Telefon: 233 2 75 14 Telefax: 233 2 11 36 Alexander Doll Referat für Arbeit und Wirtschaft FB V Sozialtarif für Strom und Gas einführen Antrag Nr. 02-08 / A 04155 der PDS vom 03.01.2008 Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 00161 Beschluss des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft am 03.06.2008 (SB) Öffentliche Sitzung Kurzübersicht zur beiliegenden Beschlussvorlage Anlass Antrag Nr. 02-08 / A 04155 der PDS vom 03.01.2008 Inhalt In der Vorlage werden die Zusammensetzung des Gesamtstrompreises sowie die derzeit geltende Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadtwerke München GmbH, dem Sozialreferat und den Münchner Wohlfahrtsverbänden bezüglich der Vermeidung und Behebung von Sperrungen der Energieversorgung für bestimmte Härtefallgruppen dargestellt. Die Einführung eines Sozialtarifs für Strom und Gas in München erscheint weder aus Sicht der Stadtwerke München GmbH noch des Sozialreferats sinnvoll. Entscheidungsvorschlag Die Ausführungen der Stadtwerke München GmbH und des Sozialreferats werden zur Kenntnis genommen. Ein Sozialtarif für Strom und Gas in München wird nicht eingeführt. Gesucht werden kann auch nach Kooperationsvereinbarung, Chipkartenzähler, Stromsperren, Münchner Wohlfahrtsverbände
Telefon: 233 2 75 14 Telefax: 233 2 11 36 Alexander Doll Referat für Arbeit und Wirtschaft FB V Sozialtarif für Strom und Gas einführen Antrag Nr. 02-08 / A 04155 der PDS vom 03.01.2008 Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 00161 3 Anlagen Beschluss des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft am 03.06.2008 (SB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag des Referenten Die PDS hat am 03.01.2008 den beiliegenden Antrag Nr. 02-08 / A 04155 (Anlage 1) gestellt, in dem gebeten wird, die Realisierbarkeit eines Sozialtarifs für Strom und Gas zu überprüfen. Hierzu hat die Stadtwerke München GmbH (SWM) wie folgt Stellung genommen (Anlage 2): Die Steigerung bei den Strompreisen, die Anlass für den vorliegenden Antrag ist, bedarf einer genaueren Analyse. Nachfolgend gibt eine Übersicht die Preisentwicklung für die Allgemeinen Tarife bzw. für die Vertragspreise der SWM im Zeitraum vom 01.01.1996 bis 01.01.2008 jeweils für einen Jahresverbrauch von 2.500 kwh wieder. Dabei wird unterschieden nach dem Gesamtpreis (= Bruttopreis inkl. aller staatlichen Abgaben wie Mehrwertsteuer, Erneuerbare-Energien-Abgabe, Stromsteuer usw.) und dem SWM-Anteil (= Nettopreis ohne staatliche Abgaben) als dem von der SWM allein beeinflussbaren Anteil am Gesamtpreis.
