Ethik und Technikbewertung 1. Vorlesung (25.10.2011): Einführung Christoph Hubig
Gliederung 1 Die Herausforderung an eine Technikethik Technologien im Wandel 2 Technik ist nicht wertfrei die Wertbindung der Technik 3 Das Anliegen der Technikethik 4 Wo kann Technikethik greifen? Prof. Dr. Ch. Hubig Institut f. Philosophie FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur 2
1 Die Herausforderung an eine Technikethik Technologien im Wandel Erhöhung der Eingriffstiefe in die äußere und innere Natur Ressourcen- Menschbindung Maschine- -substitution, Hybride steigende Amortisationslasten Steuerungsprozesse verlangen immer aufwendigere Regelung Systeme werden komplexer, Disponibilität sinkt Feedback beim Handeln wird immer vermittelter u. indirekter Virtualisierung der Lebenswelt Konturverluste der Planungs- und Entscheidungshorizonte steigende Langfristigkeit der Folge Inkonsequente Konsequenz (Husserl): Prof. Dr. Ch. Hubig Institut f. Philosophie FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur 3
Marc Weiser (1991) Die tiefgreifendsten Technologien sind die, die verschwinden. Sie verbinden sich mit den Strukturen des täglichen Lebens, bis sie von ihnen nicht mehr zu unterscheiden sind. Prof. Dr. Ch. Hubig Institut f. Philosophie FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur 4
Avancierteste Hochtechnologien Ubiquitous Computing Intelligente Handlungsumwelten diagnostizieren informieren entscheiden Nanotechnik Elementare Bausteine der Materie werden nach Maßgabe von device-properties untersucht und neu figuriert Gentechnik Entwicklungsprozesse in und von Organismen werden in ihrer Funktionalität optimiert Neue human- und naturökologische Herausforderung: Erhalt von Kompetenzen Erhalt der Fähigkeit zum Chancen- und Risikomanagement Prof. Dr. Ch. Hubig Institut f. Philosophie FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur 5
2 Technik ist nicht wertfrei Die Wertbindung der Technik a) b) c) (interne) Wertneutralität (offene Wertbindung): Ermöglichungsleistung (Medialität) (Grenzen der Ermöglichungsleistung sind wertbehaftet) Verfügbar machen neuer Stoffe und Verfahren neuer Zeichensysteme neuer Modi von Sozialbeziehungen Wertambivalenz (multiple Wertbindung) der Technik als Mittel - entweder an gute oder schlechte, Bsp. Medizin, Kernspaltung - (partiell) an gute oder schlechte, Bsp. Grüne Gentechnik, Ubiquitous Computing - sowohl an gute als auch an schlechte, Bsp. Energiebereitstellung Wertfixierung - ausschließlich schlecht, Bsp. Landminen, positive Eugenik - ausschließlich gut, Bsp. Passivhaus Prof. Dr. Ch. Hubig Institut f. Philosophie FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur 6
3 Das Anliegen der Technikethik (TE) Moralische Aufdringlichkeit? Anmaßung / Bevormundung? Ökonomische Naivität? Konkurrenz zum Recht? TE ist nicht Moralappell im Blick auf Technik (Ob ich mittels Technik unmoralisch handeln darf s. Ford Pinto-Skandal ist kein TE-Problem, genauso wenig wie die Lüge in der Zeitung ein medienethisches oder Betrug beim Handel ein wirtschaftsethisches Problem ist) TE erbringt Orientierungsangebote Subjekt der Ethik ist nicht der Philosoph, sondern der Entscheider, der eine Orientierung anerkennt. (Vergleich Kochkunst Ernährungswissenschaft) TE berücksichtigt die ökonomische Einbettung der Technik Darüber hinaus wird jedoch der Suchraum nach Beurteilungskriterien erweitert (mit Rückwirkung auf den ökonomischen Bereich) erweiterte Wirtschaftlichkeitsrechnung TE ergänzt das Recht Sie thematisiert (voraus-liegende) Legitimationsgrundlagen sowie die (nachgeordnete) Konkretisierung von Generalklauseln sowie das Handeln im rechtsfreien Raum (Impuls für Gesetzgebung und Lobbyismus) Prof. Dr. Ch. Hubig Institut f. Philosophie FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur 7
Technikethik Technikrecht Wirtschaftsethik Ingenieurethik Ethik der Techniknutzung Prof. Dr. Ch. Hubig Institut f. Philosophie FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur 8
4 Wo kann Technikethik greifen? Recht Ökonomie Legitimation? Unbestimmte Rechtsbegriffe? Ermessensspielräume? Umgang mit Technik Irrationale Akzeptanzlage? Längerfristige Akzeptabilität? Bedingungserhalt? (Entwicklung Fertigung Distribution Nutzung Entsorgung) Orientierungsdefizite Wertkonflikte Prof. Dr. Ch. Hubig Institut f. Philosophie FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur 9