QE-Politik der EZB: Schachzug der Zentralbank gegen Deflation



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Transkript:

Prof. Dr. Paul JJ Welfens, Präsident des Europäischen Instituts für internationale Wirtschaftsbeziehungen (EIIW, Rainer Grünter Str. 21, 42119 Wuppertal) an der Bergischen Universität Wuppertal; Non-resident Senior Research Fellow at AICGS/Johns Hopkins University; IZA Research Fellow, Bonn. Alfred Grosser Professorship 2007/08, Sciences Po (www.eiiw.eu) welfens@eiiw.uni-wuppertal.de Tel. 202 4391371 27.1.2015 File prezbqe2015welfens 2015 = 20 Jahre EIIW/preisgekrönte Analysen, weltweite Vernetzung EZB mit in Teilen durchdachtem Ansatz zur QE-Politik Schritte zu Euro-Politikunion notwendig; Anhang: Erklärt QE-Politik QE-Politik der EZB: Schachzug der Zentralbank gegen Deflation Die USA haben zwischen 2009 und 2014 eine Politik der geldpolitischen Lockerung Quantitative Easing (QE) genannt vorgenommen, mit der Deflation vermieden und der Wirtschaftsaufschwung abgestützt wurde. Der Wachstumsvorsprung der USA in 2008-2015 beträgt rund 10% gegenüber der Eurozone. Nun wird die Europäische Zentralbank laut Beschluss vom 22.1.2015 im Zeitraum März 2015 bis mindestens September 2016 ein mit monatlich 60 Mrd. dimensioniertes Ankaufsprogramm für Staatsanleihen und private Anleihen auf den Weg bringen: 1140 Mrd., was immerhin gut 10% des Bruttoinlandsproduktes und der Geldmenge M3 in der Eurozone darstellt. Allerdings wird die EZB den Geldmengenexpansionseffekt in geeigneter Weise wie schon bei früheren Ankaufsprogrammen neutralisieren, so dass auch weiterhin die Geldmengenwachstumsrate gering bzw. mit Preisniveaustabilität vereinbar bleibt. Dabei wird die EZB nur 1/5 der Anleihen wesentlich von Europäischen Institutionen und ggf. privaten Unternehmen ankaufen, die restlichen Anleihen werden nach EZB-Kapitalschlüssel aufgeteilt, wobei nationale Zentralbanken nationale Staatsanleihen ankaufen; also die Deutsche Bundesbank Bundesanleihen, die Französische Zentralbank Anleihen des französischen Staates etc. Es werden nur Investorgrad-Anleihen Wertpapiere mit gutem Rating bzw. geringen Ausfallrisiken angekauft; zudem auch Anleihen von Euro-Ländern, die ein funktionierendes Anpassungsprogramm haben. Griechenland ist damit einstweilen außen vor. Dieses neue EZB-Ankaufsprogramm ist geeignet, Deflation in der Eurozone zu vermeiden (Inflationsrate im Dezember 2014: -0,2%) und die Wirtschaft mit anzukurbeln; dieses Programm stimuliert Wachstum und Beschäftigung in der Eurozone, und zwar im Kern über die Mechanismen reale Zinssenkung plus reale Abwertung bzw. Außenbeitragssteigerung und erhöhte Direktinvestitionszuflüsse; während die Zinssenkung Konsum und Investitionen stimuliert die reale Abwertung auch Direktinvestitionszuflüsse, trägt die abwertungsbedingte mittelfristige Netto-Exportsteigerung zu einer Erhöhung des Bruttoinlandsproduktes bei. Die Eurozone trägt als großes Land in der Weltwirtschaft auch zu einer z.t. antizipierten weltweiten Zinssenkung bei, was in Verbindung mit dem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes der Eurozone dann zu einer Expansion auch des Bruttoinlandsproduktes in den USA, der Schweiz und Großbritannien sowie anderen Ländern führen kann. Problematisch ist, dass der Anreiz, Strukturreformen zu realisieren, in Krisenländern der Eurozone abgeschwächt werden könnte; das Programm scheint relativ groß dimensioniert für eineinhalb Jahre, ist allerdings auch geringer als das fünfjährige QE- Programm in den USA (oder in Großbritannien), das recht erfolgreich nach 2008 Deflation vermeiden und die Wirtschaftsexpansion stützen half. Das Timing des EZB-Programms kann man als relativ frühzeitig einstufen, aber auch die US-Zentralbank hat präventiv gehandelt. Die EZB kauft also für etwa 228 Mrd. Anleihen an, was per September 2016 bedeutet, dass aus früheren Ankaufsprogrammen und dem neuen Programm Anleihen im Umfang von etwa 1

