Bullen: Wer investieren will, braucht Fläche Seit Monaten beste Preise. Kein Wunder, dass viele Bullenmäster vom neuen Stall träumen. Der rechnet sich aber nur, wenn der Betrieb noch Flächenreserven hat und hohe Leistungen erzielt, meint Christopher Kneip von der Landwirtschafts kammer Nordrhein-Westfalen. Grafik: Orb Darauf haben die Bullenmäster lange gewartet: Nachhaltig Preise von über 4 /kg Schlachtgewicht hat es zuletzt vor mehr als 30 Jahren gegeben (Übersicht 1). Das macht die gewaltigen Einbußen bei den jährlichen Direktzahlungen infolge der Abschmelzung der top ups ein bisschen erträglicher. Nicht wenige Bullenmäster haben hier in den vergangenen Jahren bis zur Hälfte ihrer Prämien verloren. Übersicht 1: Preise wie vor 30 Jahren /kg 5 4 3 2 1 Die gute Nachricht lautet: Es geht wohl so weiter. Das Angebot auf den Märkten ist knapp, die Absatzchancen für Rindfleisch sind positiv und die Zinsen so günstig wie nie. Viele Bullenmäster fragen sich daher: Soll ich jetzt einen neuen Bullenstall bauen, um vom Boom zu profitieren? Rechnet sich das? Um diese Fragen beantworten zu können, muss jeder Mäster seine betriebliche Erlösdifferenz ermitteln. Bei dieser werden alle Kosten einschließlich Abschreibung und Lohnkosten berücksichtigt. Die Erlösdifferenz errechnet sich aus dem Markterlös abzüglich der Kosten für das Kalb. Das Ergebnis wird anschließend durch die Masttage geteilt. Entscheidend ist, dass die Kosten die Erlösdifferenz nicht übersteigen. Bei einem durchschnittlichen Rindfleischpreis von bis zu 4,10 /kg Schlachtgewicht (R3) und einer Tageszunahme von 1200 g (inklusive 5 % Nüchterung) ergibt sich bei einem Kälberpreis von etwa 590 (90 kg Lebendgewicht) derzeit eine Erlösdifferenz von 2,52 /Tag. Damit fehlen 14 ct/tag, um die Kosten zu decken (Übersicht 2). Denn Futter, Abschreibung und Löhne etc. kosten ca. 2,66 /Tag. Nur wenn der Mäster diesen Betrag erzielt, rechnet sich der Betriebszweig auch langfristig. Ein Fehlbetrag von 14 Cent pro Masttag hört sich nicht viel an. Das täuscht 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13 Die Preise für Schlachtbullen erreichen ein 30-Jahreshoch. Viele Mäster denken derzeit über Investitionen in Bullenställe nach. Quelle: LWK Niedersachsen aber! Für eine volle Kostendeckung müsste der Rindfleischpreis 14 ct höher (statt 4,10 /kg) sein, der Kälberpreis 510 (statt 590 ) betragen oder die Gebäudekosten dürften bei nur 1 100 pro Platz liegen (statt 2 000 ). Damit ist klar: Für den Durchschnittsbetrieb rechnet sich eine Aufstockung in aller Regel nicht. Wieso überlegen dann dennoch viele Mäster, in die Bullenmast zu investieren? Die Antwort ist einfach: Sie kalkulieren keine Abschreibungen für ihre bestehenden Ställe. Denn ein Großteil der Tiere wird in abgeschriebenen Gebäuden gemästet. Die Abschreibungen können also vollständig vereinnahmt werden und Übersicht 2: Möglichst hohe Erlösdifferenz Position /Tag Futterkosten 1,59 Tierarzt/Medikamente 0,09 Verluste/Risiko/Vermarktung 0,16 Summe Direktkosten 1,85 Arbeitserledigungskosten 0,11 unterstellte Gemeinkosten 0,22 Summe Kosten 2,17 Faktorkosten Lohnansatz Zinsansatz 0,29 0,20 Benötigte Erlösdifferenz 2,66 Die Vollkosten decken Mäster ab einer Erlösdifferenz von 2,66 pro Tag. Die Bullenmast scheint sich derzeit zu lohnen. Doch hohe Stallbaukosten und knappe Flächen machen so manchen Investitionsplan zunichte. verbessern so die Liquidität der Betriebe. Das mag für eine kurzfristige Betrachtung vertretbar sein. Langfristig ist aber die Rentabilität der