Der Bahn das Flüstern lehren

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Transkript:

Europa Der Bahn das Flüstern lehren Die Entwicklung eines neuen, extrem lärmarmen Güterwagen-Drehgestells verspricht eine Senkung des Lärms um den Faktor 64. Fahrgast Kärnten hat bereits mehrmals über die technischen Entwicklungen zur Reduzierung des Güterzuglärms berichtet. In diesem Artikel wird über die Entwicklung eines extrem leisen Güterwagen-Drehgestelles, die Beiträge des Lärm-Symposiums vom 28.08.2007 in Olten, (Schweiz) und die Strategien zum flächendeckenden Einsatz in Europa informiert. Es werden sich viele fragen, warum sich Fahrgast Kärnten so intensiv mit der Frage der aktiven Lärmschutzmaßnahmen am Schienengüterverkehr auseinander setzt? Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen, weil für Fahrgast Kärnten der Schutz der Bevölkerung vor den lauten Güterzügen ein sehr gro- ßes Anliegen ist, und zum anderen, weil die derzeit errichteten und noch geforderten Lärm- schutzmaßnahmen direkte und indirekte Aus- wirkungen auf den Personenverkehr haben. Auswirkungen auf die Fahrgäste Wie in der Einleitung schon erwähnt, hat man in der Schweiz bei der JOSEF MEYER AG in Reinfelden gemeinsam mit der Technischen Uni- versität Berlin ein neues Drehgestell mit der Bezeichnung LEILA für Güterwagen entwickelt. Der Begriff LEILA steht für leicht und lärmarm. Auch die Pendler, die zwar jetzt immer öfter in den Genuss von modernen Niederflurfahrzeugen kommen, können nicht mehr über die Lärmschutzwände sehen. Außerdem wird oft das Landschafts- und Ortsbild massiv gestört. Lärmschutz am Wörthersee Immer mehr Anrainer fordern noch weitere und teurere Maßnahmen zu ihrem Schutz wie zum Beispiel die Untertunnelung der Wörtherseestrecke, eventuell sogar gegen Auflassung der Bestandsstrecke. Dies hätte auch für den Regional- und Pendlerverkehr massive Auswirkungen durch Verlagerung auf die Straße, wo selbstverständlich auch Lärm erzeugt wird, aber auch Abgase. Ein Meter fertiger Bahntunnel kostet einschließlich aller Ausstattungen und Sicherheits- ausrüstungen (Brandschutz) ca. 25.000,-- Euro. Ein (wegen der Topographie unnotwendiger) Tunnel ist somit der denkbar teuerste Lärmschutz. Die Bau- und Erhaltungskosten werden heutzutage auf die Benützer der Strecke in Form eines Infrastrukturbenützungsentgeltes IBE ( Schie- nenmaut ) umgelegt. Je teurer der Bau, desto höher das IBE. Würde die Wörthersee- Bestandsstrecke nur mehr vom Regionalverkehr benützt werden (und die Güterzüge die Tunnel- trassen benützen), so müssten die Erhaltungs- kosten allein vom Personenverkehr aufgebracht werden, also auch die Tarife steigen. Hohe Baukosten von Tunnels schaden wegen des damit steigenden IBE s somit auch der Konkurrenzfähigkeit der Güterbahn gegenüber der Straße, mit allen negativen Umweltauswirkungen wie höherer CO2-, Feinstaub- und Lärmbelastung. Der am häufigsten angewandte Lärmschutz ist die Lärmschutzwand, doch diese Maßnahme stößt bei immer mehr Fahrgästen auf Ableh- nung, besonders bei den Fernreisenden, die gerne einen Blick auf die vorbeiziehende Landschaft werfen möchten. Schon aus diesen Gründen sollte man unter den effektiven Lärmschutzmaßnahmen die kostengünstige wählen. Dies ist eine Lärmreduktion an der Quelle, nämlich im Bereich Rad/Schiene. Nachdem Güterwaggons europaweit fahren, muss dies ein europäisches Projekt sein. Neue Maßnahmen zur Lärm-Reduzierung Im Rahmen des Lärm-Symposiums in Olten wurde dieses Drehgestell vorgestellt und wurden die dazu notwendigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedin- gungen zur Reduktion des abgestrahlten Schalles von fahrenden Güterzügen erörtert. Er- folgreich wird diese technische Innovation nur sein, wenn Eisenbahn- unternehmen in der Lage und willens sind, dafür mehr zu bezahlen und dies entsprechend honoriert wird. Seite 8 Fahrgast Kärnten 4/2007 www.fahrgast-kaernten.at