4% dann in faktisch gemeinschaftlicher Haftung bei der EZB sind. Die anteilige Haftung Deutschlands liegt bei etwa 62 Mrd. oder 2% des Bruttoinlandsproduktes, was eine überschaubare Größe darstellt. Die Ankäufe von Staatsanleihen sollen bei den Ländern der Eurozone nicht mehr als 1/4 der Neuemissionen bzw. 1/3 des Bestandes ausmachen, damit die Marktpreisbildung bei Anleihen erhalten bleibt. Das ist eine vernünftige Begrenzung. Der Druck auf Strukturreformen in den Euro-Krisen-Ländern bleibt aufrecht erhalten. Spanien, Italien, Frankreich und andere Länder der Eurozone erhalten durch das neue EZB- Programm einen deutlichen Impuls für eine Zinssenkung und das entspricht, zusammen mit der erwarteten Abwertung des Euros, einem expansiven Konjunkturimpuls; der Zinssenkungseffekt bei Deutschland dürfte etwas geringer als in den genannten Ländern sein. Der EZB-Konjunkturimpuls kann in Verbindung mit dem gesunkenen Ölpreis und den überschaubaren Fiskalimpulsen von Seiten der Europäischen Kommission zu einem Wirtschaftsaufschwung und auch einer Vermeidung eines ernsten Deflationsproblems beitragen. Allerdings muss die EZB die bislang über die Jahre 2009-2014 zu geringe M3- Geldmengenwachstumsrate in Richtung auf den traditionellen Zielwert von 4.5% hochschleusen am besten nahe an 5%, um das M3-Wachstum von kaum mehr als 2% der Vorjahre auszugleichen. Geringes Geldmengenwachstum hat zu Deflationsdruck beigetragen. Die Kombination von verminderten Ölpreisen, Zinssenkung zwecks Investitionserhöhung und realer Abwertung (zwecks Erhöhung des Außenbeitrages bzw. des Netto-Güterexportes), induziertem Anstieg der Direktinvestitionszuflüsse (mit Technologietransfereffekt und ggf. Nettoinvestitionseffekt) sowie leicht expansiver Fiskalpolitik auf Brüsseler Ebene und in Deutschland wird 2015/2016 expansiv wirken. Der Kapazitätsauslastungsgrad in der Eurozone wird mittelfristig ansteigen, zudem auch in wichtigen Handelspartnerländern: Der Deflationsdruck in der Eurozone bzw. den westlichen OECD-Ländern wird im Zuge steigender Preise nachlassen. Ende 2015 dürfte die Deflation in der Eurozone überwunden sein, ein weiterer Rückgang der Inflationsratenerwartungen wird kaum noch eintreten. Aus theoretischer Sicht ist zu erwarten, dass die Quasi-QE2-Runde der EZB in 2016 weniger expansiv wirken wird als die Expansionsrunde QE1 in 2015; denn Zinssenkung und Abwertung erhöhen mittelfristig den Leistungsbilanzsaldo bzw. den Bestand an ausländischen Anleihen in den Händen deutscher Investoren: Das reduziert den QE1-Zinssenkungseffekt und führt zu einer Aufwertung bzw. einer Verminderung der anfänglichen Abwertung. Es ist zu bedenken, dass der Wechselkurs des zum $ in den Jahren 2009-2014 wegen QE der US-Zentralbank zu niedrig bzw. durch Aufwertungsdruck für den Euro geprägt war das hat den Konjunkturaufschwung der Eurozone deutlich geschwächt. Die künstliche Überbewertung des Euros wird durch das QE-Programm der EZB korrigiert. Die Euro-Abwertung verteuert die Güterimporte. Das bremst die Importe aus den USA, China und anderen Ländern, zugleich werden die Exporte zum Ende 2015 zunehmen und das Wirtschaftswachstum der Eurozone dürfte leicht ansteigen. Ein Ankauf von Staatspapieren bzw. Anleihen in Höhe von 5-10% des Bruttoinlandsproduktes der Eurozone ist eine stark expansive Offenmarktpolitik, die sich über mindestens zwei Jahre hinziehen dürfte. In der Eurozone, Großbritannien und in den USA dürften die Aktienkurse auf Rekordniveau steigen, die Investitionen in den westlichen OECD-Ländern werden mittelfristig ansteigen; wegen der niedrigen Öl- und Gaspreise dürfte auch der Konsum in der Eurozone und anderen OECD- Ländern ansteigen. Die Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsproduktes dürfte von bisher prognostizierten 1% in der Eurozone auf etwa 1,5% in 2015 und etwa 2% in 2016 ansteigen. 2