Seite 2 Preisstand Gesamtpreis inkl. staatl. SWM-Anteil ohne staatl. Ab- Abgaben (pro Jahr) gaben (pro Jahr) *01.01.1996 457,66 334,59 01.01.1998 457,66 334,59 01.01.1999 457,66 334,59 01.04.1999 487,32 334,59 01.07.1999 487,32 334,59 **01.10.1999 394,67 254,72 01.01.2000 394,67 248,32 01.05.2000 394,67 228,25 01.01.2001 394,67 220,11 01.03.2001 425,52 249,89 01.01.2002 425,43 241,16 01.07.2002 442,96 262,11 01.01.2003 442,96 253,86 01.02.2003 444,96 255,59 01.01.2004 465,44 271,14 01.01.2005 465,44 265,59 01.02.2005 482,84 280,59 01.01.2006 500,93 290,57 01.01.2007 513,89 291,87 01.04.2007 505,77 285,05 01.01.2008 505,77 282,55 (* bis 01.07.1999 Allgemeiner Tarif ; ** ab 01.10.1999 Vertragspreis M-Strom Privat ) Daraus wird Folgendes deutlich: Während der allgemeine Verbraucherpreisindex laut dem Bundesamt für Statistik vom 01.01.1996 bis 31.12.2007 um 19,3 % gestiegen ist, ist der Strompreis nur um 10,5 % angestiegen, die jeweiligen SWM-Anteile am gesamten Strompreis im gleichen Zeitraum sogar um 15,5 % gefallen. Hieraus wird erkennbar, dass für die Strompreissteigerungen die Erhöhungen bei den staatlichen Abgaben ursächlich sind. Konkrete Angaben zu der Zahl der Strom- und Gassperren kann die SWM nicht veröffentlichen, da es sich hierbei um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt, die in Wettbewerbsmärkten vertraulich behandelt werden müssen. Wettbewerber der SWM könnten u. a. genauere Rückschlüsse auf die Kundenstruktur der SWM ziehen. Die Zahl der Sperrungen liegt aber unter dem Bundesdurchschnitt und betrifft deutlich weniger als 1 % der Kunden. Sperrungen bei Gas erfolgten bisher nur in wenigen Ausnahmefällen und liegen unter 1 % aller Sperrvorgänge. Die SWM hat mit dem Sozialreferat im Herbst 2005 ein Kooperationsverfahren zur Vermeidung und Behebung von Sperrungen der Energieversorgung für bestimmte Härtefallgruppen verabschiedet. In diese Kooperationsvereinbarung wurden Ende 2006 auch die Münchner Wohlfahrtsverbände miteinbezogen. Aus Sicht der SWM und des Sozialreferats
Seite 3 hat sich diese Kooperationsvereinbarung bewährt. Es ist dadurch möglich, einzelfallbezogen für besonders hilfebedürftige Personenkreise eine ausgesprochen schnelle und unbürokratische Problemlösung zur Vermeidung von Energiesperrungen zu realisieren. Diese Verfahrensweise hat sich sehr gut bewährt und sollte aus Sicht der SWM unbedingt beibehalten werden. In der Begründung zum vorliegenden Antrag wird ausgeführt, dass ein Sozialtarif kaum mit einem freien Wettbewerb vereinbar sei. Dem ist von Seiten der SWM zuzustimmen. Ein solcher Sozialtarif wäre nur im Rahmen des Allgemeinen Tarifs der Grundversorgung möglich, zu dem ein Grundversorgungsunternehmen gemäß dem Energiewirtschaftsgesetz Haushaltskunden zu beliefern hat. Ein Sozialtarif ist dagegen nicht möglich bei Energieversorgern wie z. B. Yello, die keine Grundversorger sind und ausschließlich aufgrund von Vertragsangeboten ihre Kunden mit Energie beliefern. Ein Sozialtarif würde daher ausschließlich Grundversorger und kommunale Versorgungsunternehmen wie die SWM im Wettbewerb benachteiligen. Es sprechen noch weitere Gründe gegen die Einführung eines pauschalen Sozialtarifs. Wie oben schon ausgeführt, besteht bereits seit einigen Jahren eine wirkungsvolle Kooperationsvereinbarung zwischen SWM und Sozialreferat, die nachweisbar individuelle und den Einzelfall berücksichtigende Lösungen ermöglicht. Ergänzend hierzu ist die Einführung von Chipkartenzählern ein weiterer Baustein in einem Gesamtkonzept zur grundlegenden