Was hat Martins ADS-Diagnose mit mir zu tun? Entwicklung eines Konzeptes zur Bewältigung des Regelschulalltages

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Transkript:

Pädagogik Carola Bussemas Was hat Martins ADS-Diagnose mit mir zu tun? Entwicklung eines Konzeptes zur Bewältigung des Regelschulalltages Examensarbeit

Carola Bussemas Thema: Was hat Martins ADS Diagnose mit mir zu tun? Entwicklung eines Konzeptes zur Bewältigung des Regelschulalltages Schriftliche Hausarbeit vorgelegt im Rahmen der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt Primarstufe Studienseminar Bielefeld Marienfeld, den 5. Mai 2000

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 3 1.1 Entscheidung für das Thema 3 1.2 Gliederung der Arbeit 4 Seite 2. Martin 5 2.1 Martin im 1. Schuljahr 5 2.2 Martin im 2. Schuljahr 7 3. Was hat Martins ADS Diagnose mit mir zu tun? 11 3.1 Die erste Auseinandersetzung mit der Diagnose 11 3.2 Die Bedeutung der erworbenen Kenntnisse 12 3.3 Die daraus folgende bisherige Entwicklung eines Konzeptes zur Veränderung meines Lehrerverhaltens, meiner Unterrichtsorganisation 13 3.4 Umsetzung der Sofortmaßnahmen und Auswertung 14 3.4.1 Beobachtungsprotokoll vom 28.03.2000 und dessen Auswertung 15 3.4.2 Beobachtungsprotokoll vom 30.03.2000 und dessen Auswertung 19 3.5 Gedanken zur Auswertung 21 3.6 Auseinandersetzung mit dem OptiMind-Konzept 24 3.7 Maßnahmenkatalog mit Anregungen aus dem OptiMind-Konzept 29 4. Abschluss 29 5. Literatur 31 6. Anhang 32 2

1. Einleitung 1.1 Entscheidung für das Thema Im Rahmen der Auseinandersetzung mit meiner Person hinsichtlich meines Verhaltens in der Lehrerrolle und mit meiner Organisation von Unterricht stieß ich immer wieder auf die gleichen Schwierigkeiten. Im bedarfsdeckenden Unterricht bin ich mit 4 Stunden pro Woche in Mathematik in einer 2. Klasse tätig. In dieser Klasse ist es sehr unruhig. Von Beginn an beschäftigte mich diese Unruhe stark. Ich suchte verschiedene Wege und Möglichkeiten, diese abzubauen und künftig zu präventieren. Ein Beratungsbesuch eines Fachleiters brachte mir Hilfen für die Organisation meines Unterrichtes, die ich gern aufgriff. Die Umorganisation war ein Teilstück, das gewünschte Ziel - mehr Ruhe - zu erreichen. Dennoch gab es einen Schüler, der sich davon allein nicht beeinflussen ließ. Diesen Schüler nenne ich im Rahmen meiner Ausführungen Martin. Immer wieder musste ich meine Unterrichtsvorhaben wegen Martin innerhalb der Stunden ändern, oder ich konnte ihn nicht wie alle anderen in den Unterricht einbeziehen. Es gab viele negative Emotionen sowohl seinerseits als natürlich auch meinerseits. Ich begann, diese Schwierigkeiten näher zu betrachten, nach den Ursachen zu forschen. Elterngespräche fanden statt. Zu Beginn des Jahres 2000 erfolgte eine außerschulische psychologische Untersuchung, initiiert durch die Eltern. Die Ergebnisse der Untersuchung brachten die Diagnose ADS hervor. Die Feststellung, dass sich mein Verhalten Martin gegenüber seit dem Bekanntwerden der Diagnose grundlegend verändert hat, war gravierend für mich. Diese Erfahrung war der Auslöser, mich im Rahmen der folgenden Ausführungen mit diesem Prozess auseinander zu setzen. Mein Ziel ist es, Wege und Möglichkeiten zu suchen, die eine Erleichterung des Regelschulalltages sowohl für Martin als auch für mich beinhalten. Ich möchte versuchen, alle Faktoren, die dazu gehören, aufzuzeigen. Schwierigkeiten und Erfolge geben sich die Hand. Bereits umgesetzte Vorhaben und noch bestehende Vorhaben werden Teil der Ausführungen sein. Mein Wunsch ist es, deutlich zu machen, dass es wichtig ist jedem Kind eine Chance ohne Vorurteile zu geben und für dieses Kind und sich selbst Hilfen zu suchen ohne aufzugeben. Folgende Lehrerfunktionen sind Inhalt meiner Arbeit: Situationen beurteilen, diese evaluieren, daraus innovieren und schließlich die Innovationen organisieren und mit den Eltern Kollegen und Therapeuten kooperieren. Ich werde fast ausschließlich aus meiner Perspektive schreiben. Um die Ausführungen hinsichtlich der Veränderungen zu optimieren, habe ich im Rahmen von Team Teaching mein und Martins Verhalten und Reaktionen auf Verhaltensweisen explizit beobachten lassen. Auf diese Beobachtungen werde ich später zurückgreifen. Im Folgenden werde ich die Gliederung nennen und mit der Beschreibung meiner Wahrnehmung von Martin beginnen. 3