Europa Technische Besonderheiten Zu den technischen Besonderheiten dieses Drehgestelles gehören die innen gelagerten Radsätze die über sogenannte Kreuzankerstangen miteinander verbunden sind. Diese Verbindung ermöglicht die radiale Einstellung der Radsätze in den Bögen. Damit wird unter anderem das Kurvengeräusch (Kreischen) unterbunden. Fotos zur besseren Veranschaulichung finden sie auf der Homepage von Fahrgast Kärnten (www.fahrgast-kaernten.at). Geringerer Verschleiß von Rad und Schiene Das sind aber bei weitem nicht die einzigen Vorteile. Durch diese technische Innovation der passiv radial einstellbaren Radsätze verringert sich deutlich der Verschleiß von Rad und Schiene, der sich dann in wesentlich niedrigeren Instandhaltungskosten von Fahrzeug und Strecke widerspiegelt. Monetär wirkt sich auch der geringere Energieaufwand aus (bessere Kohlendioxydbilanz) durch Reduktion der Reibung von Rad und Schiene. Positiv für die Eisenbahnunternehmen bei Einsatz des Drehgestelles LEILA gegenüber einem heute üblichen Standarddrehgestell der Bauart Y25 scheint auch, dass durch das geringere Eigengewicht mehr an Fracht transportiert werden kann. Die Harmonisierung der unterschiedli- chen Zuggattungen im Eisenbahnnetz und die gleichzeitige Steigerung der Streckenkapazi- täten erzielt man durch die höhere Bauartgeschwindigkeit. Die Kompatibilität beziehungs- weise der Tausch der Drehgestelle bei alten Güterwagen ist durch den Einsatz einer einheitlichen Drehpfanne sicher gestellt. Weniger Lärm um den Faktor 64! Die Vorzüge von LEILA für die lärmgeplagte Bevölkerung liegen in der extrem niedrigen Lärmemission. So erzeugen 64 mit LEILA ausgerüstete Güterwagen zusammen nicht mehr Lärm als ein herkömmlicher Güterwagen, dies bedeutet eine Reduzierung um ca. 20 Dezibel. Mit Lärmschutzwänden erreicht man nur sehr selten so niedrige Werte. (minus 10 Dezibel empfin- det das menschliche Gehör als eine Halbierung des Lärmes). Strategien, Maßnahmen und Forderungen: Bei dieser Veranstaltung in der Schweiz wurde klar heraus gestrichen, dass dieser technischen Innovation nur dann zum Durchbruch verholfen werden kann, wenn eine Anpassung in den Rahmenbedingungen erfolgt. Hier ist die Politik auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene gefordert Instrumente einzusetzen, wie zum Beispiel die Anpassung der Trassenpreise, welche die Reduzierung des Lärms, Senkung des Energiebedarfes und den geringeren Verschleiß des Fahrweges entsprechend hoch honoriert. Die privatisierten, auf Gewinn orientierten Bahnunter- nehmen werden nur dann umrüsten, wenn sich dieser Mehraufwand auch rechnet. Weitaus besser als Tunnels Bei einem direkten Vergleich der Lärmschutz- maßnahmen schneidet das neue Drehgestell LEILA am besten ab. Die Vorteile, die man mit dieser technischen Lösung vereint, liegen vor allem im flächendeckenden Lärmschutz gegenüber den nur punktuell wirkenden Tunnels und Lärmschutzwänden sowie in der wesentlich günstigeren Umsetzung. Da die finanziellen Mittel nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, sei an die Politik appelliert, Couleur- und Ressortdenken abzulegen und der Verlagerung des Güterverkehres auf die Schiene endlich zum Durchbruch zu verhelfen. Ein uneingelöstes Versprechen, das fast ein viertel Jahrhundert alt ist. Auch den Bürgerinitiativen sei ans Herz gelegt ihre Forderungen nach Untertunnelungen und Einhausungen zu überdenken und sich verstärkt für diese Innovation am Güterwagen europaweit einzusetzen. In Zeiten der zunehmenden Mobilität und der Klimaveränderung müssen die Rahmenbedingungen für jenes Verkehrsmittel verbessert wer- den, das am wenigsten die Umwelt belastet (und auch am sichersten ist) und das ist die Schiene! Otto Kaar Fahrgast Kärnten 4/2007 www.fahrgast-kaernten.at Seite 9

Kärnten Aktiver Lärmschutz eine überregionale Aufgabe fahrgast kärnten setzte sich in den letzten Jahren immer wieder intensiv mit der Frage von Lärmschutzmaßnahmen entlang von Bahnkorridoren auseinander. Nachfolgend wird diese Thematik an Hand der Situation der Bahnlinie entlang des Wörthersees erörtert. An dieser Stelle sei den interessierten Lesern die von fahrgast kärnten mitorganisierte 1. Klagenfurter Verkehrstagung MOBILITÄT- TECHNIK- ZUKUNFT in Klagenfurt am 23. und 24. April 2009 empfohlen, wo u.a. zum Thema Lärmschutz die neuesten technischen Errungenschaften auf dem Gebiet der Fahrzeugtechnik vorgestellt werden (s. S. 8). Jahrzehnt der Lärmschutzwände Mitte der 1990er Jahre hat man begonnen, umfassende Lärmschutzmaßnahmen entlang von Eisenbahnstrecken in Österreich zu treffen, um eine Verbesserung für die dort lebenden Menschen zu erreichen. Bei den Lärmschutzmaßnahmen kennt man vor allem zwei Formen des Schallschutzes: Einerseits den baulichen Lärmschutz, das sind die klassischen Lärmschutzwände in den unterschiedlichsten Formen und Höhen sowie andererseits den Objektschutz in Form von Lärmschutzfenstern. Die Bemühungen zum Bau von Lärmschutzwänden entlang von Bahnlinien werden seitens der Bevölkerung großteils als nützlich, wichtig und richtig empfunden, jedoch beruht diese Einschätzung vielfach auf einem Aufklärungs- und Informationsdefizit. Weitaus effektiverer Lärmschutz Es gibt nämlich noch eine