entscheidende Maß- Übersicht 3: Sie brauchen beste Mastleistungen Plätze 200 Stück 300 Stück Tageszunahme 1 300 g/tag 1 190 g/tag Anfangsgewicht 200 kg/tier 200 kg/tier Schlachtgewicht 425 kg/tier 410 kg/tier Ausschlachtung 60 % 60 % Endgewicht (nüchtern) 708 kg/tier 683 kg/tier Preis (netto) 4,10 /kg SG 4,10 /kg SG Erlös, 35 Vorkosten 1893 1825 Kälberpreis 850 835 Masttage 391 Tage 406 Tage Erlösdifferenz 2,67 /Tag 2,44 /Tag Größe ist nicht alles. Das beweisen die Mastleistungen zweier Beispielbetriebe. stab. Diese verbessert sich erheblich, wenn der Betrieb überdurchschnittliche Mastleistungen erzielt. Welche Bedeutung die Mastleistung auf die geforderte Erlösdifferenz hat, wird aus Übersicht 3 ersichtlich, in der beispielhaft die Mastleistungen zweier unterschiedlich großer Betriebe dargestellt sind. Betrieb hält mit 200 Bullen zwar 100 Bullen weniger als sein Nachbar, er erreicht jedoch wesentlich höhere Mastleistungen als sein Berufskollege. Am Ende erreicht so ein 15 kg höheres Schlachtgewicht und kommt auf eine Erlösdifferenz von 2,67 am Tag. Damit kann er alle Kosten decken. Sein Nachbar Gerd kommt bei unterdurchschnittlichen Leistungen nur auf eine Erlösdifferenz von 2,44 /Tag, also 23 ct/tag weniger. Auf den Mastplatz bezogen sind das etwa 84 Euro, die schlechter liegt als. Pro Jahr und Platz! Das führt zu großen Unterschieden in Rentabilität und Liquidität (Übersicht 4, auf der nächsten Seite). Bei einer Direktkostenfreien Leistung je Mastplatz von 328 Euro erzielt nach Abzug aller Kosten einen Gewinn von knapp 92 Euro je Mastplatz, während bei die Direktkostenfreie Leistung von 239 Euro je Mastplatz nicht mehr ausreicht, um einen Gewinn zu erzielen. Er macht ein knappes Minus von 50 Cent pro Mastplatz. Hochgerechnet auf den Gesamtbetrieb erzielt etwa 18 380 Euro Gewinn, während 149 Euro Verlust macht. Einschließlich Abschreibungen und Lohnansatz kommen beide Betriebe auf nahezu eine identische Liquidität von gut 55 000 Euro. Und das, obwohl 100 Bullenplätze weniger hat. Um ihre Betriebe für die Zukunft zu rüsten, wollen beide ihren Bullenbestand erweitern. Um zu prüfen, ob sich das rechnet, haben wir die Vorteilhaftigkeit einer Erweiterung der Bullenmast um Fotos: Schulze Steinmann 28 top agrar 5/2013 top agrar 5/2013 29
Billig auf Stroh mit AFP? Ein neuer Vollspaltenstall ist teuer. Hinzu kommen die Kosten für das zusätzliche Vieh- und Umlaufvermögen. Deshalb denken Neueinsteiger über günstigere Strohställe nach. Diese werden im Rahmen des Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) in vielen Bundesländern als besonders tiergerechte Ställe extra gefördert (bis zu 35 % verlorener Zuschuss). Wer die Förderung in Anspruch nehmen will, muss aber besondere Auflagen erfüllen (z.b. Bestandsobergrenzen, Viehbesatzgrenzen und höhere Anforderungen an den Platzbedarf pro Tier). Hinzu kommt die lange Bindungsdauer von 12 Jahren, während der die Landwirte verpflichtet sind, die Haltungsauflagen einzuhalten. Tun sie das nicht, laufen sie Gefahr, die Förderung teilweise oder ganz zurückzahlen zu müssen. Ein Kostenvorteil? Zwar sind die Investitionskosten je Stallplatz durch die Förderung und den Wegfall des Güllekellers tatsächlich günstiger. Es fallen jedoch zusätzliche Kosten für die Stroh- und Mistlagerung an, sodass die Kosten am Ende doch bei rund 2 000 pro Platz liegen (ohne Förderung). Das heißt, der Strohstall hat unterm Strich keine Kostenvorteile gegenüber dem Vollspaltenstall. Steht er aber erst einmal, fallen über die gesamte Nutzungsdauer des