Lösung der Energieschuldenproblematik, die gerade auch auf die sozialpolitisch wünschenswerte Förderung der Eigenverantwortlichkeit setzt. Dies kann ein Sozialtarif nicht leisten, da er lediglich eine Erhöhung des verfügbaren Budgets bewirken würde. Die SWM plant die Einführung von in der Grundversorgungsverordnung Strom ( 14 Absatz 3 StromGVV) schon vorgesehenen Chipkartenzählern als Vorkassensystem. Mit dem Einsatz dieser neuen Zähltechnik soll nach Möglichkeit noch in 2008 begonnen werden. Mit der Chipkarte kann der Kunde durch Einzahlung an einer Aufladestation ein individuelles Stromguthaben erwerben. Ist dieses Guthaben verbraucht und wird die Chipkarte vorher nicht mehr aufgeladen, erfolgt grundsätzlich eine automatische, technisch ausgelöste Sperrung. Jedoch kann der Kunde kontinuierlich den Rückgang seines Stromguthabens an seinem Zähler selbst erkennen und somit eigenverantwortlich sein Verbrauchsverhalten ( Verantwortungszähler ) entsprechend steuern. Soweit im vorliegenden Antrag auch ein Anreiz zum sinnvollen Umgang mit Energie gefordert wird, ist darauf hinzuweisen, dass die SWM schon immer vielfältige Beratungsangebote z. B. zum Thema Strom sparen vorhält. Diese Stromsparberatung kann auch als erfolg-
Seite 4 reich beurteilt werden, da der durchschnittliche Stromverbrauch eines Münchner Haushaltes nur bei ca. zwei Drittel des bundesdeutschen Durchschnitts liegt. Ebenso wird der Einsatz von Chipkartenzählern die gleichen Effekte bewirken. Das Sozialreferat nimmt zum Antrag Nr. 02-08 / A 04155 wie folgt Stellung (Anlage 3): Nach Meinung des Sozialreferates liegt die Lösung der Problematik, dass zahlreiche Münchner Bürgerinnen und Bürger ihren Strom bzw. ihre Versorgung mit Gas nicht mehr bezahlen können, nicht in der Einführung eines Sozialtarifs durch die Stadtwerke München, sondern vielmehr in einer Anhebung des Regelsatzes nach dem SGB XII bzw. der Regelleistung nach dem SGB II. Es ist nicht sinnvoll, zu niedrig angesetzte Leistungen durch ein Flickwerk von Vergünstigungen auszugleichen. Vielmehr sollte den Hilfebedürftigen ein Betrag zur Verfügung gestellt werden, aus dem sie ihren notwendigen Lebensunterhalt vollständig bestreiten können. Wie bekannt, setzt sich das Sozialreferat seit langem dafür ein, dass der für die Bestreitung des Lebensunterhaltes in München zu niedrig bemessene Regelsatz im Rahmen des SGB XII bzw. die zu niedrige Regelleistung im Rahmen des SGB II angehoben werden. Regelsatz und Regelleistung umfassen auch die Kosten für den Strom, die in den vergangenen Jahren sehr stark angestiegen sind. Dies gilt auch für die Energie, die von den Stadtwerken München geliefert wird, obwohl nicht verkannt wird, dass die Strompreise in München vergleichsweise günstig sind und dank der zugesagten Strompreisgarantie bis Ende 2008 auch bleiben werden. Um den wissenschaftlichen Nachweis für die Notwendigkeit einer Regelsatzanhebung führen zu können, wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse am 01.04.2008 dem Stadtrat vorgestellt wurden. Die Vollversammlung des Stadtrates hat deshalb am 16.04.2008 eine Anhebung des Eckregelsatzes auf 371,00 Euro beschlossen. Das Sozialreferat hofft, dass von der Aufstockung des Regelsatzes nach dem SGB XII positive Signale für eine Anhebung der Regelleistung nach dem SGB II an den Bundesgesetzgeber gehen, muss jedoch leider auf Grund der bisherigen Äußerungen aus Berlin davon ausgehen, dass es bei einer Regelleistung in Höhe von 347,00 Euro für Alleinstehende/Alleinerziehende bleiben wird. Darüber hinaus hält es das Sozialreferat nicht für sinnvoll, einem regionalen Versorgungsunternehmen die wettbewerbshemmende Einführung eines Sozialtarifs aufzuerlegen, sondern teilt die Meinung von Herrn Bundesumweltminister Gabriel, der im Januar 2008 die deutschen Energieversorgungsunternehmen aufgefordert hat, flächendeckend einen Sozialtarif für hilfebedürftige Personen einzuführen. Nur durch eine bundeseinheitliche Rege-
