Fallbesprechung Grundkurs Bürgerliches Recht I. FB 6: Überblick über die verschiedenen Anspruchsgrundlagen. Fall 1: Schadensrecht, Deliktsrecht

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Transkript:

Fall 1: Schadensrecht, Deliktsrecht Rentner R beauftragt den Maler M sein Haus neu zu streichen. M kommt am nächsten Tag mit seinem Lehrling L und fängt an das Gerüst aufzubauen. Als L nicht aufpasst und stolpert, stößt er einen Farbeimer auf den unter dem Gerüst parkenden Pkw des R. An diesem entsteht ein Schaden an der Windschutzscheibe in Höhe von 1000. Kann R von M oder L den Schaden ersetzt verlangen? Vertragliche Ansprüche A. Anspruch des R gegen M auf Zahlung von 1000 gemäß 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB R könnte gegen M einen Anspruch auf Zahlung von 1000 gemäß 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB aufgrund des entstandenen Schadens am Pkw haben. 280 Abs. 1 BGB ist immer Ausgangspunkt der Überlegungen, wenn ein vertraglicher Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung im Raum steht. Er gilt für alle Verträge, gleich ob entgeltlich oder unentgeltlich, einseitig oder gegenseitige und ist immer einschlägig, soweit keine spezielleren Sonderregelungen bestehen. Die Voraussetzungen sind: 1. Wirksames Schuldverhältnis 2. Pflichtverletzung 3. Vertretenmüssen I. Anspruch 4. entstanden Schaden I. Anspruch entstanden Der Anspruch nach 280 Abs. 1 BGB setzt ein wirksames Schuldverhältnis, eine Pflichtverletzung und Vertretenmüssen dieser Pflichtverletzung voraus. 1. Wirksames Schuldverhältnis R und M einigten sich vorliegend, dass M das Haus des R streichen soll. Da hierbei von M ein Erfolg geschuldet wird und nicht lediglich die Vornahme einer Handlung, liegt ein Werkvertrag gemäß 631 BGB vor. Umstände, die den Vertrag unwirksam erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. 2. Pflichtverletzung Seite 1 von 20

Fraglich ist, ob dem M eine Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Eine solche ist bereits dann zu bejahen, wenn im Rahmen eines Schuldverhältnisses die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils missachtet werden: 241 Abs. 2 BGB. Hier hat jedoch nicht M persönlich die schadensverursachende Handlung vorgenommen, sondern L. L hat vorliegend nicht aufgepasst und den Eimer umgestoßen. Dadurch entstand der Schaden am Auto des M, so dass hierin die relevante Pflichtverletzung zu sehen ist. Klärungsbedürftig erscheint es nun, ob dem M dieses Verhalten zugerechnet werden kann. Dies wäre dann der Fall, wenn 278 BGB einschlägig wäre. Die Vorschrift des 278 BGB: 278 stellt bei einem bestehenden Schuldverhältnis (Sonderverbindung) das Verschulden von gesetzlichen Vertretern und Erfüllungsgehilfen eigenem Verschulden gleich. 278 BGB ist dabei nur eine Zurechnungsnorm und keine eigene Anspruchsgrundlage. Die Regelung beruht auf dem Gedanken, dass der Schuldner gegenüber dem Gläubiger für seinen gesamten Geschäfts und Gefahrenkreis verantwortlich ist und somit auch für die von ihm eingesetzten Hilfspersonen. Eine Zurechnung erfolgt dann, wenn L Erfüllungsgehilfe des M im Sinne das 278 S. 1 BGB ist. Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Wissen und Wollen des Geschäftsherrn bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Als L das Gerüst aufbaute, erfüllte er eine dem M gegenüber dem R obliegende Pflicht aus dem Werkvertrag 631 BGB. Das Aufbauen des Gerüsts ist dabei als notwendiger Zwischenschritt zur Erfolgsherbeiführung, dem Streichen des Hauses, zu sehen. Dabei wurde L auch mit Wissen und Wollen das M tätig. Damit kann 278 S. 1 BGB bejaht werden und es kommt zu einer Zurechnung des pflichtwidrigen Handelns. 3. Vertretenmüssen M müsste diese Pflichtverletzung auch zu vertreten haben. Die Pflichtverletzung im Rahmen des Anspruchs aus 280 I BGB hat der Schuldner grundsätzlich zu vertreten. Dies lässt sich aus der Formulierung des 280 Abs. 1 S. 2 BGB herauslesen, wonach der Schuldner eine bejahte Pflichtverletzung erst dann nicht zu vertreten hat, wenn er dies nachweist. Gelingt ihm das nicht, so wird das Vertretenmüssen Seite 2 von grundsätzlich 20 vermutet.