weitere, weitaus effektivere Lärmschutzmaßnahme, die in den letzten Jahren sehr große Fortschritte gemacht hat. Wir sprechen hier von einer aktiven Schallschutzmaßnahme, die direkt an der Lärmquelle ansetzt: Der Schallminderung an den Eisenbahnfahrzeugen selbst! Einen ausführlichen Bericht dazu haben wir im fahrgast-magazin Nr. 4/2007 gebracht. Doch leider hat diese Art des Lärmschutzes die wenigsten Unterstützer, weil die Politik nur an raschen Lösungen Interesse hat und die Zerschlagung der Bahn in viele einzelne Geschäftsbereiche sich auch hier äußerst negativ bemerkbar macht. Bekämpfung der Symptome statt der Ursachen Würde man bei Schallschutzmaßnahmen hingegen in Zusammenhängen denken, würde man sehr rasch erkennen, dass mit Lärmschutzwänden und Lärmschutzfenstern nur an den Symptomen herumkuriert wird, ohne auf die Ursache des Problems einzugehen. Welche Auswirkungen das hat, wollen wir mit den nun folgenden Fotos dokumentieren. Hier das Beispiel eines Einfamilienhauses in unmittelbarer Nähe der Bahn. Bei Ein- und Zweifamilienhausbewohnern ist die Erwartungshaltung hinsichtlich einer Verbesserung der Lärmsituation durch Wände besonders hoch. Man nimmt dann auch massive optische Beeinträchtigungen in Kauf. Es wird zwar versucht mit gläsernen Elementen die Minderung der Aussicht zu verbessern, doch durch Flugrost büßen die Glasflächen sehr bald ihre Transparenz ein und werden unansehnlich. Zirka 50% der Befragten geben an, dass sich die Lärmsituation in den Wohnräumen nach Errichtung der Lärmschutzwände verbessert hat, aber ein Fünftel der Anrainer ist mit dieser Form des Schallschutzes unzufrieden. Bei mehrgeschossigen Wohnbauten, hier das Beispiel eines Neubaus in der Nähe der Haltestelle Töschling der vor dem Bahnlärm mittels einer ca. fünf Meter hohen Wand geschützt wird, haben ungefähr ein Drittel der befragten Bewohner angegeben, dass sie sich vom Lärmschutz mehr erwartet hätten. Besonders in den oberen Geschossen zeigt die Lärmschutzwand nur wenig Wirkung. Im gezeigten Fall der einseitig angeordneten Schallschutzmaßnahme wird außerdem der Lärm, der sich sonst gleichmäßig ausbreitet, auf die gegenüberliegende Seite reflektiert, wo sich das Lärmempfinden dadurch verstärkt. Seite 4 fahrgast kärnten 1/2009 2/2008 www.fahrgast-kaernten.at

Kärnten Bei der Anordnung dieser Lärmschutzwand dürfte es sich in erster Linie um eine rein psychologische Maßnahme handeln, denn wie im davor gezeigten Fall des mehrgeschossigen Wohnhauses, befinden sich auch hier die Wohnräume weit oberhalb der Bahn. So hat die Lärmschutzwand nur wenig Wirkung. Stattdessen wird der Lärm des Straßenverkehrs, der ununterbrochen rollt, reflektiert! Die gezeigten Bilder befinden sich alle entlang der Bahnstrecke am Wörthersee, einer Region, die vom Sommertourismus lebt. Dem Trend zum Fahrrad hat man auch hier Rechnung getragen. Doch sehr attraktiv ist es speziell für den Urlaubsgast nicht, neben solchen Wänden zu radeln. Dieser Abschnitt der lärmtechnischen Bestandssanierung, wie die ÖBB die Errichtung von Lärmschutzmauern auch bezeichnen, verfügt zwar nur über drei Meter hohe Wände, doch das reicht aus, um den Bahnreisenden sowie allen Spaziergängern, Joggern und Radfahrern die Aussicht zu nehmen. Das letzte Foto zeigt die wohl gravierendste Fehlentwicklung im Bereich des Lärmschutzes. Hier wurde wegen des zu erwartenden Lärms die neue Trasse der Koralmbahn um ungefähr zweieinhalb Meter abgesenkt, man erkennt rechts noch gut die Lage des alten Gleises. Probleme bei der Entwässerung und die Gefahr von Schneeverwehungen sind die Folge. Auch Semmering- und Koralmtunnel wurden unter anderem aus Lärmschutzgründen zu endlos langen Röhren optimiert. Ein weiteres Beispiel, wo Steuergeld in Massen vergraben wird, ist die schon im Bau befindliche Unterinntaltrasse. Man ahnt es kaum, aber links hinter den Wänden beginnt Krumpendorf. Die Abschnitte, an denen man entlang von Wänden fährt, wurden in den letzten Jahren immer mehr. Auch der Wörtherseeradweg verdient seine Bezeichnung eigentlich nicht mehr, denn den See kann man nur noch an wenigen Stellen unbeeinträchtigt erleben. Wandradweg wäre mittlerweile schon die treffendere Bezeichnung dafür. Nur am Rand sei erwähnt, dass es für eine Tourismusregion eigentlich eine Schande ist, dass dieser Radweg noch immer über viele Lücken, insbesondere an der Süduferseite, verfügt. Eines zeigen die abgebildeten Fotos jedenfalls ganz eindeutig, nämlich dass das Ortsund Landschaftsbild ganz massiv beeinträchtigt wird. Mit den Geldern allein dieser Baulose hätte man den gesamten