Demenzhinweise bei älteren Bankkunden im Geschäftskontakt

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Transkript:

Demenzhinweise bei älteren Bankkunden im Geschäftskontakt Walter Struhal Abteilung für Neurologie und Psychiatrie, AKH Linz, Medizinische Fakultät, Johannes Kepler Universität, Linz Definition von Demenz Erworbene, lang anhaltende oder dauerhafte globale geistige Beeinträchtigung,die zu einer wesentlichen Beeinträchtigung im Alltagsleben, und damit zum Verlust der Selbständigkeit führt, in der Regel mit Störung von Gedächtnis und mindestens einer weiteren kognitiven Leistung Keine andere behandelbare Ursache 1

Demenztypen Kortikale Demenz (z.b. Mb. Alzheimer, Schlaganfälle) Werkzeugleistungen Gedächtnis, Rechnen, Sprache, Benennen, Neu- und Altgedächtnis, Praxis, visuell-räumliche Verarbeitung Subkortikale Demenz (z.b. SAE, Normdruckhydrocephalus, PSP) Zentral exekutive Leistungen (anstrengendes/aktives Denken, psychomot. Geschwindigkeit) Antrieb, Gestimmtheit, Ausdauer Frontale Demenz (z.b. Schwere Hirnverletzungen frontal, frontotemporale Demenz) Abstraktes, planendes, urteilendes Denken Anstrengendes/aktives Denken Antrieb, Sprachantrieb, Persönlichkeit, Verhalten Demenz hat sehr viele Gesichter! Epidemiologie Demenz (alle Ursachen): 2%@65a, 33%>85a (2 oder mehr Funktionen: Gedächtnis und z.b. Sprache) Alzheimer: 1,5%@65a (F>M), 60% aller Demenzfälle Vaskulär (Schlaganfalldemenz): 0,5%@65a, 20-30% aller Demenzfälle Frontotemporale Demenz: 20% aller Demenzpatienten 45-65a, <10% aller Demenzen Andere Demenzen: z.b. HIV assoziierte Demenz (10-20% aller HIV Patienten) 2

Besteht eine Demenz? Ja Nein Ja Nein Vergessen vs. Demenz Vergessen hat eine aktive physiologische Funktion Vergeßlichkeit wird im Alter mehr, ebenso die Sorge an einer Demenzerkrankung zu leiden Demenz ist nicht vermehrte Vergeßlichkeit, sondern ein degenerativer Abbau, der schon sehr weit fortgeschritten ist, wenn erste Symptome bemerkt werden 3

Vergessen vs. Demenz Bei Vergeßlichkeit erhalten Vokabular Grammatik Wort vergessen: einfache Hinweise helfen Bei Demenz beeinträchtigt Behalten neuer Informationen (z.b. Termine, Erlebnisse) Komplexe Aufgaben erfüllen (z.b. eine eigene Einnahmen- /Ausgabenrechnung führen) Argumentieren (insbesondere wenn etwas unerwartet ist) Räumliche Orientierung (sich in gewohnter Umgebung nicht mehr zurechtfinden) Sprache (z.b. Wortfindung) Verhalten Einfache Demenztests Prüfung der Orientierung Ort Zeit Umstände Person Uhrentest Gedächtnisinhalte merken 4

Kann man von einem Nichtmediziner verlangen Demenz zu diagnostizieren? Nein, die Diagnose der Demenz ist so komplex, daß sie nur der Nervenfacharzt sicher stellen kann aber: Nichtmediziner können Hinweise für Demenz feststellen und Konsequenzen einleiten Umsetzung in der Praxis I Hat der bekannte Kunde sich für den Betreuer verändert? Ist er plötzlich ungepflegt, distanzlos oder kann er einem Gespräch nicht mehr folgen, bzw. schweift er im Gespräch stark ab? Achtung: Fassade mit eloquenten Worthülsen bei gut gebildeten Personen Entscheidungen Ungewohnt? Riskant? Oder sogar existentiellen Verhältnis zum Einkommen? 5

Umsetzung in der Praxis II Orientierung: Verläuft der Kunde sich plötzlich im Inneren oder in der näheren Umgebung des Institutes obwohl die Lokalitäten bereits bekannt waren? Angehörigenkontakt: Melden sich Angehörige und geben völlig konträre Informationen an? Patienten haben meist nicht das Gefühl krank zu sein - Angehörige sind die einzig verläßliche Informationsquelle. Eventuell soweit möglich Angehörige auch ins Gespräch mit einbinden. Umsetzung in der Praxis III Nachfragen ist das essentielle Werkzeug, das die entscheidenden Hinweise liefert nachfragen, nachfragen und nochmals nachfragen auf die Konsistenz der Informationen achten Achtung: sich darauf konzentrieren, nicht selbst Aussagen zu interpolieren nach dem könnte vielleicht sein Prinzip, sobald etwas suspekt wirkt. (Das ist schwieriger als es klingt. Wir sind im täglichen Leben genau das gewohnt.) 6

Umsetzung in der Praxis IV Gedächtnis prüfen (beläufiges Erfragen von vor wenigen Minuten Besprochenen) Kommunikationstip nachfragen ist gut, aber nicht in kriminalistische Kommunikationsmuster abrutschen (z.b. Sie haben doch vor 5 Minuten etwas anderes gesagt... Ganz sicher haben Sie das nicht gesagt... Nein das stimmt nicht, sie haben sicher etwas anderes gesagt. ) bei einem Demenzpatienten kann wie bei jedem Mitmenschen Vorhaltungen starke Emotionen auslösen, die nicht mit dem eigenen Gedächtnisinhalt zusammenhängen, als völlig unberechtigt wahrgenommen werden oder auch bedrohlich wirken Zusammenfassung Demenz ist eine Erkrankung der höheren Hirnleistungen Die Diagnose ist komplex und dem Facharzt vorbehalten Nachfragen, nachfragen, nachfragen, besonders wenn etwas suspekt ist, oder bizar wirkt Auf Veränderungen z.b. vermehrtes risk taking achten Auch wenn man kein Facharzt mit einem dafür geschulten Sensorium ist: man hat zwischenmenschlich bald das Gefühl für einen anderen Menschen, insbesondere, wenn etwas nicht stimmt. Auf dieses Gefühl hören! 7