Wie bei der soeben geprüften Pflichtverletzung, kann dem M kein eigenes Verschulden zur Last gelegt werden. Hier hilft wiederum der 278 S. 1 BGB, der dem M auch ein Vertretenmüssen des L zurechnet. L handelte hier fahrlässig. Indem er kurze Zeit nicht aufpasste, ließ er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, die man braucht, wenn man auf einem Gerüst arbeitet und die Gefahr besteht, dass herumstehende Gegenständen herunterfallen können, 276 Abs. 2 BGB. Diese Sorgfaltspflichtverletzung wird dem M zugerechnet. 4. Schaden Die 249 ff. BGB bestimmen Art, Inhalt und Umfang der konkreten Schadensersatzleistung. Sie sind erst zu prüfen, wenn man einen Schadensersatzanspruch bejaht hat und nun klären will, wie hoch die Schadensersatzzahlung ausfällt oder auf welche Weise der Schaden behoben werden muss. Die 249 ff. BGB finden grundsätzlich auf alle Schadensersatzansprüche Anwendung, gleichgültig, ob sie aus Vertrag oder Delikt beruhen. II. Ergebnis Aufgrund der Pflichtverletzung entstand dem R auch ein Schaden in Höhe von 1000. Gemäß 249 Abs. 2 BGB kann bei der Beschädigung einer Sache statt der Herstellung nach 249 Abs. 1 BGB (Naturalrestitution), auch Schadensersatz in Geld verlangt werden. R hat gegen M einen Anspruch nach 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB auf Zahlung von 1000. Seite 3 von 20

Gesetzliche Ansprüche B. Anspruch R gegen M auf Zahlung von 1000 gemäß 823 Abs. 1 BGB R könnte gegen M einen Anspruch auf Zahlung von 1000 gemäß 823 Abs. 1 BGB haben. Anspruch entstanden Der Anspruch aus 823 Abs. 1 BGB: 823 BGB ist die wichtigste Anspruchsgrundlage, wenn es um unerlaubte Handlungen geht. Die Vorschriften über unerlaubte Handlungen schützen den Einzelnen vor widerrechtlichen Eingriffen in seinen Rechtskreis. Sie können dabei auch bei gleichem Anspruchsziel selbständig neben vertraglichen Ansprüchen stehen. Die Voraussetzungen sind folgende: 1. Rechtsgutsverletzung 2. Verletzungshandlung 3. Haftungsbegründende Kausalität 4. Rechtswidrigkeit 5. Verschulden 6. Schaden 7. Haftungsausfüllende Kausalität Art Inhalt und Umfang des Schadensersatzes richten sich wiederum nach 249 ff. BGB. I. Verletzungshandlung M müsste eines der in 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter verletzt haben. Dies ist jedoch deswegen zu verneinen, da nicht M, sondern L den Schaden verursacht hat. Damit scheitert der Anspruch bereits an dieser Voraussetzung. II. Ergebnis R hat keinen Anspruch gegen M nach 823 Abs. 1 BGB. Anders als bei vertraglichen Ansprüchen, haftet man bei deliktischen Ansprüchen nur für eigenes Verhalten und Verschulden. Eine Zurechnung fremden Verhaltens und Verschuldens ist dem Deliktsrecht grundsätzlich fremd. Dies bedeutet, dass 278 BGB gerade keine Anwendung findet. Begründbar ist dies deshalb, weil 278 BGB eine bereits bestehende Sonderverbindung, also ein Schuldverhältnis, voraussetzt. Ein solches fehlt aber bei der deliktischen Haftung. Für unerlaubte Handlungen von Hilfspersonen wird nur nach Maßgabe des 831 BGB gehaftet. Seite 4 von 20

C. Anspruch R gegen M auf Zahlung von 1000 gemäß 831 Abs. 1 S. 1 BGB R könnte gegen M einen Anspruch auf Zahlung von 1000 gemäß 831 Abs. 1 S. 1 BGB haben, da er den L nicht ordnungsgemäß beaufsichtigt hat. I. Anspruch entstanden 831 BG ist ein eigenständiger, deliktischer Haftungstatbestand und steht neben anderen vertraglichen und deliktischen Anspruchsgrundlagen. Der Geschäftsherr haftet dabei nicht, weil ihm fremdes Verschulden zugerechnet wird, sondern auf Grund eigenen Fehlverhaltens beim Einsatz von Hilfspersonen. Voraussetzungen sind folgende: 1. Bestellung eines Verrichtungsgehilfen 2. Verrichtungsgehilfe muss Drittem widerrechtlich einen Schaden zufügen 3. Handeln im Rahmen der übertragenen Verrichtung falls (+), bestehen zwei Vermutungen 1. Geschäftsherr hat seine Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt 2. Es besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem Schaden 1. Verrichtungsgehilfe i.s.d. 831 Abs. 1 S. 1 BGB L müsste vorliegend Verrichtungsgehilfe des M sein. Def.: Verrichtungsgehilfe i.s.d. 831 ist, wer eine bestimmte ihm übertragene Aufgabe weisungsgebunden und in gewisser sozialen Abhängigkeit für einen anderen ausführt. Seite 5 von 20