Seite 5 lung kann sichergestellt werden, dass Energieversorger, die einen Sozialtarif anbieten wollen, dadurch keine Wettbewerbsnachteile erleiden. Zusammenfassend favorisiert das Sozialreferat die - soweit möglich - bereits initiierte Anhebung des Regelsatzes zur Bestreitung des Lebensunterhaltes inklusive angestiegener Energiekosten bzw. als (schlechtere) Alternative eine bundesweite, für alle Energieversorgungsunternehmen gleichermaßen geltende Regelung zur Einführung eines Sozialtarifs. Punkt 3 des Antrags wird deshalb ausdrücklich unterstützt. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Gasversorgung für die Hilfebezieherinnen und bezieher eine geringere Rolle spielen, da diese Kosten überwiegend für die Heizung anfallen und diese Aufwendungen im Rahmen der Kosten für die Unterkunft in aller Regel in der tatsächlichen Höhe übernommen werden. Von der Einführung eines Sozialtarifs für Gas würden daher in erster Linie die Sozialbudgets der SGB XII- und SGB II-Leistungsträger profitieren. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft lehnt die Unterstützung der Einführung eines Sozialtarifes wie in Punkt 3 gefordert ab, da selbst bei der Einführung eines bundesweiten Sozialtarifs die kommunalen Versorger schon aufgrund der Kundenstruktur überproportional belastet würden. Auch die Einführung eines Sozialtarifs nach belgischem Modell ist aus Sicht des RAW abzulehnen, da Einnahmeausfälle aufgrund der bis zu einer bestimmten Höhe kostenlos gelieferten Strommenge auf die allgemeinen Preise umgelegt werden. Darüber hinaus erfolgt auch in München der Einsatz verschiedener Hilfsmaßnahmen, z.b. durch die Einführung der Chipkarte, entsprechend einzelner Elemente des belgischen Modells. Eine weitergehende Anpassung an andere Modelle hält das RAW aufgrund der hervorragenden Kooperation zwischen dem Sozialreferat und der Stadtwerke München GmbH nicht für notwendig. Anhörungsrechte eines Bezirksausschusses sind nicht gegeben. Der Korreferent/die Korreferentin des Referates für Arbeit und Wirtschaft hat einen Abdruck der Sitzungsvorlage erhalten. II. Antrag des Referenten 1. Die Ausführungen der Stadtwerke München GmbH und des Sozialreferats werden zur Kenntnis genommen. Ein Sozialtarif für Strom und Gas in München wird nicht eingeführt.
2. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle. Seite 6 3. Der Antrag Nr. 02-08 / A 04155 der PDS vom 03.01.2008 ist hiermit geschäftsordnungsgemäß erledigt. III. Beschluss nach Antrag. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Der/Die Vorsitzende Der Referent Ober-/Bürgermeister/-in ea. Stadtrat/-rätin Dr. Wieczorek Berufsm. Stadtrat IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenografischen Sitzungsdienst an das Direktorium - Dokumentationsstelle an die Stadtkämmerei an das Revisionsamt z. K. V. Wv. RAW/FB V <M:\FB_V\swm\3 Gremien\1 Stadt\1 Stadtrat\2 Antraege\PDS\4155Beschluss.doc > 1. Die Übereinstimmung des vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das Sozialreferat - I-WH 1 An das RAW FB I Per Hauspost An die Stadtwerke München GmbH G-Z-BG (3-fach) z. K.
Am... I.A. Seite 7...