Dies wiederum kann zu einem Sinken der Staatsschuldenquote führen. Die staatliche Zinsausgabenquote - Relation Zinsausgaben zu Bruttoinlandsprodukt wird in 2015 um etwa 0,1% und bis Ende 2016 um etwa 0.3% durch QE-Politik in den Ländern der Eurozone sinken. Dabei wird eine expansive Offenmarktpolitik der EZB in jedem Fall zu einer weltweiten Zinsdämpfung beitragen. Denn die Eurozone für rund 15% des globalen Einkommens stehend ist eine große Volkswirtschaft mit wesentlichen Wirkungseffekten auch im Ausland; und es sind dann auch Rückwirkungen aus dem Ausland zu beachten. Zu den zweifelhaften Kommentaren kann man am Tag des EZB-Beschlusses (22.1.15) im TV die Prognose von Hans-Werner Sinn, Ifo-Chef, zählen, der vom QE-Programm offenbar eine hohe Inflationsrate erwartet. Das QE-Programm der USA, das größer dimensioniert war als in der Eurozone bislang angedacht, hatte dank notenbankseitiger Neutralisierungsmaßnahmen bei der Geldmengenpolitik keine nennenswerten Inflationseffekte; allerdings ist natürlich ein Anstieg der Inflationsrate in der Eurozone von -0.2% Ende 2014 auf nahe 2% seitens der EZB gewünscht. Die TV-Kommentierung der EZB-Maßnahmen in Börse vor 8 verrät wenig Sachverstand: die Kommentatorin hat erkennbar keine wirtschaftswissenschaftlichen Fachkenntnisse, was ein Problem in einem geldpolitisch komplizierten Umfeld ist. Von einer harten Enteignung der Sparer durch die EZB war die Rede, was angesichts der auf Bekämpfung von Deflationsdruck gerichteten EZB-Maßnahmen Unfug ist; wenn die EZB dem Deflationsdruck nicht entgegenträte, werden die wenigen positiven Zinssätze wegen anhaltender Deflationserwartung dann alle bald gegen 0 gehen und von einem anhaltenden Deflationsprozess hätten Millionen von Menschen in Deutschland nur Job-, Einkommensund Vermögensverluste zu erwarten. Dann hätten die privaten Haushalte in großer Zahl ein wirkliches Problem bei der Altersvorsorge. Die EZB kauft laut Kommentatorin für 1140 Staatsanleihen an, was falsch ist, da Unternehmens- und Staatsanleihen angekauft werden. Korrekte Information: Fehlanzeige. Die Materie ist kompliziert, mancher will seine Vorurteile gegen den Euro abladen (s. FAZ-Wirtschaftsredaktions-Kommentare; FAZ hat laut Bertelsmann-Studie spotlight Europe 2014/02 FAZ.net mit AfD-Wählerschaft Überlappung). Auf eine starke Abwertungsphase in 2015 beim Euro wird so zeigt die theoretische Analyse (siehe Anhang) eine zeitweise Aufwertungsphase in 2016 folgen, die allerdings gegenüber 2014 immer noch eine reale Abwertung bedeuten wird. Ein leichter Marktzinsanstieg in 2016 ist ebenfalls zu erwarten. Die Inflationsrate in 2016 könnte in der Eurozone wieder bei über 1% liegen. Es sei schließlich kritisch angemerkt, dass die EZB keine Eurobonds ankaufen konnte, so dass es einen bemerkenswerten Unterschied gegenüber dem US-QE-Programm gibt, wo die US-Zentralbank natürlich Bundesanleihen (und andere Papiere) gekauft hat. Es wird Zeit, dass die Länder der Eurozone über eine Euro-Politikunion nachdenken: Mit Euro- Parlament, Eurobonds und Eurosteuern dabei einem über alle Ebenen der Politik gerechneten Einkommenssteuersatz, der mindestens einen Prozentpunkt unter dem jetzigen Niveau liegt. Im Übrigen: Welche Papiere die US-Zentralbank angekauft hätte, wenn es keine US-Bundesanleihen gäbe, ist unklar vermutlich natürlich Anleihen von Bundesstaaten (das wäre dann strukturell so wie in der Eurozone in 2015). Ob QE-Politik jemals in hohe Inflationsraten umschlägt, hängt vom langfristigen Zentralbank-Verhalten mit ab; wenn Papiere wieder verkauft werden oder auslaufende Papiere nicht durch Neuankäufe ersetzt werden, ist auch langfristiger Inflationsdruck sehr unwahrscheinlich: bei kluger Geldpolitik. USA: Die FED hielt 1989-2013 im Durchschnitt 14,07% der U.S Marketable Securities, Peaks im Bereich 17-19%: in 2003/04, 2007 und 2012, Tiefpunkt in 2009 bei 8%. 3

