Protokoll: 1. Ergänzungen zu Leibniz Begriff der Rationalität Ausgehend von dem, was in der letzten Sitzung über die doppelte Bedeutung des Begriffs R

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Transkript:

Proseminar zu: G.W. Leibniz, Confessio philosophi, Das Glaubensbekenntnis eines Philosophen Ergebnisprotokoll vom 02.11.1999 von Dominique Kaspar Gliederung 1. Ergänzungen zu Leibniz Begriff der Rationalität 1.1. Zur theoretischen Rationalität 1.2. Zur praktischen Rationalität 1.3. Kants These des Primats der praktischen Vernunft 2. Präzisierung einzelner Leibnizscher Definitionen als Hinführung zu seinem Harmoniebegriff 2.1. Gerechtigkeit 2.2. Liebe 2.3. Harmonie 2.3.1. Historisches/Biographisches zu Leibniz Harmonieverständnis 2.3.2. Faktoren der Harmonie 3. Glück als Harmonie 3.1. Die Unpersönlichkeit der Weltvernunft in der stoischen Philosophie 3.2. Das persönliche Verhältnis Gottes zu den empfindenden Geistern bei Leibniz 3.2.1. Problematik der Einschränkung Gottes durch Harmoniebegriff, These, Antithese 3.3. Die Universalharmonie (auch: Unterschied Beteiligt, Teil sein) 4. Zum Selbstverhältnis des Geistes 4.1. Der Böse 4.2. Der Gute 5. Exkurs: O fontunatos nimium, bona si sua norint! (C.p., S.35, Z.19)

Protokoll: 1. Ergänzungen zu Leibniz Begriff der Rationalität Ausgehend von dem, was in der letzten Sitzung über die doppelte Bedeutung des Begriffs Rationalität bei Leibniz gesagt wurde, haben wir festgestellt, das man Rationalität als etwas genuin praktisches verstehen muss, um Leibniz nachdenken zu können. Anmerkung: In den folgenden Definitionen kann man distinkt wahrgenommenes Objekt mit distinkt wahrgenommenem Gut gleichsetzen. 1.1. Zur theoretischen Rationalität Theoretische Rationalität ist, abstrakt formuliert, der kürzeste Weg zu einem Terminus, zu der Definition oder dem Erfassen eines distinkt wahrgenommenen Objekts. 1.2. Zur praktischen Rationalität Praktische Rationalität zeigt hingegen den sinnvollsten Weg zu einem distinkt wahrgenommenen Objekt, da sie im Gegensatz zu der theoretischen Rationalität Tendenzen berücksichtigt. 1.3. Kants These des Primats der praktischen Vernunft Immanuel Kant formulierte die sog. These des Primats der praktischen Vernunft: Der spekulativen [theoretischen] Vernunft aber untergeordnet zu sein, und also die Ordnung umzukehren, kann man der reinen praktischen gar nicht zumuten, weil alles Interesse zuletzt praktisch ist, und selbst das der spekulativen [theoretischen] Vernunft nur bedingt und im praktischen Gebrauche allein vollständig ist. 1 Nach Kant (und auch im Sinne Leibniz) ist somit jedes Interesse praktisch, ein rein theoretischer Geist im Sinne einer strebenden oder denkenden Seele nicht existent. 2. Präzisierung einzelner Leibnizscher Definitionen als Hinführung zu seinem Harmoniebegriff Von der Definition von Definitionen als komprimierte Theorien leiteten wir die Notwendigkeit ab, selbige als Prämissen zum Verständnis der philosophischen Vorstellungen Leibniz zu verstehen und, da Prämissen den notwendigen Hintergrund jeder philosophischen Theorie darstellen, sie so exakt wie möglich zu analysieren. 1 Vgl. Weischedel, Wilhelm(Hrsg.): Immanuel Kant. Werke in zwölf Bänden, Band VII: Kritik der praktischen Vernunft, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S.252, 13. Auflage, Frankfurt a.m. 1996