Güterwagenpark der ÖBB sanieren können. Schallschutz am rollenden Material ist ein flächendeckender Lärmschutz. Es haben alle ein Anrecht auf Lärmschutzmaßnahmen, nicht nur die Regionen, die am lautesten schreien. Die Entscheidung zum Bau von Lärmschutzprojekten liegt im unmittelbaren Verantwortungsbereich von Politikern. Ein allgemeiner, flächendeckender Lärmschutz ist nicht eine Aufgabe von Gemeinde- oder Landespolitik, sondern fällt vielmehr in die Verantwortung der Bundespolitik. Da die Güterzüge international unterwegs sind, muss hier noch mehr die Europäische Union mit eingebunden werden. Sie muss für einheitliche und verpflichtende Standards für leise Eisenbahnfahrzeuge sorgen. Gemeindeund Landespolitiker, die ohnehin nicht mehr wissen, wie sie ihr nächstes Budget konsolidieren werden, sollen endlich einmal gemeinsam an einem Strang ziehen und diese Maßnahmen bei der EU einfordern. Christof Trötzmüller fahrgast kärnten 1/2009 2/2008 www.fahrgast-kaernten.at Seite 5

Europa, Kärnten Aktiver Lärmschutz - eine überregionale Aufgabe Im letzten fahrgast-magazin zeigten wir die Fehlentwicklungen von passiven Lärmschutzmaßnahmen entlang der Wörtherseestrecke auf. Im zweiten Teil stellen wir besonders für Leser, die nicht die Möglichkeit hatten, bei der 1. KLAGENFURTER VERKEHRSTAGUNG dabei zu sein, das High-Tech-Drehgestell LEILA für Güterwaggons der Firma JOSEF MEYER Transport Technology AG vor. Die Abkürzung LEILA steht für LEICHT und LÄRMARM. Die Firma Josef Meyer ist ein etablierter Güterwagenhersteller mit Sitz in Rheinfelden in der Schweiz. Das Unternehmen beschäftigt an diesem Standort 240 Mitarbeiter, sowie 50 in Ungarn und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von 88 Mio. Schweizer Franken mit dem Bau von 500 Güterwagen und der Instandhaltung von 2300 Güterwaggons. Gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin wurde das Drehgestell LEILA bis zur Serienreife entwickelt. Ausgangssituation Folgende Problemkreise des Schienengüterverkehrs führten zur Entwicklung eines innovativen Drehgestells: - Lärm mobilisiert die Bevölkerung - Langsame Güterzüge verringern die Streckenkapazität - Veraltetes Wagenmaterial verursacht hohe Instandhaltungskosten, nicht nur am Fahrzeug selbst, sondern auch in hohem Maße an der Infrastruktur - Starr gelagerte Achsen erhöhen in den Gleisbögen den Rollwiderstand und damit auch den Energiebedarf - Durch hohe Gesamtkosten kann der Schienengüterverkehr nicht wettbewerbsfähig auftreten. Auch wenn in Folge der derzeitigen Wirtschaftskrise der Güterverkehr rückläufig ist, so wird langfristig eine Steigerung prognostiziert. Ziel sollte es sein, den Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene gegenüber heute mindestens zu verdoppeln, um den Modal Split zugunsten der Eisenbahn zu verschieben. Nach den Vorstellungen der EU soll der Schienengüterverkehr sogar verdreifacht werden. Bahn-Güterverkehr muss leiser werden Güter werden auf der Schiene überwiegend nachts transportiert und ein Mehrverkehr wirkt sich daher unmittelbar in diesem geräuschsensiblen Zeitraum aus. Mit der gegenwärtigen Fahrzeugtechnik führt Zusatzverkehr meist zu erheblichen Widerständen bei Anrainern. Die Schallemission, die gerade bei Güterwagen noch immer sehr hoch ist, entsteht maßgeblich durch Radrauheiten, welche verursacht werden durch klotzgebremste Radsätze. Abhilfe schaffen hier beim neuen Drehgestell die Scheibenbremsen. Weiters verhindern Gummifederelemente die Übertragung von Körperschall. Durch die passiv radial einstellbaren Radachsen, welche später noch genauer beschrieben werden, wird auch beim Durchfahren von kleinen Bogenradien das Kurvenkreischen unterbunden. Durch all diese Maßnahmen ergeben sich Güterwagen, die so leise laufen wie moderne Reisezugwagen. 64 Güterwagen ausgerüstet mit LEILA Drehgestellen emittieren nicht mehr Lärm als 8 Güterwagen mit Kunststoff-Bremssohlen oder ein alter Wagen mit den noch heute üblichen Grauguß-Bremssohlen! fahrgast kärnten 2/2009 2/2008 www.fahrgast-kaernten.at Seite 3