Abzugrenzen vom Erfüllungsgehilfen i.s.d. 278: = wer mit Wissen und Wollen des Schuldners bei eines diesem obliegenden Verpflichtung als seine Hilfsperson tätig wird Erfüllungsgehilfe, 278 = REINE ZURECHNUNGSNORM, die nur im Rahmen von Schuldverhältnissen bei Vertretenmüssen anwendbar ist begründet Haftung für fremdes Verschulden keine Exkulpationsmöglichkeit Verrichtungsgehilfe, 831 = EIGENE ANSPRUCHSGRUNDLAGE unabhängig vom Bestehen eines Schuldverhältnisses!! begründet Haftung für eigenes, vermutetes Verschulden Weisungsgebundenheit erforderlich Exkulpationsmöglichkeit, d.h. Geschäftsherr muss die Verschuldensoder Kausalitätsvermutung widerlegen Hier: L wurde hier im Pflichtenkreis und auf Weisung des M tätig. Dabei besteht auch eine soziale Abhängigkeit, da er Angestellter des M ist und durch die Arbeit seinen Lebensunterhalt finanziert. Somit ist L ein von M bestellter Verrichtungsgehilfe. 2. tatbestandsmäßige und rechtswidrige unerlaubte Handlung des Gehilfen L müsste bei der Verrichtung eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige unerlaubte Handlung begangen haben. Wie oben bereits dargestellt hat L eine solche deliktische Handlung begangen. Anmerkung: Ein Verschulden des Verrichtungsgehilfen ist nicht erforderlich, da es um die Haftung für vermutetes Verschulden des Geschäftsherrn geht. Auch 831 Abs. 1 S. 1 BGB spricht nur von einer widerrechtlichen Schadenszufügung im Gegensatz zu 823 Abs. 1 BGB, der zusätzlich Vorsatz oder Fahrlässigkeit ( 276 Abs. 1 S. 1 BGB) voraussetzt. 3. in Ausführung der Verrichtung Bestehen eines äußeren und inneren Zusammenhangs zwischen der Verrichtung und der schädigenden Handlung, nicht nur bei Gelegenheit der Verrichtung. Seite 6 von 20

L verursachte die Rechtsgutsverletzung auch im Rahmen der von M ausgesprochenen Anweisung und damit in Ausführung der Verrichtung. 4. eigenes Verschulden des Geschäftsherrn Das Verschulden des M wird vermutet, wenn er sich nicht nach 831 Abs. 1 S. 2 BGB entlasten kann. Vorliegend sind hier keine entlastenden Indizien erkennbar. Damit kann die Vermutung nicht widerlegt werden. 5. Schaden R kann gemäß 249 Abs. 2 BGB auch von M Schadensersatz in Geld verlangen. II. Der Anspruch ist nicht erloschen und auch durchsetzbar. Ergebnis: R hat gegen M einen Anspruch auf Zahlung von 1000 gemäß 831 Abs. 1 S. 1 BGB. D. Anspruch des R gegen L auf Zahlung von 1000 gemäß 823 Abs. 1 BGB R könnte gegen L einen Anspruch auf Zahlung von 1000 gemäß 823 Abs. 1 BGB haben. I. Anspruch entstanden 1. Rechtsgutsverletzung Vorliegend wurde R in seinem Eigentum verletzt, da der Eimer an dem Pkw einen Schaden verursachte. 2. Verletzungshandlung Da L hat den Eimer umgestoßen hat, liegt auch eine Verletzungshandlung vor. 3. Haftungsbegründende Kausalität Die Verletzungshandlung kann auch nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele, so dass auch die Kausalität zu bejahen ist. Das Umstoßen des Eimers führte gerad unmittelbar zum Verletzungserfolg. Anzeichen, die gegen eine Erfolgszurechnung sprechen, sind nicht erkennbar. Seite 7 von 20

4. Rechtswidrigkeit Die Tatbestandsmäßigkeit indiziert hierbei die Rechtswidrigkeit. 5. Verschulden Anders als bei der Haftung nach 280 BGB muss das Verschulden bei 823 Abs. 1 BGB positiv festgestellt werden. Eine widerlegbare Vermutung, ähnlich dem 280 Abs. 1 S. 1 BGB gibt es nicht. L handelte hier auch schuldhaft, da er beim Aufbauen des Gerüsts diejenige Sorgfalt außer Acht ließ, die der Rechtsverkehr in einer solchen Situation von ihm erwartet, vgl. 276 Abs. 2 BGB. Beim Arbeiten auf einem Gerüst, müssen notwendige Vorkehrungen getroffen werden, damit Gegenstände nicht herunterfallen können. Dies hat L hier unterlassen. 6. Schaden Wie bereits oben angesprochen sind die 249 ff. BGB auch bei der deliktischen Haftung anwendbar und bestimmen den Inhalt des Anspruchs. Folglich kann R nach 249 Abs. 2 BGB statt der Naturalrestitution, den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag verlangen. 7. Haftungsausfüllende Kausalität Die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Rechtsgutsverletzung und Schaden ist ebenfalls gegeben. II. Ergebnis: R hat gegen L einen Anspruch nach 823 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 1000. Seite 8 von 20