Stalls Jahr für Jahr Kosten für die Strohbeschaffung an. Bei einem Einsatz von 2 kg je Tier und Tag und einem Preis von 10 /dt sind dies etwa 75 /Platz. In Jahren mit schlechter Strohernte können auch schnell 15 bis 20 /dt anfallen, die den Stallplatz mit 110 bis 145 belasten. Dabei sind die Kosten für Einstreutechnik und zusätzliche Arbeit für Streuen und Misten noch gar nicht berücksichtigt. Je nach System fallen dafür pro Platz und Jahr eine halbe bis eine Stunde zusätzliche Arbeit an. Alles in allem ist die Investition in einen Strohstall somit nicht billiger als der Bau eines Vollspaltenstalls. Entscheidend ist die Frage, welches Haltungsverfahren besser zum Betrieb passt. Beim Bau eines Strohstalls kann man auf den Güllekeller verzichten. Die Stallbaukosten sind aber kaum geringer, weil in Stroh- und Mistlager investiert werden muss. 100 zusätzliche Bullenmastplätze isoliert betrachtet (Übersicht 5). Weil beiden Betrieben Fläche fehlt, um die Gülle der zusätzlichen 100 Bullen betriebsintern zu verwerten, müssen sie diese an Berufskollegen abgeben. Bei 100 Bullen sind das etwa 900 m³ pro Jahr. Wenn man Abgabekosten von 12 bis 15 /m 3 Gülle unterstellt, schlägt das mit zusätzlichen Kosten von 10 800 bis 13 500 pro Jahr zu Buche. Das sind umgerechnet 108 bis 135 pro Mastplatz. Diesen Kostenblock kann auch Spitzenmäster mit seiner hervorragenden biologischen Leistung nicht mehr auffangen. Noch schlechter sieht es bei aus: Er rutscht auch ohne Berücksichtigung eines Lohnansatzes tief ins Minus. Steigert er die biologischen Leistungen in der Bullenmast nicht schleunigst, verringern die zusätzlichen Plätze sogar das Einkommen aus dem Betriebszweig. Am Ende heißt es dann: Außer Spesen nichts gewesen. Und zusätzliche Arbeit hat er noch am Bein. Aber selbst der Mastprofi schafft es nicht, die zusätzlichen Kosten der Aufstockung vollständig zu decken. Denn für den neuen Bullenstall fallen nicht nur kalkulatorische, sondern regelmäßig echte Kapitalkosten an. Und diese drücken die Liquidität der Betriebe Übersicht 4: So rechnet sich die Bullenmast Plätze 200 300 Einheit je Platz je Betrieb je Platz je Betrieb Direktkostenfreie Leistung 328,0 61 379 239,0 64 350 Abschreibung und Unterhaltung 110,0 22 000 110,0 33 000 Lohnansatz/Lohnkosten 105,0 21 000 105,0 31 500 Summe Festkosten 215,0 43 000 215,0 64 500 Gewinn Betriebszweig 91,9 18 380-0,5-149 Zinsanspruch Gebäude u. Technik 33,0 6 600 33,0 9 900 Zinsanspruch Vieh u. Umlaufvermögen 41,2 8 232 39,9 11 974 Gewinn Betriebszweig (abzüglich Zins) 17,7 3 548-73,4-22 023 Gewinn Betriebszweig 91,9 18 380-0,5-149 + Abschreibung 80,0 16 000 80,0 24 000 Cash-Flow bereinigt um Lohnansatz 171,9 34 380 79,5 23 851 + Lohnansatz 105,0 21 000 105,0 31 500 Cash-Flow inkl. Lohnansatz 276,9 55 380 184,5 55 351 In abgeschriebenen Ställen erreichen auch Durchschnittsbetriebe eine ausreichende Liquidität. Bei Erweiterungsinvestitionen ist aber die Rentabilität entscheidend. 30 top agrar 5/2013
Schnell gelesen Das knappe Rindfleischangebot hat in den vergangenen Monaten für guten Absatz und beste Preise gesorgt. Viele Mäster denken deshalb über eine Erweiterung ihrer Bullenmast nach. Das lohnt sich aber nur bei überdurchschnittlichen Leistungen und vorhandenen Flächenreserven. Steigende Gülleentsorgungskosten können selbst Spitzenbetriebe kaum tragen. Auch die von den Baukosten günstigeren Strohställe, die über AFP gefördert werden, rechnen sich nicht immer. deutlich. Kann ohne Berücksichtigung des Lohnansatzes die Kapitalkosten der Stallerweiterung