Europa, Kärnten Bahn-Güterverkehr muss schneller werden Die heute gängigen Drehgestelle Y25 (siehe Foto) sind in den 1950er Jahren entwickelt worden und lauftechnisch nicht für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt. LEILA hingegen hat die Prüfdisziplinen hinsichtlich Entgleisungssicherheit und Laufstabilität bis 120 km/h erfolgreich absolviert. Simulationen zeigen ein Potenzial für noch höhere Geschwindigkeiten auf. Bremstechnisch garantieren die montierten Scheibenbremsen schon heute einen sicheren Bremsweg eines 90 Tonnen schweren, beladenen Güterwagens bis zu einer Geschwindigkeit von 160 km/h. Foto: Das Drehgestell Y25 weist eine 50 Jahre alte Technik auf und ist robust sowie kostenoptimiert gebaut. Die Erhöhung der Geschwindigkeit ist insofern von großer Bedeutung, weil man damit nicht nur die Fahrzeit eines Güterzuges reduziert, sondern man erreicht auch eine Harmonisierung der Geschwindigkeiten der verschiedenen Zuggattungen wie Eurocity, Intercity, Regional- und Güterzügen. Denn wenn verschiedene Züge annähernd gleiche Geschwindigkeiten fahren, erhöht sich die Kapazität innerhalb eines Streckenabschnittes. Dies ist besonders wichtig bei stark belasteten Hauptstrecken. Bahn-Güterverkehr muss kostengünstiger werden Es müssen die Transportkosten reduziert und die Attraktivität gesteigert werden. Auch wenn durch größeren technischen Aufwand die Anschaffungskosten von LEILA zunächst höher sind als beim kostenoptimierten Drehgestell Y25, so lässt eine Prognose deutlich günstigere Betriebs- und Lebenszykluskosten erwarten. Die geringeren Betriebskosten spiegeln sich nicht nur am Fahrzeug selbst wider, durch weniger Verschleiß an Radsätzen, Bremsbelägen und Bremsscheiben, sondern auch am Fahrweg, sprich den Schienen (s. Zeichnung), die dadurch seltener geschliffen und ausgetauscht werden müssen. Hier bedarf es einer Lenkungsmaßnahme durch lärm- und verschleißabhängige Trassenpreise. Seit der Liberalisierung des Schienenverkehrs wird nämlich für Bau- und Erhaltungskosten ein Trassenentgelt in Form des IBE (Infrastrukturbenützungsentgelt) von den Benutzern eingehoben. Seite 4 fahrgast kärnten 2/2009 2/2008 www.fahrgast-kaernten.at

Europa, Kärnten Bahn-Güterverkehr muss Traktionsenergie einsparen Auch wenn moderne Lokomotiven über eine Leistung von bis zu 6,4 Megawatt verfügen, benötigen schwere Güterzüge über die Alpenpässe wie Tauern, Semmering, Brenner und Arlberg oft Vorspann- oder Schiebelokomotiven. Diese zusätzlichen Triebfahrzeuge könnten mit Hilfe der eingangs erwähnten radial einstellbaren Radsätze (Lenkachsen) bei den Güterwagen und dem dadurch erzielten geringeren Rollwiderstand eingespart werden. Damit sich die Achsen radial einstellen, griff man auf eine Technik zurück, die bereits 1841 bei den Personenwagen Hannibal auf der Pferdeeisenbahn Linz Budweis zum Einsatz kam. Wir sprechen hier vom so genannten Kreuzanker (siehe Foto unten). Ziel war es seinerzeit, die Pferde zu schonen bzw. sogar einzusparen, heute rechnen wir im Vergleich dazu in Kilowatt beziehungsweise in CO 2 -Emissionen. Der Kreuzanker verhindert das Schienenkreischen, reduziert den Rollwiderstand und schont die Gleise. LEILA-Drehgestell Bahn-Güterverkehr muss am Markt bestehen können In einer weiteren Option kann das Drehgestell mit Flachstellendetektoren und sicherheitsrelevanten Entgleisungsdetektoren ausgerüstet werden. Durch die offene Bauart der Elektronik können Telematikkomponenten installiert werden, die dem Kunden jederzeit Auskunft über Ort und Zustand der transportierten Ware geben. Heute ist z. B. bei wärmeempfindlichen Gütern der Nachweis einer geschlossenen Kühlkette auf der Schiene nicht möglich. Mit Hilfe dieser zusätzlichen Elektronik werden bestimmte Güter erst (wieder) schienentauglich. Bahn-Güterverkehr muss politisch unterstützt werden Auch wenn durch die Einführung mehrerer Geschäftsbereiche innerhalb der einzelnen Europäischen Bahnen eine gewisse Transparenz gegeben ist, so birgt gerade diese Form der Betriebsorganisation die Gefahr, dass sich die einzelnen Geschäftbereiche zu sehr auf sich selbst konzentrieren und bei Einführung von innovativen Lösungen, wie dem beschriebenen Drehgestell LEILA, das Gesamtziel eines effektiven, wirtschaftlichen, wachstumsorientierten und umweltfreundlichen Bahnbetriebes aus den Augen verlieren. Die Politik, welche diese Art der Konzernstruktur den Bahnen aufzwang, um eine Liberalisierung des Schienenverkehrs in Europa zu erreichen und auch heute noch in wichtigen Personal- und Managementangelegenheiten mitredet, muss hier für eine entsprechende Anschubfinanzierung und die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen sorgen und darf sich nicht heimlich, still und leise aus der Verantwortung stehlen. Wie dem Titel entnommen werden kann, ist aktiver Lärmschutz eine überregionale Angelegenheit und nicht Aufgabe von Ländern und Gemeinden, die für Verkehrsleistungen im öffentlichen Verkehr ohnehin schon ordentlich zur Kasse gebeten werden. Christof Trötzmüller Schienengüterverkehr der Zukunft kann umweltfreundlich, sicher, schnell und vor allem leise sein! Bild oben rechts: Die genormte UIC-Drehpfanne ermöglicht den raschen Tausch eines veralteten Y25 Drehgestelles gegen ein LEI- LA Drehgestell. Damit ist auch das Umrüsten alter Güterwagen gewährleistet. fahrgast kärnten 2/2009 2/2008 www.fahrgast-kaernten.at Seite 5