Fall 2: Ansprüche aus dem Eigentümer Besitzer Verhältnis A, der in den Urlaub fliegt, leiht dem B seinen Pkw für 10 Tage. B, der knapp bei Kasse ist, trifft am Abend in einer Kneipe den C und bietet ihm den Pkw zu einem günstigen Preis an. C sieht hierin ein gutes Geschäft und willigt ein, obwohl er weiß, dass sich der B ein solches Auto niemals leisten kann. Auf dem Weg nach Hause kommt C in einer rutschigen Kurve aufgrund zu hoher Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab. An dem Auto entsteht durch den Unfall ein Schaden von 2000. Als A von dem Unfall erfährt, verlangt er von C den Ersatz der Reparaturkosten. Zu Recht? Vertragliche Ansprüche Vorliegend besteht zwischen A und C kein Vertrag, so dass auch vertragliche Ansprüche ausscheiden. Dingliche Ansprüche A. Anspruch des A gegen C nach 990 Abs. 1 S. 1, 989 BGB auf Zahlung von 2000 A könnte gegen C nach 990 Abs. 1 S. 1, 989 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 2000 wegen des Unfalls haben. Dann müsste zwischen A und C im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses eine Vindikationslage bestanden haben. Die 987 993 BGB begründen ein gesetzliches Schuldverhältnis. Die sich aus ihnen ergebenden Ansprüche sind schuldrechtlicher Natur und regeln das Verhältnis des Eigentümers zum nichtberechtigten Besitzer. Voraussetzung aller dieser Ansprüche ist die Vindikationslage zur Zeit der Tatbestandsverwirklichung. 1. Anspruchsteller muss Eigentümer sein 2. Anspruchsgegner ist Besitzer 3. Anspruchsgegner hat kein Recht zum Besitz I. Vindikationslage zwischen A und C im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses A müsste gegenüber C einen Anspruch gem. 985 BGB zugestanden haben und C dürfte kein Recht zum Besitz i. S. d. 986 BGB gehabt haben. 1. Eigentümerstellung des A Seite 9 von 20

A müsste Eigentümer des Wagens im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses gewesen sein. Zunächst war A Eigentümer des Pkw. Das Eigentum hat A auch nicht verloren, als er dem B den Wagen lieh. A könnte jedoch dadurch sein Eigentum verloren haben, dass B im Rahmen der Erfüllung des Kaufvertrages den Pkw an C übereignete. Hierfür bedarf es zweier übereinstimmender Willenserklärungen, die auf die Übereignung des Pkw gerichtet waren, 929 S. 1 BGB. Davon ist vorliegend auch auszugehen. Zudem wurde der Pkw an C übergeben, so dass auch der Besitz vollständig auf den Erwerber überging, 854 BGB. Fraglich ist jedoch, da B selbst nicht Eigentümer war, ob C wirksam Eigentum erwerben konnte. Dies ist beim Erwerb vom Nichteigentümer nur dann der Fall, wenn der Erwerber gutgläubig hinsichtlich der Berechtigung des Veräußerers war, 932 Abs. 1 S. 1 BGB Dies ist dann der Fall, wenn dem Erwerber die fehlende Berechtigung nicht bekannt ist oder er davor nicht grob fahrlässig die Augen verschließt. Vorliegend ging der C davon aus, dass B sich einen solchen Wagen nicht leisten kann. Bei den bestehenden Zweifeln hätte er zumindest nach der Zulassungsbescheinigung Teil 2 oder der Herkunft des Pkw fragen können. Damit hat sich C zumindest grob fahrlässig der fehlenden Berechtigung verschlossen. Ein guter Glaube ist damit nicht anzunehmen, so dass C nicht Eigentümer des Pkw wurde. A ist weiterhin Eigentümer. 2. C ist Besitzer des Wagens C ist auch unmittelbarer Besitzer des Wagens, 854 BGB. 3. Besitzrecht des C C hat auch kein Besitzrecht nach 986 Abs. 1 BGB gehabt. Auch ein abgeleitetes Besitzrecht von B ist nicht anzunehmen, da B nicht zur Weitergabe befugt war und der Kaufvertrag mit B kein Recht zu Besitz gibt. 4. Fehlender guter Glaube beim Besitzerwerb Wie oben bereits bejaht, hatte C keinen guten Glauben hinsichtlich seines Besitzrechts gegenüber dem Eigentümer, da er davon ausgehen musste, nicht vom Eigentümer zu erwerben. 5. Verschulden Da 990 Abs. 1 BGB auf 989 BGB verweist, ist auch die Voraussetzung des Verschuldens zu prüfen, (sog. Rechtsgrundverweisung). Seite 10 von 20