Prof. Paul JJ Welfens 2015: Wie wirkt Quantitative Easing? (QE: kann man definieren als expansive Offenmarktpolitik der Zentralbank diese kauft Staatsanleihen) Ökonomische Kurzanalyse Expansive Offenmarktpolitik ist ein Standardinstrument der Zentralbank; als QE-Politik findet sie in einem Umfeld mit Notenbank-Niedrigzins statt und ist auf die Stimulierung der Wirtschaft bzw. Überwindung von Deflationsdruck gerichtet. Die USA und Großbritannien haben 2009-2014 erfolgreich QE-Politik realisiert. Der QE-Politik werden in der Diskussion bislang diverse Effekte nachgesagt dass sie hohe Inflationsraten erzeuge, dass im Fall der EZB eine Hauptabsicht sei, den Banken im Süden der Eurozone sehr risikobehaftete Staatsanleihen abzunehmen bzw. dort die Banken zu sanieren etc. Das ist ökonomisches Schimären-Denken: das Heraufbeschwören von Gefahren und Effekten, die nicht wirklich im Zentrum sind oder gar auf Einbildung basieren bzw. wenig empirische Evidenz für sich beanspruchen können (Martin Wolf von der FT hat sich schon kompetent zur Frage geäußert, warum mit einer Bilanzausweitung bzw. QE kein kurzfristiger Inflationsdruck zu erwarten ist; mit falschen QE-Politik-Einordnungen tragen einige Kommentatoren zu Schimären-Angst bei). Geeignete Basis der Makro-Analyse ist das Branson-Modell, das in einfacher Form wichtige Effekte anschaulich zu erklären hilft. Dieses Modell für eine kleine offene Volkswirtschaft (hier um Aspekte des großen Landes Eurozone zu ergänzen) besagt, dass expansive Offenmarktpolitik bei flexiblem Wechselkurs dazu führt, dass: 1) der nominale und reale Zinssatz sinkt; und 2) eine (reale) Abwertung der Währung eintritt Betrachtet man in Ergänzung des Modells zusätzlich den mittelfristigen positiven Effekt, den die reale Abwertung auf den Außenbeitrag hat, so ergibt sich ausgehend von einem Außenbeitrag von Null eine Erhöhung des Bestandes an F* an Auslandsbonds. Denn es wird ein Nettokapitalexport (Inländer kaufen Auslandsbonds) zustande kommen, der Spiegelbild des positiven Außenbeitrages ist. Ausgangspunkt ist bei Branson ein Portfolio-Modell mit drei Aktiva: kurzfristige inländischen Staatsanleihen (B), ausländischen Staatsanleihen (F*: in $ bzw. ausländischer Währung) und Geld (M). Die Vermögensrestriktion in realer Rechnung mit A für Realvermögen lautet A = M/P + B/P + ef*/p (mit P für Preisniveau und e für Wechselkurs). In- und ausländische Bonds sind Kurzläufer und werden mit Blick auf Renditeinteressen als Substitute aus Anlegersicht betrachtet. Die Nachfrage in realer Rechnung - nach Aktiva ist jeweils proportional zum realen Vermögen (A ), wobei die gewünschten Anteile von Geld, Inlandsbonds und Auslandsbonds v, b bzw. f lauten und als Funktionen gelte: v= v(i,i*), b=b(i,i*), f=f(i,i*), wobei i der Zinssatz ist und * für Auslandsvariable steht; v ist eine negative Funktion der beiden Zinssätze, b eine positive Funktion von i, eine negative von i*, f eine negative Funktion von i und eine positive von i*. Die Nachfrage nach Realkassen, Inlandsanleihen und Auslandsanleihen in realer Rechnung lautet v(...)a bzw. b(...)a bzw. f(...)a und die Gleichgewichtsbedingungen für den Geldmarkt, inländischen Bondsmarkt, den Markt für Auslandsbonds sind: 1) M/P = v(i,i*)a ; 2) B/P = b(i,i*)a ; 3) ef*/p= f(i,i*)a. Wegen der relevanten Vermögensrestriktion bzw. v+b+h=1 sind hier allerdings nur zwei der drei Gleichgewichtsbedingungen (1)-(3) voneinander unabhängig; bestimmt werden können der Wechselkurs e und