Europa, Österreich Schweiz: Güterzüge auf leisen Sohlen Sondertopf für lärmarme Güter-Waggons erforderlich Beteiligung am Europetrain gefordert Initiative Österreichs auf EU-Ebene gefragt Während im Personenverkehr die Anschaffung moderner, geräuscharmer Fahrzeuge bereits Standard ist und wesentlich dazu beigetragen hat, dass es eine markante Siedlungsentwicklung entlang von Bahnlinien gibt, wird leisen Güterzügen im europäischen Güterverkehrstransport auf der Schiene noch wenig Augenmerk geschenkt. Der Ruf vieler Bahnanrainer nach Lärmschutzwänden entlang von Bahnstrecken ist verständlich. Statt in leise Güterzüge zu investieren, wurden in Österreich viele, teils überdimensionierte Lärmschutzwände errichtet. Die SBB Cargo geht einen anderen, effi zienteren, kostengünstigeren Weg. Ende 2010 hat SBB Cargo die Sanierung des letzten Güterwagens abgeschlossen. Bei rund 5500 Güterwagen wurden unter anderem die Bremszylinder erneuert und Gussbremsen durch die lärmarmen und europaweit bereits zugelassenen K-Sohlen ersetzt. Gleichzeitig wurden rund 2000 neue lärmarme Wagen beschafft. Damit sind 85 Prozent aller Wagen von SBB Cargo lärmarm unterwegs, die SBB Cargo sind Pionier in Europa. (Quelle: Neue Zuger Zeitung). Probahn Österreich fordert von der Bundesregierung ein Investprogramm für lärmarme Güterwaggons ein. Die zur Verfügung gestellten Mittel könnten durchaus aus dem Topf für überdimensionierte Lärmschutzwände kommen. Es sollte aber auch eine Sonderfi nanzierung des Bundes geben. Es wäre auch eine Beteiligung am Testzug Europetrain sinnvoll. Neben der Schweiz beteiligen sich auch Skandinavien und Deutschland an der praktischen Erprobung der günstigeren, aber noch nicht zugelassenen LL-Bremssohlen aus Verbundstoffen. Ziel des «Europetrain» ist es, die LL-Sohlen in der Praxis zu testen und deren technische Zulassung zu erreichen. Dank dieser Technologie müsste an bestehenden Güterwagen nicht mehr das gesamte Bremssystem angepasst werden, sondern es wäre nur noch erforderlich, dass die lärmintensiven Grauguss-Bremsen durch LL-Bremssohlen ersetzt werden. Die Lärmsanierung der ausländischen Fahrzeuge müsste auch im Interesse Österreichs sein, denn das Gros der auf Transitstrecken verkehrenden Güterzüge stammt aus dem Ausland (in der Schweiz zwei Drittel). Mit einer Zulassung der günstigeren LL-Bremssohlen würden alle europäischen Bahnen davon profi tieren. Eine Initiative Österreichs auf EU-Ebene wäre vordringlich, nachdem Österreich als Transitland vom Bahnlärm davon stark betroffen ist. (Foto: SBB) - Peter Haibach ( Probahn Österreich ) - Späte Einsicht: Railjet mit Speisenwagen Noch vor Baubeginn und Auslieferung der ersten Garnituren des neuen Railjet der ÖBB hat fahrgast kärnten das Servicekonzept und das Fehlen eines Speisewagens kritisch hinterfragt. Fahrgastvertretungen wollten gemeinsam mit den ÖBB ein für den Fahrgast zufrieden stellendes Serviceangebot ausarbeiten. Leider stieß man damals auf taube Ohren. ÖBB-Railjet-Züge bekommen nur kleine Speisewagen, Probahn beurteilt Sparumbau trotzdem unterm Strich als positiv (aus: Wiener Zeitung, 05.02.2011): Zwar werden die 51 Railjet-Züge der ÖBB sukzessive mit Speisewagen nachgerüstet. Doch weisen die neuen Bordrestaurants weit weniger Plätze auf als bisher bekannt. Es werden 16 bis 18 sein, erklärt Bahn-Chef Christian Kern im Gespräch mit der Wiener Zeitung. Zum Vergleich: In einem Speisewagen normaler Große gibt es 35 bis 40 Sitze. Bei den nun geplanten Halbspeisewagen gehen die ÖBB von 30.000 bis 40.000 Euro an Umbauaufwendungen pro Zug aus. Bei der Radikalvariante hätten sich die Kosten verzehnfacht, da unter anderem auch das Herausschneiden von Zwischenwänden notwendig gewesen wäre. Zu den fahrgast-vorschlag: Halbspeisewagen statt Bistro Der Vorschlag von fahrgast kärnten für die weiteren Garnituren lautet daher, zumindest den Bereich des Bistros in einen Halbspeisewagen umzugestalten... (aus: fahrgast-magazin Nr. 2/2010) erwähnten 40.000 käme eine Null dazu, so Kern zur Größenordnung der Mehrkosten. Wir müssen das Beste aus der jetzigen Lage machen. Die Entscheidung für das Layout der Wagen und der Bistro-Abteile habe das Ex-Management des ÖBB-Personenverkehrs getroffen. Der Idee, dass etwa die bis vor kurzem schlecht ausgelastete Premium-Klasse in den Railjets gestrichen und in den frei werdenden Raum pro Zug ein zweiter Halbspeisewagen eingebaut wird, kann Kern nichts abgewinnen. Bei der Fahrgastinitiative Probahn Österreich sieht man die derzeitige Umrüstung unterm Strich positiv. Denn es handle sich um eine Verbesserung gegenüber dem Ist- Zustand. Aber: Hätte man bei der Bestellung der Züge im Jahr 2006 auf unsere Empfehlung für Speisewagen gehört, hätten sich die ÖBB das Ganze erspart, so Peter Haibach, Sprecher von Probahn Österreich. fahrgast kärnten 1/2011 2/2008 www.fahrgast-kaernten.at Seite 3