noch tragen, wird es bei mit unterdurchschnittlichen Leistungen unmöglich. Die Beispielkalkulation macht deutlich, dass steigende Flächenkosten und damit auch steigende Futter- und Gülleentsorgungskosten zum echten Renditekiller für Erweiterungen werden können. Wer also keine freien Flächen mehr hat oder pachten kann, sollte mit der Erweiterung der Bullenmast sehr vorsichtig sein. Bei guter Flächenausstattung und günstigen Pachtpreisen hingegen bietet die Bullenmast echte Chancen. In Zukunft dürfte die Flächenknappheit durch die Verschärfung der Düngeverordnung mit längeren Sperrfristen, der Einbeziehung von Gärresten aus Biogasanlagen in die N-Bilanzierung oder die Greening-Auflagen aus der Agrarreform noch extremer werden. Das heißt, dass regional noch mehr Wirtschaftsdünger überbetrieblich verwertet werden muss und dadurch die Kosten der Gülleabgabe steigen. Bullenmäster, die keine Spitzenleistungen erzielen, laufen unter diesen Rahmenbedingungen Gefahr, bei Erweiterungsinvestitionen Geld zu verlieren. Christopher Kneip, LWK NRW Übersicht 5: Das bringen 100 weitere Plätze Erweiterung um 100 Plätze 100 Plätze Einheit je Platz je Betrieb je Platz je Betrieb Direktkostenfreie Leistung 306,9 30 690 214,5 21 450 Neuwert Gebäude 2 000 200 000 2 000 200 000 Abschreibung + Unterhaltung 110,0 11 000 110,0 11 000 Lohnkosten 105,0 10 500 105,0 10 500 Zinsen 87,0 8 702 84,9 8 489 Kosten Gülleabgabe 108,0 10 800 108,0 10 800 Gewinn Betriebszweig -103,1-10 312-193,4-19 339 + Abschreibung 80,0 8 000 80,0 8 000 - Tilgung 69,6 6 961 67,9 6 791 Cash-Flow bereinigt um Lohnansatz -92,7-9 273-181,3-18 130 + Lohnansatz 105,00 10 500 105,0 10 500 Cash-Flow inkl. Lohnansatz 12,3 1 227-76,3-7 630 Aufgrund hoher Gülleabgabekosten sind Erweiterungsinvestitionen vor allem in Veredlungshochburgen schwierig. Sie lohnen sich nur bei hohen Mastleistungen. top agrar 5/2013 31
Bullen, Biogas und Lohnarbeit Familie Sponsel aus Oberfranken ersetzt 40 Kühe durch 270 Bullen. Die Rindermast passt gut zur Biogaserzeugung und Lohnarbeit. Als der Betrieb zum Jahreswechsel 2012/13 dann 50 ha dazupachten und seine Fläche auf 220 ha aufstocken konnte, war die Entscheidung für die Bullenmast endgültig klar. So können wir unserer Linie, möglichst unabhängig von Grundfutterzukäufen zu sein, treu bleiben, ist Sponsel zufrieden. Zusammen mit Berater Wolfgang Klein vom Fachzentrum Rindermast in Erding machte sich die Familie an die Planung des neuen Stalles. Der Plan, der inzwischen eingereicht ist, sieht eine vierreihige Aufstallung mit zwei Futtertischen und insgesamt 16 Buchten à 17 Tieren vor. Der Spaltenboden der vier Buchten für die Einstalltiere soll zur Hälfte mit einer Gummiauflage beschichtet sein. Die offenen Seitenwände des 29 m breiten Kaltstalles lassen sich mit Doppelstegplatten verschließen. Das Tränkewasser kühlt das Biogas, erwärmt sich dadurch und läuft über eine Ringleitung durch den Stall. Zeigen den Bauplan des neuen Bullenstalls: Berater Wolfgang Klein, Alexander Sponsel mit Sohn Lukas und seinen Eltern Reinhold und Monika Sponsel (v.l.n.r.). Nach 40 Jahren Melken im Anbindestall wäre eigentlich die Investition in einen Laufstall und die Aufstockung der Milchkuhherde der nächstliegende Schritt. Doch Reinhold (56) und Alexander (23) Sponsel aus Sigritz im Landkreis Bamberg haben sich für einen anderen Weg entschieden: Sie stellen die Milchviehhaltung ein und bauen einen Bullenmaststall mit 272 Plätzen. Mast macht flexibler. Mit der Mast sind wir zeitlich flexibler als mit der