Da C zu schnell in die Kurve fuhr, hat er die Verschlechterung auch zu vertreten, da die verkehrsübliche Sorgfalt im Sinne da 276 Abs. 2 BGB außer Acht ließ. 6. Schaden Der Umfang des Schadens richtet sich hier nach 249 Abs. 2 BGB, so dass A auch Ersatz in Geld verlangen kann. Ergebnis: A hat gegen C einen Anspruch auf Ersatz der 2000. B. Anspruch des A gegen C nach 823 Abs. 1 und Abs. 2 i.v.m. 3 StVO Innerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs sind die 987 ff. BGB grundsätzlich abschließend, denn sie sollen den gutgläubigen und unverklagten Besitzer vor den 812 ff. und 823 ff. BGB schützen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn 992 BGB einschlägig ist und der Besitzer den Besitz durch verbotene Eigenmacht oder durch eine Straftat erlangt hat. Vorliegend sind jedoch beide Ausnahmen zu verneinen. C hat weder verbotene Eigenmacht angewandt noch eine Straftat begangen. Seite 11 von 20

Fall 3: Geschäftsführung ohne Auftrag, 677 ff. BGB A entdeckt, dass bei seinem in den Skiurlaub verreisten Nachbarn N ein umgestürzter Baum die Fensterscheibe an der Terrasse eingeschlagen hat. Um Wasser und Kälteschäden durch eindringende Feuchtigkeit an der Einrichtung und dem Gebäude zu verhindern, setzt A am nächsten Tag eine neue Scheibe ein. A verlangt von N nach dessen Rückkehr 200, für die Scheibe. Sinn und Zweck der Geschäftsführung ohne Auftrag Eine Geschäftsführung ohne Auftrag liegt vor, wenn jemand ein fremdes Geschäft also ein Geschäft, das zum Pflichten und Interessenskreis eines anderen gehört mit Fremdgeschäftsführungswillen für diesen anderen besorgt ohne von diesem beauftragt zu sein. Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers bei berechtigter echter GoA aus 683 S.1, 670 1. Geschäftsbesorgung, 677 BGB = jede rechtsgeschäftliche oder tatsächliche Tätigkeit NICHT: bloßes Unterlassen, Dulden, Gewährenlassen 2. für einen anderen, 677 BGB a. objektives Element: fremdes Geschäft b. subjektives Element: Fremdgeschäftsführungswille, 687 I BGB 3. kein Auftrag, 677 BGB 4. Berechtigung zur Geschäftsführung a) Geschäftsführung im Interesse des Geschäftsherrn, 683 S. 1 BGB und b) Geschäftsführung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechend, 683 S.1 BGB; 5. Rechtsfolge des 683 BGB Aufwendungsersatz wie ein Beauftragter (vgl. 662 ff. BGB): 670 BGB Ersatz, soweit der Geschäftsführer die Aufwendungen den Umständen nach für erforderlich halten darf Seite 12 von 20

I. Vertragliche Ansprüche Ansprüche des A gegen N aus einem zwischen den beiden Parteien bestehenden Vertrag scheiden mangels Vertragsschlusses aus. II. Aufwendungsersatzanspruch, 677, 683, 670 BGB A könnte gegen N einen Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 200 nach 683 S.1, 670 BGB aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag haben. 1. Geschäftsbesorgung, 677 BGB Da eine Geschäftsbesorgung jede Tätigkeit sein kann, stellt auch das Einsetzen der Scheibe eine Geschäftsbesorgung des A i.s.d. 677 I BGB dar. 2. für einen anderen, 677 BGB Weiter muss A das Geschäft eines anderen besorgt haben, 677 BGB. Dieses Tatbestandsmerkmal lässt sich in ein objektives Element (fremdes Geschäft) und ein subjektives Element (Fremdgeschäftsführungswille) zerlegen. a) objektiv fremdes Geschäft Der Einbau der Scheibe diente dazu, weitere dem N drohende Schäden zu verhindern. Da N der Eigentümer des Hauses ist, fallen diese Tätigkeiten in den Geschäftskreis des N, gehören also seinem Interessenskreis an. Es handelt sich mithin um ein objektiv fremdes Geschäft. b) Fremdgeschäftsführungswillen Liegt ein derartiges objektiv fremdes Geschäft vor, so wird der Fremdgeschäftsführungswille vermutet. Der Sachverhalt bietet keine Anhaltspunkte, die diese Vermutung widerlegen würden. 3. ohne beauftragt oder sonst dazu berechtigt zu sein, 677 BGB Gem. 677 BGB darf weder ein Auftragsverhältnis noch eine sonstige Berechtigung vorliegen. Zwischen N und A bestand kein Auftragsverhältnis, 677 BGB. 4. Berechtigung zur Geschäftsführung, 683 BGB Fraglich ist, ob die Geschäftsführung berechtigt war. Dies ist dann der Fall, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des N entsprach, 683 BGB. a) Geschäftsführung im Interesse des Geschäftsherrn Seite 13 von 20