der Zinssatz i, wobei P, M, B, und F* kurzfristig gegeben sind. Als Gleichgewichtskennlinien kann man BB-Kurve, F*F*-Kurve und MM- Kurve (hat positive Steigung) verwenden, wobei hier nur die BB- bzw. F*F*-Kurve für Inlands- und Auslandsbonds betrachtet seien: Eine expansive Offenmarktpolitik bedeutet, dass die Zentralbank inländische Bonds kauft, es gilt also dm= -db, so dass sich das Vermögen nicht ändert. Eine Linksverschiebung der BB-Kurve nach BB1 (BB hat eine negative Steigung wie die F*F*-Kurve, die allerdings flacher als BB im e-i-diagramm verläuft) ergibt sich durch QE bzw. die expansive Offenmarktpolitik, so dass: a) der Zins sinkt, b) der Wechselkurs in Preisnotierung ansteigt bzw. eine Abwertung eintritt. Die Lage der F*F*-Kurve bleibt kurzfristig unverändert. Wenn sich als Folge der realen Abwertung der Außenbeitrag verbessert bzw. ein positiver Außenbeitrag erzielt wird, dann 4

verschiebt sich die F*F*-Kurve nach unten, so dass die Abwertung und die Zinssenkung gedämpft werden. Wenn eine in mehreren Phasen aufgesetzte QE-Politik etwa in zwei Phasen läuft, dann wird QE2 dann als weniger effizient als das anfängliche QE1 erscheinen; denn mit Blick auf QE1 wird sich ein kurzfristiger Branson-Modell-Effekt mit dem mittelfristigen Effekt des Anstieges des Bestandes an Auslandsanleihen überlagern. Abb: QE-Politik im Branson Model (Welfens, 2014, Journal IEEP) Praxisbezogen kann man sich QE vereinfacht wie folgt vorstellen: Die Zentralbank kauft den Banken Staatsanleihen ab, was die Kurse der festverzinslichen Anleihen hoch treibt und den Marktzins sinken lässt; darauf hin kaufen die Banken und andere Kapitalmarktakteure verstärkt ausländische Staatsanleihen, was Kapitalexporte bedeutet bzw. eine Abwertung der Währung herbeiführt. Ein zusätzlicher Effekt, der im Branson- Modell mit den kurzfristigen Staatsanleihen nicht enthalten ist, besteht in Zinseinspareffekten für den Staat, die unvermeidlich als Nebeneffekt der expansiven Offenmarktpolitik auftreten (Staat zahlt Zinsen an Zentralbank, die erhöhten Notenbankgewinn hat, der an den Staat fließt). Wenn die Zentralbank Staatsanleihen ankauft im Umfang von Z% des Bruttoinlandsprodukts, dann ist der Zinseinspareffekt im Sinn einer Senkung der Zinsausgabenquote (staatliche Zinsausgaben relativ zum Bruttoinlandsprodukt) gegeben durch i x Z; wenn also der Zinssatz 3% beträgt und Anleihen in Höhe von 10% des Bruttoinlandsproduktes angekauft werden, dann ist die Senkung der Zinsquote beim Staat 0,3% des Bruttoinlandsproduktes; wenn Z 5% beträgt, so ist der Zinseinspareffekt 0,15 % des Bruttoinlandsproduktes. Wenn 0.3% relevant ist, so wird langfristig der Einkommenssteuersatz im Wachstumsmodell entsprechend geringer ausfallen und bei einer Outputelastizität das Pro-Kopf-Einkommen um 0.15% ansteigen lassen das kommt dem USA-Fall nahe. Der Einspareffekt bei den Zinszahlungen dürfte in der Realität noch kleiner sein als bisher geschildet, da die Zentralbank nicht die gesamten erhaltenen staatlichen Zinszahlungen in Form erhöhter Notenbankgewinne an den Staat weitergeben wird. Der Zinseinspareffekt für den Staat wird möglicherweise noch weiter reduziert, wenn die Abwertung der Währung zu einem Risikozuschlag im Zins (i) führt. QE-Politik kann die Zentralbank auf der Geldangebotsseite neutralisieren, bei geeigneten Maßnahmen ergibt sich daher keinerlei Inflationseffekt von QE. In einem erweiterten Modell kann man zusätzlich Aktien einbeziehen QE-Politik erhöht das Aktienkursniveau. Im Fall eines großen Landes ergeben sich auch Effekte im Ausland, und zwar mit Rückkopplungseffekten auch Einkommenserhöhung - für das Land mit QE-Politik. Wegen der Abwertung und besserer Kapazitätsauslastung steigt mittelfristig das Preisniveau; zudem steigen die Direktinvestitionszuflüsse. 5