BAHNLÄRM: HALBIERUNG DES SCHALLDRUCKS Europa Das Lärmabsorbersystem STRAILastic_A ermöglicht Schallreduzierungen von bis zu vier Dezibel, was mehr als einer Halbierung entspricht. Lärm wird also dort bekämpft, wo er entsteht. Unterfl urtrassen und Tunnelketten sind in Zeiten von Sparpaketen unfi nanzierbar und unrealistisch. Über andere aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen haben wir schon mehrmals berichtet. Lärmdämmung als Konjunkturmaßnahme Finanzmittel aus dem Konjunkturprogramm II wurden eingesetzt, um an zwei ca. 2 Kilometer langen Abschnitten der von Dresden die Elbe aufwärts nach Tschechien führenden Strecke Schwingungsabsorber anzubringen. Die Wahl fi el auf die Schienensteg-Dämpfer STRAILastic_A der Marke STRAILastic des Herstellers Gummiwerk Kraiburg Elastik aus Tittmoning (Deutschland). Beide Richtungsgleise zwischen Königstein (Elbe) und Rathen wurden vom Gleisbau-Unternehmen Lasch aus Zwickau mit den Dämpfern nachgerüstet. Sie reduzieren die Schwingungen des Schienenprofi ls bei Überfahrt und tragen zur Geräuschminderung bei. Das Lärmabsorbersystem STRAILastic_A besteht aus dem eigentlichen Dämpfungskörper, einer Klemme, die ihn fest an die Schiene presst, sowie einer Verbindungsschicht zwischen Schiene und Absorber. Entstehung des Bahnlärms Die Entstehung der Geräusche am Gleis wird so erklärt:»durch die diskontinuierliche Lagerung der Schienen und der Rauheit des Wagenrades wird die Schiene in Schwingungen versetzt.«diese also zwischen den Schwellenbefestigungen entstehenden Schwingungen verringert der angeklammerte Absorber, ein längliches Gummi-Element, das seitlich zwischen Kopf und Fuß des Schienenprofi ls befestigt wird. Er wirkt durch sein Eigengewicht infolge hoher Dichte sowie durch seine dämpfende Wirkung aufgrund des viskoelastischen Materials. Die Elemente bestehen aus einem Elastomercompound, also aus einer Kombination verschiedener, in einem Vulkanisationsprozess hergestellter elastischer Materialien. Die Oberfl äche ist verschleissfest und UV-beständig. Lärmreduzierung erhöht die Akzeptanz des Bahnverkehrs. Umbau an einem Wochenende möglich Die Nachrüstung mit den Schienensteg- Dämpfern fand in einer Richtung während einer Gleissperrung an einem Wochenende statt, das zweite Gleis blieb befahrbar. Im Mai folgt der Umbau dieses zweiten Richtungsgleises. Die Aktivitäten im März waren schnell und erfolgreich: Binnen eines Tages wurden über 11.800 Schienensteg-Dämpfungselemente verbaut, das entspricht einer Gesamtmasse von 65 Tonnen Material. Ohne Vollsperrung dauert die Montage etwas länger, ist aber ebenso gut möglich. Einmal montiert entstehen keine Folgekosten, da das Absorbersystem völlig wartungsfrei ist. Auch bei einer möglichen Durcharbeitung des Oberbaus müssen die angeklammerten Elemente nicht entfernt werden. Wenn erforderlich, können die Elemente jedoch zerstörungsfrei demontiert und wieder genutzt werden. Lärmminderung wurde bestätigt Seit Januar 2010 liegt ein die Wirkung bescheinigender Forschungs- und Untersuchungsbericht der Universität München vor: Das angestrebte erhebliche Minderungspotenzial sowohl beim Körper- als auch beim Luftschall wurde bestätigt. Im März 2010 erhielt die Neuheit nach vierjähriger Forschungsarbeit die Zulassung des Eisenbahn-Bundesamts. Die Schienensteg- Dämpfung wurde seither bereits in mehreren europäischen Ländern eingebaut. Vorgenommene Messungen haben gezeigt, dass Vorbeifahrpegel-Reduzierungen bis vier Dezibel möglich sind. Bereits drei Dezibel Minderung entsprechen einer Halbierung des Schalldrucks und damit der Gehörgefährdung. DB Netz hat im März 2011 die»absolute Baustellentauglichkeit aller Systemkomponenten«bestätigt. Damit steht einem breiten Einsatz nichts mehr im Weg. Die Schienensteg-Dämpfung STRAILastic_A ist dabei nur ein Element in einer ganzen Familie von Gleisdämmsystemen für verschiedene Oberbauformen. Dieser Bericht wurde in der Fachzeitschrift Regionale Schienen Nr. 3/2011 veröffentlicht. fahrgast kärnten dankt für die Zurverfügungstellung. Einmal montiert ist der Absorber völlig wartungsfrei Alternative zu Lärmschutzwänden Einem breiten Einsatz steht nichts im Weg Feber - April 2012 7

