Die Bedeutung differentialpsychologischer Variablen für das Bewegungslernen am Beispiel des Selbstvertrauens Magglingen 2001

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Transkript:

Dr. Andreas Bund Technische Universität Darmstadt Die Bedeutung differentialpsychologischer Variablen für das Bewegungslernen am Beispiel des Selbstvertrauens

Bewegungslernen und Selbstvertrauen 1. Anforderung: Aus der Praxis... 2. Anforderung:...in die Theorie 3. Anwendung: Eine Feldstudie 4. Auswirkung: Für die Praxis...

Sinngemäße Sportlerzitate Durch die Erfolge der letzten Wochen bin ich mit viel Selbstvertrauen in diesen Wettkampf gegangen. Nach der Niederlage gegen... hat uns heute die letzte Sicherheit gefehlt. Wir müssen im nächsten Spiel unser Selbstvertrauen zurückgewinnen.

Definition: Perceived self-efficacy refers to beliefs in one s capabilities to organize and execute the courses of action required to produce given attainments. (Bandura, 1997, 3) Das Konstrukt der (self-efficacy) bezeichnet die Überzeugung einer Person, in der Lage zu sein, ein bestimmtes Verhalten mit Hilfe eigener Ressourcen organisieren und ausführen zu können, insbesondere in Situationen, die neue,unvorhersehbare, schwierige oder streßreiche Elemente enthalten. (Fuchs & Schwarzer, 1994, 141)

Entstehung und Veränderung von süberzeugungen eigene Verhaltenserfahrungen stellvertretende Verhaltenserfahrungen verbale Überzeugung physiologische und emotionale Erregungszustände

Allgemeine Effekte von süberzeugungen Selektion von Umwelten und Aktivitäten Zielsetzung und Zielbindung Kausalattribuierung antizipatorische Emotionen Anstrengungsregulation Leistungsverhalten

Allgemeine Fragestellung Welche Bedeutung haben süberzeugungen für das Bewegungslernen?

süberzeugungen und Lernen In approaching learning tasks, people who perceive themselves to be highly self-efficacious in the undertaking have little incentive to invest much preparatory effort in it. (Bandura, 1990, 152)

Zum Geleit: Eine Labor -Studie Fragestellung: sind süberzeugungen prinzipiell bedeutsam für das Bewegungslernen? Methode: Pedalofahren unter standardisierte Übungsbedingungen Gruppentreatment (negative, positive oder neutrale Leistungsrückmeldungen) Ergebnisse: Teilnehmer mit hoher süberzeugung zeigten bessere Lernleistungen, insbesondere unter schwierigen Bedingungen Effekte auch auf emotionale und kognitive Prozesse

Eine Feldstudie Fragestellungen: sind süberzeugungen auch unter praxisnahen Bedingungen bedeutsam für das Bewegungslernen? bestehen tatsächlich Wechselwirkungen? Hypothesen: zwischen süberzeugung einerseits und Lernleistung sowie lernunterstützenden Emotionen und Kognitionen andererseits bestehen positive Beziehungen diese Beziehungen sind reziprok

Versuchsdesign Feldstudie PD AS1/SS1 Inline-Skating-Kurs ÜE 1 ÜE 2 ÜE 3 ÜE 4 ÜE 5 ÜE 6 ÜE 7 ÜE 8 ML1 ML2 ML3 KA,AN, EM,LE1 AS2 SS2 KA,AN, EM,LE2 AS3 SS3 KA,AN, EM,LE3 8 Wochen Legende: ÜE = Übungseinheit; PD = Persönliche Daten; AS = Allgemeine ; SS = Spezifische ; EM = Emotionen; KA = Kausalattributionen; LE = Leistungserwartungen; AN = Subjektive Anstrengung; ML = Motorische Leistung; AS4/SS4 N = 44 HochschulsportlerInnen

Skalen Feldstudie Allgemeine süberzeugung: Schwarzer (1997); Kronbachs alpha:.84 Beispiel-Item: Die Lösung schwieriger Probleme gelingt mir immer, wenn ich mich darum bemühe Spezifische süberzeugung: eigene Konstruktion; Kronbachs alpha:.71 Beispiel-Item: Ich bin zuversichtlich, daß ich den T-Stopp erlerne Emotionen: EMO 16 (Schmidt-Atzert & Hüppe, 1996)

Skalen Feldstudie (Fortsetzung) Kausalattributionen Kurzversion der KDS (Rethorst, 1991, 1992) Lokationsdimension, Stabilitätsdimension, Kontrolldimension Motorische Leistung: Testbatterie aus drei Fertigkeiten: Slalomfahren, Rückwärtsfahren, Kurvenfahren

Ergebnisse Feldstudie Allgemeine und spezifische süberzeugungen im Kursverlauf 80 40 Spezifische Kompetenzüberzeugungen 75 70 65 60 Allg. SW Spez. SW F(1,274)=4.85, p<.05 Prä 1 2 3 4 5 6 7 8 Post Übungswochen Übungswochen 35 30 25 20 Allgemeine Kompetenzüberzeugungen

Ergebnisse Feldstudie -.11 Wechselseitige Beeinflussung von süberzeugung (SWÜ) und Leistung beim Bewegungslernen.64.76.74 Lernleistung 1 Lernleistung 2 Lernleistung 3.72 -.22 -.27 -.19 -.12 SWÜ1.80.82 SWÜ 2 SWÜ 3.72.64 χ 2 =10.31, df=6, p<.25 GFI=.93, AGFI=.78

Ergebnisse Feldstudie Wechselseitige Beeinflussung von süberzeugung (SWÜ) und positiven Emotionen beim Bewegungslernen.53.56.33 Positive Emotionen 1.72 Positive.75 Emotionen 2.23.19.11 Positive Emotionen 3.18 SWÜ 1.79.80 SWÜ 2 SWÜ 3.68.64 χ 2 =5.72, df=6, p>.25 GFI=.97, AGFI=.85

Ergebnisse Feldstudie -.38 Wechselseitige Beeinflussung von süberzeugung (SWÜ) und negativen Emotionen beim Bewegungslernen Negative Emotionen 1.57 Negative.66 Emotionen 2 -.17.46 -.34 -.09.76 -.22 Negative Emotionen 3 SWÜ 1.79.82 SWÜ 2 SWÜ 3.67.64 χ 2 =5.46, df=6, p>.25 GFI=.98, AGFI=.85

Ergebnisse Feldstudie Wechselseitige Beeinflussung von süberzeugung (SWÜ) und Lokationsdimensionierung der Leistungsursachen -.43.29.46.41 Lokation 1 Lokation 2 Lokation 3.64 -.14 -.21 -.15 -.25 SWÜ1.78.81 SWÜ 2 SWÜ 3.67.64 χ 2 =13.90, df=6, p>.25 GFI=.91, AGFI=.78

süberzeugung und Lernen starke süberzeugungen wirken sich in multifaktorieller Weise positiv auf das Bewegungslernen aus: Anstrengungsinvestition auch nach Rückschlägen protektive Funktion gegenüber leistungsbeeinträchtigenden Emotionen selbstwertdienliche Interpretation der Lernleistungen wechselseitige Stabilisierung durch Rückkopplungen

Folgerungen für die Lehrpraxis Lehrverfahren sowie Übungsaufbau und -gestaltung Einsatz von Modellpersonen zur Bewegungsdemonstration den Inhalt von Bewegungsinstruktionen und Rückmeldungen die athmosphärische Gestaltung des Sportunterrichts