Da das Handeln des A dazu diente, weitere Schäden von N abzuwenden, war die Geschäftsführung des A zum Zeitpunkt der Übernahme für N objektiv nützlich und daher in dessen Interesse. b) Geschäftsführung entspricht Willen des Geschäftsherrn Fraglich könnte sein, ob die Geschäftsführung des A dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des N entsprach, da A im Nachhinein immerhin 200 Aufwendungsersatz von N verlangt hat. Abzustellen ist zunächst auf den wirklichen Willen des N, so wie er zum Zeitpunkt der Geschäftsübernahme oder ihrer Anzeige, 681 S.1 BGB, zum Ausdruck gebracht wurde. Hier konnte sich N wegen seiner Abwesenheit nicht äußern. Deshalb kann nur auf den mutmaßlichen Willen des N abgestellt werden. Es kommt damit darauf an, welchen Willen N im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung bei objektiver Betrachtung mutmaßlich geäußert hätte. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann hier davon ausgegangen werden, dass die Maßnahmen, die im Interesse des N lagen, auch seinem mutmaßlichen Willen entsprachen. Daran ändern die entstandenen Kosten nichts. Wäre N anwesend gewesen, so hätte er selbst auch nach dem Rechten gesehen. Auch ihm wären Kosten für das Einsetzen einer neuen Scheibe entstanden. Also entsprach die Tätigkeit des A dem mutmaßlichen Willen des N. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen einer berechtigten GoA vor. 5. Rechtsfolge: Ersatz der Aufwendungen wie ein Beauftragter A kann deshalb von N nach 683 S.1 BGB wie ein Beauftragter ( 670 BGB) Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Aufwendungen sind bewusste und freiwillige Vermögensopfer im Rahmen der Geschäftsführung. Die Ausgaben für die Scheibe sind bewusst gemacht worden. A durfte die Aufwendungen auch nach den Umständen für erforderlich halten, 670 BGB. A kann folglich von N 200 Wertersatz (nicht: Schadensersatz i.s.d. 249 ff. BGB!) verlangen. 6. Ergebnis: A kann von N gem. 677, 683, 670 BGB Ersatz seiner Aufwendung i.h.v. 200 verlangen. Seite 14 von 20

Fälle zum Bereicherungsrecht, 812 ff. Sinn und Zweck des Bereicherungsrechts: Das Bereicherungsrecht soll einen Ausgleich in Fällen ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen schaffen, indem der ungerechtfertigt zugeflossene Vermögenszuwachs beim Bereicherten abgeschöpft, und demjenigen zugewandt wird, auf dessen Kosten der Vermögensvorteil erworben wurde. Beachte: Im Gegensatz zum Schadensersatz sollen NICHT Vermögensminderungen/Schäden beim Benachteiligten ausgeglichen, sondern ein Mehr/Vorteil beim Bereicherten abgeschöpft werden! A. Fall 4: Leistungskondiktion (LK) A feiert kräftig beim Italiener. Weil A innerhalb kürzester Zeit mehrere Gläser Grappa zu sich genommen hat, weiß er bereits um 17 Uhr nicht mehr, wie er heißt, geschweige denn, wo er sich gerade befindet. Der 5 jährige Sohn S des Lokalbesitzers ist fasziniert von dem I Phone des A und fragt höflich, ob er es sich mal anschauen könnte. Bestens gelaunt lallt A, dass S das Smartphone gerne behalten könne und händigt es aus. S bedankt sich hocherfreut und nimmt das Telefon entgegen. Als A am nächsten Morgen wieder ausgenüchtert ist, möchte er sein I Phone von S wieder zurück. Zu Recht? Bei der Leistungskondiktion hat der Anspruchsteller dem Anspruchsgegner zuvor willentlich einen Vermögenswert zugewandt, um einen damit einen bestimmten Zweck zu erreichen. Wird dieser Zweck nun verfehlt, kann über die LK der zugewandte Vermögenswert zurückgefordert werden. Beachte: Es gibt 5 verschiedene Leistungskondiktionen. Je nachdem, welcher Zweck verfolgt werden sollte, ist für die Rückforderung eine andere Anspruchsgrundlage einschlägig. Die wichtigste Leistungskondiktion ist dabei die conditio indebiti gem. 812 Abs.1 S. 1 Alt.1 BGB, bei der die Leistung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erbracht wurde und dieser Zweck von Anfang verfehlt wird, weil z.b. die vermeintliche Verbindlichkeit gar nicht besteht. Seite 15 von 20