Milcherzeugung, erläutert Reinhold Sponsel. Denn der Betrieb, den Vater und Sohn als GbR führen, ist vielseitig aufgestellt. Neben der Rinderhaltung erzeugen Sponsels auch Biogas mit einer 360 kw-anlage und dreschen, häckseln und pressen für andere Betriebe. Weil sich die Lohnarbeiten oft weit in den Abend hinein erstrecken, musste Reinholds Frau Monika oftmals die Stallarbeit allein schultern. Vor allem diese Belastung wollten Sponsels senken. Deshalb schied eine Aufstockung der Kühe aus. Die Familie erwartet insgesamt eine Betrieb Sponsel 272 Fleckviehbullen (geplant) Mast ab Fresser 220 ha, davon 20 ha Grünland 70 % Pachtanteil Biogas, Lohnarbeiten deutliche Verringerung der Arbeitsstunden im Stall. Gegenüber den 40 Kühen in Anbindehaltung und der Jungviehaufzucht wird sich der Arbeitszeitbedarf mit der Umstellung auf die Bullen etwa halbieren. Die Entlastung ist auch deshalb ein Vorteil, weil Alexanders Freundin Christine gerne weiter in ihrem Beruf als Floristin arbeiten möchte. Alexander Sponsel kalkulierte in seiner Meisterarbeit auch den Einstieg in die Schweinemast mit rund 1 500 Plätzen. Doch wir befürchteten, dass mit der Schweinegülle der Gärprozess in der Biogasanlage weniger stabil verläuft als mit der Rindergülle, begründet er die Ablehnung dieser Lösung. Foto: Dorsch 1 500 pro Platz: Sponsels kalkulieren mit Stallplatzkosten ohne Berücksichtigung der Investitionsförderung von rund 1 500. Die Summe fällt deshalb vergleichweise niedrig aus, weil der Betrieb nach Wegfall der Milchviehhaltung die bestehenden Lagerkapazitäten für die Silagen und Gülle nutzen kann. Wenn die beiden Betriebsleiter das angestrebte Leistungsniveau von 1 400 g Tageszunahmen (entspricht 1300 g bei 5 % Nüchterungsabzug) für die Mast von Fleckviehfressern erreichen, sind auch gute Direktkostenfreie Leistungen zu erwarten. Sie haben bisher zwar nur einen Teil der männlichen Kälber ausgemästet. Aber sie verfügen über großes Knowhow in der Rinderfütterung und -haltung. Zudem lassen sie sich künftig von einem erfahrenen Mastberater des Landeskontrollverbandes betreuen. Für eine wirtschaftliche Bullenmast sprechen auch die überdurchschnittlichen Maiserträge auf dem Jurastandort. Alexander Sponsel ermittelte in seiner Meisterarbeit rund 600 dt FM/ha Energiemais im Durchschnitt von sechs Schlägen. Obwohl der Standort auf 470 m Höhe liegt, kann er Maissorten mit Reifezahlen von 270 bis 280 anbauen. Für die Bullenfütterung will der junge Unternehmer aber stärker auf die Energiedichte als auf den Massenertrag der Silagen achten und hierfür Sorten von 230 bis 250 aussäen. -do- 32 top agrar 5/2013
Sauen raus Bullen rein Familie Lenting aus dem münsterländischen Ahaus setzt voll auf Bullen. Für 60 Zuchtsauen kamen 200 Bullen auf den Betrieb. Die Überlegung, weiter in die Bullenmast zu investieren, hatte Familie Lenting schon länger. Denn die 60 Sauen im 30 Jahre alten Stall boten keine Perspektive mehr. Alternativ hätten sie die Sauenhaltung modernisieren und zum geschlossenen System erweitern müssen. Das passte arbeitswirtschaftlich jedoch nicht zum Betrieb, denn Hermann Lenting erledigt im Sommer in der Nachbarschaft noch den Getreidedrusch. Weil die Bullenmast gut lief, lag die Entscheidung nahe, einen neuen Stall zu bauen. Foto: Steinmann Hermann Lenting (45) mit Sohn Hermann (14) im 2010 neu gebauten Bullenstall mit 196 Mastplätzen. Betrieb Lenting 450 Fleckviehbullen Mast ab Kalb 1 300 g Tageszunahmen (bei 5 % Nüchterung) 52 ha Ackerland, 47 % Pachtanteil Nachbarschaftshilfe (Dreschen) Von 