Da die Harmonie bzw. der Harmoniebegriff im philosophischen System von Leibniz eine große Rolle spielt, die Definition dieses Begriffs jedoch bereits vorhergehende Definitionen als bekannt voraussetzt, präzisierten wir nochmals die, zum Verständnis seiner Vorstellung von Harmonie, notwendigen Begriffe. 2.1. Gerechtigkeit Hier ist es notwendig, die Definition von Leibnitz mit der richtigen Betonung zu lesen: Gerecht ist der, der alle liebt. (C-p., S. 33, Z.22) Die Betonung des Akkusativobjektes ist daher notwendig, da nur über diese Voraussetzung - das eben die zur Gerechtigkeit führende Liebe eine Liebe zu allen Menschen sein muss - die nötige Objektivität herstellbar ist. Im diesem Sinne ist die Gerechtigkeit Gottes, welche eine vollkommene Gerechtigkeit ist, da Gott alle Menschen liebt, keine Vorzugsordnung. 2.2. Liebe Wenn Liebe bedeuten soll, das ich mich am Glück anderer freuen kann, so ist es notwendig, dass ich ein vermitteltes Interesse an den Interessen des Anderen habe, d.h. ich respektiere diese Interessen nicht bloß als zu berücksichtigende Interessen, ich schätze sie vielmehr als die Interessen des Anderen, als dessen Interessen. 2.3. Harmonie Harmonie stellt sich nach Leibniz dort ein, wo sich mehrere Perspektiven in einer einheitlichen Vorstellung vereinigen, sie ist umso größer (umfassender), je mehr Verschiedenheit integriert werden kann (siehe 2.3.2). Überdies ist sie genuin praktisch, da sie Freude und somit Glück bedingt. 2.3.1. Historisches/Biographisches zu Leibniz Harmonieverständnis Das Harmonie im Leben des G.W.Leibniz eine große Rolle spielte zeigt sich auch in seinem Leben: Als Jurist war er stets bemüht, unterschiedliche Perspektiven zusammenzuführen, das Interesse am Anderen zu wecken. Als besonders prägnantes Beispiel kann man sein Interesse an China, welches zu seiner Zeit dem alten Kontinent noch sehr fern war, anführen. (nach: Buchheim, mündl., 02.11.99)

2.3.2. Faktoren der Harmonie Zwei Faktoren sind es, welche auf die Intensität (oder die Größe) der Harmonie Einfluss haben: Der der Verschiedenheit Der der Einheit Um die größtmögliche Harmonie herstellen zu können bedarf es soviel wie möglich Vielheit (Verschiedenheit) in der Einheit. Bricht die Einheit unter zu großer Verschiedenheit, so leidet die Harmonie ebenso wie sie unter zu großer Homogenität in der Einheit leidet. 3. Glück als Harmonie Im philosophischen System von Leibniz ist die Allwissenheit Gottes praktisch, d.h. er hat Interesse an den Geistern. Hier widerspricht Leibniz klar den stoischen Vorstellungen der Weltvernunft (siehe 3.1.). 3.1. Die Unpersönlichkeit der Weltvernunft in der stoischen Philosophie Die stoischen Theoretiker gingen von einer interesselosen Weltvernunft aus. Für sie gibt es keine Freude über Harmonieerkenntnis in den Geistern, ihr Verhältnis zu den Menschen ist unpersönlich. Dies wurde als notwendig für die Definition der Allmacht Gottes angesehen (vgl. 3.2.1.). 3.2. Das persönliche Verhältnis Gottes zu den empfindenden Geistern bei Leibniz Im Gegensatz zum stoischen Verständnis der Weltvernunft sieht Leibniz ein persönliches Verhältnis Gottes zu den Geistern, des (einen) Geistes zu einem (oder den) Geist(ern). Das Empfinden und Nachdenken der Harmonie durch die Geister ist also im Interesse Gottes, ist der Grund oder der Ort der Motivation Gottes, überhaupt etwas zu erschaffen. 3.2.1. Problematik der Einschränkung Gottes durch Harmoniebegriff, These, Antithese Die Definition der Motivation Gottes überhaupt etwas zu erschaffen über ein persönliches Verhältnis zu den Geistern wurde kritisiert, da der Begriff der Beziehung zu den Geistern Gott in seiner Allmacht einschränke: absolute Allmacht müsse eben auch eine Nichtbeziehung zu den Geistern erlauben. Eine antithetische Meinung hierzu sieht Gottes Allmacht durch diesen Harmoniebegriff nicht gefährdet, da seine Harmonie universal sei, sie reduziere keine Mannigfaltigkeit (z.b. ein Nichtbegreifen der Harmonie) und sei zu maximaler Komplexität fähig, da in ihr alle