Europa Nur leise Bahn findet Zustimmung Flüsterbremse ab 2013 verfügbar Flächendeckender Lärmschutz ist finanzierbar Juli - Sept. 2012 FLÜSTERGÜTERZÜGE - MIT DER LL-BREMSSOHLE Güterwagenrad mit umgebauter lage und Sensor für die Datenermittlung Bremsan- während der Testfahrten. (Foto DB-AG) fahrgast kärnten berichtete bereits mehrmals über die Möglichkeiten des aktiven Lärmschutzes an Güterwaggons. Es ist uns ein besonderes Anliegen, dass neue Entwicklungen schnell zur Serienreife gebracht und entsprechende gesetzliche Verordnungen auf EU-Ebene erlassen werden, die dann auch für eine rasche Umrüstung sorgen. Nur eine leise Bahn wird an den hoch frequentierten Korridoren unter der Bevölkerung Zustimmung fi nden. Die Schweiz will bis 2020 neue Lärmgrenzwerte für Güterwagen umsetzen, die dann de facto ein Fahrverbot für herkömmliche Wagen mit Grauguss-Bremssohle bringt. Das Rollmaterial soll bis dahin komplett saniert werden. Nach unseren Recherchen ist nicht nur die Schweizer Bahn auf diesem Gebiet aktiv, sondern es läuft auf Initiative der Deutschen Bahn und unter Federführung des Eisenbahn-Weltverbandes UIC (Union internationale des chemin de fer), zu dem rund 30 europäische Bahnen und mehrere Partner der Industrie gehören, ein Testzug. Flüster-Testzug ist bereits unterwegs Dieser Versuchszug, auch Europe Train genannt, rollt seit Dezember 2011 quer durch Europa um die neue Flüsterbremse mit den LL-Bremssohlen auf Herz und Nieren zu prüfen und zur Serienreife zu bringen. Mit diesen neuartigen Bremsbelägen zielt man auf eine Halbierung der Lärmemissionswerte gegenüber dem jetzigen Güterverkehr, der mit den Grauguss-Bremsklötzen unterwegs ist. Von der Tagespresse überhaupt nicht wahrgenommen, wurde dieser Zug von Franz Seiser (Vorstand ÖBB Holding AG), Andreas Fuchs (Vorstand Rail Cargo Austria) und Jean-Pierre Loubinoux (UIC-Präsident) in Deutsch-Wagram präsentiert. Die Testfahrten mit 30 unterschiedlichen Wagenbauarttypen, beladen mit Gütern, fanden unter realen Bedingungen statt. Während der 14-tägigen Versuchsphase wurden ca. 10.000 Kilometer in Österreich zurückgelegt. Insgesamt soll der Zug während des umfangreichen Programms über 200.000 Kilometer in Europa abspulen. Die Bremsen müssen ihre Funktionsfähigkeit sowohl im eisigen Winter des hohen Nordens als auch in der größten Sommerhitze Süditaliens unter Beweis stellen. Begleitet und überwacht werden die Testfahrten von Technikern der DB-Systemtechnik. Leistbarer Lärmschutz Die seit 2003 zugelassene K-Bremssohle und die zur Zeit im Test befi ndlichen LL-Sohlen rauen im Unterschied zu den herkömmlichen Grauguss-Bremsklötzen die Lauffl ächen der Räder nicht auf. Die glatten Oberfl ächen reduzieren die Rollgeräusche um zehn Dezibel. Die Reduktion des Lärms um diesen Wert wird vom menschlichen Gehör als eine Halbierung wahrgenommen. Die Umrüstung des bestehenden Güterwagenparks mit den K-Sohlen scheiterte bisher an den aufwändigen Umbauten der gesamten Bremsanlage und den damit verbundenen hohen Kosten. Dieser fi nanzielle Mehraufwand würde sich in den Transportkosten durch höhere Preise negativ niederschlagen und die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs gefährden. Die bei weitem kostengünstigere LL- Bremssohle, die ohne komplizierten Umbau am Güterwagen auskommt und im Zuge von standardmäßigen Wartungsarbeiten eingebaut werden kann, soll laut UIC der Lösungsansatz sein, um der lärmgeplagten Bevölkerung zu helfen. Wenn die Tests mit den neuen LL-Bremssohlen erfolgreich verlaufen, steht einer europäischen Zulassung nichts mehr im Wege. Die Verfügbarkeit könnte schon Anfang 2013 gegeben sein. Effektiver und billiger als Betonwände Der große Vorteil dieser Technologie liegt darin, dass damit ein fl ächendeckender Lärmschutz erreicht wird. Mit Lärmschutzwänden, Tunnels und Unterfl urtrassen kann nur punktuell Abhilfe geschaffen werden. Noch dazu wird bei Lärmschutzwänden ein fi nanzieller Beitrag von Land und Gemeinden fällig, der bei neuen Technologien nicht notwendig ist. Die zur Diskussion gestellten Tunnels aus Lärmschutzgründen sind in Zeiten von knappen Kassen auch sehr unrealistisch. Daher sollten alle politischen Kräfte gebündelt werden, damit Europa eine einheitliche Lärmschutzverordung bekommt mit dem Ziel, bis zum Jahr 2020 die alten lauten Grauguss- Bremssohlen aus dem Verkehr zu ziehen. - Christof Trötzmüller - 6