Leistung notwendig > kein Mehrwert für den Leistungsträger grundsätzlich nur mehr Aufwand > divergierende Interessenlagen WfbM: Leistungsträger im Eingangsverfahren/ Berufsbildungsbereich BA und RV, Leistungsträger im Arbeitsbereich Sozialhilfeträger > unverhältnismäßiger Aufwand für den sog. Budget Beauftragten, u.a. - Eruierung und Unterrichtung der potentiellen Leistungsträger - Einholung von Stellungnahmen - Frist zwei Wochen - Festlegung der jeweiligen Teilbudgets; Bindung an die Auffassung des jeweiligen Leistungsträgers, 89 V SGB X - Erlass eines Gesamtverwaltungsaktes, ggf. Gesamtwiderspruchsbescheides und ggf. Stellung als Gesamtbeklagter

trägerübergreifendes Persönliches Budget/ PB Arbeitsleben -Hinderungsgründe Sicht der Leistungserbringer > die veränderten Anforderungen an die Mitarbeiter sind zu hoch u. a. im Bereich der Qualifizierung, der Flexibilisierung und der Arbeitszeit > keine klare und saubere Vertragssituation zwischen Budgetnehmer und Leistungserbringer > der Prozess der Quantifizierung und Transparenz der Teilbereiche/ Module (sog. Verpreislichung) ist schwierig und enorm aufwendig > Gefahr des Verlustes von Mindeststandards und Qualität der Leistungen

trägerübergreifendes Persönliches Budget/ PB Arbeitsleben -Hinderungsgründe Sicht der Leistungsempfänger > fehlende einheitliche Kriterien zur Bedarfsermittlung/Budgethöhen > unterschiedliche Auffassungen zur Finanzierung der Budgetassistenz > fehlende Flexibilität in der Leistungsanbieterauswahl - zögerliche Metamorphose der Angebotsstrukturen > bei WfbM Beschäftigten a) Gefahr des Verlustes von Privilegien (EU Rente nach 20 Jahren WfbM -Beschäftigung, Fahrdienste) b) keine Rückkehroption

Teilhabe am Arbeitsleben und Persönliches Budget > Einsatzfelder und Module Übergang WfbM allgemeiner Arbeitsmarkt nachhaltige Schaffung von Beschäftigungsalternativ en auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch folgende Angebotsmodule: > Akquise von Praktikumsplätzen > Betriebliche Orientierung und Qualifizierung > Arbeitsassistenz > Berufsbegleitung nach Arbeitsvertrag / Arbeitsplatzsicherung für AG und AN

Persönliches Budget und Teilhabe am Arbeitsleben > Kontra aus Sicht der Kommune > Sogwirkung von einzelnen kommunalen Ambulantisierungsangeboten > deutlich höherer personeller und zeitlicher Aufwand für die Bedarfsermittlung im Einzelfall bei gleichbleibenden Personalstamm - Hilfeplankonferenz, Assistenzmodell, Rolle des Beauftragten - früher: grundsätzlich Maßnahmepauschale > Anreizsignale vom Land an die Kommune den ambulanten Sektor zu nachhaltig zu verstärken, sind gering (Förderprogramme, Rahmenzielvereinbarungen Land und LIGA etc.) > deutlich erhöhter Aufwand im Bereich bei Verhandlungen mit Leistungserbringern im ambulanten Bereich (originäre Zuständigkeit der Kommune) - Zuständigkeit des Landes nur für stationäre und teilstationäre Angebote - in Erfurt: ambulante Leistungsbewilligungen 01/2008: 332 (20% der Gesamtbewilligungen ; 07/2010: 627 (35% der Gesamtbewilligungen) > Zunahme der kostenintensiven Einzelfälle

ABER!

Persönliches Budget und Teilhabe am Arbeitsleben - Pro aus Sicht einer Kommune > klare Intention der UN-BRK- u.a.art.19 Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft sowie Art.27 Arbeit und Beschäftigung: Das Recht des Menschen mit Behinderung auf einen offenen, integrativen und frei zugänglichen Arbeitsmarkt > alternativlose Ansätze zur deutlichen Erhöhung der gemeindenahen,-integrierten niedrigschwelligen Angebotsstruktur - dadurch ggf. mittelfristig Kostendämpfung im Bereich der Eingliederungshilfe - in Erfurt Steigerung der Nettoausgaben von 2005 zu 2009 um ca.25% > Schaffung von Beschäftigungsoptionen für Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - dadurch ggf. Dämpfung der Zugangszahlen zu den Werkstätten für Menschen in Erfurt: Steigerung der Beschäftigtenanzahl von 2005 zu 2010 um ca.30%

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!