Komplexität vereinigt sei. Da Gott noch den größten Widerspruchsgeist das Böse zulässt gibt es nichts, was ihn somit einschränken könne (siehe auch 3.3., 3. Absatz). 3.3. Die Universalharmonie (auch: Unterschied Beteiligt, Teil sein) Als Universalharmonie ist die Harmonie Gottes zu verstehen, sie ist durch ihn, durch seinen Verstand oder, was nach Leibniz dasselbe ist, durch die Ideen der Dinge, sie existiert durch die den Dingen wesentlichen Idee. Hierbei ist wichtig, dass es eben der Verstand Gottes (d.h. die Idee oder das Wesen der Dinge) ist, was nach Leibniz die Universalharmonie bedingt, nicht jedoch sein Gottes Wille. Denn die Universalharmonie umfasst die ganze Schöpfung, somit auch den größten Widerspruchsgeist, das Böse, und bringt es notwendig hervor. Dem Willen Gottes ist dies jedoch nicht zuzuschreiben, Gott will das Böse nicht, nimmt es aber in Kauf, da das Böse als Begleiterscheinung in der Universalharmonie (welche ja am größten ist, wo größtmögliche Mannigfaltigkeit in einer Einheit existiert) notwendig existiert. Bei der Betrachtung der Stellung der Universalharmonie zu Gott ist es notwendig, den Unterschied zwischen beteiligt und Teil sein präzise zu verwenden. Gott ist an der Universalharmonie durch seinen Verstand, durch die [seine] Ideen der Dinge beteiligt, sie ist durch ihn, er ist jedoch nicht Teil von ihr im Sinne einer Teilmenge. 4. Zum Selbstverhältnis des Geistes Das Selbstverhältnis des Geistes charakterisiert den jeweiligen Geist: an seiner Fähigkeit, Harmonie zu empfinden, misst sich seine Güte, seine Größe an der Fähigkeit, das Radikal- Andere zu integrieren. Gott ist das Selbstverhältnis des Geistes zu sich selbst (Buchheim, PS C.p., 02.11.99) sowie (auch: deswegen) zum Radikal-Anderen. 4.1. Der Gute Der Gute bezieht das Radikal-Andere, das Möglichst-Weit-Entfernte in dem ihm größtmöglichen Maß in sein Denken mit ein, er erweitert seine Harmonie im ständigen Diskurs mit Anderem. 4.2. Der Böse Der Böse wird hingegen alles und alle mittels seiner Harmonie, seiner Sicht der Dinge, seinen Interessen zu meistern suchen, er verkürzt die Interessen Anderer um seine Vorstellung von Harmonie, in welcher wenig Platz für Anderes ist, nicht erweitern oder ändern zu müssen.

5. Exkurs: O fontunatos nimium, bona si sua norint! (C.p., S.35, Z.19) Ausgehend von der These des Philosophen, niemand sei glücklich, wenn er nichts von seinem Glück wisse (S.35), erscheint das lateinische Zitat O fortunatos nimium, bona si sua norint, übersetzt etwa O die überaus Glücklichen, wenn sie doch von ihrem Glück wüssten, verwirrend: Ein überaus Glücklicher kann nach dieser Definition nicht (als überaus Glücklicher) existieren, wenn er nichts von seinem Glück weiß, ist er überaus glücklich, so weiß er davon. Dies ist jedoch von Leibniz bewusst eingesetzt: Nimmt man seine Definition von Glück haben, so ist dieses Zitat, als Oxymoron, ein Denkanstoß: Eigentlich paradox ist es nicht Teil des Gedankens sondern Anregung, über das eben postulierte nochmals nachzudenken.