I. Anspruch aus 985 BGB A könnte gegen S einen Anspruch auf Herausgabe des I Phones gem. 985 BGB haben. Dann müsste A als Anspruchsteller Eigentümer und S als Anspruchsgegner Besitzer, 985 BGB. 1. S = Besitzer S müsste Besitzer des Smartphones sein. Da S die tatsächliche Gewalt über das Telefon ausübt, ist er unmittelbarer Besitzer i.s.v. 854 Abs.1 BGB. 2. A = Eigentümer Fraglich ist, ob A Eigentümer der Briefmarkensammlung ist. a) Ursprünglich: Eigentümerstellung des A Ursprünglicher war A Eigentümer des I Phones. b) Eigentumsübergang von A auf S gem. 929 S.1 BGB Möglicherweise hat A jedoch sein Eigentum durch Übereignung an S verloren. Eine Eigentumsübertragung gem. 929 S. 1 BGB erfordert eine dingliche Einigung sowie die Übergabe des Telefons. Fraglich ist, ob eine Einigung vorliegt. Die Einigung ist ein dinglicher Vertrag und besteht aus zwei übereinstimmenden Willenserklärungen, welche darauf gerichtet sind, das Eigentum an der Sache übergehen zu lassen. A könnte ein wirksames Angebot auf Herbeiführung des Eigentumsübergangs abgegeben haben. Der Tatbestand einer Willenserklärung ist gegeben, die Willenserklärung wurde auch abgegeben und ist zugegangen. Möglicherweise ist das Angebot des A aber gem. 105 Abs.2 BGB nichtig. Da A aufgrund seines Alkoholkonsums völlig desorientiert war, war er so betrunken, dass er sich in einem Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand. Sein Angebot war somit gem. 105 Abs.2 BGB nichtigt. Mangels eines wirksamen Angebots scheidet eine Eigentumsübertragung des Smartphones gem. 929 S.1 BGB aus. Die Übereignung scheitert zudem daran, dass S gem. 104 Nr.1 BGB geschäftsunfähig ist und seine Annahmeerklärung somit gem. 105 Abs.1 BGB nichtig ist. 3. Ergebnis Da A Eigentümer des Handys geblieben ist kann er von S gem. 985 BGB Herausgabe des Smartphones verlangen. Seite 16 von 20

II. Anspruch aus 812 Abs.1 S.1 Alt. 1 BGB A könnte gegen S einen Anspruch auf Herausgabe des I Phones aus 812 I S. 1 Alt. 1 BGB haben. Dann müsste S das Telefon durch Leistung des A und ohne rechtlichen Grund erlangt haben. 1. S müsste etwas erlangt haben. S müsste einen vermögenswerten Vorteil erlangt haben. Vorliegend hat S den Besitz an dem I Phone gem. 854 BGB erlangt. Beachte: Bei Benennung des erlangten Etwas immer auf die konkrete erlangte rechtliche Position abstellen, also z.b. statt nur von Geld zu sprechen Eigentum und Besitz an den Geldscheinen schreiben! 2. durch Leistung des A Dies müsste zudem durch eine Leistung des A erfolgt sein. Eine Leistung ist eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens. Vorliegend hat A durch die Übergabe des Smartphones das Vermögen des S bewusst und zweckgerichtet nämlich zur Erfüllung des vermeintlichen Schenkungsversprechens gemehrt. S hat das I Phone somit durch Leistung des A erlangt. 3. ohne rechtlichen Grund Die Leistung müsste auch ohne rechtlichen Grund erfolgt sein. Rechtlicher Grund könnte vorliegend der zwischen A und S geschlossene Schenkungsvertrag i.s.d. 516 BGB sein. Dieser Schenkungsvertrag ist jedoch gem. 105 Abs.2 BGB bzw. 105 Abs.1, 104 Nr.1 BGB nichtig und stellt somit keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Telefons dar. S hat das Smartphone ohne rechtlichen Grund erlangt. 4. Rechtsfolge: Herausgabe des Erlangten, 812 Abs.1 BGB S muss das erlangte Smartphone gem. 812 Abs.1 BGB herausgeben. 5. Ergebnis A kann das I Phone von S gem. 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB herausverlangen Seite 17 von 20