240 auf 450 Bullen: 2010 haben die Lentings den Plan umgesetzt und einen neuen Bullenstall gebaut. Ihren Bestand mit 240 Bullen haben sie damit auf knapp 450 Bullen erweitert. Im gleichen Zug haben sie die Sauenhaltung aufgegeben. Die Betriebsfläche von 52 ha reichte zwar nicht aus, um die Gülle der zusätzlichen Bullen vollständig selbst zu verwerten und die Futtergrundlage der Bullen sicherzustellen. Dieses Problem hätten sie aber auch bei der Erweiterung der Schweinehaltung gehabt. Daher war von vornherein klar, dass zur Gülleverwertung rund 1200 m 3 Gülle abgegeben und für die Fütterung der Bullen gut 10 ha Silomais zugekauft werden müssen. Doch trotz dieser Nachteile entschlossen sich die Lentings für den Stallbau. Beim Bau des Bullenstalls mit 196 Plätzen war ihnen eine hohe Bauqualität und Langlebigkeit der Stalleinrichtung sehr wichtig. So sind neben dem Güllekeller auch die Stallaußenwände zur Hälfte aus Beton. Die andere ist mit einem Spaceboard aus Holz verkleidet. Bei ausreichendem Schutz vor zu starkem Windzug gelangt so immer ausreichend Frischluft in den Stall. Wir haben für das Spaceboard sibirisches Lärchenholz verwendet, das der Witterung sehr lange Stand hält, erklärt Hermann Lenting. Auch bei der Inneneinrichtung des Stalls hat der staatlich geprüfte Landwirt und Vater von vier Kindern auf Qualität, Tierkomfort und Arbeitssicherheit geachtet. So ist der Fressbereich des Futtertisches gefliest und die Aufstallung teilweise aus Edelstahl. Zwar sind die Investitionskosten mit 2 000 pro Platz vor drei Jahren schon recht hoch gewesen, die Langlebigkeit und der hohe Tierkomfort zahlen sich langfristig jedoch aus, ist Hermann Lenting überzeugt. Hohe Leistungen: Die Mastleistungen geben Hermann Lenting Recht. Mit Tageszunahmen von 1 300 g (bei 5 % Nüchterung) und weniger als 3 % Tierverlusten bewegt er sich auf einem hohem Niveau. Das erreicht er durch ein gutes Fütterungsmanagement. Hierzu hat er gerade in einen neuen Futtermischwagen mit programmierbarer Wiegeeinrichtung investiert. Damit kann er die Futterrationen exakt einteilen und die Daten später am PC verwalten. So kann ich die Fütterung besser kontrollieren und zeitnah gegensteuern, wenn etwas schiefläuft, ist er sicher. Hohe Mastleistungen erreicht er vor allem durch die intensive Kälberaufzucht. Die 90 kg schweren Fleckviehkälber bezieht der Bullenmäster in 40er- Gruppen über einen Händler vom Zuchtviehmarkt Bayreuth und über die Westfleisch. Für eine optimale Entwicklung zieht er die Kälber in zwei Gruppen am Tränkeautomaten in einem Warmstall auf. Den Stall haben die Lentings ins Altgebäude integriert. Hierbei konnten sie viel Eigenleistung einbringen und so die Kosten im Griff halten. Lediglich der Beton für den Güllekeller, die neue Aufstallung und der Tränkeautomat schlugen mit knapp 15 000 zu Buche. Bei der Vermarktung überlässt der Bullenmäster nichts dem Zufall. Seit einem halben Jahr nimmt er an einer Pilotgruppe bei der Westfleisch teil, bei der es strikte Vorgaben hinsichtlich Alter und Gewicht der abgelieferten Bullen gibt. Sie dürfen nicht älter als 550 Tage sein und müssen 360 bis 420 kg wiegen. Im Gegenzug gibt es einen Zuschlag von 8 je Tier. Passen Alter und Gewicht nicht, gibt es Abzüge. Bisher ist Hermann Lenting mit dem System zufrieden. Mit dem Bau des Bullenstalls und der Aufgabe der Sauenhaltung hält Familie Lenting die Arbeitsorganisation im Griff. Und mit hohen Leistungen in der Bullenmast können sie steigenden Flächenkosten besser begegnen. -ms- top agrar 5/2013 33