B. Fall 5: Nichtleistungskondiktion (NLK) A hat ein Pferd im Pferdestall des Bauern B untergestellt und für dessen Fütterung eigenes Futter bereitstellt. B füttert versehentlich auch seine eigenen Pferde mit dem Futter des A. A möchte nun von B Herausgabe des Geldes, das er für das von B verbrauchte Futter gezahlt hat. Zu Recht? Die Nichtleistungskondiktion (NLK) gem. 812 Abs.1 S.1 Alt. 2 BGB umfasst 3 Unterfälle: Die Eingriffskondiktion, die Verwendungskondiktion und die Rückgriffskondiktion. Gemeinsam ist ihnen, dass dem Anspruchsgegner ein Vermögenswert in sonstiger Weise auf Kosten des Anspruchsstellers zugeflossen ist, also gerade nicht durch Leistung des Anspruchsgegners. Der wichtigste Fall der NLK ist der der Eingriffskondiktion. In dieser Fallgruppe hat sich der Bereicherte den Vermögensvorteil durch eine eigene Handlung verschafft, indem er in den Zuweisungsgehalt einer fremden Rechtsposition (v.a. absoluten Rechte wie z.b. Eigentum, Besitz, dingliche Nutzungsrechte etc.) eingegriffen hat. Die Eingriffskondiktion will also für denjenigen einen Ausgleich schaffen, dessen Rechtsgut ohne Erlaubnis genutzt, verbraucht oder verwertet wurde. Vorbemerkung: Bei diesem Sachverhalt können Sie einerseits auf den von B erlangten Vorteil abstellen, andererseits aber auch den Nachteil/Schaden bei A in den Vordergrund rücken. Aus diesen zwei möglichen Blickwinkeln ergeben sich die zu prüfenden Anspruchsgrundlagen: Einerseits kann A einen Schadenersatzanspruch aus 823 Abs.1 BGB geltend machen, andererseits kann bei B gem. 812 Abs.1 S.1 Alt.2 BGB der Vermögenszuwachs abgeschöpft werden. I. Anspruch aus 823 Abs.1 BGB A könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung aus 823 Abs.1 BGB haben. Dann müsste B eines der in 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter des A schuldhaft und rechtswidrig verletzt haben. Allerdings fehlt es im vorliegenden Fall bereits am Verschulden des B, da sich aus dem Sachverhalt weder ein vorsätzliches noch fahrlässiges Verhalten des B ergibt. Der Anspruch aus 823 Abs.1 BGB scheitert daher bereits am fehlenden Verschulden. Bitte überprüfen Sie anhand des oben aufgeführten Schemas des 823 Abs.1 BGB nochmals, welche 7 Prüfungspunkte eigentlich zu prüfen gewesen wären. Ist zu erkennen, dass der Anspruch an einem Punkt scheitert, können Sie die Prüfung auch in dieser gekürzten Fassung am fehlenden Merkmal scheitern lassen, ohne auf alle Prüfungspunkte einzugehen. So erhalten Sie Zeit für den eigentlichen Schwerpunkt der Klausur! Seite 18 von 20

II. Anspruch aus 812 Abs.1 S.1 Alt. 2 BGB A könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten aus 812 I S. 1 Alt. 2 BGB haben. Dann müsste B etwas in sonstiger Weise auf Kosten des A und ohne rechtlichen Grund erlangt haben. 1. B müsste etwas erlangt haben. B müsste einen vermögenswerten Vorteil erlangt haben. Vorliegend hat B das im Eigentum des A stehende Futter seinen eigenen Pferden verfüttert und sich durch die Inanspruchnahme des Eigentums des A einen Vermögensvorteil verschafft. Für den Verbrauch fremden Eigentums muss regelmäßig ein Geldbetrag gezahlt werden, so dass B hier einen vermögenswerten Vorteil erlangt hat. Denn hätte B sein eigenes Futter verwendet, hätte er dieses auch zuvor selbst erwerben müssen. B hat sich somit Aufwendungen für Futter erspart. 2. in sonstiger Weise B müsste den Vermögensvorteil in sonstiger Weise erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn B das Erlangte nicht durch Leistung des A, sondern durch Eingriff erhalten hat. Vorliegend hat B den Vermögensvorteil aufgrund eigenmächtigen Vorgehens erlangt, indem er das im Eigentum des A befindliche Futter ohne Erlaubnis des A verbraucht hat. Der Vermögensvorteil wurde in sonstiger Weise erlangt. 3. auf Kosten des A B müsste den Vermögensvorteil auch auf Kosten des A erlangt haben. Dazu müsste B durch den Verbrauch des Futters des A in den Zuweisungsgehalt des Eigentums des A eingegriffen haben. Die wirtschaftliche Verwertung des Eigentums ist nach der Rechtsordnung allein dem A vorbehalten. Durch den Verbrauch des Futters hat B somit in den Zuweisungsgehalt des Eigentums des A eingegriffen. B hat den Vermögensvorteil auch auf Kosten des A erlangt. 4. ohne rechtlichen Grund Dies geschah auch ohne rechtlichen Grund, da B den Vermögensvorteil durch einen eigenmächtigen Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Eigentums des A erlangt hat. 5. Rechtsfolge: Herausgabe des Erlangten, 812 Abs.1 BGB Grundsätzlich ist gem. 818 Abs.1 BGB das Erlangte selbst wieder herauszugeben. Da das erlangte Futter nicht wieder herausgegeben werden kann, muss B gem. 818 Abs.2 BGB Wertersatz leisten. Der zu ersetzende Betrag bestimmt sich nach objektiven Kriterien, d.h. es wird auf den objektiven Verkehrswert des erlangten Futters abgestellt. Diesen Wert hat B dem A zu ersetzen. Seite 19 von 20

6. Ergebnis: B hat dem A gem. 812 Abs.1 S.1 Alt.2 BGB den Wert des verbrauchten Futters herauszugeben. Seite 20 von 20